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  BOTSCHAFT VON JOHANNES PAUL II.  
AN DIE MILITÄRGEISTLICHEN

     

Liebe Militärgeistliche! 

1. Mit Freude sende ich Euch meinen Gruß anläßlich des Fortbildungskurses über humanitäres Recht, der von der Kongregation für die Bischöfe und vom Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden gemeinsam organisiert worden ist. 

Ich möchte meine Genugtuung äußern über die Sorgfalt, mit der die beiden Dikasterien dieses Treffen seit langer Zeit und gemäß der Verpflichtung, die der Heilige Stuhl bei der 27. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds im Jahr 1999 übernommen hatte, vorbereitet haben. 

Außerdem möchte ich in besonderer Weise den qualifizierten Sachverständigen danken, die sich durch ihre anerkannte Kompetenz großherzig für ein gutes Gelingen des Kurses eingesetzt haben. 

Nahezu alle Militärordinariate haben ihre Vertreter zu dem Kurs entsandt: Dies ist ein Beweis für den Wert dieser Initiative. Sie will ein klares Zeichen sein für die Bedeutung, die der Heilige Stuhl dem humanitären Recht als Schutz der Menschenwürde, auch im tragischen Falle eines Krieges, beimißt. 

2. Gerade wenn die Waffengewalt zum Ausbruch kommt, sind dringend Richtlinien notwendig, die darauf abzielen, die Kriegshandlungen weniger unmenschlich zu machen. 

Im Laufe der Jahrhunderte wuchs nach und nach das Bewußtsein einer solchen Notwendigkeit bis hin zur schrittweisen Ausarbeitung eines Rechtskorpus im eigentlichen Sinne, das als »humanitäres Völkerrecht« bezeichnet wird. Dieses Korpus konnte nicht zuletzt durch die Entwicklung der wesenseigenen Grundsätze der christlichen Botschaft geschaffen werden. 

Wie ich schon in der Vergangenheit vor den Mitgliedern des »Internationalen Instituts für Humanitäres Recht« gesagt habe, bietet das Chri stentum »eine Grundlage für diese Entwicklung durch die Bekräftigung des autonomen Werts des Menschen und seiner vorrangigen Personen würde mit ihrer eigenen Individualität, die in ihrer wesentlichen Zusammensetzung vollständig und mit rationalem Gewissen sowie freiem Willen ausgestattet ist. Auch in den vergangenen Jahrhunderten hat die christliche Sicht vom Menschen zu einer Milderung der traditionellen Grausamkeit des Krieges angeregt, um den in die Aus einandersetzungen verwickelten Personen eine menschlichere Behandlung zu gewährleisten. Es hat sowohl in moralischer als auch praktischer Hinsicht einen entscheidenden Beitrag geleistet zur Durchsetzung der Normen bezüglich der Menschlichkeit und Gerechtigkeit, die jetzt in aktualisierter und gebührend ausgearbeiteter Form den Kern unserer heutigen internationalen Abkommen darstellen« (vgl. Ansprache vom 18. Mai 1982). 

3. Von der Liebe Christi beseelt, sollen die Militärgeistlichen aufgrund ihrer besonderen Berufung bezeugen, daß es sogar inmitten der schlimmsten Kämpfe immer möglich – und daher geboten – ist, die Würde des militärischen Gegners, die Würde der zivilen Opfer und die un auslöschliche Würde jedes in die bewaffneten Auseinandersetzungen verwickelten Menschen zu achten. Auf diese Weise fördert man zudem die Versöhnung, die zur Wiederherstellung des Friedens nach dem Konflikt nötig ist. 

»Inter arma caritas« war das aussagekräftige Motto des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes seit seinen Anfängen, ein beredtes Symbol der christlichen Motivation, die den Gründer dieser verdienten Organisation, den Genfer Henri Dunant, inspirierte. Diese Motivation darf nie in Vergessenheit geraten. 

Ihr katholischen Militärgeistlichen dürft neben der Ausübung Eures spezifischen religiösen Amtes auch nicht vernachlässigen, das militärische Personal angemessen an jene Werte heranzuführen, die das humanitäre Recht beseelen und es nicht nur zu einem Rechtskodex, sondern vor allem zu einem ethischen Kodex werden lassen. 

4. Euer Kurs findet in einer schwierigen Stunde der Geschichte statt, in der die Welt erneut den Lärm der Waffen vernehmen muß. Der Gedanke an die Opfer, die Zerstörungen und das von den bewaffneten Auseinandersetzungen verursachte Leid bereitet immer große Sorge und tiefen Kummer. 

Es sollte inzwischen allen klar sein, daß der Krieg als Mittel zur Lösung von Streitigkeiten zwischen den Staaten abgelehnt wurde, und zwar vom Gewissen eines großen Teils der Menschheit noch vor der Charta der Vereinten Nationen; davon unberührt bleibt die Zulässigkeit der Verteidigung gegen einen Angreifer. Die breite zeitgenössische Bewegung für den Frieden – der nach den Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht einfach darin besteht, »daß kein Krieg ist« (vgl. Gaudium et spes, 78) – ist Ausdruck dieser Überzeugung von Menschen aller Erdteile und aller Kulturen. 

In diesem Zusammenhang sind die Bemühungen der verschiedenen Religionen zur Förderung der Suche nach Frieden ein Grund des Trostes und der Hoffnung. In unserer Glaubensperspektive ist der Friede zwar auch das Ergebnis politischer Absprachen und Vereinbarungen zwischen Einzelpersonen und Völkern, vor allem jedoch ist er ein Geschenk Gottes, das durch Gebet und Buße beharrlich erfleht werden muß. Ohne die Bekehrung des Herzens gibt es keinen Frieden! Zum Frieden gelangt man nur durch die Liebe! 

Von allen wird nun verlangt, sich dafür einzusetzen und zu beten, daß die Kriege vom Horizont der Menschheit verschwinden. 

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen spreche ich den Wunsch aus, daß der Fortbildungskurs für Euch, liebe Militärgeistliche, reiche Früchte bringe. Von Herzen erteile ich Euch den Apostolischen Segen, den ich gerne auf die Organisatoren, Dozenten und alle Mitarbeiter ausweite.

Aus dem Vatikan, 24. März 2003



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