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BENEDIKT XVI.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 28. September 2005

Lesung: Psalm 135,1–12

1 Halleluja! Lobt den Namen des Herrn, lobt ihn, ihr Knechte des Herrn,
2 die ihr steht im Haus des Herrn, in den Vorhöfen am Haus unsres Gottes.
3 Lobt den Herrn, denn der Herr ist gütig. Singt und spielt seinem Namen, denn er ist freundlich.
4 Der Herr hat sich Jakob erwählt, Israel wurde sein Eigentum.
5 Ja, das weiß ich: Groß ist der Herr, unser Herr ist größer als alle Götter.
6 Alles, was dem Herrn gefällt, vollbringt er, im Himmel, auf der Erde, in den Meeren, in allen Tiefen.
7 Er führt Wolken herauf vom Ende der Erde, / er läßt es blitzen und regnen, aus seinen Kammern holt er den Sturmwind hervor.
8 Er erschlug Ägyptens Erstgeburt, bei Menschen und beim Vieh.
9 Gegen dich, Ägypten, sandte er Zeichen und Wunder, gegen den Pharao und all seine Knechte. 10 Er schlug viele Völker nieder und tötete mächtige Könige:
11 Sihon, den König der Amoriter, / Og, den König von Baschan, und alle Reiche Kanaans.
12 Ihr Land gab er Israel zum Erbe, zum Erbe Israel, seinem Volk.

 

Psalm 135, 1-12
Lobt den Herrn, der Wunder wirkt

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Wir haben nun den ersten Teil von Psalm 135 vor Augen, einen liturgischen Hymnus voller Anspielungen, Anklänge und Hinweise auf andere biblische Texte. In der Tat verfaßt die Liturgie ihre Texte oft so, daß sie aus dem reichen Erbe der Bibel ein großes Repertoire an Themen und Gebeten entnimmt, die den Weg der Gläubigen begleiten.

Wir folgen dem vom Gebet durchdrungenen Gedankengang dieses ersten Abschnitts (vgl. Ps 135,1–12), der mit einer umfassenden und nachdrücklichen Einladung, den Herrn zu loben (vgl. V. 1–3), beginnt. Der Aufruf richtet sich an die »Knechte des Herrn, die ihr steht im Haus des Herrn, in den Vorhöfen am Haus unseres Gottes« (V. 1–2).

Wir befinden uns also in der bewegenden Atmosphäre einer gottesdienstlichen Feier, die im Tempel stattfindet, am bevorzugten und gemeinsamen Ort des Gebets. Dort spürt man deutlich die Gegenwart »unseres Gottes«, eines »gütigen« und »freundlichen« Gottes, des Gottes der Erwählung und des Bundes (vgl. V. 3–4).

Nach der Einladung zum Lobpreis, verkündet eine Solostimme das Bekenntnis des Glaubens, das mit der Formel »Ja, das weiß ich« (V. 5) beginnt. Dieses Credo bildet den Kern des ganzen Hymnus, der sich als eine Kundgabe der Größe des Herrn erweist (ebd.), die in seinen wunderbaren Werken deutlich wird.

2. Die göttliche Allmacht offenbart sich ständig in der ganzen Welt »im Himmel, auf der Erde, in den Meeren, in allen Tiefen«. Gott ist es, der Wolken, Blitze, Regen und Stürme hervorbringt, die er gleichsam in seinen »Kammern« oder Speichern aufbewahrt (vgl. V. 6–7).

Aber in diesem Bekenntnis des Glaubens wird vor allem ein anderer Aspekt des göttlichen Wirkens gepriesen. Es handelt sich um das wunderbare Eingreifen in die Geschichte, wo der Schöpfer sein Antlitz als Erlöser seines Volkes und Herrscher der Welt zeigt. Dem Volk Israel, das sich im Gebet sammelt, werden die wichtigsten Ereignisse des Exodus vor Augen geführt.

