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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN EINE OFFIZIELLE PILGERGRUPPE AUS DEM
FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN

Freitag, 14. Oktober 1983

 

Fürstliche Hoheiten,
liebe Brüder und Schwestern aus dem Fürstentum Liechtenstein!

1. Mit großer Freude empfange ich Sie heute hier im Vatikan anläßlich Ihrer Rompilgerfahrt zum Jubiläumsjahr der Erlösung. Aufrichtig grüße ich Eure Durchlaucht Fürst Franz Joseph II. und Fürstin Gina von Liechtenstein sowie alle Mitglieder der fürstlichen Familie. Ebenso gilt mein herzlicher Willkommensgruß den hohen Vertretern aus Staat und Kirche, den hier anwesenden Gläubigen und allen Bürgern in Ihrem geschätzten Land.

Euer Durchlaucht danke ich für die ehrenden Worte und die freundliche Einladung, die Sie soeben an mich gerichtet haben.

Ihre Pilgerfahrt in die Ewige Stadt ist zugleich ein offizieller Besuch Eurer Durchlaucht beim Heiligen Stuhl wie auch die gläubige Antwort der Kirche in Ihrem Fürstentum auf die Einladung zur Mitfeier des Heiligen Jahres in der Gemeinschaft der Universalkirche. Sie ist ein Zeugnis der tiefen religiösen Verwurzelung Ihres Volkes und seiner treuen Verbundenheit mit dem Nachfolger des hl. Petrus. Die Geschichte und das Brauchtum Ihres Landes sind geprägt vom Geist des Christentums und geben dem Fürstentum Liechtenstein durch die Ehrbarkeit und den Fleiß seiner Bürger einen ehrenvollen Platz in der Gemeinschaft der Volker.

2. Das Jubiläumsjahr, in dem wir der 1950. Wiederkehr des Todes und der Auferstehung Jesu Christi, unseres Erlösers, gedenken, lädt uns ein, uns wieder neu der Gnade der Erlösung und unserer christlichen Berufung bewußt zu werden. Ihre Pilgerfahrt zu den Gräbern der Apostel ist eine Rückkehr zu den Quellen des Glaubens, eine Besinnung auf das grundlegende Glaubenszeugnis der ersten Junger des Herrn. Vom Apostel Petrus, an dessen Grab Sie verweilt und gebetet haben, werden wir neu bestärkt in der Grundwahrheit unseres christlichen Bekenntnisses von der Gottheit Jesu Christi: ”Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“.  Als Christen sind wir auf seinen Namen getauft und in seine Nachfolge gerufen. Deshalb ermahnt uns die Kirche gemäß dem Sendungsauftrag der Apostel, stets auf den Wegen und nach den Weisungen Jesu Christi zu wandeln. Gerade im jetzigen Heiligen Jahr und durch die gegenwärtig in Rom tagende Bischofssynode ruft sie uns durch ihre Hirten mit den beschwörenden Worten des Völkerapostels zu: ”Wir sind Gesandte an Christi Statt... Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi Statt: Laßt euch mit Gott versöhnen!“. 

Christus hat uns durch sein Erlösungsopfer mit Gott versöhnt. Um seines Sühneleidens willen rechnet uns Gott unsere Sunden nicht mehr als Schuld an, wenn wir sie ihm im Sakrament der Versöhnung freimütig bekennen. Zugleich wurde Christus dadurch zum großen Friedensstifter unter den Menschen. Die Versöhnung mit Gott reißt alle trennenden Schranken zwischen den Menschen nieder. Wie der hl. Paulus sagt, gibt es in Christus ”nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr seid alle „einer“ in Jesus Christus“.  Unsere Versöhnung mit dem Bruder ist die unerläßliche Voraussetzung für ein Gott wohlgefälliges Leben, Beten und Opfern. Christus ermahnt uns, unserem Bruder nicht nur siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal zu verzeihen und sogar unsere Feinde zu lieben. Die heutige Menschheit bedarf so dringend der christlichen Versöhnung. Stiften und schenken wir sie dort, wo wir sie anderen zu vermitteln vermögen: in unseren Familien, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde, in der ganzen Volksgemeinschaft!

3. Liebe Brüder und Schwestern, heute mahnt Euch Gott durch mich an Christi Statt, durch mich, seinen demütigen Stellvertreter auf Erden: Laßt Euch mit Gott versöhnen! Laßt Euch versöhnen mit Euren Brüdern und mit allen Menschen! Dies erbitte ich Euch und Eurem Land als besonderes Gnadengeschenk dieser Eurer Jubiläumswallfahrt in die Ewige Stadt. Macht fruchtbaren Gebrauch vom besonderen Gnadenangebot des Jubiläumsablasses durch eine aufrichtige und entschlossene Abkehr von allem, was dem Willen Gottes widerstreitet. Laßt die Frohe Botschaft von der Erlösung durch Christus wieder neu Euer Leben durchdringen und Euch Eures Glaubens und Eurer Zugehörigkeit zur Kirche froh machen. Pflegt vor allem den vertrauten Umgang mit dem Herrn im Gebet. Gebt Gott stets den ersten Platz in Eurem Leben, in all Eurem Denken und Tun!

Nur aus einer inneren religiös-sittlichen Erneuerung der Menschen kann sich auch die Gesellschaft erneuern. Die persönliche Versöhnung mit Gott ist die notwendige dafür, daß Versöhnung und Frieden auch in der menschlichen Gemeinschaft werden können. Jeder einzelne ist aufgerufen, dazu seinen persönlichen Beitrag zu leisten. Beginnt damit vor allem im engsten Bereich der Familie. Die Kirche ist davon überzeugt, daß das Wohl der Gesellschaft und ihr eigenes besonders mit dem Wohl der Familie eng verbunden ist.  Alles, was zur Gesundung und Festigung der Familie geschieht, kommt dem ganzen Gemeinwesen zugute.

4. Möge diese Rompilgerfahrt im Jubiläumsjahr der Erlösung in allen Teilnehmern einen religiösen Neuaufbruch bewirken, der das kirchliche und gesellschaftliche Leben in der Heimat nachhaltig beeinflußt und erneuert. Ich erbitte dem Fürstentum Liechtenstein und allen seinen Bürgern weiterhin Wohlergehen und allseitigen Fortschritt in Gerechtigkeit und Frieden. Dazu erteile ich Eurer Durchlaucht und dem fürstlichen Haus, den Verantwortlichen in Kirche und Gesellschaft sowie allen seinen Bewohnern für Gottes bleibenden Schutz und Beistand von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.

 

© Copyright 1983 - Libreria Editrice Vaticana

 



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