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BOTSCHAFT VON PAPST BENEDIKT XVI.
ZUM XXVIII. WELTJUGENDTAG

2013

»Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern« (vgl. Mt 28,19)

 

Liebe Jugendliche!

Ich grüße euch voll Freude und Zuneigung. Ich bin sicher, daß viele von euch stärker »in Christus verwurzelt und auf ihn gegründet, fest im Glauben« (vgl. Kol 2,7) vom Weltjugendtag in Madrid zurückgekehrt sind. In diesem Jahr haben wir in den verschiedenen Diözesen die Freude gefeiert, Christen zu sein, inspiriert durch das Thema: »Freut euch im Herrn zu jeder Zeit« (Phil 4,4). Und jetzt bereiten wir uns auf den nächsten Weltjugendtag vor, der im Juli 2013 in Rio de Janeiro, in Brasilien, gefeiert werden wird. Zunächst möchte ich euch erneut einladen, an dieser wichtigen Begegnung teilzunehmen. Die berühmte Statue von Christus, dem Erlöser, die diese schöne brasilianische Stadt beherrscht, wird ihr beredtes Symbol sein: Seine offenen Arme sind das Zeichen der Annahme, die der Herr allen zuteil werden läßt, die zu ihm kommen, und sein Herz steht für die unermeßliche Liebe, die er einem jeden und einer jeden von euch entgegenbringt. Laßt euch von ihm anziehen! Lebt diese Erfahrung der Begegnung mit Christus gemeinsam mit vielen anderen Jugendlichen, die zum nächsten Weltjugendtag in Rio zusammenkommen werden! Laßt euch von ihm lieben, und ihr werdet die Zeugen sein, die die Welt braucht.

Ich lade euch ein, euch auf den Weltjugendtag in Rio de Janeiro vorzubereiten, indem ihr schon jetzt über das Thema der Begegnung nachdenkt: »Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern« (vgl. Mt 28,19). Es handelt sich um den großen Missionsauftrag, den Christus der ganzen Kirche hinterlassen hat und der auch heute, nach 2000 Jahren, noch aktuell ist. Jetzt muß dieses Gebot kraftvoll in eurem Herzen widerhallen. Das Jahr der Vorbereitung auf die Begegnung in Rio fällt zusammen mit dem Jahr des Glaubens, zu dessen Beginn die Bischofssynode ihre Arbeiten der »Neuen Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens« gewidmet hat. Ich freue mich daher, liebe Jugendliche, daß auch ihr in diesen missionarischen Elan der ganzen Kirche eingebunden seid: Dazu beizutragen, daß die anderen Christus kennenlernen, ist das kostbarste Geschenk, das ihr ihnen machen könnt.

1. Ein dringender Aufruf

Die Geschichte hat uns gezeigt, wie viele junge Menschen durch ihre großherzige Selbsthingabe in hohem Maße zum Reich Gottes und zur Entwicklung dieser Welt beigetragen haben, indem sie das Evangelium verkündigt haben. Mit großer Begeisterung haben sie die Frohbotschaft der Liebe Gottes, die in Christus offenbar wurde, verkündigt, mit Mitteln und Möglichkeiten, die weitaus geringer waren als jene, die uns heutzutage zur Verfügung stehen. Ich denke zum Beispiel an den sel. José de Anchieta, einen jungen spanischen Jesuiten aus dem 16. Jahrhundert, der im Alter von nicht einmal 20 Jahren in die Mission nach Brasilien gegangen und ein großer Apostel der Neuen Welt geworden ist. Ich denke aber auch an jene unter euch, die sich großherzig der Sendung der Kirche widmen: Ein erstaunliches Zeugnis davon habe ich beim Weltjugendtag in Madrid gesehen, insbesondere bei der Begegnung mit den freiwilligen Helfern.

