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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Das Licht gehört nicht in den Kühlschrank

Montag, 19. September 2016

 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 39, 30. September 2016)

 

Wenn man nicht nur »dem Namen nach« Christ sein will, dann muss man es sich täglich zur Aufgabe machen, jenes Licht »zu bewahren und nicht zu verbergen«, das uns in der Taufe geschenkt worden ist. Eine Aufgabe, die im alltäglichen Leben erfüllt wird, indem man Acht gibt, gewissen Versuchungen nicht nachzugeben, denen man geneigt ist nachzugeben«. Und in der Predigt, die Papst Franziskus bei der Frühmesse hielt, die er am Montag, 19. September, im Haus Santa Marta feierte, gab er einige diesbezügliche Ratschläge.

Er ging dabei wie gewöhnlich vom Tagesevangelium nach Lukas aus (8, 16-18), wo gerade das Thema des Lichts behandelt wird, »von der Empfehlung Jesu, das Licht nicht zuzudecken«, sondern »das Licht auf den Leuchter [zu stellen], damit alle, die eintreten, es leuchten sehen«. Der Papst machte darauf aufmerksam, dass das ein Rat sei, der auch im Ruf vor dem Evangelium vorgebracht werde, wo in einem Zitat aus dem Evangelium nach Matthäus (5,16) dazu aufgerufen werde: »Euer Licht soll vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.«

Als erstes, so erläuterte der Papst, müsse man sich vor einem Missverständnis hüten, denn wir seien »in der Umgangssprache daran gewöhnt, zu sagen: ›Nun, das ist ein strahlender Mensch; dieser da hingegen nicht‹. Das Licht des Herrn ist nicht nur Sympathie. Da ist noch etwas anderes.« Tatsächlich »heißt das Bewahren des Lichts, etwas zu bewahren, das uns zum Geschenk gemacht wurde, und wenn wir leuchtend sind«, so sind wir das im Sinne von »wir haben am Tag der Taufe das Licht geschenkt bekommen«. Eben aus diesem Grund, so fügte er hinzu, »nannte man die Taufe in der Anfangszeit, in den ersten Jahrhunderten der Kirche, aber auch heute noch in einigen Kirchen des Orientalischen Ritus, ›die Erleuchtung‹; und bis heute, »geben wir, wenn ein Kind getauft wird, als Zeichen eine Kerze, eine brennende Kerze: weil das Licht ein Geschenk Gottes ist«.

Nun, so fuhr Franziskus fort, dieses Licht, das Jesus in der Taufe schenke, »ist ein wahres Licht«, ein Licht, »das von innen kommt, da es ein Licht des Heiligen Geistes ist. Es ist kein Kunstlicht, kein falsches Licht. Es ist ein sanftes, heiteres Licht, das nicht mehr ausgeht«. Deshalb »darf es nicht zugedeckt werden«. Und »wenn du dieses Licht zudeckst, dann wirst du lau oder ganz einfach nur noch dem Namen nach ein Christ«. Um die Natur dieses Lichtes besser zu verstehen, das »wir, wie Jesus uns sagt, hüten sollen« und »das uns allen geschenkt wurde«, berief sich der Papst auch auf den biblischen Text, in dem von der Verklärung die Rede ist: denken wir an den Berg Tabor, als er all das Licht sehen lässt, das er hat«. Und indem er den Psalm zitierte, wo es heißt: »Der das Rechte tut, darf weilen auf deinem heiligen Berg«, forderte er auf: »Denken wir an diesen Berg, wo der Herr verklärt wurde in all seinem Licht«. Gerade das sei das Licht, »das wir behüten müssen und nicht verstecken dürfen«.

Aber diese Aufgabe muss sich auch mit dem Alltagsleben auseinandersetzen. Und da, so fuhr der Papst fort, könnte jemand fragen: »Vater, und wie kann dieses Licht verborgen werden? Wie kann man das Licht so verbergen, dass damit die Menschen das Licht nicht sehen, das man mit den guten Werken erzeugt?« Wieder einmal kam hier die Tagesliturgie zu Hilfe. In diesem Fall mit der ersten Lesung aus dem Buch der Sprichwörter (3, 27-34), von denen einige »Ratschläge sind: es sind die Ratschläge, die ein weiser Vater seinen Kindern erteilt«. Da stehe zunächst: »Mein Sohn, versag keine Wohltat dem, der sie braucht, wenn es in deiner Hand liegt, Gutes zu tun.« Es sei ganz einfach: »Wenn du Gutes tun kannst, tu es.« »Und«, so fügte Franziskus hinzu, »alle Menschen haben ein Recht darauf, dieses Gut zu erhalten, weil wir alle Kinder des Vaters sind, der uns das Gute schenkt«. Der Mensch hingegen, »der das Gute nicht tut, obwohl er könnte, der verbirgt das Licht«, das dann »dunkel wird«.

