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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Erinnerung und Hoffnung

Freitag, 1. Februar 2019

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Die vielen Christen, die heute verfolgt und angegriffen werden und für den Glauben leiden, schaffen es auszuharren, weil sie getragen werden von der Hoffnung und von der »Erinnerung an glückliche Momente«, wie jene der ersten Begegnung mit Jesus. Eine Haltung, so Papst Franziskus bei der heiligen Messe am 1. Februar, die auch für das tägliche Leben eines jeden Christen gelte: Gerade auf »Erinnerung und Hoffnung« müsse der Glaubende setzen, wenn er mit »einem Moment der Lauheit« oder einer richtiggehenden »Trostlosigkeit« zu kämpfen habe.

»Die Kirche unterbreitet uns heute in der ersten Lesung eine Katechese über die Ausdauer: auf dem Glaubensweg ausharren, im Dienst des Herrn ausharren«, erklärte der Papst unter Bezugnahme auf den Abschnitt aus dem Hebräerbrief (10,32-39). In der Tat »richtet sich der Verfasser des Briefes an die Christen, die einen dunklen Moment durchmachen, einen schlechten Moment, weil sie verfolgt werden oder weil sie nicht verstanden werden. Sie leiden unter Spott oder machen dunkle persönliche Momente in ihrem Leben durch, wenn man – auch wir haben oft solche Momente durchgemacht – nichts spürt, die Vorstellung des Dienstes am Herrn uns nicht aufrecht hält, das Tun des Guten sich als mühsam erweist, es eine Zeit der Lauheit ist, der Distanz in unserer Seele, eine Zeit der Trostlosigkeit.«

Doch diese Zeit der Trostlosigkeit, betonte der Papst, »hat auch Jesus durchlitten: Denken wir an die Traurigkeit Jesu, als er vor dem Grab des Lazarus weinte, als er über Jerusalem weinte: das Herz war traurig«. Und weiter, »die Traurigkeit Jesu, als er in Getsemani zu den Aposteln sagt: ›Meine Seele ist zu Tode betrübt.‹« In jenem Moment »ist das Herz Jesu dunkel: Auch er hat das durchgemacht, so dass er den Vater bittet, dass dies nicht geschehe, dass diese Stunde vorübergehen möge.«

»Das christliche Leben«, räumte Franziskus ein, »ist kein Karneval. Es ist kein ständiges, unbeschwertes, immer freudvolles Fest.« Wahr sei: »Das christliche Leben hat schöne Momente und schlechte Momente, Momente der Lauheit, der Distanz, wie ich sagte, wo nichts einen Sinn ergibt: der Moment der Trostlosigkeit.«

Und gerade »in diesem Moment, sowohl in Bezug auf die inneren Verfolgungen als auch hinsichtlich des inneren Zustandes der Seele, sagt der Verfasser des Hebräerbriefes: ›Was ihr braucht, ist Ausdauer.‹« Es bedürfe »der Ausdauer, damit ihr den Willen Gottes erfüllt und die Verheißung erlangt«, so der Text. »Ausdauer, um die Verheißung zu erlangen« also. Und »der Weg der Verheißung hat, wie ich sagte, schöne Momente, leuchtende Momente, dunkle Momente«, so der Papst erneut und regte an, »stets beharrlich zu sein« und dabei den vom Apostel vorgeschlagenen »zwei Weisungen« zu folgen: »Erinnerung und Hoffnung«.

Auf die »Erinnerung« könne man »in dunklen Augenblicken« zurückgreifen. Im Hebräerbrief sei zu lesen: »Erinnert euch an die früheren Tage.« Das heiße, so erklärte Franziskus, »an die glücklichen Tage der Begegnung mit dem Herrn zu denken, zum Beispiel als ich eine gutes Werk verrichtete und die Nähe des Herrn spürte, als ich im Gebet fühlte, dass der Herr zu mir kam, oder als ich mich entschloss, ins Seminar, in das geweihte Leben einzutreten«. Das seien »schöne, sehr schöne Momente«. Daher schlage der Autor des Briefes vor: »Erinnert euch an jene Momente, an die ersten Tage, an denen alles hell war; jetzt bin ich am Boden, ja, aber ich denke daran.« Das also sei das »erste Rezept gegen die Trostlosigkeit: die Erinnerung wachrufen, die Erinnerung an den Trost der ersten Tage wachrufen«.