Heute haben nicht wenige Jugendliche tiefe Zweifel daran, daß das Leben etwas Gutes ist, und sehen keine Klarheit in ihrem Weg. Ganz allgemein fragen sich viele angesichts der Schwierigkeiten der heutigen Welt: Was kann ich tun? Das Licht des Glaubens erleuchtet diese Finsternis, es läßt uns verstehen, daß jede Existenz einen unermeßlichen Wert hat, weil sie Frucht der Liebe Gottes ist. Er liebt auch jene, die sich von ihm entfernt oder ihn vergessen haben: Er hat Geduld und wartet; ja, er hat sogar seinen Sohn geschenkt, der gestorben und auferstanden ist, um uns an der Wurzel vom Bösen zu befreien. Und Christus hat seine Jünger ausgesandt, um allen Völkern die freudige Verkündigung des Heils und des neuen Lebens zu bringen.

Die Kirche, die diese Evangelisierungssendung fortsetzt, zählt auch auf euch. Liebe Jugendliche, ihr seid die ersten Missionare unter euren Altersgenossen! Am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils, dessen 50. Jahrestag wir in diesem Jahr feiern, übermittelte der Diener Gottes Paul VI. den jungen Männern und Frauen der Welt eine Botschaft, die mit folgenden Worten begann: »An euch, die jungen Männer und Frauen der ganzen Welt, will das Konzil seine letzte Botschaft richten. Denn ihr nehmt die Fackel aus den Händen eurer Väter entgegen und werdet in der Welt leben in einem Augenblick größter Umwälzungen ihrer Geschichte. Indem ihr das Beste aus dem Vorbild und der Unterweisung eurer Eltern und Lehrer aufgreift, werdet ihr die Gesellschaft von morgen bilden: Ihr werdet euch mit ihr retten oder mit ihr untergehen.« Und er schloß mit einem Aufruf: »Baut mit Begeisterung eine Welt auf, die besser ist als die gegenwärtige!« (Botschaft an die Jugendlichen, 8. Dezember 1965).

Liebe Freunde, diese Einladung ist von großer Aktualität. Wir durchleben eine ganz besondere geschichtliche Epoche: Der technische Fortschritt hat uns nie dagewesene Möglichkeiten zum Zusammenwirken von Menschen und Völkern geschenkt, aber die Globalisierung dieser Beziehungen wird nur dann positiv sein und die Welt in Menschlichkeit wachsen lassen, wenn sie nicht auf dem Materialismus, sondern auf der Liebe gründet, der einzigen Wirklichkeit, die das Herz eines jeden erfüllen und die Personen vereinen kann. Gott ist Liebe. Der Mensch, der Gott vergißt, ist ohne Hoffnung und wird unfähig, seinesgleichen zu lieben. Daher ist es dringend notwendig, die Gegenwart Gottes zu bezeugen, damit jeder sie erfahren kann: Das Heil der Menschheit und das Heil eines jeden von uns steht auf dem Spiel. Wer diese Notwendigkeit versteht, kann nicht umhin, mit dem hl. Paulus auszurufen: »Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!« (1 Kor 9,16).

2. Werdet zu Jüngern Christi

Dieser missionarische Aufruf wird auch aus einem anderen Grund an euch gerichtet: Er ist notwendig für unseren persönlichen Glaubensweg. Der sel. Johannes Paul II. schrieb: »Der Glaube wird stark durch Weitergabe!« (Enzyklika Redemptoris missio, 2). Wenn ihr das Evangelium verkündet, werdet ihr selbst immer stärker in Christus verwurzelt, werdet ihr reife Christen. Mission ist eine wesentliche Dimension des Glaubens: Man kann kein wahrhaft gläubiger Mensch sein, ohne zu evangelisieren. Und die Verkündigung des Evangeliums kann nur aus der Freude hervorgehen, Christus begegnet zu sein und in ihm den Fels gefunden zu haben, auf den man die eigene Existenz aufbauen kann. Wenn ihr euch bemüht, den anderen zu dienen und ihnen das Evangelium zu verkündigen, wird euer oft in verschiedene Tätigkeiten zersplittertes Leben, seine Einheit im Herrn finden, ihr werdet auch euch selbst aufbauen und im Menschsein wachsen und reifen.

