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BEGEGNUNG MIT DEM KLERUS DER DIÖZESE ROM 

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Basilika St. Johann im Lateran
Donnerstag, 2. März 2017

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»Herr, stärke unseren Glauben!« (Lk 17,5). Diese Bitte stieg spontan in den Jüngern auf, als der Herr zu ihnen über Barmherzigkeit sprach und sagte, dass wir siebenundsiebzigmal vergeben müssen. »Stärke unseren Glauben!«, bitten auch wir zu Beginn dieser Bemerkungen. Wir erbitten ihn mit der Einfachheit des Katechismus,  der uns sagt: »Um im Glauben zu leben, zu wachsen und bis ans Ende zu verharren, müssen wir ihn durch das Wort Gottes nähren und den Herrn anflehen, ihn zu mehren.« Dieser Glaube »muss ›in der Liebe wirksam‹ (Gal 5,6; vgl. Jak 2,14-26.], von der Hoffnung getragen (vgl. Röm 15,13) und im Glauben der Kirche verwurzelt sein« (Nr. 162).

Es hilft mir, mich auf drei Fixpunkte zu stützen: Erinnerung, Hoffnung und die Unterscheidung des gegenwärtigen Augenblicks. Die Erinnerung, so sagt der Katechismus, ist im Glauben der Kirche verwurzelt, im Glauben unserer Väter. Hoffnung ist das, was uns im Glauben stützt. Und die Unterscheidung des gegenwärtigen Augenblicks ziehe ich im Augenblick des Handelns in Betracht, wenn ich jenen »Glauben, der in der Liebe wirksam ist«, in die Praxis umsetze. Ich möchte es so ausdrücken: – Mir ist eine Verheißung gegeben. Es ist immer wichtig, sich an die Verheißung des Herrn zu erinnern, die mich auf den Weg gebracht hat.

– Ich bin auf dem Weg. Ich habe Hoffnung. Die Hoffnung verweist mich auf den Horizont, sie führt mich: Sie ist der Stern und auch das, was mich stützt. Sie ist der Anker, verankert in Christus.

– Und in einem bestimmten Augenblick, an jeder Wegkreuzung muss ich ein konkretes Gut unterscheiden, den Fortschritt in der Liebe, den ich machen kann, und auch die Art und Weise, wie ich ihn nach dem Willen des Herrn tun soll. Uns der in der Vergangenheit empfangenen Gnaden zu erinnern verleiht unserem Glauben die Konkretheit der Inkarnation. Es bettet ihn in eine Geschichte ein, in die Geschichte des Glaubens unserer Väter: »Voll Glauben sind diese alle gestorben, ohne das Verheißene erlangt zu haben; nur von fern haben sie es geschaut und gegrüßt « (Hebr 11,13)[1]. »Da uns eine solche Wolke von Zeugen umgibt«, wollen auch wir dorthin blicken, wo sie hinschauen, und »auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens « (Hebr 12,1-2).

Die Hoffnung ihrerseits öffnet den Glauben für die Überraschungen Gottes. Unser Gott ist immer größer als alles, was wir über ihn, über das, was ihn auszeichnet und seine Art und Weise in der Geschichte zu handeln, denken oder uns vorstellen können. Die Offenheit der Hoffnung verleiht unserem Glauben Frische und einen Horizont. Es ist nicht die Offenheit einer willkürlichen Einbildungskraft, Projektionsfläche eigener Phantasien und Wünsche, sondern die Offenheit, die uns dazu führt, die Entäußerung Jesu zu sehen, der »angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen [hat], ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt [hat]« (Hebr 12,2). Die Hoffnung, die uns anzieht, wird paradoxerweise nicht durch die Gestalt des verklärten Herrn geweckt, sondern durch seine schmachvolle Gestalt. »Ich werde alle zu mir ziehen« (vgl. Joh 12,32). Es ist die vollkommene Selbsthingabe des Herrn am Kreuz, die uns anzieht, weil sie die Möglichkeit offenbart, authentischer zu sein. Es ist die Entäußerung dessen, der sich der Verheißungen Gottes nicht bemächtigt, sondern der wie der wahre Erblasser die Fackel des Erbes an seine Kinder weitergibt: »Wo nämlich ein Testament vorliegt, muss der Tod des Erblassers nachgewiesen werden« (Hebr 9,16).

Die Unterscheidung schließlich ist das, was den Glauben konkret werden lässt, was ihn »in der Liebe wirksam« (Gal 5,6) werden lässt, und sie ist es auch, die es uns ermöglicht, ein glaubwürdiges Zeugnis zu geben: »Ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke« (Jak 2,18). Die Unterscheidung richtet den Blick zuerst auf das, was unserem Vater gefällt, »der das Verborgene sieht« (Mt 6,4.6), und nicht auf perfektionistische Modelle kultureller Paradigmen. Die Unterscheidung bezieht sich auf »den Augenblick«, weil sie – wie die Muttergottes in Kana – aufmerksam ist für das Wohl des Nächsten, so dass sie bewirken kann, dass der Herr »seine Stunde« vorwegnimmt oder einen Sabbat »auslässt«, um einen Gelähmten wieder auf die Beine zu stellen. Die Unterscheidung des richtigen Augenblicks (»kairos«) ist grundsätzlich reich an Erinnerung und Hoffnung: in liebevoller Erinnerung richtet sie den Blick mit Klarsicht auf das, was besser zur Verheißung hinführt.

Und das, was besser dorthin führt, steht immer mit dem Kreuz in Beziehung, mit jenem Ablegen des eigenen Willens, mit jenem inneren Drama des »aber nicht wie ich will, sondern wie du willst« (Mt 26,39), das mich in die Hände des Vaters legt und bewirkt, dass er es ist, der mein Leben lenkt.

Im Glauben wachsen

Ich möchte kurz auf das Thema des »Wachsens« zurückkommen. Wenn ihr Evangelii gaudium – bei dem es sich um ein programmatisches Dokument handelt – nochmals aufmerksam lest, werdet ihr sehen, dass stets von »Wachstum« und »Reifung« die Rede ist, sowohl im Glauben als auch in der Liebe, sowohl in der Solidarität als auch im Verständnis des Wortes.[2] Evangelii gaudium hat eine dynamische Perspektive: »Die missionarische Sendung des Herrn schließt die Aufforderung zum Wachstum im Glauben ein, wenn es heißt: ›Und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe‹ (Mt 28,20). Damit wird klar, dass die Erstverkündigung auch einen Weg der Bildung und Reifung in Gang setzen muss« (Nr. 160).

Ich betone: einen Weg der Bildung und der Reifung im Glauben. Und das ernst zu nehmen schließt ein, dass »es nicht richtig wäre, diesen Aufruf zum Wachstum ausschließlich oder vorrangig als Bildung in der Glaubenslehre zu verstehen « (Nr. 161). Das Wachsen im Glauben geschieht durch die Begegnungen mit dem Herrn im Laufe eines Lebens. Diese Begegnungen werden als Schatz im Gedächtnis bewahrt und sind unser lebendiger Glaube in einer persönlichen Heilsgeschichte.

