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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 18. August 2004

     

Lesung: Psalm 110, 1–5,7

1 Die Einsetzung des priesterlichen Königs auf dem Zion [Ein Psalm Davids.] So spricht der Herr zu meinem Herrn: Setze dich mir zur Rechten, und ich lege dir deine Feinde als Schemel unter die Füße.
2 Vom Zion strecke der Herr das Zepter deiner Macht aus: »Herrsche inmitten deiner Feinde!«
3 Dein ist die Herrschaft am Tage deiner Macht, (wenn du erscheinst) in heiligem Schmuck; ich habe dich gezeugt noch vor dem Morgenstern, wie den Tau in der Frühe.
4 Der Herr hat geschworen, und nie wird’s ihn reuen: »Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks.«
5 Der Herr steht dir zur Seite; er zerschmettert Könige am Tage seines Zornes.
7 Er trinkt aus dem Bach am Weg; so kann er (von neuem) das Haupt erheben.

1. Einer alten Tradition folgend, bildet der soeben verkündete Psalm 110 den zentralen Teil der Sonntagsvesper. In allen vier Wochen, in denen sich das Stundengebet entfaltet, ist er vorgegeben. Seine Kürze, die durch das Weglassen des sechsten Verses – einer Verwünschung – noch unterstrichen wird, bedeutet nicht, daß es keine Schwierigkeiten bei seiner exegetischen Auslegung gäbe. Es handelt sich um einen Königspsalm, der mit der davidischen Dynastie in Verbindung steht und wahrscheinlich auf den Ritus der Inthronisierung des Herrschers verweist. Doch haben die jüdische und die christliche Tradition im gesalbten König die Beschreibung des Gesalbten schlechthin gesehen: des Messias, des Christus.

In eben diesem Licht wird der Psalm zu einem strahlenden Lied, das die christliche Liturgie dem Auferstandenen am Festtag, dem Gedächtnis an das Pascha des Herrn, darbringt.

2. Psalm 110 besteht aus zwei Teilen, die beide dadurch gekennzeichnet sind, daß sie einen göttlichen Weisheitsspruch enthalten. Der erste Spruch (vgl. V. 1–3) ist an den Herrscher gerichtet, am Tag seiner feierlichen Einsetzung »zur Rechten« Gottes, das heißt neben der Bundeslade im Tempel von Jerusalem. Die Erinnerung an die göttliche »Zeugung« des Königs war Bestandteil des offiziellen Protokolls seiner Krönung und nahm in Israel die symbolische Bedeutung für die Amtseinsetzung und Schutzherrschaft an, weil der König der Statthalter Gottes hinsichtlich der Verteidigung der Gerechtigkeit war (vgl. V. 3).

Selbstverständlich wird in der christlichen Lesart des Psalms jene »Zeugung« Wirklichkeit und zeigt Jesus Christus als den wahren Sohn Gottes. So war es auch in der christlichen Übernahme eines anderen bekannten königlich-messianischen Psalms geschehen, dem zweiten des Psalters, wo dieser Spruch Gottes zu lesen ist: »Mein Sohn bist du. Heute habe ich dich gezeugt« (Ps 2,7).

3. Der zweite Spruch des Psalms 110 hat dagegen priesterlichen Gehalt (vgl. V. 4). Der König übte in frühen Zeiten auch kultische Funktionen aus, nicht in der Nachfolge des levitischen Priestertums, sondern in einem anderen Zusammenhang: jenem des Priestertums von Melchisedek, des Priesterkönigs von Salem, dem vorisraelitischen Jerusalem (vgl. Gen 14,17–20).

In der christlichen Perspektive wird der Messias das Vorbild des vollkommenen und höchsten Priestertums. Später wird der Hebräerbrief in seinem Hauptteil diesen priesterlichen Dienst »nach der Ordnung Melchisedeks« (5,10) preisen, da er ihn in der Person Christi in Fülle verwirklicht sieht.