Was aber bedeutet es, Missionare zu sein? Es bedeutet vor allem, Jünger Christi zu sein, stets aufs neue die Einladung zu hören, ihm nachzufolgen, die Einladung, auf ihn zu schauen: »Lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig« (Mt 11,29). Ein Jünger ist nämlich eine Person, die dem Wort Jesu zuhört (vgl. Lk 10,39) und Jesus als Lehrmeister erkennt, der uns bis zur Hingabe seines Lebens geliebt hat. Es geht also für einen jeden von uns darum, sich jeden Tag vom Wort Gottes formen zu lassen: Dieses wird euch zu Freunden des Herrn machen und euch die Fähigkeit verleihen, andere Jugendliche in diese Freundschaft mit Jesus eintreten zu lassen. Ich rate euch, die von Gott empfangenen Gaben in Erinnerung zu behalten, um sie eurerseits weiterzugeben. Lernt eure persönliche Geschichte neu zu lesen, bringt euch auch das wunderbare Erbe der Generationen, die euch vorausgegangen sind, zu Bewußtsein: Viele Gläubige haben uns mutig den Glauben weitergegeben und haben Prüfungen und Unverständnis auf sich genommen. Wir dürfen nie vergessen, daß wir Teil einer unermeßlichen Kette von Männern und Frauen sind, die uns die Wahrheit des Glaubens weitergegeben haben und auf uns zählen, damit andere sie empfangen. Missionare zu sein setzt die Kenntnis dieses empfangenen Erbes, des Glaubens der Kirche, voraus: Es ist notwendig, das zu kennen, woran man glaubt, um es verkündigen zu können. In der Einführung zum You-Cat, dem Katechismus für die Jugend, den ich euch beim Weltjugendtag in Madrid übergeben habe, habe ich geschrieben: »Ihr müßt Euren Glauben so präzise kennen wie ein IT-Spezialist das Betriebssystem eines Computers. Ihr müßt ihn verstehen wie ein guter Musiker sein Stück. Ja, Ihr müßt im Glauben noch viel tiefer verwurzelt sein als die Generation Eurer Eltern, um den Herausforderungen und Versuchungen dieser Zeit mit Kraft und Entschiedenheit entgegentreten zu können« (Vorwort).

3. Geht!

Jesus hat seine Jünger mit folgendem Auftrag ausgesandt: »Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet « (Mk 16,15–16). Evangelisieren bedeutet, anderen die Frohbotschaft vom Heil zu bringen, und diese Frohbotschaft ist eine Person: Jesus Christus. Wenn ich ihm begegne, wenn ich entdecke, wie sehr ich von Gott geliebt und von ihm gerettet bin, entsteht in mir nicht nur der Wunsch, sondern die dringende Notwendigkeit, dafür zu sorgen, daß andere ihn kennenlernen. Am Anfang des Johannesevangeliums sehen wir Andreas, der, nachdem er Jesus begegnet ist, sich anschickt, seinen Bruder Simon zu ihm zu bringen (vgl. 1,40–42). Die Evangelisierung geht immer von der Begegnung mit Jesus, dem Herrn, aus: Wer sich ihm genähert und seine Liebe erfahren hat, will sofort die Schönheit dieser Begegnung und die Freude, die aus dieser Freundschaft entsteht, mit anderen teilen. Je mehr wir Christus kennen, desto mehr wollen wir ihn verkündigen. Je mehr wir mit ihm sprechen, desto mehr wollen wir von ihm sprechen. Je mehr wir von ihm ergriffen werden, desto mehr wollen wir die anderen zu ihm führen. Durch die Taufe, durch die wir zu neuem Leben geboren werden, nimmt der Heilige Geist in uns Wohnung und entflammt unseren Verstand und unser Herz; er führt uns zur Erkenntnis Gottes und läßt uns in immer tiefere Freundschaft mit Christus eintreten; der Heilige Geist drängt uns, Gutes zu tun, den anderen zu dienen, uns selbst hinzuschenken. Durch die Firmung werden wir dann von seinen Gaben gestärkt, um auf immer reifere Weise das Evangelium zu bezeugen.