Die Erfahrung bei diesen Begegnungen ist die einer unvollendeten Fülle. Unvollendet, weil wir weiter auf dem Weg sein müssen; Fülle, denn wie bei allen menschlich und göttlichen Dingen ist in jedem Teil das Ganze.[3] Dieses beständige Reifen gilt für den Jünger ebenso wie für den Missionar, für den Seminaristen ebenso wie für den Priester und den Bischof. Im Grunde genommen ist es jener positive Prozess, auf den sich das Dokument von Aparecida bezieht, das den Ausdruck »Jünger und Missionare« geprägt hat.

Der Angelpunkt des Kreuzes

Wenn ich von Angelpunkten oder davon spreche, »sich auf etwas zu stützen«, dann habe ich das Bild eines Basketballspielers vor Augen, der einen Fuß als »Drehpunkt« fest auf die Erde setzt und gleichzeitig Bewegungen macht, um den Ball zu schützen, um Raum für das Weiterspielen des Balles zu finden oder um Anlauf zum Korbwurf zu nehmen. Für uns ist dieser fest auf den Boden gesetzte Fuß, um den wir uns drehen, das Kreuz Christi. Ein auf die Mauer der Kapelle des Exerzitienhauses San Miguel (Buenos Aires) geschriebener Satz lautete: »Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht« [»Stat crux dum volvitur orbis«, Motto des heiligen Bruno und der Karthäuser]. Und dann bewegt man sich, indem man den Ball schützt in der Hoffnung, einen Korb zu werfen, und indem man zu verstehen sucht, wem man ihn zuspielen kann.

Der Glaube – der Fortschritt und das Wachstum im Glauben – gründet sich immer auf das Kreuz: »Gott beschloss alle, die glauben, durch die Torheit der Verkündigung zu retten«, die Verkündigung von »Christus als dem Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit« (1 Kor 1,21.23). Wir wollen also, wie es der Hebräerbrief sagt, »auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens« und uns dabei bewegen und im Erinnern üben – indem wir an »die Wolke von Zeugen« denken – und voller Hoffnung »in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist«, wobei wir die Versuchungen gegen den Glauben unterscheiden, »ohne zu ermatten oder den Mut zu verlieren« (vgl. Hebr 12,1-3).

Die deuteronomische Dimension der Erinnerung

In Evangelii gaudium habe ich jene Dimension des Glaubens hervorgehoben, die ich die »deuteronomische Dimension« nenne, in Analogie zum Gedächtnis Israels: »Die Freude der Verkündigung erstrahlt immer auf dem Hintergrund der dankbaren Erinnerung: Es ist eine Gnade, die wir erbitten müssen. Die Apostel haben nie den Moment vergessen, in dem Jesus ihr Herz anrührte: ›Es war um die zehnte Stunde‹ (Joh 1,39)« (Nr.13).

In der »›Wolke von Zeugen‹ […] heben sich einige Personen hervor, die besonders prägend dazu beigetragen haben, dass unsere Glaubensfreude aufkeimte: ›Denkt an eure Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben‹ (Hebr 13,7). Manchmal handelt es sich um einfache Menschen in unserer Nähe, die uns in das Glaubensleben eingeführt haben: ›Ich denke an deinen aufrichtigen Glauben, der schon in deiner Großmutter Loïs und in deiner Mutter Eunike lebendig war‹ (2 Tim 1,5). Der Gläubige ist grundsätzlich ein ›Erinnerungsmensch‹« (ebd.).

Der Glaube nährt und speist sich aus dem Erinnern. Die Erinnerung an den Bund, den der Herr mit uns geschlossen hat: Er ist der Gott unserer Väter und Großväter. Er ist kein Gott des jüngsten Augenblicks, ein Gott ohne Familiengeschichte, ein Gott, der jedes Mal, wenn er auf ein neues Paradigma antwortet, die vorangegangenen Paradigmen als alt und lächerlich verwerfen müsste. Die Familiengeschichte »kommt nie aus der Mode«. Kleider und Hüte der Großeltern mögen veraltet scheinen, die Fotos mögen vergilbt sein, aber die Liebe und der Mut unserer Väter, die sich hingegeben haben, damit wir hier sein und das haben können, was wir haben, sind eine Flamme, die in jedem edlen Herzen brennt.

Machen wir uns klar, dass im Glauben voranzukommen nicht nur ein Willensentschluss ist, von jetzt an mehr zu glauben: Es ist auch eine Übung, mit der Erinnerung zu den grundlegenden Gnaden zurückzukehren. Man kann »rückwärts vorankommen«, indem man sich neu auf die Suche nach den Schätzen und Erfahrungen macht, die man vergessen hatte und die häufig die Schlüssel zum Verständnis der Gegenwart enthalten. Das ist das wirklich »Revolutionäre«: zu den Wurzeln zurückgehen. Je klarer das Erinnern der Vergangenheit ist, desto klarer öffnet sich die Zukunft, weil man so den wirklich neuen Weg erkennen und ihn von den bereits gegangenen Wegen unterscheiden kann, die nirgendwohin geführt haben. Der Glaube wächst, indem man sich erinnert, indem man die Dinge mit der realen Geschichte in Verbindung bringt, die unsere Väter und das ganze Gottesvolk, die ganze Kirche, gelebt haben.

Daher ist die Eucharistie das Gedächtnis unseres Glaubens, das, was uns täglich stets neu im grundlegenden Ereignis unseres Heils verortet, in Leiden, Tod und Auferstehung des Herrn, Zentrum sowie Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Immer zu diesem Gedächtnis zurückkehren – es in einem Sakrament zu aktualisieren, das sich im Leben fortsetzt –, das bedeutet, im Glauben Fortschritte zu machen. Wie der heilige Alberto Hurtado zu sagen pflegte: »Die Messe ist mein Leben und mein Leben ist eine Fortsetzung der Messe.«[4]

Um zu den Quellen der Erinnerung vorzudringen, hilft es mir immer, einen Abschnitt aus dem Propheten Jeremia zu lesen und einen weiteren aus dem Propheten Hosea, in denen von der Erinnerung des Herrn in Bezug auf sein Volk die Rede ist. Die Erinnerung des Herrn ist bei Jeremia die Erinnerung an die geliebte Braut der Jugend, die ihm dann untreu geworden ist. »Ruf Jerusalem laut ins Ohr: So spricht der Herr: Ich denke an deine Jugendtreue, an die Liebe deiner Brautzeit, wie du mir in der Wüste gefolgt bist […]. Heiliger Besitz war Israel dem Herrn« (2,2-3).

Der Herr hält seinem Volk die Untreue vor, die sich als schlechte Wahl erwiesen hat: »Denn mein Volk hat doppeltes Unrecht verübt: Mich hat es verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten. […] Du aber sagst: Nein, lass mich! Denn ich bin verliebt in die Fremden und will ihnen nachlaufen« (2,13.25). Bei Hosea ist die Erinnerung des Herrn die an den mit Liebkosungen bedachten, undankbaren Sohn: »Als Israel jung war, gewann ich ihn lieb, ich rief meinen Sohn aus Ägypten. Je mehr ich sie rief, desto mehr liefen sie von mir weg […] und brachten den Götterbildern Rauchopfer dar. Ich war es, der Efraim gehen lehrte, ich nahm ihn auf meine Arme. Sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie heilen wollte. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe. Ich war da für sie wie die (Eltern), die den Säugling an ihre Wangen heben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen. […] Mein Volk verharrt in der Treulosigkeit« (11,1-4.7). Heute wie damals wirken sich Untreue und Undankbarkeit der Hirten auf die Ärmsten des Gottesvolkes aus, die den Fremden und Götzenanbetern ausgeliefert bleiben.