Wieder sei es der Autor des Briefes, der darauf aufmerksam mache, »was die Christen in den frühen Tagen getan hatten: ›Erinnert euch an die früheren Tage, in denen ihr als Erleuchtete einen harten Leidenskampf auf euch genommen habt, da ihr durch Beschimpfungen und Bedrängnisse öffentlich zur Schau gestellt wurdet oder mitbetroffen gewesen seid vom Geschick derer, denen es so erging.‹« Und dennoch »spielte es keine Rolle: Ihr wart in jenem Moment glücklich«.

Heute hingegen, fuhr der Papst fort, »seid ihr in der Trostlosigkeit: Erinnert euch an den Moment des Glücks in den ersten Tagen des Trostes!« Im Buch des Propheten Jeremia, so Franziskus, »gibt es ein schönes Wort des Herrn im Hinblick auf diese ersten Momente: ›Ich erinnere ich mich an die ersten Tage, an die Tage deiner Jugend‹ – die geistliche Jugend –, ›als du mir in der Wüste wie ein Verliebter folgtest‹: die Zeit der Liebe. Dann kommt das schlechte Wetter, aber wir erinnern uns an das Schöne.«

Der zweite Hinweis sei »die Hoffnung«. Im Hebräerbrief sei weiter zu lesen: »Was ihr braucht, ist Ausdauer, damit ihr den Willen Gottes erfüllt und die Verheißung erlangt«, das heißt, »um zu jener Verheißung zu gelangen, die mir in den ersten Tagen gemacht wurde«. Im Übrigen »ist das Leben so, wir wissen es, weil wir alle diese schlechten Zeiten durchmachen, alle. Das ist normal. Aber es ist nicht gut, sich gehen zu lassen, es ist nicht gut, zu sagen: ›Ah, das nützt nichts‹. Er sagt ganz klar: ›Gib nicht nach, weich nicht zurück‹! Er sagt im Original: ›Weich nicht zurück, gib nicht auf!‹« Es sei notwendig, »Widerstand zu leisten in den schlechten Momenten, aber einen Widerstand der Erinnerung und der Hoffnung, einen Widerstand mit dem Herzen: Wenn das Herz an die schönen Momente denkt, dann atmet es. Wenn es auf die Hoffnung blickt, dann kann es trotz allem atmen.« Und genau das sei es, »was wir in den Momenten der Trostlosigkeit tun müssen, um den ersten Trost und die vom Herrn verheißene Tröstung zu finden«.

Franziskus gestand: »Mir kommt da etwas in den Sinn, was mich in dem Gefängnis beeindruckte, das ich in Litauen sah, wo die zum Tod Verurteilten hingebracht wurden: Jene Menschen wussten, dass das so enden würde, wenn sie im Glauben, in der Liebe zu ihrem Land ausharrten. Aber sie waren mutig. Viele, viele Christen, viele Märtyrer.«

»Auch heute haben viele, viele Männer und Frauen, die für den Glauben leiden, sich aber der ersten Begegnung mit Jesus entsinnen, Hoffnung und gehen weiter«, erklärte der Papst. Das »ist ein Ratschlag, den der Autor des Hebräerbriefes auch für die Augenblicke der Verfolgung gibt, wenn die Christen verfolgt und angegriffen werden: ›Habt Ausdauer!‹« Und so sollen »auch wir, wenn der Teufel uns mit Versuchungen, mit Lastern, mit unserem Elend angreift, immer auf den Herrn blicken: die Ausdauer des Kreuzes in Erinnerung an die ersten schönen Momente der Liebe, der Begegnung mit dem Herrn, und an die Hoffnung, die uns zusteht«.

Abschließend forderte der Papst zum Gebet auf, damit »der Herr uns die Gnade der Erinnerung und der Hoffnung schenke, um so beharrlich den Weg unseres Lebens gehen zu können«.

 

 



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