Der Geist der Liebe ist also die Seele der Mission: Er drängt uns, aus uns selbst herauszukommen, um »hinzugehen« und zu evangelisieren. Liebe Jugendliche, laßt euch von der Kraft der Liebe Gottes führen, laßt diese Liebe die Tendenz besiegen, sich in der eigenen Welt, in den eigenen Problemen, in den eigenen Gewohnheiten zu verschließen; habt den Mut, aus euch selbst »herauszugehen«, um zu den anderen »hinzugehen« und sie zur Begegnung mit Gott zu führen.

4. Erreicht alle Völker

Der auferstandene Christus hat seine Jünger ausgesandt, damit sie seine Heilsgegenwart allen Völkern bezeugen, denn Gott in seiner überreichen Liebe will, daß alle gerettet werden und niemand verlorengeht. Durch sein Liebesopfer am Kreuz hat Jesus jedem Mann und jeder Frau den Weg geöffnet, Gott kennenzulernen und in die Liebesgemeinschaft mit ihm einzutreten. Und er hat eine Gemeinschaft von Jüngern aufgebaut, um die Heilsbotschaft des Evangeliums bis an die Enden der Erde zu tragen, um die Männer und Frauen aller Orte und Zeiten zu erreichen. Machen wir uns diesen Wunsch Gottes zu eigen! Liebe Freunde, schaut euch mit offenen Augen um: Viele Jugendliche haben den Sinn ihres Lebens verloren. Geht hin! Christus braucht auch euch. Laßt euch von seiner Liebe ergreifen, seid Werkzeuge dieser unermeßlichen Liebe, damit sie alle erreicht, besonders die »Fernen«. Einige sind geographisch fern, andere dagegen sind fern, weil ihre Kultur Gott keinen Raum läßt; einige haben das Evangelium noch nicht persönlich angenommen; andere wiederum haben es zwar empfangen, leben jedoch, als ob es Gott nicht gäbe. Allen wollen wir die Tür unseres Herzens öffnen und versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, in Einfachheit und Achtung: Wenn dieses Gespräch in wahrer Freundschaft gelebt wird, wird es Früchte tragen. Die »Völker«, zu denen wir gesandt sind, sind nicht nur die anderen Länder der Welt, sondern auch die verschiedenen Lebensbereiche: die Familien, die Stadtviertel, der Studien- oder Arbeitsplatz, der Freundeskreis und die Freizeiteinrichtungen. Die freudige Verkündigung des Evangeliums gilt allen Bereichen unseres Lebens ohne Ausnahme.

Ich möchte zwei Bereiche hervorheben, denen ihr in eurem missionarischen Einsatz noch mehr Aufmerksamkeit widmen müßt. Der erste ist der der sozialen Kommunikationsmittel, insbesondere die Welt des Internet. Ich hatte bereits Gelegenheit, euch, liebe Jugendliche, zu sagen: »Fühlt euch verantwortlich, in die Kultur dieser neuen kommunikativen und informativen Umwelt die Werte einzubringen, auf denen euer Leben ruht! … Euch jungen Menschen, die ihr euch fast spontan im Einklang mit diesen neuen Mitteln der Kommunikation befindet, kommt in besonderer Weise die Aufgabe der Evangelisierung dieses ›digitalen Kontinents‹ zu« (Botschaft zum 43. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel, 24. Mai 2009). Gebraucht also dieses Kommunikationsmittel mit Weisheit, beachtet auch die Gefahren, die es enthält, insbesondere die Gefahr der Abhängigkeit und die Gefahr, die virtuelle mit der realen Welt zu verwechseln, die Begegnung und das direkte Gespräch mit den Personen durch die Kontakte im Netz zu ersetzen.

Der zweite Bereich betrifft die Mobilität. Immer mehr Jugendliche reisen heute, sei es wegen des Studiums oder wegen der Arbeit, sei es zum Vergnügen. Aber ich denke auch an all die Migrationsbewegungen, in denen Millionen – oft junger – Menschen aus wirtschaftlichen oder sozialen Gründen in andere Regionen oder Länder ziehen. Auch diese Phänomene können zu von der Vorsehung geschenkten Gelegenheiten zur Verbreitung des Evangeliums werden. Liebe Jugendliche, habt keine Angst, euren Glauben auch in diesen Bereichen zu bezeugen: Es ist ein kostbares Geschenk für alle, denen ihr begegnet, wenn ihr ihnen die Freude über die Begegnung mit Christus vermittelt.

