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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Aus Glaube, nicht aus Berechnung

Montag, 16. April 2018
 

 

 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 18, 4. Mai 2018)

 

»Wie folge ich Jesus nach?« Das ist die einfache Frage, die jeder Christ sich stellen sollte, um zu verstehen, ob sein Glaube echt und aufrichtig oder ob er irgendwie »berechnend« ist. Es besteht nämlich die Gefahr, die eigene Nachfolge Christi durch die Abwägung der Vorteile zu verwässern. Dies unterstrich Papst Franziskus in seiner Predigt bei der Messe in Santa Marta am Montag, 16. April. Der Papst kommentierte die Lesungen des Wortgottesdienstes und machte zwei mögliche Wege aus, vor denen jeder Getaufter stehe: den Weg des Protomärtyrers Stephanus, der »erfüllt von der Gnade des Heiligen Geistes« gehandelt habe, »ohne die Folgen seiner Entscheidungen zu berechnen«, und den Weg der Menge, die sich von den Wundern habe gewinnen lassen.

So gebe es, wie Franziskus erklärte, »verschiedene Arten und Weisen, Jesus nachzufolgen «. Die im Johannesevangelium (6,22-29) beschriebenen Leute, die beim Wunder der Brotvermehrung dabei waren, seien Jesus nämlich nicht nur nachgefolgt, »weil sie Hunger nach dem Wort Gottes hatten und spürten, dass Jesus ans Herz rührte, ihre Herzen erwärmte«, sondern auch, »weil Jesus Wunder wirkte. Sie folgten ihm auch, um geheilt zu werden, um eine neue Sicht auf das Leben zu haben.« Das gehe so weit, rief der Papst in Erinnerung, dass Jesus sie an einer anderen Stelle des Johannesevangeliums (4,48) tadle: »Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, dann glaubt ihr nicht.« Als wolle er unterstreichen, dass »das Wichtige nicht die Wunder sind: Das Wichtige ist das Wort Gottes, das Wichtige ist der Glaube.« Daher »lobt Jesus die Menschen, die sich ihm mit Glauben nähern«. In der Tat habe er »zu jenem Vater, der ihn um die Heilung seines Kindes bat«, gesagt: »Alles ist möglich für den, der glaubt.«

Die Leute also, die »Jesus folgten, um ihn zu hören«, hätten ihn nach der Brotvermehrung sogar »zum König« machen wollen. Deshalb sei er fortgegangen, »allein, um zu beten«. Der Papst fasste den Bericht aus dem Evangelium zusammen und beschrieb, was mit den Menschen geschehen sei, die Jesus gesucht und ihn am darauffolgenden Tag am anderen Ufer des Sees gefunden hätten. Warum diese beharrliche Suche? Auch um Jesus zu hören, doch vor allem »aus Eigeninteresse«. Sofort nämlich tadle sie der Herr: »Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.« Franziskus befasste sich mit der Psychologie der Menge: »gute Leute«, die »das Wort Jesu hören und spüren« wollten, »wie jenes Wort ins Herz dringt«, doch auch aus Eigeninteresse. Ihr Glaube sei ein Glaube, der zwei Dinge »miteinander verbindet: der Glaube und der Wunsch, Jesus zu lieben, der jedoch ein wenig interessegeleitet ist«.

Sie seien nicht die einzigen, die im Evangelium eine derartige Haltung einnähmen. Der Papst rief zum Beispiel die Episode des Besessenen von Gerasa (Lk 8,26-39) in Erinnerung, in dem die Schweinehirten, als sie gesehen hätten, dass sie durch dieses Wunder »ihre Schweine eingebüßt hatten«, »ihre Berechnungen anstellten und sagten: ›Ja, ja. Der wirkt Wunder, aber für uns lohnt sich das nicht. Wir verlieren Geld damit.‹ Und sie baten ihn ganz freundlich: ›Geh fort, geh zu dir nachhause!‹« Oder man könne an die zehn Aussätzigen denken, von denen ebenfalls Lukas (17,11-19) berichtet, die »geheilt wurden und weggingen, doch nur einer kam zurück, um zu danken. Die anderen waren geheilt worden und hatten Jesus vergessen.«

Angesichts eines von Eigeninteresse beeinflussten Glaubens tadle Jesus und »sagt: ›Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird.‹ Die Speise ist das Wort Gottes und die Liebe Gottes.« Im Gegensatz dazu führe die erste Lesung das Beispiel des Stephanus an, der »Jesus auch nachfolgte, doch auf eine entschlossene, klare Weise. Er war dem Weg Jesu mit seinem ganzen Leben gefolgt. Er war erfüllt von Gnade und vom Heiligen Geist und tat große Wunder und Zeichen unter dem Volk.« »In dem Augenblick, da es galt, Jesus zu verteidigen, sprach er klar« und, so ist in der Apostelgeschichte (6,8-1) zu lesen: »Sie konnten der Weisheit und dem Geist, mit dem er sprach, nicht widerstehen.« Stephanus, so erklärte der Papst, »folgte Jesus nach, ohne die Folgen für ihn abzuwägen: das ist gut für mich, das nicht… Er war keiner, der einem berechnenden Interesse folgte. Er liebte. Er folgte Jesus und war sich darin sicher.« Bis zum Tod: »Sie haben ihm die Falle der Verleumdungen gestellt, sie haben ihn da hineintappen lassen und so endete er als Gesteinigter. Aber während er Zeugnis für Jesus gab.«

Stephanus und die Menge: »Zwei Weisen, Jesus nachzufolgen. Beide folgen Jesus. Einige nicht so ganz. Ein wenig ja, ein wenig nein, verbunden mit etwas persönlichem Interesse. Andere, wie Stephanus, geben ihr Leben hin, um Jesus zu folgen. « Angesichts dieser Beispiele forderte Franziskus auf: »Ein jeder von uns kann sich fragen: Nun, wie folge ich Jesus nach? Und wie weiß ich, wie kann ich wissen, ob ich ihm gut oder aus Eigeninteresse nachfolge?« Daher gab der Papst einen Rat, »den Rat des Gedächtnisses«: Die rechte Unterscheidung könne sich nämlich daraus ergeben, »das Gedächtnis aufzufrischen«. »Wir können uns fragen: Was hat Jesus für mich getan?«, wobei wir vor allem und konkret an unser Leben denken sollten. So »werden wir viele große Dinge finden, die Jesus uns unentgeltlich gegeben hat, weil er uns liebt: einen jeden von uns«.

Daraus ergebe sich der nächste Schritt. »Wenn ich einmal die Dinge sehe, die Jesus für mich getan hat, dann stelle ich mir die zweite Frage: Und ich, was soll ich für Jesus tun? Und auf diese Weise, mit diesen beiden Fragen, wird es uns vielleicht gelingen, uns von einem interessegeleiteten Glauben welcher Art auch immer zu reinigen. « Denn, so fügte der Papst hinzu, »wenn ich all das sehe, was Jesus mir gegeben hat, kommt die Großherzigkeit des Herzens zu einem: ›Ja, Herr, ich gebe alles! Und ich werde nicht mehr diese Fehler begehen, diese Sünden.‹« Man werde »den Weg der Umkehr aus Liebe« einschlagen können: »Du hast mir so viel Liebe geschenkt, auch ich gebe dir diese Liebe.« Dank dieser beiden Fragen, so der Papst abschließend, werde jeder »einen schönen Test« durchführen können über die Art und Weise, »wie wir Jesus nachfolgen: aus Eigeninteresse oder nicht? Und so werden wir fähig sein, unseren Glauben von jeglicher Berechnung zu läutern.«

 



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