Hoffnung nicht nur auf die Zukunft

Der Glaube wird bewahrt und wächst dank der Hoffnung. Die Hoffnung ist ein im Himmel verankerter Anker, verankert in der transzendenten Zukunft, für die die zeitliche – linear verstandene – Zukunft nur ein Ausdruck ist. Hoffnung ist das, was den Rückblick des Glaubens dynamisch macht, was dazu führt, in der Vergangenheit – in den Schätzen der Erinnerung – Neues zu finden, weil sie demselben Gott begegnet, den sie in der Zukunft zu schauen hofft. Die Hoffnung erstreckt sich außerdem bis zu den Grenzen, in die ganze Weite und Dichte der alltäglichen und unmittelbaren Gegenwart hinein, und sieht neue Möglichkeiten im Nächsten und in dem, was man hier und heute tun kann. Hoffnung bedeutet, im Gesicht der Armen, denen ich heute begegne, denselben Herrn sehen zu können, der eines Tages kommen wird, um uns nach dem Protokoll aus Matthäus 25 zu richten: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (V. 40).

So macht der Glaube existentielle Fortschritte, wenn er an diesen transzendenten »Impuls« glaubt, der sich aktiv und wirksam auf die Zukunft, aber auch auf die Vergangenheit zubewegt und in die ganze Weite des gegenwärtigen Augenblicks hinein. Wir können die Worte des Paulus an die Galater in diesem Sinne verstehen, wo er sagt, dass es darauf ankommt, »den Glauben zu haben, der in der Liebe wirksam ist« (5,6): eine Liebe, die – wenn sie Erinnerung hält – aktiv wird, indem sie mit Lob und Freude bekennt, dass die Liebe ihr bereits geschenkt worden ist; eine Liebe, die – wenn sie nach vorne und nach oben blickt – ihre Sehnsucht bekennt, das Herz zu weiten in der Fülle des größten Guts. Dieses zweifache Bekenntnis eines an Dankbarkeit und Hoffnung reichen Glaubens setzt sich in gegenwärtiges Handeln um: Der Glaube wird bekannt, indem man ihn praktiziert, indem man aus sich selbst hinausgeht und indem man in der Anbetung und im Dienen über sich selbst hinausgeht.

Unterscheidung des gegenwärtigen Augenblicks

Wir sehen so, wie der Glaube, durch die Hoffnung, Christus in der Dichte der Gegenwart zu entdecken dynamisch geworden, mit der Unterscheidung zusammenhängt. Und das Wesen der Unterscheidung besteht gerade darin, zuerst einen Schritt zurück zu machen, wie jemand, der den Abstand ein wenig vergrößert, um das Panorama besser sehen zu können. Im ersten Impuls ist immer die Versuchung enthalten, die einen dazu geneigt macht, etwas sofort lösen zu wollen. In dieser Hinsicht gibt es, so glaube ich, eine erste wichtige und grundlegende Unterscheidung, das heißt jene, die sich von der Macht des Bösen nicht täuschen lässt, sondern den Sieg des Kreuzes Christi in jeder menschlichen Situation zu sehen weiß. In diesem Zusammenhang möchte ich mit euch einen ganzen Abschnitt aus Evangelii gaudium lesen, weil er uns hilft, die heimtückische Versuchung zu unterscheiden, die ich »sterilen Pessimismus « nenne: »Eine der ernsthaftesten Versuchungen, die den Eifer und den Wagemut ersticken, ist das Gefühl der Niederlage, das uns in unzufriedene und ernüchterte Pessimisten mit düsterem Gesicht verwandelt. Niemand kann einen Kampf aufnehmen, wenn er im Voraus nicht voll auf den Sieg vertraut. Wer ohne Zuversicht beginnt, hat von vornherein die Schlacht zur Hälfte verloren und vergräbt die eigenen Talente.

Auch wenn man sich schmerzlich der eigenen Schwäche bewusst ist, muss man vorangehen, ohne sich geschlagen zu geben, und an das denken, was der Herr dem heiligen Paulus sagte: ›Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit‹ (2 Kor 12,9). Der christliche Sieg ist immer ein Kreuz, doch ein Kreuz, das zugleich ein Siegesbanner ist, das man mit einer kämpferischen Sanftmut gegen die Angriffe des Bösen trägt. Der böse Geist der Niederlage ist ein Bruder der Versuchung, den Weizen vorzeitig vom Unkraut zu trennen, und er ist das Produkt eines ängstlichen egozentrischen Misstrauens. […] In jedem Fall sind wir unter diesen Umständen berufen, wie große Amphoren zu sein, um den anderen zu trinken zu geben. Manchmal verwandelt sich das Amphoren-Dasein in ein schweres Kreuz, doch gerade am Kreuz hat der Herr, durchbohrt von der Lanze, sich uns als Quelle lebendigen Wassers übereignet. Lassen wir uns die Hoffnung nicht nehmen!« (85-86).

Auf diese Worte »lassen wir uns nicht nehmen… « kam ich durch die Regeln zur Unterscheidung der Geister des heiligen Ignatius, der gewöhnlich den Teufel als Dieb darstellt. Ignatius sagt, dass er sich verhält wie ein Heerführer, der uns an unserer schwächsten Stelle bekämpft, um zu siegen und uns das wegzunehmen, was er haben will (vgl. Geistliche Übungen, 327). Und in unserem Fall, in der aktuellen Lage , glaube ich, dass er uns die Freude – das ist, als würde er uns die Gegenwart wegnehmen[5] – und die Hoffnung – das Hinausgehen, das Weitergehen – wegnehmen will, was die beiden Gnaden sind, die ich für die Kirche in dieser Zeit am meisten erbete und erbeten lasse.

An diesem Punkt ist es nun wichtig, einen Schritt weiter zu gehen und zu sagen, dass der Glaube Fortschritte macht, wenn wir im gegenwärtigen Augenblick unterscheiden, wie wir die Liebe konkretisieren können im möglichen Guten, bemessen nach dem Wohl des anderen. Das höchste Gut des anderen ist, im Glauben wachsen zu können. Die gemeinsame Bitte der Jünger: »Stärke unseren Glauben!« (Lk 17,5) setzt das Bewusstsein voraus, dass der Glaube ein gemeinsames Gut ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Streben nach dem Wohl des anderen uns auch Risiken eingehen lässt. Dazu sagt Evangelii gaudium: »Ein missionarisches Herz weiß [..], dass es selbst wachsen muss im Verständnis des Evangeliums und in der Unterscheidung der Wege des Geistes, und so verzichtet es nicht auf das mögliche Gute, obwohl es Gefahr läuft, sich mit dem Schlamm der Straße zu beschmutzen« (45).

Diese Unterscheidung impliziert den Akt des Glaubens an Christus, der im Ärmsten, im Geringsten, im verlorenen Schaf, im zudringlichen Freund gegenwärtig ist. Christus: gegenwärtig in dem, der auf uns zukommt, indem er sich bemerkbar macht wie Zachäus oder die Sünderin, die mit dem Alabastergefäß voll wohlriechenden Öls den Raum betritt, oder fast ohne sich bemerkbar zu machen wie die blutflüssige Frau. Christus: gegenwärtig in dem, auf den wir zugehen, weil wir Mitleid empfinden, wenn wir ihn aus der Ferne am Straßenrand liegen sehen. Glauben, dass Christus dort ist; die beste Art und Weise unterscheiden, um einen kleinen Schritt auf ihn zuzumachen, zum Wohl jenes Menschen, das ist Fortschritt im Glauben. So ist auch das Lob ein Fortschritt im Glauben, und ein »Mehr« zu wünschen ist Fortschritt im Glauben.