Da ist vor allem die wesentliche Zusammenfassung und Erinnerung an die ägyptischen »Plagen«, die Geißeln, die vom Herrn hervorgerufen wurden, um den Unterdrücker zu beugen (vgl. V. 8–9). Es folgt dann das Gedenken an die Siege, die Israel nach der langen Wanderung durch die Wüste errungen hat. Sie werden dem machtvollen Eingreifen Gottes zugeschrieben, der »viele Völker niederschlug und mächtige Könige tötete« (V. 10). Und schließlich ist die Rede vom so tief ersehnten und erwarteten Ziel, dem verheißenen Land: »Ihr Land gab er Israel zum Erbe, zum Erbe Israel, seinem Volk« (V. 12).

Die göttliche Liebe wird in der Geschichte durch alle ihre schwierigen und ruhmvollen Ereignisse konkret und gleichsam greifbar. Die Liturgie hat die Aufgabe, die göttlichen Gaben immer gegenwärtig und wirksam zu machen, vor allem in der großen österlichen Feier, die die Wurzel aller übrigen Feierlichkeiten ist und das höchste Sinnbild der Freiheit und der Erlösung bildet.

3. Wir fassen den geistlichen Inhalt des Psalms und seines Lobpreises an Gott zusammen, indem wir ihn mit den Worten des hl. Klemens von Rom noch einmal vortragen, wie er im langen Schlußgebet seines Briefes an die Korinther erklingt. Klemens schreibt, wie in Psalm 135 das Antlitz Gottes, des Erlösers, erschienen sei, so komme jetzt sein Schutz, der schon den alten Vätern gewährt wurde, in Christus zu uns: »Herr, laß dein Angesicht über uns leuchten für ein Wohlergehen in Frieden; schütze uns mit deiner mächtigen Hand und bewahre uns vor jeder Sünde mit deinem allerhöchsten Arm und rette uns vor denen, die uns zu Unrecht hassen. Schenke uns und allen Bewohnern der Erde Eintracht und Frieden, wie du sie unseren Vätern gewährt hast, als sie im Glauben und in der Wahrheit vertrauensvoll zu dir riefen … Dir, der du allein imstande bist, diese und noch größere Wohltaten für uns zu vollbringen, danken wir durch den Hohenpriester und Beschützer unserer Seelen, Jesus Christus, durch den dir jetzt Ruhm und Ehre zuteil werde von Generation zu Generation in alle Ewigkeit. Amen« (60,3–4; 61,3: Collana di Testi Patristici, V, Rom 1984, S. 90–91).

Ja, dieses Gebet eines Papstes aus dem 1. Jahrhundert können auch wir in diesen unseren Tagen beten und es als unser Gebet für die heutige Zeit ansehen: »Herr, laß dein Angesicht über uns leuchten für ein Wohlergehen in Frieden. Schenke uns und allen Bewohnern der Erde in der gegenwärtigen Zeit Eintracht und Frieden, durch Jesus Christus, der herrscht von Generation zu Generation in alle Ewigkeit. Amen.«


Gegenstand unserer Betrachtung ist heute Psalm 135. Darin treten drei wesentliche Elemente der gottesdienstlichen Feier des Alten Bundes hervor: die Einladung zum gemeinschaftlichen Lobpreis, das Bekenntnis der Größe Gottes und die Erinnerung an die Wundertaten, die der Herr aus Liebe zu seinem Volk vollbracht hat. Für Israel sind dies vor allem die Befreiung aus Ägypten und das Geschenk des verheißenen Landes.

Lobpreis, Bekenntnis und Gedächtnis prägen auch die Liturgie des Neuen Bundes, der Kirche. Sie hat die Aufgabe, die göttlichen Gaben wirksam zu vergegenwärtigen, Gott zu danken und ihn zu verherrlichen. Unser Gottesdienst findet seinen Höhepunkt in der Eucharistie, in der wir das Opfer Christi begehen und unsere Erlösung feiern. So lesen wir im ersten Petrusbrief: „Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat“ (1 Petr 2, 9).

***

Von Herzen grüße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Die Kirche lädt Euch ein, in der heiligen Liturgie den Herrn zu preisen und ihm für seine Wohltaten Dank zu sagen. Heute bitte ich auch um Euer Gebet für die Bischofssynode, die in wenigen Tagen hier im Vatikan beginnen wird. Euch allen wünsche ich einen angenehmen Aufenthalt in Rom. Der Herr segne Euch!

 

 

 



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