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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER DES KONGRESSES DER
BENEDIKTINISCHEN KONFÖDERATION

Clementina-Saal
Donnerstag, 8. September 2016

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Liebe Äbte,
liebe Schwestern!

Mit Freude heiße ich euch alle willkommen. Ich begrüße den Abtprimas Dom Notker Wolf, dem ich für seine freundlichen Worte und vor allem für seinen wertvollen Dienst in diesen Jahren danke; nach 16 Jahren des Reisens, frage ich mich: Wer wird ihn anhalten? Euer Internationaler Kongress, der euch in regelmäßigen Abständen in Rom versammelt sieht, um über das monastische Charisma, das ihr vom heiligen Benedikt empfangen habt, nachzudenken, sowie darüber, wie man ihm in einer sich verändernden Welt treu bleiben kann, erhält im Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit eine besondere Bedeutung. Christus selbst lädt uns ein, »barmherzig zu sein wie der Vater« (vgl. Lk 6,36), und ihr seid besondere Zeugen des »wie«, der »Art und Weise« des barmherzigen Handelns Gottes. Da die Betrachtung Jesu Christi der einzige Weg ist, das Antlitz der Barmherzigkeit des Vaters zu erkennen (vgl. Bulle Misericordiae vultus, 1), ist das monastische Leben ein Königsweg, um diese kontemplative Erfahrung zu machen und sie in persönliches und gemeinschaftliches Zeugnis umzusetzen.

Die Welt von heute zeigt immer deutlicher, dass sie Barmherzigkeit braucht. Aber sie ist weder ein Slogan noch ein Patentrezept: Sie ist das Herz des christlichen Lebens und zugleich sein konkreter Stil, der Atem, der die zwischenmenschlichen Beziehungen beseelt und Aufmerksamkeit und Solidarität mit den Bedürftigsten weckt. Sie ist es, die letztendlich die Authentizität und Glaubwürdigkeit der Botschaft bezeugt, deren Hüterin und Verkünderin die Kirche ist. In der heutigen Zeit und dieser Kirche, die aufgerufen ist, immer mehr auf das Wesentliche zu setzen, bewahren die Mönche und Nonnen aufgrund ihrer Berufung eine besondere Gabe und eine besondere Verantwortung: die geistlichen Oasen lebendig zu erhalten, wo Hirten und Gläubige aus den Quellen der göttlichen Barmherzigkeit schöpfen können. Daher habe ich mich in der kürzlich veröffentlichten Apostolischen Konstitution Vultum Dei quaerere mit folgenden Worten an die Nonnen gewandt, und im weiteren Sinn an alle Mönche: »Das Motto der benediktinischen Tradition "›ora et labora‹ sei für euch immer noch gültig und leite euch an, das rechte Gleichgewicht zwischen der Suche nach dem Absoluten und dem Einsatz in den täglichen Verantwortungen, zwischen der Ruhe der Betrachtung und der Emsigkeit im Dienst zu finden« (Nr. 32).

Indem ihr euch mit der Gnade Gottes bemüht, in euren Gemeinschaften als Barmherzige zu leben, verkündet ihr von all euren Klöstern in jedem Winkel der Erde aus die Brüderlichkeit im Geiste des Evangeliums. Und ihr tut dies durch jene tatkräftige und beredsame Stille, die Gott zu Wort kommen lässt im ohrenbetäubenden und zerstreuten Leben der Welt. Das Schweigen, das ihr beachtet und dessen Hüter ihr seid, ist die notwendige »Voraussetzung für einen Blick des Glaubens, der uns Gottes Gegenwart in der eigenen Geschichte, in der Geschichte der Brüder und Schwestern, die der Herr uns schenkt, und in den Ereignissen der gegenwärtigen Welt erfassen lässt« (ebd., 33). Auch wenn ihr von der Welt getrennt lebt, ist eure Klausur nicht unfruchtbar, sondern vielmehr »ein Reichtum« und kein »Hindernis der Gemeinschaft« (ebd., 31). Im Einklang mit dem Gebet lässt euch eure Arbeit am Schöpfungswerk Gottes teilhaben und »macht […] euch solidarisch mit den Armen, die ohne Arbeit nicht leben können« (ebd., 32). Durch die für euch charakteristische Gastfreundschaft könnt ihr den Herzen der Verirrtesten und Fernstehendsten begegnen, jenen, die sich in einer Situation großer menschlicher und geistlicher Armut befinden. Auch euer Einsatz für die Erziehung und Bildung der jungen Menschen wird sehr geschätzt und ist hoch qualifiziert. Mögen die Schüler und Studenten eurer Bildungseinrichtungen durch das Lernen und euer Lebenszeugnis auch selbst Experten jenes Humanismus werden, den die Regel des heiligen Benedikt ausstrahlt. Euer kontemplatives Leben ist ein privilegierter Kanal, um die Gemeinschaft mit den Brüdern aus den Ostkirchen zu fördern.

Der Internationale Kongress möge ein Anlass sein, eure Föderation zu stärken, damit sie immer mehr und besser im Dienst der Gemeinschaft und Zusammenarbeit zwischen den Klöstern stehen möge. Lasst euch nicht entmutigen, wenn die Zahl der Mitglieder der monastischen Gemeinschaften sinkt oder sie älter werden. Im Gegenteil, bewahrt den Eifer eures Zeugnisses auch in den heute schwierigsten Ländern, und zwar durch die Treue zu eurem Charisma und den Mut, neue Gemeinschaften zu gründen. EuerDienst an der Kirche ist sehr wertvoll. Auch in unserer Zeit brauchen wir Männer und Frauen, die der Liebe Christi nichts vorziehen (vgl. Benediktusregel 4,21;72,11), die sich täglich vom Wort Gottes ernähren, die heilige Liturgie würdig feiern, die freudig und tatkräftig im Einklang mit der Schöpfung arbeiten.

Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für euren Besuch. Ich segne euch und begleite euch mit meinem Gebet. Und bitte betet auch ihr für mich, ich brauche es. Danke.

 



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