Es mag uns gut tun, jetzt ein wenig bei diesem Fortschritt im Glauben zu verweilen, der dank der Unterscheidung des gegenwärtigen Augenblicks geschieht. Der Fortschritt des Glaubens in Erinnerung und Hoffnung wurde im allgemeinen eingehender behandelt, dieser grundlegende Punkt der Unterscheidung dagegen vielleicht etwas weniger. Es könnte sogar scheinen, dass dort, wo Glaube ist, es keiner Unterscheidung bedarf: man glaubt und das reicht. Aber das ist gefährlich, vor allem wenn man die wiederholten Glaubensakte in eine Person – in Christus, unseren Herrn –, die die gesamte eben beschriebene Dynamik enthalten, durch rein intellektuelle Glaubensakte ersetzt, deren Dynamik sich auf Reflexionen und die Ausarbeitung von abstrakten Formeln beschränkt. Begriffliche Formulierung ist ein notwendiger Moment des Denkens, so wie die Wahl eines Transportmittels notwendig ist, um ein Ziel zu erreichen. Aber weder erschöpft sich der Glaube in abstrakten Formeln noch die Nächstenliebe in einem partikularen Gut, sondern das Wesen des Glaubens und der Nächstenliebe ist es, zu wachsen und Fortschritte zu machen, indem sie sich einem größeren Vertrauen und für ein größeres universales Gut öffnen. Das Wesen des Glaubens ist es, »wirksam«, aktiv zu sein; dasselbe gilt für die Liebe. Und der Prüfstein ist die Unterscheidung. Denn der Glaube kann zum Fossil werden, wenn er die empfangene Liebe für sich behält und sie in ein Objekt verwandelt, das im Museum sicher aufbewahrt werden muss. Und der Glaube kann sich auch verflüchtigen in der Projektion der ersehnten Liebe, indem er diese in ein virtuelles Objekt verwandelt, das nur auf der Insel der Utopien existiert. Die Unterscheidung realer, konkreter und möglicher Liebe im gegenwärtigen Augenblick zugunsten des Nächsten, der am bedürftigsten ist, bewirkt, dass der Glaube aktiv, kreativ und wirkungsvoll wird.

Das Beispiel von Simon Petrus, der »geprüft« wird

Um dieser Reflexion über einen Glauben, der mit der Unterscheidung des gegenwärtigen Augenblicks wächst, konkretere Gestalt zu verleihen, wollen wir das Beispiel von Simon Petrus betrachten, der »wie Weizen gesiebt«, das heißt geprüft wird (vgl. Lk 22,31). Ihn hat der Herr paradigmatisch vorbereitet, damit er mit seinem der Prüfung unterzogenen Glauben uns alle stärken möge, die wir »Christus lieben, ohne ihn gesehen zu haben« (vgl. 1 Petr 1,8).

Hier befinden wir uns mitten im Paradox, dass derjenige, der uns im Glauben stärken soll, derselbe ist, dem der Herr häufig seinen »Kleinglauben « vorhält. Als Beispiele für einen großen Glauben verweist der Herr für gewöhnlich auf andere. Mit bemerkenswertem Nachdruck lobt er oft den Glauben von einfachen Menschen und anderen, die nicht zum Volk Israel gehören – denken wir an den Hauptmann (vgl. Lk 7,9) und an die syrophönizische Frau (vgl. Mt 15,28) –, während er den Jüngern – und Simon Petrus insbesondere – ihren »Kleinglauben« vorhält (Mt 14,31).

Da die Reflexionen des Herrn über »großen Glauben« und »kleinen Glauben« pädagogische Absicht haben und ein Ansporn sind, die Sehnsucht nach einem Wachstum im Glauben zu vermehren, wollen wir unsere Aufmerksamkeit auf eine zentrale Begebenheit im Leben des Simon Petrus richten, in der Jesus zu ihm sagt, dass er für seinen Glauben »gebetet« hat. Es ist der Augenblick, der dem Leiden vorausgeht. Die Apostel diskutierten eben darüber, wer von ihnen der Verräter und wer der Größte sei, und Jesus sagt zu Simon: »Simon, Simon, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt.

Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder« (Lk 22,31-32). Wenden wir uns einer Präzisierung der Begriffe zu, denn die Bitten des Herrn an den Vater sind etwas, das wir als Schatz im Herzen bewahren müssen. Bedenken wir, dass der Herr für Simon »betet«[6], dabei aber an uns denkt. »Erlöschen « ist die Übersetzung von »ekleipo« – das [ital.] Wort »eclissarsi« [verschwinden, verlöschen; enthalten im deutschen »Eklipse«] ist davon abgeleitet –, und ein Glaube, der vom Skandal des Leidens Jesu wie bei einer Eklipse »ausgelöscht« wird, ist ein sehr plastisches Bild. Es handelt sich um jene Erfahrung, die wir Trostlosigkeit, eine »desolate« Verfassung, nennen: etwas verdeckt das Licht. Zurückgehen (»epistrepsas«) ist hier im Sinn von »sich bekehren« gebraucht, zum vorhergehenden Trost zurückzukehren nach einer Erfahrung der Trostlosigkeit und der Prüfung durch den Satan.

»Stärken« (»sterizon«) wird gebraucht im Sinn von: den Glauben »festigen« (»histemí«), damit er von nun an »entschieden« (vgl. Lk 9,51) sei. Wir werden später nochmals auf dieses »Sieben« [einer eingehenden Prüfung unterziehen] zurückkommen. Wir können die Worte des Herrn folgendermaßen auslegen: »Simon, Simon […], ich habe für dich zum Vater gebetet, damit dein Glaube nicht ausgelöscht bleibt (von meinem entstellten Antlitz, bei dir, der du es in seiner Verklärung gesehen hast); und du, wenn du diese Erfahrung der Trostlosigkeit überwunden hast, die der Teufel genutzt hat, um dich zu prüfen, stärke (mit deinem geprüften Glauben) den Glauben deiner Brüder.«

So sehen wir, dass der Glaube des Simon Petrus ein besonderes Merkmal hat: es ist ein geprüfter Glaube, und Petrus hat die Sendung, mit ihm den Glauben seiner Brüder, unseren Glauben, zu stärken und zu festigen. Der Glaube des Simon Petrus ist geringer als der so vieler Kleiner im gläubigen Volk Gottes. Es gibt sogar Heiden wie der Hauptmann, die einen größeren Glauben haben, wenn sie die Heilung eines kranken Familienmitglieds erflehen. Der Glaube des Simon ist langsamer als der von Maria Magdalena und Johannes. Johannes glaubt schon, als er nur das Zeichen des Schweißtuchs sieht, und er erkennt den Herrn am Ufer des Sees bereits, als er bloß seine Worte hört. Der Glaube des Simon Petrus hat großartige Momente, zum Beispiel als er bekennt, dass Jesus der Messias ist, aber diesen Momenten folgen fast unmittelbar andere Momente großen Irrtums, äußerster Schwachheit und totaler Erschütterung, zum Beispiel als er den Herrn vom Kreuz fernhalten will, als er rettungslos im See versinkt oder als er den Herrn mit dem Schwert verteidigen will. Ganz zu schweigen von dem beschämenden Augenblick, als er ihn vor den Dienern des Hohenpriesters dreimal verleugnet. Wir können drei Arten von mit Empfindungen einhergehenden Gedanken[7] unterscheiden, die bei den Glaubensprüfungen des Simon Petrus in Wechselwirkung miteinander stehen: einige Gedanken entspringen seinem eigenen So-Sein; andere werden unmittelbar vom Teufel hervorgerufen (vom bösen Geist) und eine dritte Art von Gedanken kommt direkt vom Herrn oder vom Vater (vom guten Geist).