5. Macht sie zu meinen Jüngern!

Ich denke, ihr habt schon mehrmals erlebt, wie schwierig es ist, eure Altersgenossen in die Glaubenserfahrung einzubeziehen. Oft werdet ihr festgestellt haben, daß bei vielen Jugendlichen, besonders in bestimmten Phasen des Lebensweges, der Wunsch vorhanden ist, Christus kennenzulernen und die Werte des Evangeliums zu leben, dies aber von einem Gefühl der Unzulänglichkeit und Unfähigkeit begleitet ist. Was kann man da tun? Vor allem eure Nähe und euer einfaches Zeugnis werden ein Weg sein, durch den Gott ihr Herz berühren kann. Die Verkündigung Christi geschieht nicht nur durch Worte, sondern muß das ganze Leben einbeziehen und sich in Gesten der Liebe umsetzen. Zum Evangelisierer wird man aus der Liebe heraus, die Christus uns geschenkt hat; unsere Liebe muß also der seinen immer mehr gleichgestaltet werden.

Wie der barmherzige Samariter müssen wir stets auf jeden achten, dem wir begegnen, müssen zuhören, verstehen, helfen, um alle, die auf der Suche nach der Wahrheit und dem Sinn des Lebens sind, zum Haus Gottes, zur Kirche, zu führen, wo Hoffnung und Heil ist (vgl. Lk 10,29 – 37). Liebe Freunde, vergeßt nie, daß die erste Liebestat, die ihr dem Nächsten tun könnt, darin besteht, die Quelle unserer Hoffnung mit ihm zu teilen: Wer nicht Gott gibt, gibt zu wenig! Jesus fordert seine Apostel auf: »Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe« (Mt 28,19–20). Die Mittel, die wir haben, um Menschen »zu Jüngern zu machen«, sind in erster Linie die Taufe und die Katechese. Das heißt, daß wir die Personen, die wir evangelisieren, zur Begegnung mit dem lebendigen Christus führen müssen, insbesondere in seinem Wort und in den Sakramenten: So können sie an ihn glauben, Gott kennenlernen und aus seiner Gnade heraus leben. Ein jeder sollte sich fragen: Hatte ich jemals den Mut, Jugendlichen die Taufe vorzuschlagen, wenn sie diese noch nicht empfangen haben? Habe ich jemanden eingeladen, einen Weg zur Entdeckung des christlichen Glaubens zu gehen? Liebe Freunde, habt keine Angst, euren Altersgenossen die Begegnung mit Christus anzubieten. Betet zum Heiligen Geist: Er wird euch immer mehr in die Kenntnis und in die Liebe Christi einführen und wird euch kreativ machen in der Weitergabe des Evangeliums.

6. Fest im Glauben

Angesichts der Schwierigkeiten bei der Evangelisierungssendung werdet ihr manchmal versucht sein, wie der Prophet Jeremia zu sagen: »Ach, mein Gott und Herr, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung«. Aber auch euch erwidert Gott: »Sag nicht: Ich bin noch so jung. Wohin ich dich auch sende, dahin sollst du gehen« (Jer 1,6–7). Wenn ihr euch unzulänglich, unfähig fühlt, schwach in der Verkündigung und Bezeugung des Glaubens, dann habt keine Angst. Die Evangelisierung ist nicht unsere Initiative, und sie hängt nicht in erster Linie von unseren Begabungen ab, sondern ist eine vertrauensvolle und gehorsame Antwort auf den Ruf Gottes und gründet daher nicht auf unserer, sondern auf seiner Kraft. Das hat der Apostel Paulus erfahren: »Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, daß das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt« (2 Kor 4,7). Daher fordere ich euch auf, fest im Gebet und in den Sakramenten verwurzelt zu sein. Die wahre Evangelisierung entsteht immer aus dem Gebet heraus und wird von diesem getragen: Wir müssen erst mit Gott sprechen, um von Gott sprechen zu können. Und im Gebet vertrauen wir dem Herrn die Personen an, zu denen wir gesandt sind, und bitten ihn, ihr Herz zu berühren; bitten wir den Heiligen Geist, uns zu seinen Werkzeugen für ihr Heil zu machen; bitten wir Christus, uns die Worte in den Mund zu legen und uns zu Zeichen seiner Liebe zu machen. Und ganz allgemein beten wir für die Sendung der gesamten Kirche, der ausdrücklichen Aufforderung Jesu gemäß: »Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden« (Mt 9,38).

