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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER RUMÄNIENS BEIM HL. STUHL,
MARIUS GABRIEL LAZURCA*

Samstag, 20. Januar 2007

 

Herr Botschafter!

Ich freue mich, Eure Exzellenz im Vatikan zur feierlichen Überreichung des Beglaubigungsschreibens zu empfangen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter Rumäniens beim Heiligen Stuhl akkredidiert werden. Ich wäre dankbar, wenn Sie dem Herrn Präsidenten Rumäniens, Seiner Exzellenz Traian Bǎsescu, meine herzlichen Wünsche für seine Person sowie für das Glück und Wohlergehen des rumänischen Volkes übermitteln wollten. Ich bitte Gott, die Anstrengungen jedes einzelnen bei der Arbeit am Aufbau einer immer brüderlicheren und solidarischeren Nation zu begleiten.

Ihr Land, Herr Botschafter, hat sich zu Beginn dieses Jahres mit gutem Recht darüber gefreut, nach langjährigen Bemühungen offiziell in die Europäische Union aufgenommen zu sein. Der Heilige Stuhl, der, wie Sie selbst betont haben, seit langem enge und fruchtbare Beziehungen mit Rumänien unterhält, hat diese neue Situation mit Befriedigung aufgenommen, denn sie bestätigt jeden Tag mehr die Einheit, zu welcher der europäische Kontinent nach der langen, traurigen Periode der Trennung während des Kalten Krieges zurückgefunden hat. Ihr Land hat eine lange, lebendige und fruchtbare christliche Tradition in seiner Kultur und in dem Dynamismus der verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften und in deren aktiver Teilnahme am Leben der Gesellschaft. Beitrag Rumäniens für das Haus Europa Ich freue mich daher, daß Rumänien, das reich ist an dem »unleugbaren christlichen Erbe dieses Kontinents, das maßgeblich zur Gestaltung des Europas der Nationen und des Europas der Völker beigetragen hat« (Ansprache an das Diplomatische Korps, 8.1.2007; in O.R. dt. 3, 19.1.2007, S. 7 ff), seinen originalen Beitrag für das Haus Europa einbringen kann, damit dieses Europa nicht nur eine Wirtschaftsmacht und ein Großmarkt für Konsumgüter ist, sondern zu einem neuen politischen, kulturellen und geistigen Aufschwung finden möge, der eine vielversprechende Zukunft für die jungen Generationen aufzubauen vermag. Wie ich kürzlich dem Diplomatischen Korps in Erinnerung gerufen habe: »Nur wenn die menschliche Person geachtet wird, ist es möglich, den Frieden zu fördern, und nur, wenn der Frieden errichtet wird, werden die Grundlagen für einen authentischen ganzheitlichen Humanismus gelegt. Hier findet die Sorge so vieler unserer Zeitgenossen gegenüber der Zukunft eine Antwort« (ebd.).

Seit Jahren bemüht sich Ihr Land aktiv um eine tiefgreifende Erneuerung und Umgestaltung der Gesellschaft und ist darauf bedacht, die Wunden der Vergangenheit zu heilen und es allen zu ermöglichen, sich der Grundfreiheiten zu erfreuen und in den Genuß des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts zu gelangen. Ich freue mich darüber und ermutige die politisch Verantwortlichen, sorgfältig auf die Bedürfnisse einer tatkräftigen Solidarität zwischen allen Schichten der Bevölkerung zu achten, um zu vermeiden, daß durch die Globalisierung ein immer größerer Graben aufbricht zwischen den Bürgern, die mit gutem Recht Zugang zu den Wohltaten der wirtschaftlichen Entwicklung haben, und denjenigen, die sich zunehmend an den Rand gedrängt, ja aus diesem Prozeß überhaupt ausgeschlossen sehen, wie man das leider in vielen modernen Gesellschaften beobachtet. Ebenso notwendig ist es, allen den gleichen Zugang zu einer unabhängigen und transparenten Justiz zu garantieren, die in der Lage ist, wirksam gegen all jene vorzugehen, die das Gemeinwohl nicht achten oder die Gesetze zu ihrem eigenen Vorteil manipulieren. In dieser Perspektive wünsche ich auch eine erneuerte Sorge für die ärmeren Familien, damit sie ihre Kinder in Würde aufwachsen lassen können.