4. Der erste Spruch wird im Neuen Testament mehrmals wiederaufgenommen, um Jesus als Messias zu verherrlichen (vgl. Mt 22,44; 26,64; Apg 2,34–35; 1 Kor 15,25–27; Hebr 1,13). Christus selbst verweist vor dem Hohenpriester und dem Hohen Rat ausdrücklich auf unseren Psalm, indem er verkündet, daß er nunmehr zur »Rechten der Macht [Gottes] sitzen« wird, so wie es in Psalm 110,1 zum Ausdruck gebracht wird (Mk 14,62; vgl. 12, 36–37).

Wir werden zu diesem Psalm auf unserem Weg innerhalb der Texte des Stundengebetes zurückkommen. Jetzt möchten wir zum Abschluß unserer kurzen Vorstellung dieses messianischen Hymnus seine christologische Bedeutung herausstellen.

5. Wir tun dies anhand einer vom hl. Augustinus vorgenommenen Zusammenfassung. In seinem Kommentar zu Psalm 110, den er in der Fastenzeit des Jahres 412 vorgetragen hat, skizzierte er diesen als regelrechte Prophetie der auf Christus bezogenen göttlichen Verheißungen. Der bekannte Kirchenvater sagte: »Es war notwendig, den eingeborenen Sohn kennenzulernen, ihn, der im Begriff war, zu den Menschen zu kommen, um den Menschen anzunehmen und Mensch zu werden durch die angenommene Natur: Er sollte sterben, auferstehen, in den Himmel auffahren, zur Rechten des Vaters sitzen und unter den Völkern das vollbringen, was er verheißen hatte … All dies also mußte prophezeit werden, es mußte im voraus verkündet werden, es mußte angekündigt werden als das, was für die Zukunft bestimmt war, damit es, wenn es ganz unerwartet geschähe, keinen Schrecken hervorrufe, sondern vielmehr im Glauben angenommen und erwartet würde. Zu diesen Verheißungen gehört dieser Psalm, der mit so sicheren und klaren Worten unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus prophezeit, damit wir nicht im geringsten daran zweifeln können, daß in ihm Christus angekündigt wird« (Psalmenkommentar, Esposizioni sui Salmi, III, Rom 1976, 951.953).

6. Rufen wir jetzt den Vater Jesu Christi an, den einen König und vollkommenen und ewigen Priester, damit er aus uns ein Volk von Priestern und Propheten des Friedens und der Liebe mache; ein Volk, das Christus, den König und Priester, besingt, der sich selbst geopfert hat, um die ganze Menschheit in sich, in einem einzigen Leib zu versöhnen und zum neuen Menschen zu machen (vgl. Eph 2,15–16).


Liebe Brüder und Schwestern,

heute Morgen möchte ich Gott danken, der mir in seiner Güte gewährt hat, eine Pilgerfahrt nach Lourdes zu unternehmen. Ich danke der allerseligsten Jungfrau für die Atmosphäre tiefer Sammlung und intensiven Gebetes bei dieser Begegnung. Ich erinnere mich mit innerer Bewegung an die so zahlreichen Pilger und unter ihnen in den ersten Reihen die vielen Kranken, die gekommen sind, um bei Unserer Lieben Frau Trost und Hoffnung zu suchen. Mögen auch alle Jugendlichen die Erinnerung an diese Pilgerfahrt bewahren und aus ihr die Kraft schöpfen, Männer und Frauen zu werden, die frei sind in Christus!

Ich danke Msgr. Jacques Perrier, dem Bischof von Tarbes und Lourdes, für seinen herzlichen Empfang und mit ihm allen anwesenden Bischöfen sowie all jenen, die zum guten Gelingen meiner Reise beigetragen haben. Mein Dank gilt auch dem Präsidenten der Republik und den französischen Obrigkeiten für ihren zuvorkommenden Empfang.

Die Jungfrau Maria, die Unbefleckte Empfängnis, möge über jeden von euch wachen und euch auf eurem Weg zur Begegnung mit ihrem Sohn begleiten und führen!

Einen glaubensfrohen Gruß richte ich an die Pilger und Besucher deutscher Sprache. Jesus Christus ist König und Priester auf ewig. Er sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein. Seid stets bereit, ihn als den wahren Herrn vor der Welt zu bekennen! Der Heilige Geist stärke euch im Glauben.

 



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