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ANSPRACHE VON PAPST JOHANNES PAUL II.
AN DEN RAT DES GENERALSEKRETARIATS
DER BISCHOFSSYNODE

23. Februar 1980

 

Liebe Brüder im Bischofsamt!
Liebe Freunde!

I. Mit großer Freude treffe ich heute Vormittag mit euch in diesem Saal zusammen, in dem die erste Vollversammlung der Synode stattgefunden hat. Freundlicherweise habt ihr die letzte Sitzung eures Rates hier abgehalten, was mir erlaubt, kurz an euren Arbeiten teilzunehmen.

Die nächste Synode hat das Thema: "Die Aufgaben der christlichen Familie in der heutigen Welt." Unsere Zeit fordert in der Tat, daß man in verständlicher und angemessener Weise die bleibende Bedeutung jener Institution voll herausstellt, die seit langem mit Recht "Hauskirche" genannt wird. Das Sekretariat der Synode hat von allen Seiten Beobachtungen der Bischofskonferenzen und Erfahrungen der Seelsorger darüber zusammengetragen, wie der Sauerteig des Evangeliums unter verschiedensten Verhältnissen wirkt. Auf dieser Grundlage erstellt ihr nun das Arbeitsdokument, das den Synodenmitgliedern eine vertiefte und fruchtbare Arbeit ermöglichen wird.

Ich möchte daher vor allem euch, den Mitgliedern des Rates des Generalsekretariats der Synode, den Experten und Mitgliedern dieses Sekretariats, für den Dienst danken, den ihr dieser Organisation damit leistet. Sie ist besonderer Ausdruck der bischöflichen Kollegialität, durch welche die Bischöfe der einzelnen Diözesen mit dem Bischof von Rom die Sorge für alle Kirchen teilen.

II. Ich kann hier nicht auf eure Gespräche in ihrem ganzen Umfang eingehen. Ebensowenig kann ich auf alle Probleme eingehen, die nach eurer Meinung der kommenden Synode vorgelegt werden sollen.

Diese Synode wird vor allem versuchen, eine Beschreibung der Situation der Familie und der verschiedenen mit ihr verbundenen Probleme zu geben: denn es gilt zunächst, die Weise, wie Familie heute gelebt wird, klar zu sehen, indem man soweit als möglich die Ursachen und Linien der Entwicklung analysiert, damit die Evangelisierung wirklich diese Welt zu durchdringen vermag.

Ein bedeutender Teil der Arbeiten wird dabei der Theologie, d.h. der katholischen Lehre über die Familie gelten. Die Synode muß ja vor allem die Überzeugungen der Christen stärken. Es geht ohne Zweifel weniger darum, erneut eine systematische Darstellung bereits wohlbekannter und hinreichend erläuterter Tatsachen zu bieten als ob man bei Null beginnen müßte, obgleich die Kirche schon seit zweitausend Jahren davon lebt , sondern darum, eine Sprache und jene tiefgreifenden Motivierungen zu finden, die die bleibende Lehre der Kirche so beleuchten, daß die Menschen von heute in ihrer konkreten Lebenslage erreicht und, wenn möglich, überzeugt werden. Dann wird es ihnen möglich, z.B. auf bestimmte, sich immer weiter verbreitende Tendenzen zu antworten, wie z.B. auf den Trend, eine freie Lebensgemeinschaft zu führen. Die Synode wird kein Mittel zur Beantwortung sämtlicher Probleme werden, sondern sie wird hervorheben müssen, was Nachfolge Christi in diesem Bereich bedeutet. Sie wird die Werte herausstellen müssen, ohne die die Gesellschaft blindlings in eine Sackgasse gerät. Sie wird den Christen und den Menschen guten Willens helfen müssen, sich in diesen Punkten, christlichen Grundsätzen entsprechend, ein klares und überzeugtes Gewissensurteil zu bilden.

Schließlich und vor allem wird die Synode realistisch versuchen, den Familien zu helfen, diese Werte wiederzufinden bzw. zu bewahren, sie zu leben und sie Schritt für Schritt auszustrahlen. Das wird Inhalt des unmittelbar pastoralen Teils sein.

III. Ich begnüge mich damit, hier einige Aspekte zu unterstreichen, die mir besonders wichtig erscheinen.

1. Die Überlegungen zur christlichen Familie dürfen nicht von der Ehe absehen, denn das Ehepaar bildet die erste Form der Familie und bewahrt ihren Wert, auch wenn Kinder fehlen. Und damit kommen wir zum tiefen Sinn der Ehe, die Bund und Liebe ist; Bund und Liebe zweier Menschen, Mann und Frau, Zeichen des Bundes zwischen Christus und seiner Kirche, Zeichen der im trinitarischen Leben verwurzelten Liebe. Die Eigenarten eines solchen Bundes müssen in aller Deutlichkeit sichtbar werden: die Einheit der Lebensgemeinschaft, die Treue zum Bund, die Dauerhaftigkeit des Ehebandes.

