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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE ITALIENISCHE BIBELVEREINIGUNG

Sala Clementina
Donnerstag, 15. September 2016

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Liebe Freunde!

Ich freue mich über die Begegnung mit euch aus Anlass der Nationalen Bibelwoche, die von der Italienischen Bibelvereinigung veranstaltet wird. Ich danke dem Präsidenten für seine freundlichen Worte und begrüße herzlich alle Anwesenden, insbesondere Kardinal Bassetti, Kardinal Bettori und Kardinal Ravasi. Das Thema, dem eure Arbeiten gewidmet waren, lautet: »Lasst uns Menschen machen… Mann und Frau: Beispiele der Polarität Frau/Mann in der Heiligen Schrift«. So habt ihr ausgehend von einigen grundlegenden biblischen Texten gewisse Aspekte der Beziehung zwischen Mann und Frau vertieft. Dieses Thema hat der heilige Johannes Paul II. in den ersten Jahren seines Pontifikats in einer langen Reihe von bedeutenden Katechesen ausführlich behandelt. Ich selbst habe in einer Katechese im vergangenen Jahr den ersten Schöpfungsbericht kommentiert und unterstrichen, dass »Gott, nachdem er das Universum und alle Lebewesen erschaffen hatte, das Meisterwerk erschuf, also den Menschen, den er als sein Abbild machte: ›Als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie‹ (Gen 1,27)« (Generalaudienz, 15. April 2015).

Im Nachdenken darüber, wie wir geschaffen worden sind – geformt nach dem Bild des Schöpfers und ihm ähnlich –, ist der Unterschied zu den anderen Geschöpfen und zur ganzen Schöpfung von grundlegender Bedeutung. Es hilft uns die Würde zu verstehen, die wir alle haben, Männer und Frauen, eine Würde, die ihren Ursprung im Schöpfer selbst hat. Mich hat immer beeindruckt, dass unsere Würde gerade darin besteht, dass wir Kinder Gottes sind, und im Lauf der Heiligen Schrift offenbart sich diese Beziehung in der Tatsache, dass Gott uns so führt, wie es ein Vater mit einem Sohn tut. Im zweiten Schöpfungsbericht wird deutlich, wie Gott uns nach der Art eines »Handwerkers« geschaffen hat, indem er den Lehm der Erde formte, das heißt die Hände Gottes haben sich auf unser Leben eingelassen. Er hat uns nicht nur mit seinem Wort geschaffen, sondern auch mit seinen Händen und seinem Lebensatem, gleichsam um zu sagen, dass das ganze Wesen Gottes beteiligt war, um dem Menschen Leben zu geben.

Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass diese uns von Gott verliehene Würde in Mitleidenschaft gezogen wird. Um es mit den Worten des Fußballs zu sagen, der Mensch besitzt die Möglichkeit, ein »Eigentor« zu schießen. Das geschieht, wenn wir hinsichtlich der Würde Kompromisse eingehen, wenn wir in den Götzendienst einwilligen, wenn wir in unserem Herzen der Erfahrung der Götzen Raum geben. Als das Volk beim Auszug aus Ägypten überdrüssig wurde, weil Mose lange nicht vom Berg herabkam, wurde es vom Teufel in Versuchung geführt und schuf sich einen Götzen (vgl. Ex 32). Und das Götzenbild war aus Gold. Alle Götzenbilder haben etwas Goldenes! Das lässt an die anziehende Macht des Reichtums denken, an die Tatsache, dass der Mensch die eigene Würde verliert, wenn in seinem Herzen der Reichtum die Stelle Gottes einnimmt.

Dagegen hat Gott uns die Würde gegeben, seine Kinder zu sein. Daraus ergibt sich auch eine Frage: Wie kann ich diese Würde teilen, so dass sie sich in einer positiven Reziprozität entwickelt? Wie kann ich bewirken, dass der andere sich würdig fühlt? Wie kann ich mit Würde gleichsam »anstecken«? Wenn jemand verachtet, absondert, diskriminiert, dann färbt keine Würde ab, sondern das Gegenteil. Es wird gut für uns sein, wenn wir uns oft die Frage stellen: Wie nehme ich meine Würde an? Wie lasse ich sie wachsen? Und es wird auch gut sein, uns zu prüfen, um zu entdecken, ob und wann wir auf unseren Nächsten keine Würde übertragen.

Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für eure wertvolle Arbeit und versichere euch meines Gebets. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Danke.
[Segen]

 



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