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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN DIE MITGLIEDER DER
INTERNATIONALEN THEOLOGENKOMMISSION

Freitag, 5. Dezember 2008

  

Verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
sehr geehrte Professoren,
liebe Mitarbeiter!

Mit wahrer Freude empfange ich euch zum Abschluß der Arbeiten eurer Jahresvollversammlung, die diesmal mit dem Ende des siebten Quinquenniums seit der Errichtung der Internationalen Theologenkommission zusammenfällt. Ich möchte zunächst meinen tiefempfundenen Dank zum Ausdruck bringen für die ehrerbietigen Worte, die Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer in seiner Eigenschaft als Generalsekretär der Internationalen Theologenkommission im Namen aller an mich gerichtet hat. Darüber hinaus gilt mein Dank euch allen, die ihr im Laufe des Quinquenniums eure Kräfte eingesetzt habt in einer Arbeit, die wirklich wertvoll ist für die Kirche und für jenen, den der Herr in den Dienst als Nachfolger Petri berufen hat.

Die Arbeiten dieses siebten Quinquenniums der Internationalen Theologenkommission haben, wie Erzbischof Ladaria Ferrer in Erinnerung gerufen hat, tatsächlich bereits zu einem konkreten Ergebnis geführt durch die Veröffentlichung des Dokuments »Heilshoffnung für Kinder, die ohne Taufe sterben«. Ein weiteres wichtiges Ziel soll erreicht werden durch das in Vorbereitung befindliche Dokument »Auf der Suche nach einer universalen Ethik: ein neuer Blick auf das natürliche Sittengesetz«, das vor der endgültigen Approbation noch die letzten Schritte durchlaufen muß, die von den Normen der Statuten der Kommission vorgesehen sind. Wie bereits bei früheren Gelegenheiten möchte ich auch jetzt noch einmal betonen, wie notwendig und dringlich es im heutigen Kontext ist, in der Kultur und in der zivilen und politischen Gesellschaft die unverzichtbaren Voraussetzungen für ein volles Bewußtsein über den unabdinglichen Wert des natürlichen Sittengesetzes zu schaffen. Auch dank eurer Untersuchungen zu diesem grundlegenden Thema wird deutlich werden, daß das Naturgesetz die wahre Garantie für jeden Menschen ist, frei und in seiner Würde als Person geachtet zu leben und sich geschützt zu fühlen vor jeder ideologischen Manipulierung und vor jedem Übergriff, der auf der Grundlage des Rechts des Stärkeren verübt wird. Wir wissen alle sehr gut, daß in einer von den Naturwissenschaften bestimmten Welt die metaphysische Auffassung vom natürlichen Sittengesetz nahezu fehlt und nicht verstanden wird. Angesichts ihrer grundlegenden Bedeutung für unsere Gesellschaften und für das menschliche Leben ist es um so notwendiger, daß dieser Begriff erneut seinen Platz erhält und im Kontext unseres Denkens verständlich gemacht wird: die Tatsache nämlich, daß das Sein an sich eine moralische Botschaft enthält und eine Richtschnur für die Wege des Rechts ist.

In bezug auf das dritte Thema, das in diesem Quinquennium ein besonderer Gegenstand eurer Untersuchung war – »Sinn und Methode der Theologie« –, möchte ich gern seine Bedeutung und Aktualität hervorheben. In einer »globalen Gesellschaft« wie der, die heute im Entstehen begriffen ist, verlangt die Öffentlichkeit häufig von den Theologen, daß sie den Dialog zwischen den Religionen und den Kulturen fördern und zur Entwicklung einer Ethik beitragen, deren Grundkoordinaten der Friede, die Gerechtigkeit und der Schutz der natürlichen Umwelt sind. Bei ihnen handelt es sich wirklich um fundamentale Güter. Eine Theologie, die sich auf diese edlen Ziele beschränkt, würde nicht nur ihre eigene Identität verlieren, sondern auch das eigentliche Fundament dieser Güter. Die vorrangige Aufgabe der Theologie besteht darin, wie es schon ihr Name besagt, von Gott zu sprechen, über Gott nachzudenken. Und die Theologie spricht von Gott nicht so, als sei er eine bloße Hypothese unseres Denkens. Sie spricht von Gott, weil Gott selbst mit uns gesprochen hat. Die wahre Arbeit der Theologie liegt darin, in das Wort Gottes einzudringen; den Versuch zu unternehmen, es so weit wie möglich zu verstehen und es in unserer Welt verständlich zu machen, um auf diese Weise Antworten auf jene Fragen zu finden, die uns bewegen. Bei dieser Arbeit wird auch ersichtlich, daß der Glaube nicht nur nicht der Vernunft entgegensteht, sondern vielmehr die Augen der Vernunft öffnet, unseren Horizont weitet und uns ermöglicht, die notwendigen Antworten auf die Herausforderungen der verschiedenen Zeiten zu finden.

