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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Ein dreifaches Hinausgehen  

Samstag, 17. September 2016

 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 39, 30. September 2016)

 

Die Päpstlichen Vertreter müssen auf dreifache Weise aus sich selbst hinausgehen: physisch, weil sie immer mit dem Koffer in der Hand unterwegs sind; kulturell, weil sie sich sofort auf den neuen Kontext, in den sie gesandt werden, einlassen müssen; und dann mit dem Gebet und der Anbetung vor dem Tabernakel. Die heilige Messe am 17. September konzelebrierte der Heilige Vater in der Kapelle des Hauses Santa Marta mit den Teilnehmern am Treffen der Nuntien aus Anlass des Jubiläums der Barmherzigkeit. In seiner Predigt zeichnete er das geistliche Profil derer, die im Dienst des Heiligen Stuhls in der Diplomatie tätig sind.

Angeregt wurde Franziskus in seiner Meditation durch das Gleichnis vom Sämann aus dem Lukasevangelium (8,4-15): »›Ein Sämann ging aufs Feld, um seinen Samen auszusäen.‹ Er ist eine Gestalt, ein Bild, das Jesus uns vor Augen stellt, um das christliche Leben zu verstehen: Der Christ ist ein Mann, eine Frau, die hinausgeht, immer, um auszusäen.«

Sich direkt an die Anwesenden wendend sagte der Papst: »In besonderer Weise, auch im Superlativ, seid ihr Männer im Aufbruch, die hinausgehen. Mehrmals habe ich euch gesagt, dass euer Leben ein Zigeunerleben ist: zwei, drei, vier Jahre hier, auch fünf« und dann, »wenn man die Sprache gut gelernt hat, ein Anruf aus Rom: ›Ah, wie geht’s?‹ – ›Gut!‹ – ›Weißt du, der Heilige Vater mag dich sehr und er hat an dich gedacht für diese Aufgabe…‹ Denn diese Telefonanrufe werden mit dem ›Zuckerbrot‹ gemacht, nicht wahr?« Der Päpstliche Vertreter weiß, dass er stets bereit sein muss, »die Koffer zu packen und an einen anderen Ort zu gehen: Freunde zurückzulassen, Gewohnheiten aufzugeben, viele Dinge zurückzulassen, die er getan hat«. Er muss beständig »aus sich selbst hinausgehen, von jenem Ort aufbrechen, um an einen anderen Ort zu gehen und dort neu anzufangen«.

Aber, so der Papst weiter, »es gibt ein weiteres Hinausgehen, das der Nuntius tut und tun muss: wenn er in einem Land ankommt, dann muss er aus sich selbst herausgehen, um kennenzulernen, Dialog zu führen, die Kultur zu studieren und die Art und Weise zu denken«. Und er müsse auch »aus sich selbst herausgehen, um auf Empfänge zu gehen, die häufig langweilig sind. Aber er muss dort sein und zuhören.« In jenen Umfeldern »wird ausgesät« und »der Same ist immer gut, das Korn ist gut. Es ist nur notwendig, ein wenig aufzupassen, dass der Teufel nicht ein wenig Unkraut dazwischengesät hat; aber das Korn ist gut.« Man könne meinen, dass diese »Arbeit des Neuanfangens, Tuns, des Kennenlernens der Kultur eine zu funktionelle Arbeit ist, eine administrative Arbeit«. Und angesichts der Tatsache, dass »es in der Kirche so viele tüchtige Laien gibt«, könne man sich fragen: »Warum können sie das nicht tun?« Zu dieser Frage bemerkte der Papst: »Beim Gespräch über dieses Thema habe ich vorgestern gehört, wie der Staatssekretär gesagt hat: ›Aber, schaut einmal, bei den Empfängen suchen viele, die oberflächlich zu sein scheinen, den Priesterkragen.‹«

An die Apostolischen Nuntien gewandt, fuhr Franziskus fort: »Ihr alle wisst sehr gut, was ihr in  so vielen Seelen bewirkt habt, in jener Weltlichkeit, aber ohne die Weltlichkeit selbst zu übernehmen, indem ihr die Menschen so annehmt, wie sie sind, ihnen zuhört, mit ihnen ein Gespräch führt: Auch das ist ein Hinausgehen aus sich selbst, wie es der Nuntius tut, um die Menschen zu verstehen, mit ihnen zu sprechen. Das ist ein Kreuz.« Zum Kern des Gleichnisses aus dem Evangelium zurückkehrend, unterstrich der Papst, Jesus sage, dass »der Sämann den Samen aussät, das Korn sät und dann ausruht, weil Gott es ist, der den Samen keimen und wachsen lässt«. Deshalb müsse »auch der Nuntius aus sich selbst hinausgehen zum Herrn hin, der den Samen keimen und wachsen lässt. Er muss aus sich selbst hinausgehen, im Gebet und Anbetung vor dem Tabernakel«. Das sei »ein großes Zeugnis: der Nuntius betet nur den an, der wachsen lässt, der Leben schenkt«.

Das also sind »die drei Weisen eines Nuntius, hinauszugehen«. Als erstes »das physische Hinausgehen: die Koffer packen, das Leben eines Zigeuners «. Dann ist da »das kulturelle Hinausgehen: die Kultur erlernen, die Sprache lernen«. Denn, so erklärte Franziskus weiter, in jenem Telefonanruf, den der Päpstliche Vertreter empfängt, um ihm seine neue Aufgabe mitzuteilen, werde er auch gefragt, welche Sprachen er spreche. Die Antwort könne vielleicht lauten: »Ich spreche gut Englisch und Französisch, mit Spanisch komme ich einigermaßen zurecht.« Aber er könnte dann auch hören, dass man zu ihm sagt: »Aber, hör einmal, der Papst hat daran gedacht, dich nach Japan zu schicken!« – »Aber ich kenne keinen einzigen Buchstaben dieser Japaner!« – »Gut, das wirst du lernen!« In diesem Zusammenhang erzählte der Papst den Anwesenden, dass ihn »einer von euch sehr erbaut habe, der vor der Übergabe seines Beglaubigungsschreibens in zwei Monaten eine schwierige Sprache gelernt hatte und auch gelernt hatte, in dieser Sprache die heilige Messe zu feiern: er hat dieses Hinausgehen neu begonnen mit Begeisterung, mit Freude«.

Das »dritte Hinausgehen« schließlich sei »das Gebet, die Anbetung«. Und dieser Aspekt sei bei jenen »stärker«, die nicht mehr im aktiven Dienst seien, weil »es auch eine Aufgabe der Brüderlichkeit ist«: Sie beteten mehr, sie »müssen mehr beten für die Brüder, die dort sind, in der Welt«. Aber »auch der Nuntius im Dienst« dürfe nicht »diese Anbetung vergessen, damit der Herr wachsen lässt, was er gesät hat«. Dies sei also für die Päpstlichen Vertreter »das dreifache Hinausgehen und die drei Arten, Jesus Christus und der Kirche zu dienen«. Und »die Kirche dankt euch für dieses dreifache Hinausgehen, sie dankt euch sehr«. Abschließend sagte der Papst: »Auch ich persönlich möchte euch danken: sehr oft bewundere ich eure Mitteilungen, wenn ich sie am frühen Morgen empfange: ›Sieh diesen hier, wie gut er arbeitet.‹« Bevor Franziskus mit der Feier der heiligen Messe fortfuhr, wünschte der Papst den Anwesenden, dass der Herr ihnen »die Gnade schenken möge, sich bei diesem dreifachen Hinausgehen, diesem dreifachen Hinausgehen aus euch selbst, immer neu zu orientieren«.

 



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