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HEILIGE MESSE UND HEILIGSPRECHUNG DER SELIGEN
STANISLAUS VON JESUS MARIA SOWIE MARIA ELISABETH HESSELBLAD

PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS

Petersplatz
Sonntag, 5. Juni 2016

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Das Wort Gottes, das wir gehört haben, führt uns wieder zum zentralen Ereignis unseres Glaubens hin: den Sieg Gottes über das Leid und den Tod. Es ist das Evangelium der Hoffnung, das dem Ostergeheimnis Christi entspringt und von seinem Antlitz aufstrahlt, welches Gott Vater, den Tröster der Betrübten, offenbart. Es ist ein Wort, das uns mit dem Leiden unseres Herrn Jesus tief verbunden zu bleiben heißt, auf dass sich die Kraft seiner Auferstehung an uns zeige.

Im Leiden Christi finden wir in der Tat die Antwort Gottes auf den angstvollen – und mitunter entrüsteten – Schrei, den die Erfahrung des Schmerzes und des Todes in uns auslöst. Es geht darum, nicht vor dem Kreuz davonzulaufen, sondern dort zu bleiben, wie es die Jungfrau und Mutter Maria getan hat. Gemeinsam mit Jesus hat sie gelitten und erhielt so die Gnade, gegen alle Hoffnung zu hoffen (vgl. Röm 4,18).

Dies war auch die Erfahrung eines Stanislaus von Jesus Maria und einer Maria Elisabeth Hesselblad, die heute heiliggesprochen wurden: Sie blieben eng mit dem Leiden Jesu verbunden, und an ihnen zeigte sich die Kraft seiner Auferstehung.

Die erste Lesung und das Evangelium des heutigen Sonntags stellen uns eben zwei wunderbare Zeichen von Auferweckung vor: das erste wird vom Propheten Elija bewirkt, das zweite von Jesus. In beiden Fällen sind die Toten junge Söhne von Witwen, die ihren Müttern lebend zurückgegeben werden.

Die Witwe von Sarepta – eine nicht jüdische Frau, die dennoch den Propheten Elija in ihrem Haus aufgenommen hatte – ist über den Propheten und über Gott entrüstet. Denn ihr Kind war erkrankt, gerade als Elija bei ihr zu Gast war, und jetzt war es in ihren Armen gestorben. Da sagt Elija zu jener Frau: »Gib mir deinen Sohn!« (1 Kön 17,19). Dies ist ein Schlüsselwort: Es drückt die Haltung Gottes gegenüber unserem Tod (in allen seinen Formen) aus. Gott sagt nicht: „Behalte ihn, sieh, wie du damit zurechtkommst!“, sondern: „Gib ihn mir.“ Und in der Tat nimmt der Prophet das Kind und trägt es in das Obergemach hinauf. Dort – allein – „ringt er mit Gott“ im Gebet, indem er ihm die Widersinnigkeit dieses Todes gegenüberstellt. Und der Herr erhörte die Stimme des Elija, denn in Wirklichkeit war er – Gott – es, der durch den Propheten sprach und handelte. Er hatte durch Elijas Mund zur Frau gesagt: „Gib mir deinen Sohn“. Und jetzt war er es, der ihn der Mutter lebend zurückgab.

Die Zärtlichkeit Gottes offenbart sich vollkommen in Jesus. Im Evangelium (Lk 7,11-17) haben wir gehört, wie Jesus mit jener Witwe von Naïn in Galiläa, die gerade ihren einzigen Sohn, der noch ein Jugendlicher war, zum Grabe begleitete, »Mitleid« hatte (V. 13). Doch Jesus tritt näher, fasst die Bahre an, hält den Leichenzug an und wird sicher auch liebevoll über das von Tränen benetzte Gesicht dieser armen Mutter gestrichen haben. »Weine nicht!«, sagt er zu ihr (V. 13) – als ob er sie bitten würde: „Gib mir deinen Sohn“. Jesus erbittet sich unseren Tod, um uns davon zu befreien und uns das Leben zurückzugeben. Und tatsächlich wachte jener junge Mann wie von einem tiefen Schlaf auf und begann wieder zu sprechen. »Und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück« (V. 15). Er ist kein Magier! Er ist die inkarnierte Zärtlichkeit Gottes, in ihm wirkt das unendliche Mitleid des Vaters.

Eine Art von Auferweckung finden wir auch beim Apostel Paulus, der von einem Feind und grausamen Verfolger der Christen zu einem Zeugen und Boten des Evangeliums wurde (vgl. Gal 1,13-17). Diese radikale Veränderung war nicht sein Werk, sondern Geschenk der Barmherzigkeit Gottes, der ihn »auserwählte und durch seine Gnade berufen hat« und an ihm seinen Sohn offenbarte, damit er ihn unter den Heiden verkündige (vgl. Vv. 15-16). Paulus sagt, dass es Gott Vater gefallen hat, den Sohn nicht nur ihm, sondern an ihm zu offenbaren, also indem er gleichsam in seiner Person – in seinem Fleisch und Geist – den Tod und die Auferstehung Christi einprägte. So wird der Apostel nicht nur ein Bote, sondern vor allem ein Zeuge.

Auch bei uns Sündern, bei jedem Einzelnen, hört Jesus nicht auf, den Sieg der lebenspendenden Gnade aufleuchten zu lassen. Heute und alle Tage sagt er zur Mutter Kirche: „Gib mir deine Kinder“ – das sind wir alle. Er nimmt unsere Sünden auf sich, er nimmt sie hinweg und gibt uns der Kirche selbst lebend zurück. Und genau das ist es, was auf besondere Weise in diesem Jahr der Barmherzigkeit geschieht.



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