Findet in der Eucharistie die Quelle eures Glaubenslebens und eures christlichen Zeugnisses, indem ihr treu an der Sonntagsmesse teilnehmt und auch während der Woche, so oft ihr könnt. Empfangt oft das Sakrament der Versöhnung: Es ist eine kostbare Begegnung mit der Barmherzigkeit Gottes, der uns annimmt, uns vergibt und unsere Herzen in der Liebe erneuert. Und zögert nicht, das Sakrament der Firmung zu empfangen, wenn ihr es noch nicht empfangen habt; bereitet euch mit Sorgfalt und Hingabe darauf vor. Zusammen mit der Eucharistie ist es das Sakrament der Sendung, weil es uns die Kraft und die Liebe des Heiligen Geistes schenkt, um den Glauben furchtlos zu bekennen. Ich ermutige euch außerdem, die eucharistische Anbetung zu pflegen: Das Verweilen im Hören auf Jesus und im Dialog mit ihm, der im Allerheiligsten Sakrament gegenwärtig ist, wird zum Ausgangspunkt für neuen missionarischen Elan.

Wenn ihr diesen Weg geht, wird Christus selbst euch die Fähigkeit verleihen, seinem Wort ganz treu zu sein und ihn mit Treue und Mut zu bezeugen. Manchmal werdet ihr aufgerufen sein, eure Beharrlichkeit unter Beweis zu stellen, besonders wenn man dem Wort Gottes mit Verschlossenheit oder Widerspruch begegnet. In bestimmten Regionen der Welt erleben einige von euch das Leiden, aufgrund fehlender Religionsfreiheit den Glauben an Christus nicht öffentlich bezeugen zu können. Und einige haben ihre Zugehörigkeit zur Kirche auch schon mit dem Leben bezahlt. Ich ermutige euch, fest im Glauben zu stehen, in der Gewißheit, daß Christus in jeder Prüfung bei euch ist. Er sagt euch immer wieder: »Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein« (Mt 5,11–12).

7. Mit der ganzen Kirche

Liebe Jugendliche, um dort, wohin ihr gesandt seid, fest im Bekenntnis des christlichen Glaubens zu stehen, braucht ihr die Kirche. Niemand kann allein Zeuge des Evangeliums sein. Jesus hat seine Jünger gemeinsam ausgesandt: »Macht zu Jüngern« steht im Plural. Wir geben also unser Zeugnis stets als Glieder der christlichen Gemeinde, und unsere Sendung wird fruchtbar durch die Gemeinschaft, die wir in der Kirche leben: An unserer Einheit und Liebe zueinander erkennen die anderen uns als Jünger Christi (vgl. Joh 13,35). Ich bin dem Herrn dankbar für die wertvolle Evangelisierungstätigkeit unserer christlichen Gemeinschaften, unserer Pfarreien, unserer kirchlichen Bewegungen. Die Früchte dieser Evangelisierung gehören der ganzen Kirche: »Einer sät und ein anderer erntet«, sagte Jesus (Joh 4,37).

In diesem Zusammenhang kann ich nur danken für das große Geschenk der Missionare, die ihr ganzes Leben der Verkündigung des Evangeliums bis an die Enden der Erde widmen. Ebenso preise ich den Herrn für die Priester und die gottgeweihten Personen, die sich völlig hinschenken, damit Jesus Christus verkündet und geliebt wird. Ich möchte hier die jungen Menschen ermutigen, die von Gott berufen sind, sich mit Begeisterung in diesen Berufungen einzusetzen: »Geben ist seliger als nehmen« (Apg 20,35). Denen, die alles verlassen, um ihm nachzufolgen, hat Jesus das Hundertfache und das ewige Leben verheißen (vgl. Mt 19,29)!