2. Die Familie muß als Institution gesehen werden, nicht nur in dem Sinn, daß sie ihren Platz und ihre Funktionen in Gesellschaft und Kirche hat, daß sie rechtliche Garantien für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen, für die Beständigkeit und Ausstrahlung, die man von ihr erwartet, erhalten muß, sondern vor allem in dem Sinn, daß sie als solche den Willen der einzelnen, die spontanen Wünsche der Ehepartner sowie die Entscheidungen sozialer Körperschaften und Regierungsstellen transzendiert: die Ehe ist "eine weise Einrichtung des Schöpfers, um seinen Plan der Liebe in der Menschheit zu verwirklichen" (Humanae vitae, Nr. 8). Es wird gut sein, diesen institutionellen Aspekt zu vertiefen, der keine Eingrenzung der Liebe, sondern vielmehr ihre Krönung bedeutet.

3. Besondere Aufmerksamkeit wird man der Vorbereitung auf Liebe und Ehe schenken müssen, die notwendigerweise zugleich die Vorbereitung auf das Familienleben und die Verantwortlichkeiten in der Familie ist. Wie wird heutzutage eine solche Vorbereitung gewährleistet? Das ist eine ganz wesentliche Aufgabe der Seelsorge.

4. Die Priester müssen ihrerseits für das Familienapostolat vorbereitet und geschult werden, denn ein wesentlicher Teil ihrer Aufgabe besteht darin, die Laien in ihre privaten und sozialen, aber gewiß auch in ihre familiären Verantwortlichkeiten einzuweisen. Nehmen sie dieses Familienapostolat hinreichend ernst? Sind sie mit seinen komplexen Problemen vertraut? Als Seelsorger haben wir zwar nicht selber alle Probleme der Familie zu lösen, doch müssen wir für ihre Schwierigkeiten und Freuden sehr aufgeschlossen sein und bereit, ihnen zu helfen, wie der Herr es will.

5. Die Laien müssen natürlich die entsprechenden Möglichkeiten haben, sich lehrmäßig, religiös und pädagogisch für ihr Eheleben sowie für ihre Verantwortung als Väter und Mütter im Zusammenhang mit allen Problemen einer entsprechenden Kindererziehung vorzubereiten. Es geht ferner darum, ihre Einstellung gegenüber allen Mitgliedern der Familie im weiteren Sinn zu klären, denn hier muß echte Solidarität herrschen; das gilt natürlich besonders den Kranken, Behinderten und Alten gegenüber; diese erwarten von der Familie besondere Liebe und Hilfe, und sie selbst geben ihren Beitrag an Erfahrung und Liebe.

Die Ausbildung dieser Laien ist doppelt wichtig, wenn es gilt, sie in die echt christlichen Werte einzuführen und ihnen deren Bezeugung zu ermöglichen, denn unter den heutigen Verhältnissen muß die Evangelisierung der Familie vor allem durch andere Familien erfolgen.

6. Schließlich wollen wir nicht die Seelsorge für die schwierigen Fälle vergessen: für die getrennten Familien; für Geschiedene und zivilrechtlich Wiederverheiratete, die, auch wenn sie nicht voll am sakramentalen Leben teilnehmen dürfen, in ihren religiösen Bedürfnissen Betreuung verdienen, soweit ein Apostolat für sie möglich ist; verwitwete Männer und Frauen; alleinstehende Personen mit Kindern usw.

Diese wenigen Worte lassen euch, ehrwürdige Brüder und liebe Freunde, ahnen, welches Interesse der Papst dieser Synode entgegenbringt, und welch große Hoffnungen er für die Kirche in sie setzt. Aufs Lebhafteste ermuntere ich alle, die nun die letzte Vorbereitung durchzuführen haben. Ich denke dabei auch an alle künftigen Teilnehmer, die zur Vorbereitung Überlegungen anstellen und Anregungen aus ihrem christlichen Volk aufgreifen. Wir alle wollen Gott bitten, daß er die Geister erleuchtet und die Herzen bereit macht, damit die Erfahrung der Synode ein neues Wachsen von Überzeugungen, Entschlüssen und Ermutigungen für die Heiligkeit der Familie mit sich bringt. Wir vertrauen dieses Werk der Fürbitte der Mutter Christi an, die auch die Mutter der Kirche ist.

 

 

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