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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN FRAU ANNE MAREE PLUNKETT,
NEUE BOTSCHAFTERIN AUSTRALIENS BEIM HL. STUHL*

 Clementina-Saal
Donnerstag, 18. Mai 2006

 

Exzellenz!

Mit Freude heiße ich Sie willkommen und nehme das Beglaubigungsschreiben entgegen, mit dem Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin von Australien beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die Grüße, die Sie im Namen des Generalgouverneurs, der Regierung und der Bevölkerung Australiens überbringen. Bitte übermitteln Sie ihnen meine aufrichtige Dankbarkeit und versichern Sie sie meines Gebets für das Wohl der Nation.

Das entschlossene Eintreten des Heiligen Stuhls für die Förderung des Friedens steht im Mittelpunkt seiner diplomatischen Aktivität. Mit fester Überzeugung und im Geist des Dienens erinnert er alle Menschen daran, daß Frieden nur dann authentisch und dauerhaft sein kann, wenn er auf das Fundament der Wahrheit über Gott und den Menschen gegründet ist. Folglich kann die unauslöschliche Sehnsucht nach Frieden im Herzen jedes Menschen – ungeachtet seiner kulturellen Identität – nur dann gestillt werden, wenn der Friede als Frucht einer Ordnung verstanden wird, die die Liebe Gottes geplant und gewollt hat, die ihr göttlicher Gründer selbst in die menschliche Gesellschaft eingestiftet hat und die von der Menschheit in ihrem Streben nach stets vollkommenerer Gerechtigkeit geachtet wird (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2006, 3).

Exzellenz, zu Recht haben Sie darauf hingewiesen, daß der praktische Einsatz für die Gewährleistung des Grundsatzes der Gerechtigkeit und für die Förderung des Friedens ein sehr bekannter und anerkannter Wesenszug Ihres Volkes ist. Konkreten Ausdruck findet dies in seiner führenden Rolle bei Einsätzen zur Friedenssicherung, in der großzügigen Unterstützung von Hilfsaktionen und der Bereitschaft, einen Beitrag zu leisten zu den Anforderungen internationaler Stabilität und Sicherheit, die für den weltweiten sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt notwendig sind. Der Einsatz Australiens auf den Salomoninseln, in Osttimor und Afghanistan wird in der internationalen Gemeinschaft sehr geschätzt und ist ein edles Zeugnis für die Wahrheit, daß alle Menschen ein und derselben menschlichen Familie angehören, ihre wesenhafte und gemeinsame Würde von Gott empfangen und fähig sind, über jede gesellschaftliche und kulturelle Grenze hinauszugehen (vgl. Centesimus Annus, 38).

Dem lobenswerten Entschluß, sich auf internationaler Ebene für den Frieden einzusetzen, muß dieselbe Entschiedenheit entsprechen, auf lokaler Ebene Gerechtigkeit zu erreichen. Ich weiß, daß Ihre Regierung stets den Fragen Aufmerksamkeit geschenkt hat, die die Aufnahme von Flüchtlingen betreffen, um zu gewährleisten, daß humanitäre Aspekte in die Flüchtlings- und Asylpolitik eingebracht und gebührend überwacht werden. Im Hinblick auf die Ureinwohner Ihres Landes muß noch viel getan werden. Ihre soziale Situation verursacht großes Leid. Sie und die Regierung möchte ich daher ermutigen, sich auch weiterhin in mitfühlender Anteilnahme und mit Entschlossenheit den grundlegenden Ursachen ihrer Notlage zuzuwenden. Die Verpflichtung zur Wahrheit öffnet den Weg zu dauerhafter Versöhnung durch den heilenden Prozeß des Bittens um Vergebung und des Gewährens von Vergebung – zwei unerläßliche Elemente für den Frieden. Unser Gedächtnis wird dadurch gereinigt, das Herz beruhigt und unsere Zukunft erfüllt von der berechtigten Hoffnung auf den Frieden, der aus der Wahrheit kommt (vgl. Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Korps, 9. Januar 2006).