a) Die beiden Namen und die Sehnsucht, auf dem Wasser zu Jesus zu gehen

Wir wollen zunächst sehen, wie der Herr zum menschlichsten Aspekt des Glaubens von Simon Petrus in Beziehung tritt. Ich spreche von jener gesunden Selbstachtung, mit der man an sich selbst und an den anderen sowie an die Fähigkeit glaubt, vertrauenswürdig, aufrichtig und treu zu sein, auf die jede menschliche Freundschaft gegründet ist. Es gibt zwei Begebenheiten im Leben des Simon Petrus, in denen ein Glaubenswachstum zu bemerken ist, das man als aufrichtig bezeichnen könnte, aufrichtig im Sinn von »ohne Komplikationen«, und in der eine Freundschaft dadurch wächst, dass vertieft wird, wer jeder ist, ohne dass es Dunkelzonen gibt. Zum einen ist es die Begebenheit mit den beiden Namen und zum anderen die Szene, wo Simon Petrus den Herrn bittet, ihm zu befehlen, auf dem Wasser zu ihm zu kommen.

Simon betritt die Szene, als sein Bruder Andreas zu ihm kommt und sagt: »Wir haben den Messias gefunden« (Joh 1,41). Er folgt seinem Bruder, der ihn zu Jesus führt, und dort ereignet sich sofort die Begebenheit mit der Veränderung des Namens. Es handelt sich um eine Wahl, die der Herr im Hinblick auf eine Sendung trifft, das heißt die Sendung »Fels« zu sein, festes Fundament des Glaubens, auf das er seine Kirche bauen wird. Halten wir fest, dass der Herr eigentlich nicht den Namen »Simon« ändert, sondern vielmehr den Namen »Petrus« hinzufügt. Diese Tatsache ist bereits an sich Anlass zu Spannung und Wachstum. Petrus wird sich stets um den Herrn als Dreh- und Angelpunkt bewegen, er kreist um ihn und spürt dabei das Gewicht und die Bewegung seiner beiden Namen: Simon, der Fischer, der Sünder, der Freund – und Petrus, der Fels, auf den gebaut wird, der die Schlüssel hat, der das letzte Wort sagt, der für die Schafe sorgt und sie weidet. Es tut mir gut, daran zu denken, dass Simon der Name ist, wie Jesus ihn nennt, wenn sie als Freunde sprechen und sich austauschen, und dass Petrus der Name ist, mit dem der Herr ihn bekannt macht, rechtfertigt, verteidigt und vor den anderen auf einzigartige Weise in den Vordergrund stellt als seinen Mann des totalen Vertrauens. Auch wenn Jesus es ist, der ihm den Namen »Fels« gibt, nennt er selbst ihn Simon. Der Glaube des Simon Petrus macht Fortschritte und wächst in der Spannung zwischen diesen beiden Namen, deren Dreh- und Angelpunkt auf Jesus ausgerichtet, in ihm »zentriert« ist.

Zwei Namen zu haben »dezentriert« ihn. Er kann sich auf keinen von beiden konzentrieren. Wenn er Simon zu seinem Fixpunkt machen würde, müsste er ständig sagen: »Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder« (Lk 5,8). Wenn er sich anmaßen würde, sich allein auf sein Petrus-Sein zu fokussieren, und er all das, was Simon ist, vergessen oder verdecken wollte, würde er zum Stein des Anstoßes werden, wie es ihm passiert, als er »von der Wahrheit des Evangeliums abwich «, wie Paulus es ihm vorhielt, weil er die Tatsache verheimlicht hatte, dass er vorher zusammen mit den Heiden zu essen pflegte (vgl. Gal 2,11-14). Simon (der Fischer und Sünder) und Petrus (der Fels und Schlüssel für die anderen) zu bleiben, zwingt ihn, sich beständig zu »dezentrieren « und allein um Christus zu kreisen, das einzige Zentrum.

Symbol für diese »Dezentrierung« und ihre Umsetzung in die Praxis ist die Begebenheit, wo er Jesus bittet, ihm zu befehlen, auf dem Wasser zu ihm zu kommen. Dort zeigt Simon Petrus seinen Charakter, seinen Traum, sein Angezogensein von der Nachfolge Jesu. Als er untergeht, weil er aufhört, auf den Herrn zu blicken, und seinen Blick stattdessen auf die heftig bewegten Wellen richtet, offenbart er seine Ängste und Trugbilder. Als er den Herrn anfleht, ihn zu retten, und der Herr seine Hand ausstreckt, offenbart er, sehr wohl zu wissen, wer Jesus für ihn ist: sein Retter. Und der Herr stärkt seinen Glauben, indem er ihm das gewährt, wonach er sich sehnt, indem er ihm die Hand reicht und die Angelegenheit mit jenem liebevollen und beruhigenden Satz beendet: »Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?« (Mt 14,31).

Simon Petrus wird in allen Grenzsituationen, in die geraten kann, immer – geführt von seinem Glauben an Jesus – unterscheiden, welche Hand es ist, die ihn rettet. Auch wenn er nicht ganz versteht, was Jesus sagt oder tut, lässt ihn diese Gewissheit sagen: »Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens« (Joh 6,68). Menschlich gesehen ist das Bewusstsein des eigenen »Kleinglaubens« zusammen mit der Demut, sich von dem helfen zu lassen, der dies zu tun weiß und es vermag, Aspekt einer gesunden Selbstachtung, in der der Same jenes Glaubens Wurzeln schlägt, »um die anderen zu stärken«, um »auf ihn zu bauen«, und es ist genau das, was Jesus von Simon Petrus und uns will, die wir an diesem Dienstamt teilhaben. Ich würde sagen, dass es ein nachvollziehbarer Glaube ist, vielleicht weil er nicht ganz so bewunderungswürdig ist. Der Glaube von jemandem, der gelernt hat, ohne Sorge auf dem Wasser zu laufen, wäre faszinierend, aber er würde uns fernhalten. Dagegen weckt dieser Glaube als guter Freund, der sich seiner Geringheit bewusst ist und ganz auf Jesus vertraut, Sympathie in uns und – darin besteht seine Gnade – er bestärkt uns!

b) Das Gebet Jesu und die Prüfung durch den Satan

Im Mittelpunkt des Abschnitts aus dem Lukasevangelium, von dem wir uns führen lassen, können wir sehen, was die Prüfung durch den Satan in der Persönlichkeit von Simon Petrus bewirkt und wie Jesus betet, damit die Schwäche und sogar die Sünde sich in Gnade verwandeln, und zwar in eine gemeinschaftliche Gnade. Konzentrieren wir uns auf das Wort »Prüfung, Sieben« (»siniazo«: den Weizen sieben), das auf die Regung der Geister anspielt, dank derer man schließlich unterscheidet, was vom guten Geist stammt und was vom bösen Geist stammt. In diesem Fall ist der böse Geist, derjenige, der siebt oder prüft, der für sich die Macht des Prüfens in Anspruch nimmt. Und der Herr hindert ihn nicht daran, sondern er nützt die Prüfung, um sein Gebet an den Vater zu richten, damit er das Herz des Simon Petrus stärke. Jesus betet, damit Simon Petrus »in der Versuchung nicht fällt«. Der Herr hat alles getan, um die Seinen zu bewahren, wenn er leidet. Dennoch kann er nicht vermeiden, dass jeder vom Satan, der bei den Schwachstellen ansetzt, versucht wird. Zu dieser Art von Prüfungen, die Gott nicht direkt sendet, aber auch nicht verhindert, sagt uns Paulus, dass der Herr dafür sorgt, dass wir nicht über unsere Kraft hinaus versucht werden (vgl. 1 Kor 10,13).

