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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DEN ITALIENISCHEN VERBAND DER GEHÖRLOSEN
(FIAS)

Clementina-Saal
Donnerstag, 25. April 2019

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Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!

Ich begrüße alle sehr herzlich und insbesondere euch, die gehörlosen Menschen, eure Angehörigen und die Freunde, die anwesend sind. Ich danke der Präsidentin für die Worte, mit denen sie unsere Begegnung eingeleitet hat. Seit einigen Jahren sind in eurem Verband einige Vereinigungen zusammengeschlossen, die sich im italienischen Raum bemühen, der Wegwerfkultur entgegenzuwirken, indem sie in allen Bereichen eine größere Inklusion fördern. Dieses Werk ist notwendig, um dem gehörlosen Menschen eine bessere Lebensqualität und die Überwindung dieser Behinderung zu gewährleisten und alle Dimensionen, einschließlich der geistlichen, in einer ganzheitlichen Sicht des Menschen wertzuschätzen.

Die gehörlosen Menschen leben unvermeidlich mit einer Schwäche. Das gehört zum Leben, und man kann es positiv annehmen. Was dagegen nicht gut ist, ist die Tatsache, dass sie – ebenso wie andere Menschen, die auf andere Weise befähigt sind – und ihre Familien oft in Situationen leben, in denen ihnen Vorurteile entgegengebracht werden, manchmal auch in den christlichen Gemeinden, wie auch die Präsidentin in Erinnerung gerufen hat. Die Städte, die Dörfer und die Pfarrgemeinden mit ihren entsprechenden Diensten sind aufgerufen, die Barrieren, die es verhindern, das Potential eurer aktiven Gegenwart auszuschöpfen, immer mehr zu überwinden, indem sie über euer Defizit hinausgehen. Ihr lehrt uns vielmehr, dass man nur dann, wenn man die eigenen Grenzen und Schwächen annimmt, zusammen mit den Verantwortlichen und allen Mitgliedern der zivilen und der kirchlichen Gemeinschaft eine Kultur der Begegnung herstellen kann, die der verbreiteten Gleichgültigkeit entgegenwirkt. So kann man die Gesellschaft und die Gemeinschaft verbessern und auch den gehörlosen Menschen eine existenzielle Fülle bieten, die alle Aspekte des Lebens in seinen verschiedenen Phasen berücksichtigt.

Im heutigen kulturellen und gesellschaftlichen Kontext seid ihr, die gehörlosen Menschen, mehr denn je ein Geschenk in der Kirche: »Kraft der empfangenen Taufe ist jedes Mitglied des Gottesvolkes ein missionarischer Jünger geworden. Jeder Getaufte ist, unabhängig von seiner Funktion in der Kirche und dem Bildungsniveau seines Glaubens, aktiver Träger der Evangelisierung « (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 120).

Daher kann auch die Gegenwart gehörloser Menschen unter den pastoralen Mitarbeitern, natürlich ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechend ausgebildet, wirklich eine Ressource und eine Gelegenheit zur Evangelisierung darstellen. Ich hoffe aufrichtig, dass auch ihr, sowohl als Einzelpersonen als auch auf Verbandesebene, immer umfassender am Leben eurer kirchlichen Gemeinden teilhaben könnt. So könnt ihr die Begabungen, die der Herr euch geschenkt hat, neu entdecken und Früchte tragen lassen, zum Wohl der Familien und des ganzen Gottesvolkes. Die Gegenwart Gottes nimmt man nicht mit den Ohren, sondern mit dem Glauben wahr; daher ermutige ich euch, euren Glauben neu zu beleben, um die Nähe Gottes stets wahrzunehmen. Seine Stimme erklingt im Herzen eines jeden Menschen, und alle können sie hören. So könnt ihr jenen, die die Stimme Gottes nicht »hören«, helfen, mehr auf sie zu achten. Das ist ein bedeutsamer Beitrag, den die gehörlosen Menschen zur Lebenskraft der Kirche leisten können.

Ich denke an die vielen gehörlosen Menschen in Italien und in der Welt, besonders an jene, die in Ausgrenzung und Elend leben. Ich bete für sie. Und ich bete für euch, dass ihr euren besonderen Beitrag in der Gesellschaft leisten könnt und fähig sein mögt zu einem prophetischen Blick; fähig, Prozesse des Miteinander-Teilens und der Inklusion zu begleiten; fähig, an der Revolution der Zärtlichkeit und der Nähe mitzuwirken. Auch in der Kirche ist eure Gegenwart notwendig, um dazu beizutragen, Gemeinden aufzubauen, die aufnahmefreundliche Häuser sind, die allen offenstehen, begonnen bei den Letzten. Danke für euren willkommenen Besuch. Ich ermutige euch, euren Weg freudig fortzusetzen. Und während ich euch bitte, für mich zu beten, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.

 



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