Vom objektiven Standpunkt her ist die Wahrheit die Offenbarung Gottes in Christus Jesus, die als Antwort den Glaubensgehorsam in Gemeinschaft mit der Kirche und ihrem Lehramt erfordert. Wenn die Theologie so ihre Identität wiedererlangt hat und als begründete, systematische und methodische Reflexion über die Offenbarung und über den Glauben verstanden wird, wird auch die Frage nach der Methode erleuchtet. In der Theologie darf die Methode nicht nur auf der Grundlage der Kriterien und Normen fußen, die den anderen Wissenschaften gemeinsam sind, sondern sie muß vor allem die Prinzipien und Normen beachten, die der Offenbarung und dem Glauben in seiner persönlichen und kirchlichen Dimension entspringen.

Vom subjektiven Standpunkt her, also vom Standpunkt dessen, der Theologie betreibt, ist die Grundtugend des Theologen die Suche nach dem Gehorsam im Glauben, die Demut im Glauben, die uns die Augen zu öffnen vermag: diese Demut macht den Theologen zum Mitarbeiter der Wahrheit. Auf diese Weise wird es nicht dazu kommen, daß er aus sich selbst heraus spricht; innerlich gereinigt durch den Gehorsam gegenüber der Wahrheit wird er vielmehr dafür sorgen, daß die Wahrheit selbst in ihm sprechen kann und daß der Herr durch den Theologen und die Theologie sprechen kann. Gleichzeitig wird er es erreichen, daß durch ihn die Wahrheit in die Welt gebracht wird.

Andererseits bedeutet der Gehorsam gegenüber der Wahrheit nicht, auf das Suchen und auf die Mühe des Denkens zu verzichten. Im Gegenteil, die gedankliche Unruhe, die im Leben der Gläubigen zweifellos niemals vollkommen gestillt werden kann, da auch sie sich auf dem Weg der Suche und der Vertiefung der Wahrheit befinden, ist jedoch eine Unruhe, die sie auf dem Pilgerweg des Denkens auf Gott hin begleitet und anregt und die sich so als fruchtbar erweist. Ich wünsche daher, daß eure Reflexion über diese Themen die wahren Prinzipien und die fundierte Bedeutung der wahren Theologie wieder ans Licht bringt, damit wir die Antworten, die die göttliche Offenbarung uns anbietet und ohne die wir nicht weise und gerecht leben können, immer besser aufnehmen und verstehen, denn nur so öffnet sich der universale, unendliche Horizont der Wahrheit.

Mein Dank für eure Bemühungen und euer Wirken in der Internationalen Theologenkommission während dieses Quinquenniums ist daher gleichzeitig ein herzlicher Wunsch für die zukünftige Arbeit dieser wichtigen Einrichtung im Dienst des Apostolischen Stuhls und der ganzen Kirche. Ich bringe euch erneut meine Zufriedenheit, Zuneigung und Freude über die heutige Begegnung zum Ausdruck und rufe vom Herrn durch die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau überreiches himmlisches Licht auf eure Arbeit herab. Von Herzen erteile ich euch einen besonderen Apostolischen Segen, in den alle euch nahestehenden Personen eingeschlossen sind.

 

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