Die Tatsache, dass der Herr ausdrücklich sagt, dass er für Simon betet, ist äußerst wichtig, denn die heimtückischste Versuchung des Satans ist, dass er uns zusammen mit einer bestimmen besonderen Prüfung das Gefühl gibt, von Jesus im Stich gelassen worden zu sein, in gewisser Weise allein gelassen zu sein und dass er uns nicht geholfen hat, wie er gesollt hätte. Der Herr selbst hat diese Versuchung zuerst am Ölberg und dann am Kreuz erlebt und überwunden, indem er sich den Händen des Vaters anvertraute, als er sich verlassen fühlte. Und genau dieser Punkt des Glaubens ist es, wo wir es nötig haben, in besonderer Weise und sorgsam bestärkt und gestärkt zu werden. In der Tatsache, dass der Herr dem zuvorkommt, was Simon Petrus geschehen wird, und ihm versichert, bereits für ihn gebetet zu haben, damit sein Glauben nicht erlischt, finden wir die Kraft, die wir brauchen.

Diese »Eklipse« des Glaubens angesichts des Skandals des Leidens gehört zu den Dingen, für die der Herr in besondere Weise betet. Der Herr fordert uns auf, ohne Unterlass und beharrlich zu beten. Er nimmt uns in sein eigenes Gebet hinein, er lässt uns bitten, »nicht in Versuchung zu fallen und vom Bösen befreit zu werden«, weil unser Fleisch schwach ist. Er offenbart uns auch, dass es böse Geister gibt, die man nicht besiegen kann außer mit Gebet und Buße, und in gewissen Dingen offenbart er uns, dass er in besonderer Weise betet. Und dies gehört dazu. Wie er sich die demütige Aufgabe vorbehalten hat, den Seinen die Füße zu waschen; wie er als Auferstandener sich persönlich damit befasst hat, seine Freunde zu trösten, genauso ist dieses Gebet, mit dem er den Glauben aller stärkt, indem er den Glauben des Simon Petrus stärkt, etwas, das der Herr persönlich tut. Und das muss man beachten: Dieses Gebet, das der Herr einmal gesprochen hat und das er weiterhin betet – »er sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein« (zu dem wir Zuflucht nehmen müssen, um unseren Glauben zu stärken.

So wie die Simon Petrus erteilte Lehre, sich die Füße waschen zu lassen, die dienende Haltung des Herrn bekräftigt und sie im Gedächtnis der Kirche als grundlegende Tatsache festgeschrieben hat, so muss auch diese im selben Kontext erteilte Lehre sich als Symbol des versuchten und geprüften Glaubens erweisen, für den der Herr betet. Als Priester, die am petrinischen Dienst teilhaben, haben wir unsererseits an derselben Sendung Anteil: Wir müssen nicht nur die Füße unserer Brüder waschen, wie wir dies am Gründonnerstag tun, sondern wir müssen sie in ihrem Glauben bestärken, indem wir bezeugen, wie der Herr für den unseren gebetet hat. Wenn der Herr uns in den Prüfungen, die in unserem Fleisch ihren Ursprung haben, ermutigt und stärkt, indem er oft Heilungswunder vollbringt, so bedient er sich in diesen Versuchungen, die direkt vom Satan kommen, einer komplexeren Strategie. Wir sehen, dass es einige Dämonen gibt, die er direkt und rigoros austreibt; andere macht er unwirksam, indem er sie zum Schweigen bringt; andere lässt er sprechen, fragt nach ihrem Namen, wie den, der »Legion« war; anderen antwortet er ausführlich mit der Heiligen Schrift und nimmt ein länger dauerndes Vorgehen auf sich wie im Fall der Versuchungen in der Wüste. Satan, der seinen Freund zu Beginn der Passion versucht, besiegt er durch das Gebet, nicht damit er diesen in Frieden lässt, sondern damit seine Prüfung Anlass zur Stärke wird, zum Wohl der anderen.

Hier haben wir einige großartige Lehren über das Wachsen im Glauben vor uns. Eine betrifft den Skandal des Leidens des einzigen vollkommen Unschuldigen und aller Unschuldigen. Das betrifft uns mehr, als wir glauben mögen, es betrifft sogar diejenigen, die das Leid verursachen, sowie jene, die so tun, als würden sie es nicht sehen. Es tut gut, gerade im Augenblick, wo der Herr im Begriff ist, diesen Skandal des Leidens auf sich zu nehmen, aus seinem Mund zu hören, dass er betet, damit der Glaube dessen nicht erlischt, den er an seiner Statt zurücklässt, und damit er derjenige ist, der uns stärkt. Das vom Leiden verursachte Erlöschen des Glaubens ist nichts, das jeder für sich allein lösen und überwinden kann.

Eine weitere wichtige Lehre ist, dass der Herr uns niemals auf der Grundlage unsere größten Schwächen auf die Probe stellt. Das ist charakteristisch für den Satan, der unsere Schwächen ausnützt, der unseren schwächsten Teil ausmacht und heftig gegen die Schwächsten dieser Welt wütet. Die unendliche und bedingungslose Barmherzigkeit des Vaters gegenüber den Geringsten und den Sündern und das Mitleid und die grenzenlose Vergebung, die Jesus bis zur Hingabe seines Lebens für die Sünder übt, gibt es nicht nur, weil Gott gut ist, sondern es ist auch Frucht der endgültigen Unterscheidung Gottes hinsichtlich des Bösen, um es aus seiner Beziehung zur Schwäche des Fleisches zu entwurzeln. Im Letzten ist das Böse nicht mit der Schwäche und den Grenzen des Fleisches verbunden. Denn ohne jede Furcht wird das Wort Fleisch und bezeugt, dass es durchaus im Schoß der Heiligen Familie leben und unter der Obhut von zwei einfachen Geschöpfen wie dem heiligen Joseph und der Jungfrau Maria, seiner Mutter, aufwachsen kann.