Ich danke auch für alle gläubigen Laien, die sich dort, wo sie sind, in der Familie oder am Arbeitsplatz, darum bemühen, ihren Alltag als Sendung zu leben, damit Christus geliebt und ihm gedient wird und das Reich Gottes wachsen möge. Ich denke besonders an jene, die im Bereich der Erziehung und Bildung, der Gesundheitsfürsorge, der Unternehmen, der Politik und der Wirtschaft sowie in vielen anderen Bereichen des Laienapostolats tätig sind. Christus braucht euren Einsatz und euer Zeugnis. Nichts – weder Schwierigkeiten noch Unverständnis – soll euch darauf verzichten lassen, das Evangelium Christi dorthin zu bringen, wo ihr euch befindet: Jeder von euch ist wertvoll im großen Mosaik der Evangelisierung!

8. »Hier bin ich, Herr!«

Abschließend, liebe Jugendliche, möchte ich euch einladen, tief in euch selbst den Ruf Jesu zu hören, sein Evangelium zu verkünden. Wie die große Statue Christi, des Erlösers, in Rio de Janeiro zeigt, ist sein Herz offen für die Liebe zu allen, ohne Unterschiede, und seine Arme sind ausgestreckt, um jeden zu erreichen. Ihr sollt das Herz und die Arme Jesu sein! Geht hin und bezeugt seine Liebe, seid die neuen Missionare, beseelt von Liebe und annahmebereiter Offenheit! Folgt dem Vorbild der großen Missionare der Kirche, wie dem des hl. Franz Xaver und vieler anderer. Zum Abschluß des Weltjugendtages in Madrid habe ich einige junge Menschen aus verschiedenen Kontinenten gesegnet, die in die Mission aufbrachen. Sie standen für die zahlreichen jungen Menschen, die mit den Worten des Propheten Jesaja zum Herrn sagen: »Hier bin ich, sende mich!« (Jes 6,8). Die Kirche setzt Vertrauen in euch und ist euch zutiefst dankbar für die Freude und die Dynamik, die ihr mitbringt: Setzt eure Begabungen großherzig ein im Dienst der Verkündigung des Evangeliums! Wir wissen, daß der Heilige Geist sich jenen schenkt, die sich in der Demut des Herzens für diese Verkündigung zur Verfügung stellen. Und habt keine Angst: Jesus, der Retter der Welt, ist bei uns alle Tage bis zum Ende der Welt (vgl. Mt 28,20)!

Dieser Aufruf, den ich an die Jugendlichen der ganzen Welt richte, nimmt eine besondere Bedeutung für euch an, liebe Jugendliche in Lateinamerika! Denn auf der V. Generalversammlung der Bischofskonferenzen von Lateinamerika, die 2007 in Aparecida stattgefunden hat, haben die Bischöfe den Anstoß zu einer »Kontinentalmission« gegeben. Und die Jugendlichen, die auf jenem Kontinent die Mehrheit der Bevölkerung darstellen, sind eine wichtige und wertvolle Kraft für die Kirche und für die Gesellschaft. Seid ihr also die ersten Missionare! Jetzt, da der Weltjugendtag nach Lateinamerika zurückkehrt, rufe ich alle Jugendlichen des Kontinents auf: Gebt eure Glaubensbegeisterung an eure Altersgenossen in der ganzen Welt weiter!

Die Jungfrau Maria, Stern der Neuevangelisierung, die auch unter den Titeln »Unsere Liebe Frau von Aparecida« und »Unsere Liebe Frau von Guadalupe« angerufen wird, begleite einen jeden von euch in seiner Sendung als Zeuge der Liebe Gottes. Allen erteile ich mit besonderer Zuneigung meinen Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 18. Oktober 2012

 

BENEDICTUS PP XVI

  



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