Der Papst verweilte bei dieser Vorstellung, indem er einige Verhaltensweisen analysierte, mit denen man es im Alltagsleben oft zu tun habe: »Sag nicht zu deinem Nächsten: ›Ja, geh, geh ruhig, geh… Komm morgen wieder vorbei, dann gebe ich es dir‹. Wenn das du schon jetzt hast, worum er dich bittet – und das ist ein sehr wichtiges Thema in der Bibel –, dann lass den, der es braucht, nicht warten; zahle ihm sein Gehalt nicht erst einen Tag später«. Franziskus führte auch ein Beispiel an, das er aus dem Buch Exodus zitiert: »Wenn du seinen Mantel zum Pfand hast, weil du ihm ein Darlehen gegeben hast, sollst du sein Pfand nicht über Nacht behalten. Dann kann er in seinem Mantel schlafen.« All das als Erläuterung der Empfehlung: »Verschieb das Gute, das du tun kannst, nie auf morgen.« In diesem Sinne bediente sich der Papst auch eines ganz konkreten Beispiels: »Das Gute verträgt den Kühlschrank nicht«, das heißt, es wird nicht aufgehoben; »das Gute ist heute und jetzt, und wenn du es heute nicht tust, ist es morgen zu spät. Verstecke das Gute nicht, um es morgen zu tun«.

Und wer nach dem Prinzip des »›Geh, komm wieder, morgen will ich dir etwas geben‹ handelt, verhüllt das Licht sehr«. Das Buch der Sprichwörter füge noch einen weiteren Ratschlag hinzu: »Sinne nichts Böses gegen deinen Nächsten, der friedlich neben dir wohnt.« Auch das sei eine Wirklichkeit, die uns jeden Tag unter die Augen komme: »Wie oft«, so sagte der Papst, »vertrauen die Leute diesem oder jenem, während dieser Böses plant, um sie zu vernichten, zu besudeln, ihn herabzuwürdigen«. Das, so erläuterte er, sei »das kleine Stückchen Mafia, dessen wir alle uns bedienen können: wer das Vertrauen seines Nächsten missbraucht, um etwas Böses zu planen, ist ein Mafioso«, auch wenn er nicht de facto einer Mafia-Organisation angehört: »Das ist Mafia, Vertrauen zu missbrauchen…

Und das verdunkelt das Licht. Es macht dich finster. Jede Mafia ist finster«. Die Heilige Schrift fahre fort: »Bring niemand ohne Grund vor Gericht, wenn er dir nichts Böses getan hat.« Auch hier scheine wieder die Erfahrung des Alltagslebens durch. Franziskus betonte: »Wie gerne ziehen wir doch vor Gericht, nicht wahr? Immer. Wir suchen immer einen Grund, um einen Streit anzufangen. Aber schließlich wird man des Streites müde: so kann man nicht leben«. »Es ist besser«, so fügte er hinzu, »etwas durchgehen zu lassen, zu vergeben… «, oder halt »so zu tun, als ob man die Dinge nicht bemerkt«, um nicht »unentwegt zu streiten«.

Der weise Vater der Schrift setze seine Ratschläge fort und fordere auf: »Beneide den Gewalttätigen nicht, wähle keinen seiner Wege; denn ein Gräuel ist dem Herrn der Ränkeschmied, die Redlichen sind seine Freunde.« Tatsächlich komme es gelegentlich vor, dass wir »neidisch sind, eifersüchtig auf die Menschen, die Dinge haben, die Erfolg haben, oder die gewalttätig sind«. Aber wenn wir, so der Papst, »die Geschichte der Gewalttätigen, der Mächtigen« in Betracht zögen, dann würde uns bewusst, dass »dieselben Würmer, die sich dereinst an uns gütlich tun werden, auch sie auffressen; dieselben Würmer! Am Ende werden wir alle gleich«. Was bleibe, sei die Tatsache, dass »der Neid auf die Mächtigen, das eifersüchtig Sein… dass das das Licht verdeckt«. Und in der Heiligen Schrift gehe es noch weiter: »Mein Sohn, der Fluch des Herrn fällt auf das Haus des Frevlers, die Wohnung der Gerechten segnet er.« Und es werde noch hinzugefügt, dass der Herr dagegen »den Gebeugten seine Gunst erweist.«

Aus diesem Grund forderte der Papst erneut dazu auf, diese Ratschläge zu hören, die das Leben »des Alltags« beträfen – »es sind keine ungewöhnlichen Dinge« –, und diese Aufforderung zu befolgen: »Seid Kinder des Lichts, und nicht der Finsternis; bewahrt das Licht, das euch am Tag der Taufe geschenkt wurde«. Und abschließend forderte er »uns alle, die wir die Taufe empfangen haben«, auf, den Heiligen Geist darum zu bitten, dass er uns dabei helfe, nicht in diese hässlichen Gewohnheiten zu verfallen, die das Licht verhüllen, und darum, dass er uns dabei helfe, das unentgeltlich empfangene Licht weiterzutragen, jenes Licht Gottes, das so wohl tut: das Licht der Freundschaft, das Licht der Sanftmut, das Licht des Glaubens, das Licht der Hoffnung, das Licht der Geduld, das Licht der Güte.«

 



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