Das Böse hat seinen Ursprung in einem Akt geistlichen Stolzes und wird aus dem Hochmut einer vollkommenen Kreatur geboren: Luzifer. Dann infiziert es Adam und Eva, wobei es allerdings in ihrem Wunsch, »wie Gott zu sein«, und nicht in ihrer Schwäche einen Anhaltspunkt findet. Im Fall von Simon Petrus fürchtet der Herr weder seine Schwäche als sündiger Mensch noch seine Angst, mitten in einem Sturm auf dem Wasser zu gehen. Was er fürchtet, das ist vor allem die Diskussion darüber, wer der Größte ist. Das ist der Kontext, in dem er zu Simon Petrus sagt, dass der Satan verlangt hat, ihn prüfen zu dürfen. Und wir können uns vorstellen, dass die Prüfung dort begonnen hat, nämlich bei der Diskussion darüber, wer ihn verraten würde, die dann in die Diskussion mündete, wer der Größte sei. Der gesamte unmittelbar der Einsetzung der Eucharistie folgende Abschnitt bei Lukas ist eine Prüfung: Diskussionen, Ankündigung der Verleugnung, Angebot des Schwertes (vgl. 22,23-38). Der Glaube des Simon Petrus wird geprüft in der Spannung zwischen dem Wunsch, loyal zu sein, Jesus zu verteidigen, der Größte zu sein und der Verleugnung, der Feigheit und dem Gefühl, der Schlechteste von allen zu sein. Der Herr betet, damit der Satan nicht den Glauben des Simon in diesem Augenblick verdunkelt, in dem er auf sich selbst blickt, um sich selbst zu erhöhen, um sich zu verachten oder fassungslos und ratlos zu sein.

Wenn Petrus dies in Worte gefasst hat, dann im Ausdruck »geprüfter Glaube«, wie es sein erster Brief zeigt, in dem er darauf hinweist, dass man sich über die Prüfungen nicht wundern soll, als seien sie etwas Ungewöhnliches (vgl. 4,12), sondern dass man dem Teufel Widerstand leisten müsse »in der Kraft des Glaubens« (5,9). Petrus bezeichnet sich selbst als »Zeuge der Leiden Christi « (5,1) und schreibt seine Briefe mit dem Ziel, »die klare Einsicht wachzurufen« (2 Petr 3,1) (»eilikrine dianoian«: von einem Sonnenstrahl erhelltes Urteil), was die Gnade wäre, die der »Eklipse« des Glaubens genau entgegengesetzt ist.

Der Fortschritt im Glauben geschieht also dank dieser Prüfung, dieses Hindurchgehens durch Versuchungen und Erprobungen. Das ganze Leben des Simon Petrus kann gesehen werden als Fortschritt im Glauben dank der Begleitung durch den Herrn, der ihn lehrt, im eigenen Herzen zu unterscheiden, was vom Vater kommt und was vom Teufel kommt.

c) Der Herr, der uns prüft und dabei den Glauben immer mehr wachsen lässt, und das beständige Vorhandensein der Versuchung

Zuletzt, die Begegnung am See von Tiberias. Ein weiterer Schritt, durch den der Herr Simon Petrus auf die Probe stellt und ihn immer mehr wachsen lässt. Die freundschaftliche Liebe festigt sich als das, was die Herde »nährt« und sie im Glauben stärkt (vgl. Joh 21,15-19).

Wenn wir diese Begebenheit im Kontext der Prüfungen des Glaubens von Simon Petrus deuten, die dazu dienen, unseren eigenen Glauben zu stärken, können wir erkennen, dass es sich hier um eine ganz besondere Prüfung durch den Herrn handelt. In der Regel sagt man, dass der Herr Simon Petrus dreimal fragte, weil er ihn dreimal verleugnet hatte. Es mag sein, dass diese Schwäche im Geist des Simon Petrus vorhanden war (oder in dem, der seine Geschichte liest) und dass der Dialog dazu diente, sie zu heilen. Aber wir können uns auch vorstellen, dass der Herr diese Verleugnung mit jenem Blick geheilt hat, der Simon Petrus bitterlich weinen ließ (vgl. Lk 22,62). In diesen Fragen können wir auch eine Vorgehensweise des Herrn sehen, das heißt er geht von etwas Gutem aus, das alle anerkannten und mit dem Simon Petrus zufrieden sein konnte: »Liebst du mich mehr als diese?« Er bestätigt es, indem er es zu einem »Liebst du mich?« (V. 16) vereinfacht, das jeden Wunsch nach Größe und

das Konkurrenzdenken aus dem Herzen des Simon wegnimmt. Er schließt mit jenem »Hast du mich lieb als Freund?« (V. 17), was das ist, was Simon Petrus am meisten ersehnte, und offensichtlich das ist, was Jesus am meisten am Herzen liegt. Wenn es wirklich freundschaftliche Liebe ist, dann geht es hier nicht um irgendeine Art von Tadel oder Korrektur in dieser Liebe: Freundschaft ist Freundschaft, und sie ist der höchste Wert, der alles andere korrigiert und verbessert, ohne dass es notwendig ist, über den Grund zu sprechen. Die größte Versuchung des Teufels war vielleicht, Simon Petrus die Vorstellung einzuflößen, sich für unwürdig zu halten, der Freund Jesu zu sein, weil er ihn verraten hatte. Aber der Herr ist treu. Immer. Und er erneuert von Mal zu Mal seine Treue. »Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen « (2 Tim 2,13), wie Paulus zu Timotheus sagt, seinem Sohn im Glauben. Freundschaft besitzt diese Gnade: dass ein Freund, der treuer ist, mit seiner Treue den anderen treu machen kann, der nicht so treu ist. Und wenn es sich um Jesus handelt, dann hat er mehr als jeder andere die Macht, seine Freunde treu zu machen. In diesem Glauben – der Glauben an Jesus als treuen Freund – wird Simon Petrus bestärkt und ausgesandt, uns alle zu bestärken. In diesem präzisen Sinn kann man den dreifachen Auftrag deuten, die Schafe und Lämmer zu weiden. Alles, was die pastorale Sorge umfasst, in Betracht ziehend, erweist es sich als wesentliches Element, die anderen im Glauben an Jesus zu stärken, der uns als Freunde liebt. Auf diese Liebe nimmt Petrus in seinem ersten Brief Bezug: Es ist ein Glaube an Jesus Christus, den, so sagt er, »ihr liebt, ohne ihn gesehen zu haben und den ihr auch jetzt nicht seht, aber an den ihr glaubt«, und dieser Glaube lässt uns jubeln »in unsagbarer, von himmlischer Herrlichkeit verklärter Freude«, in der Gewissheit, »das Ziel unseres Glaubens zu erreichen: unser Heil« (vgl. 1 Petr 1,7-9).

Dennoch steigt eine neue Versuchung auf, diesmal gegen den besten Freund: Die Versuchung, die Beziehung zwischen Jesus und Johannes, seinem Lieblingsjünger, zu ergründen. Der Herr weist ihn in diesem Punkt streng zurecht: »Was geht das dich an? Du aber folge mir nach!« (Joh 21,22).

***

Wir sehen, dass die Versuchung im Leben des Simon Petrus stets präsent ist. Er zeigt uns am eigenen Leib, wie der Glaube Fortschritte macht, indem man ihn bekennt und sich auf die Probe stellen lässt. Und so zeigt er, wie selbst die Sünde zum Fortschritt des Glaubens beitragen kann. Petrus hat die schlimmste aller Sünden begangen – den Herrn verleugnen – und doch haben sie ihn zum Papst gemacht. Für einen Priester ist es wichtig, die eigenen Versuchungen und Sünden in den Rahmen dieses Gebetes Jesu einzufügen zu wissen, damit unser Glaube nicht erlischt, sondern reift und dazu dient, seinerseits den Glauben derer zu stärken, die uns anvertraut sind.

