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 UNTERZEICHNUNG DER ERKLÄRUNG DER RELIGIONSFÜHRER GEGEN DIE SKLAVEREI

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Casina Pio IV
Dienstag, 2. Dezember 2014

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Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich danke allen hier versammelten Religionsführern für ihre Verpflichtungserklärung zugunsten der Überlebenden des Menschenhandels sowie allen Anwesenden für ihre tiefe Anteilnahme an diesem Akt der Brüderlichkeit, insbesondere gegenüber unseren am meisten notleidenden Brüdern. Inspiriert durch unsere Glaubensbekenntnisse haben wir uns heute zu einer historischen Initiative und einer konkreten Aktion versammelt: um zu erklären, dass wir uns gemeinsam dafür einsetzen werden, die schreckliche Geißel der modernen Sklaverei in allen ihren Formen auszumerzen. Die physische, wirtschaftliche, sexuelle und psychologische Ausbeutung von Männern und Frauen sowie Jungen und Mädchen legt gegenwärtig Dutzenden Millionen Menschen die Fessel der Entmenschlichung und der Erniedrigung an. Jeder Mensch – Mann, Frau, Junge, Mädchen – ist Abbild Gottes. Gott ist Liebe und Freiheit, die in zwischenmenschlichen Beziehungen geschenkt wird, und so ist jeder Mensch eine freie Person, die dazu bestimmt ist, zum Wohl des Nächsten in Gleichheit und Brüderlichkeit zu leben. Jeder Mensch und alle Menschen sind gleich, und man muss ihnen dieselbe Freiheit und dieselbe Würde zuerkennen. Jede diskriminierende Beziehung, die die Grundüberzeugung, dass der andere wie man selbst ist, nicht achtet, stellt ein Verbrechen dar, und oftmals ein abscheuliches Verbrechen.

Daher erklären wir im Namen aller und eines jeden unserer Glaubensbekenntnisse, dass die moderne Sklaverei in Gestalt von Menschenhandel, Zwangsarbeit, Prostitution, Organhandel ein Verbrechen gegen die Menschheit darstellt. Ihre Opfer kommen aus allen Schichten, aber meistens betrifft es die Ärmsten und Schwächsten unserer Brüder und Schwestern. Im Namen dieser Männer und Frauen, die unsere Glaubensgemeinschaften zum Handeln aufrufen, auf dass sie ausnahmslos jede systematische Beraubung der persönlichen Freiheit zum Zweck der persönlichen oder wirtschaftlichen Ausbeutung absolut verurteilen – in ihrem Namen machen wir diese Erklärung.

Trotz der großen Bemühungen vieler Menschen ist die moderne Sklaverei auch weiterhin eine grausame Geißel, die in aller Welt in großem Ausmaß verbreitet ist, sogar in Form von Tourismus. Dieses Verbrechen gegen die Menschheit verbirgt sich hinter der Maske scheinbar akzeptierter Gewohnheiten, fordert aber in Wirklichkeit Opfer in Form von Prostitution, Menschenhandel, Zwangsarbeit, Sklavenarbeit, Verstümmelung, Organhandel, Drogenmissbrauch, Kinderarbeit. Es verbirgt sich hinter verschlossenen Türen, in Wohnungen, auf der Straße, in Autos, in Fabriken, auf Feldern, auf Fischerbooten und an vielen anderen Orten. Und das geschieht sowohl in Städten als auch in Dörfern, in den Elendsvierteln der reicheren und ärmeren Nationen der Welt. Und das Schlimmste ist, dass diese Situation sich leider Tag für Tag verschlimmert.

Wir rufen alle gläubigen Menschen und ihre Religionsführer, die Regierungen und Unternehmen, alle Männer und Frauen guten Willens zum Handeln auf, damit sie die Bewegung gegen die moderne Sklaverei in all ihren Formen entschieden unterstützen und sich ihr anschließen. Gestützt durch die Ideale unserer Glaubensbekenntnisse und unserer gemeinsamen menschlichen Werte können und müssen wir alle das Banner der geistlichen Werte, des gemeinsamen Bemühens, der Aussicht auf Befreiung hochhalten, um die Sklaverei auf unserem Planeten auszumerzen.

Ich bitte den Herrn, dass er uns heute die Gnade gewähre, uns selbst zum Nächsten eines jeden Menschen ohne Ausnahme zu machen und allen, die unseren Weg kreuzen, stets aktive Hilfe anzubieten: sei es ein alter Mensch, der von allen verlassen wurde, ein unrechtmäßig versklavter und gedemütigter Arbeiter, ein in kriminellen  Netzwerken gefangener männlicher oder weiblicher Flüchtling, ein junger Mann oder eine junge Frau auf den Straßen der Welt, Opfer der kommerziellen Ausbeutung der Sexualität, ein Mann oder eine Frau, die von Menschen ohne Gottesfurcht hintergangen und in die Prostitution getrieben wurden, ein Junge oder Mädchen, deren Organe verstümmelt wurden – sie alle appellieren an unser Gewissen und lassen erneut die Stimme des Herrn hören: »Ich versichere euch, jedes Mal, wenn sie dies einem meiner Brüder angetan haben, haben sie es mir angetan.« Liebe Freunde, danke für diese Zusammenkunft, danke für diese religionsübergreifende Verpflichtungserklärung, die uns alle verpflichtet.

Wir alle sind Abglanz des Bildes Gottes und sind überzeugt, dass wir es nicht dulden dürfen, dass das Abbild des lebendigen Gottes dem abscheulichsten Handel unterworfen wird. Vielen Dank.

 


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