Exzellenz, während ich Sie im Vatikan willkommen heiße, denke ich mit Freude an meinen bevorstehenden Besuch in Sydney, der, so Gott will, im Rahmen des Weltjugendtags 2008 stattfinden wird. In diesem Zusammenhang möchte ich der Bevölkerung Australiens und insbesondere dem Premierminister und der Regierung für die große Freude danken, mit der sie diesen Besuch begrüßt haben, sowie für die bereits erfolgte konkrete Unterstützung seiner Organisation.

Der Weltjugendtag ist mehr als nur ein Ereignis, er ist eine Zeit tiefer kirchlicher Erneuerung, vor allem unter den Jugendlichen, deren Früchte der ganzen Gesellschaft Ihres Landes zugute kommen werden. In Ländern wie dem Ihren, wo der besorgniserregende Prozeß der Säkularisierung weit fortgeschritten ist, kommen viele junge Menschen selbst zu dem Bewußtsein, daß es die transzendente Ordnung ist, die das ganze Leben auf dem Weg der wahren Freiheit und des echten Glückes leitet. Gegen die Zeitströmung des moralischen Relativismus, der nichts als definitiv erachtet und den Menschen in einem vergeblichen und unersättlichen Trachten nach Neuem gefangenhält, entdeckt die junge Generation das erfüllende Streben nach dem Guten und Wahren. Hierzu erwartet sie sowohl von kirchlichen wie auch von zivilen Verantwortungsträgern, daß sie jede Finsternis vertreiben, die den Sinn für Gott verdunkelt, und das Licht der Wahrheit leuchten lassen, um so dem ganzen Leben Sinn und jedem die Möglichkeit zu geben, Freude und Zufriedenheit zu finden.

Gerade diese Achtung der transzendenten Ordnung hat die Australier dazu geführt, die grundlegende Bedeutung der Ehe und eines festgefügten Familienlebens im Herzen der Gesellschaft zu erkennen und von den politischen und gesellschaftlichen Kräften – einschließlich den Medien und der Unterhaltungsindustrie – zu erwarten, daß sie den unersetzlichen Wert der Familie erkennen, unterstützen und bewahren. Die Australier sehen deutlich, daß gewisse Pseudo- »Ehen« den Plan des Schöpfers entstellen und die Wahrheit unserer menschlichen Natur untergraben, da sie eine falsche Auffassung von Freiheit mit der wahren Freiheit verwechseln, der Entscheidung für das endgültige Geschenk des ewigen »Ja«-Wortes, das die Eheleute einander geben. Daher bestärke ich die Bevölkerung Australiens, sich weiterhin der Herausforderung zu stellen und einen Lebensstil zu prägen, der sowohl auf individueller als auch auf gemeinschaftlicher Ebene dem Liebesplan Gottes für die ganze Menschheit entspricht.

Die katholische Kirche in Australien wird ihrerseits die Ehe und das Familienleben weiterhin unterstützen und die christlichen Grundlagen des zivilen Lebens aufrechterhalten. Vor allem durch ihre Schulen bemüht sie sich intensiv um die geistliche und intellektuelle Bildung der Jugend. Ihr karitatives Apostolat erstreckt sich ferner auf die Gemeinschaften der Einwanderer wie auch auf jene, die am Rand der Gesellschaft leben. Durch ihre Sendung des Dienstes wird sie eine hochherzige Antwort geben auf neu entstehende soziale Herausforderungen.

Exzellenz, zweifellos wird Ihre Ernennung die zwischen Australien und dem Heiligen Stuhl bereits bestehenden Bande der Freundschaft weiter festigen. Wenn Sie nun Ihre neue Verantwortung übernehmen, werden die verschiedenen Einrichtungen der Römischen Kurie Ihnen bereitwillig bei der Erfüllung Ihrer Aufgabe zur Seite stehen. Auf Sie, Ihre Familie und Ihre Mitbürger rufe ich den reichen Segen des allmächtigen Gottes herab.


*L'Osservatore Romano n. 30- 31, p. 8.

 

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