Ich möchte an dieser Stelle gerne wiederholen, dass ein Priester oder ein Bischof, der sich nicht als Sünder fühlt, der nicht beichtet, der sich in sich selbst verschließt, keinen Fortschritt im Glauben macht. Aber man muss aufpassen, dass Beichte und Unterscheidung der eigenen Versuchungen diese pastorale Absicht, die der Herr ihnen verleihen will, einschließen und berücksichtigen. Ein junger Mann, der im Hogar de Cristo von Pater Pepe in Buenos Aires zur Rehabilitation war, erzählte, dass sein Verstand dagegen sprach und ihm sagte, er dürfe nicht dort sein, und dass er gegen dieses Gefühl ankämpfte. Er sagte, dass ihm Pater Pepe sehr geholfen habe: Eines Tages hatte er ihm gesagt, dass er es nicht mehr aushielt, dass ihm seine Familie so sehr fehlte, seine Frau und seine beiden Kinder, und dass er weggehen wollte. »Und der Priester hat mir gesagt: ›Und vorher, als du rumgezogen bist, um Drogen zu nehmen und zu verkaufen, hat dir da deine Familie gefehlt? Hast du an sie gedacht?‹ Ich habe schweigend den Kopf geschüttelt«, sagte der Mann, »und der Priester sagte nichts anderes mehr. Er klopfte mir auf die Schulter und sagte: ›Geh, es ist gut so.‹ Wie um mir zu sagen: Werde dir bewusst, was dir geschieht und was du sagst. ›Dank dem Himmel, dass du jetzt spürst, dass sie dir fehlen.‹« Jener Mann sagte, dass der Priester großartig war. Dass er ihm die Dinge ins Gesicht sagte. Und das half ihm zu kämpfen, weil er es war, der seinen Willen einsetzen musste.

Ich erzähle dies, um deutlich zu machen, dass es das Wachstum des Glaubens unterstützt, die eigene Sünde, den Wunsch nach dem Wohl des anderen, die Hilfe, die wir empfangen und die Hilfe, die wir geben müssen, zusammenzusehen. Es nützt nichts, dies zu trennen: Es bringt nichts, uns vollkommen zu fühlen, wenn wir unser Amt ausüben, und uns dann, wenn wir sündigen, mit der Tatsache zu rechtfertigen, dass wir genauso sind wie alle anderen. Man muss beides vereinen: Wenn wir den Glauben der anderen stärken, dann tun wir dies als Sünder. Und wenn wir sündigen, dann beichten wir als der, der wir sind, als Priester, und unterstreichen dabei, dass wir anderen Menschen gegenüber eine Verantwortung haben und nicht sind wie alle anderen. Beides ist gut zu vereinen, wenn wir die Menschen, unsere Schafe, besonders die ärmsten, voranstellen.

Das tut Jesus, wenn er Simon Petrus fragt, ob er ihn liebt, ihm aber weder vom Schmerz noch von der Freude, die diese Liebe in ihm hervorruft, etwas sagt und ihn in folgender Weise auf seine Brüder blicken lässt: Weide meine Schafe, stärke den Glauben deiner Brüder. Gleichsam um ihm, wie jenem jungen Mann aus dem Hogar de Cristo, zu sagen: »Sei dankbar, wenn du jetzt spürst, dass sie dir fehlen.« »Sei dankbar, wenn du spürst, dass du wenig Glauben hast«, es bedeutet, dass du deine Brüder und Schwestern liebst. »Danke dafür, dass du dich als Sünder und deines Amtes unwürdig fühlst«, es bedeutet, dass du merkst: wenn du etwas tust, dann weil Jesus für dich betet, und dass du ohne ihn nichts tun kannst (vgl. Joh 15,5). Unsere Alten sagten, dass der Glaube durch Glaubensakte wächst. Simon Petrus ist das

Bild des Menschen, den Jesus, der Herr, in jedem Augenblick Glaubensakte setzen lässt. Als Simon Petrus diese »Dynamik« des Herrn, seine Pädagogik versteht, lässt er keine Gelegenheit vergehen, um zu unterscheiden, welchen Glaubensakt an seinen Herrn er in jedem Augenblick setzen kann. Und darin irrt er nicht. Wenn Jesus als sein Herr handelt, indem er ihm den Namen Petrus gibt, lässt ihn Simon das tun. Sein »So sei es« geschieht im Schweigen wie das des heiligen Josef und wird sich im Lauf seines Lebens als real erweisen. Wenn der Herr ihn lobt oder demütigt, dann blickt Simon Petrus nicht auf sich selbst, sondern passt auf, die Lektion dessen, was vom Vater kommt, und dessen, was vom Teufel kommt, zu lernen. Wenn der Herr ihn tadelt, weil er sich erhöht hat, dann lässt er sich korrigieren.

Als der Herr ihm humorvoll zeigt, dass er sich vor den Steuereinnehmern nicht verstellen soll, geht er, um den Fisch mit der Münze zu angeln. Als der Herr ihn demütigt und ihm ankündigt, dass er ihn verleugnen wird, ist er aufrichtig, wenn er sagt, was er fühlt, wie er auch aufrichtig sein wird, wenn er bitterlich weint und es zulässt, dass ihm vergeben wird. So viele verschiedenen Augenblicke seines Lebens sind es, und doch ist es eine einzige Lehre: die Lehre vom Herrn, der seinen Glauben stärkt, damit er den Glauben seines Volkes stärkt. Bitten auch wir Petrus, dass er uns im Glauben stärken möge, damit wir den Glauben unserer Brüder und Schwestern stärken können.
 


[1] Ansprache an die Päpstlichen Vertreter, 21. Juni 2013.

[2] Vgl. Nr. 160, 161, 164, 190.

[3] Vgl. J. M. Bergoglio, Botschaft in der heiligen Messe für die Mitarbeiter im Bildungswesen, Ostern 2008.

[4] Un fuego que enciende otros fuegos, Santiago de Chile 2004, S. 69-70; vgl. Dokument von Aparecida, 191.

[5] Vgl. auch Geistliche Übungen 333: »Fünfte Regel: Eifrig und genau sind unsere Gedanken zu überprüfen in Bezug auf ihren Anfang, ihre Mitte und ihr Ende. Wenn diese drei in Ordnung sind, ist es ein Argument für den guten Engel, der diese Gedanken eingibt: wenn aber bei der Gedankenfolge des Geistes sich etwas anbietet oder folgt, da aus sich schlecht ist oder vom Guten wegruft oder zu etwas weniger Gutem antreibt, als die Seele vorher zu befolgen beschlossen hatte, oder was die Seele ermüdet, ängstigt und verwirrt, indem es ihr die Ruhe, den Frieden und die Geruhsamkeit nimmt, die zuvor da war, so wird dies dann ein evidentes Anzeichen sein, dass der Urheber solchen Gedankens der bösartige Geist sei, der ja unserem Nutzen und Heil immer zuwiderhandelt.«

[6] Vgl. Predigt in Santa Marta, 3. Juni 2014. Es sei daran erinnert: Der Herr betet, dass wir eins sein mögen, dass der Vater uns vor dem Teufel und vor der Welt bewahren möge und dass er uns vergeben möge, wenn »wir nicht wissen, was wir tun«.

[7] Es handelt sich um Gedanken, die der Herr in seinen Jüngern erkennt, als er nach seiner Auferstehung zu ihnen sagt: »Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel aufkommen?«

 



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