Ich freue mich auch über die Fortschritte, die Ihre Regierung in dem delikaten Umgang mit der Rückerstattung der bei den Religionsgemeinschaften konfiszierten Güter gemacht hat. Es ist eine langwierige, von der Justiz und der Gerechtigkeit gebotene Arbeit, die es allen anerkannten Religionen ermöglichen soll, ihren legitimen Platz in der rumänischen Gesellschaft zu finden. Desgleichen wünsche ich mir, daß die Vorschriften zur Regelung der Religionsfreiheit, die ein Grundrecht darstellt, voll respektiert werden, insbesondere was die griechisch-katholische Kirche anbelangt. Ich weiß, daß die katholische Kirche ihrerseits immer bereit ist, mit den zuständigen Behörden in einem Geist des Dialogs die Möglichkeiten zu prüfen, um eventuelle Schwierigkeiten, die in den gegenseitigen Beziehungen auftauchen können, zu überwinden. Das wird für den sozialen Frieden sehr hilfreich sein. In diesem Zusammenhang muß ich allerdings meine Beunruhigung hinsichtlich des Falls der Sankt Josefs- Kathedrale in Bukarest zum Ausdruck bringen, zu deren Gunsten das Erzbistum Bukarest bei den zuständigen staatlichen Stellen zahlreiche Schritte unternommen hat, um das historische Erbe, das die Kathedrale darstellt, und die Glaubenswerte, für die sie steht, nicht nur für die katholische Gemeinschaft, sondern für die ganze rumänische Bevölkerung zu bewahren.

Der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1999 in Ihrem Land hat, wie Sie sagten, »die Herzen und den Geist der Rumänen« geprägt. Er hat insbesondere einen neuen Aufschwung der Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der rumänisch-orthodoxen Kirche ermöglicht. Während ich Seine Seligkeit Teoctist, den orthodoxen Patriarchen Rumäniens, der seinerseits die Kirche von Rom im Jahr 2002 besucht hat, durch Ihre Vermittlung herzlich grüßen lasse, spreche ich den Wunsch aus, daß die katholischen und die orthodoxen Gläubigen weiter immer brüderlichere Beziehungen im Alltagsleben knüpfen und daß ebenso auf allen Ebenen die Gelegenheiten zum Dialog vorankommen mögen. Ganz besonders wünsche ich mir, daß die Europäische Ökumenische Versammlung, die im kommenden September in Sibiu stattfinden soll, eine wichtige Etappe auf dem gemeinsam eingeschlagenen Weg zur Einheit darstellen könne.

Gestatten Sie mir, daß ich auch die um ihre Hirten vereinte katholische Gemeinschaft Rumäniens grüße. Sie hatte, wie mein Vorgänger sagte, »die providentielle Gelegenheit, seit Jahrhunderten die beiden Traditionen, die lateinische und die byzantinische, sich nebeneinander entwickeln zu sehen; zusammen verschönern sie das Antlitz der einen Kirche« (Johannes Paul II., Ansprache an die Bischöfe Rumäniens bei ihrem Ad limina-Besuch, 1. März 2003); dieser Umstand verpflichtet sie, besonders von der katholischen Einheit Zeugnis zu geben, und qualifiziert sie in ganz besonderer Weise dazu, für den Ökumenismus zu arbeiten. Ich weiß, daß die katholischen Gläubigen besonders auf geistiger und sozialer Ebene aktiv am Leben des Landes teilnehmen, und ich ermutige sie lebhaft, den unersetzlichen Platz, den die Familie in der Gesellschaft hat, mutig zu bezeugen.

In diesem Augenblick, da Eure Exzellenz Ihr Amt beim Heiligen Stuhl offiziell antreten, spreche ich Ihnen meine besten Wünsche für die erfolgreiche Erfüllung Ihrer Mission aus. Seien Sie gewiß, Herr Botschafter, bei meinen Mitarbeitern stets aufmerksames Entgegenkommen und freundliches Verständnis zu finden.

Auf Sie selbst, auf Ihre Familie, auf Ihre Mitarbeiter an der Botschaft und auf das ganze rumänische Volk rufe ich von ganzem Herzen die Fülle des göttlichen Segens herab.


*L'Osservatore Romano n. 6 p.11.

 

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