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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE TEILNEHMER EINER WALLFAHRT
 
DE
R KATHOLISCHEN STUDENTENVERBINDUNG
DER UNIVERSITÄT
BASEL

Samstag, 21. Mai 1988

 

Sehr geehrte Damen und Herren von der katholischen Studentenverbindung Rauracia zu Basel!

Anlässlich der Festfeiern zum 125-jährigen Bestehen Ihrer akademischen Vereinigung haben Sie darum gebeten, bei Ihrer Jubiläumsfahrt nach Rom auch dem Bischof dieser Stadt als dem Nachfolger des Apostels Petrus hier im Vatikan begegnen zu können. Ich freue mich, daß Ihr Wunsch heute in Erfüllung geht, und begrüße Sie alle ganz herzlich.

Ich bin soeben aus Lateinamerika zurückgekehrt. Vor meinem inneren Auge stehen noch die eindrucksvollen und zugleich bedrängenden Bilder von der Lebensfreude und vom Überlebenskampf der Menschen in vier ganz unterschiedlichen Staaten: überall dramatische Lebensbedingungen, wie wir sie kaum jemals und hier vorstellen können. Ich möchte Ihnen allen einmal ähnliche Erfahrungen wünschen. Solche Erlebnisse, mit wachem Geist und offenem Herzen aufgenommen, können die gewohnten Maßstäbe unseres Wohlergehens, unserer Ansprüche, unserer Wertskala hier in Mitteleuropa beträchtlich verändern.

Sie haben mich freundlicherweise unterrichtet über die historischen Verdienste der Rauracia, als es im neunzehnten Jahrhundert darum ging, die Verbindung zu den frühen gemeinsamen christlichen Wurzeln Ihrer Heimatstadt Basel wieder anzuknüpfen und den Katholiken den berechtigten Zugang zum akademischen und politischen Bereich zu verschaffen. Möge ein ähnlicher Einsatz für das Gemeinwohl in Kirche und Staat die Mitglieder Ihrer Vereinigung auch heute auszeichnen, wenn es gilt, die besonderen Herausforderungen unserer Tage zu bestehen. Ich denke dabei gerade jetzt an den Lebensstil der reicheren europäischen Länder angesichts der nunmehr gegebenen weltweiten Verflochtenheit mit den Lebensbedingungen anderer Kontinente und so auch mit dem dort herrschenden schreienden Elend. Wird es uns gelingen, unsere hiesigen Wirtschaftsvorteile auch unter dem moralischen Maßstab der Solidarität zu sehen? Erkennen wir, daß bei uns zahlreiche menschliche Werte im Leben der Familien und unter Freunden verblassen, während der materielle Lebensstandard immer noch wächst?

Sucht man wirklich ernsthaft und hörbereit den Dialog mit der kritischen Jugend in Ihrer Heimat? Und schließlich die Herausforderungen, die unser Christenglauben an jeden einzelnen stellt: Dieser Glaube braucht das ganze Leben hindurch Vertiefung und Bestärkung; er will im Sakramentenempfang gelebt werden; er soll sich auswirken in einer konsequenten Lebenspraxis in Familie und Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und in der Freizeit.

Ich wünsche Ihnen, daß Ihre Vereinigung und deren Mitglieder solche heutigen Herausforderungen gut bestehen. Die Gnade Gottes begleite und stärke dabei allen guten Willen und vollende, was an unseren Initiativen hinter den Anforderungen zurückbleibt. Dazu erteile ich Ihnen von Herzen meinen Apostolischen Segen.

 

© Copyright 1988 - Libreria Editrice Vaticana

 



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