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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN HERRN PETER HITJITEVI KATJAVIVI,
NEUER BOTSCHAFTER DER REPUBLIK NAMIBIA BEIM HL. STUHL*

Donnerstag, 13. Dezember 2007

 

Exzellenz!

Ich freue mich, Sie im Vatikan willkommen zu heißen, um das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Namibia beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die Grüße und guten Wünsche, die Sie mir im Namen Ihres Präsidenten, Herrn Hifikepunye Pohamba, zum Ausdruck gebracht haben, und möchte Sie bitten, ihm und dem Volk von Namibia freundlicherweise meine herzlichen Grüße und die Zusicherung meines Gebetes für ihren Frieden und ihr Wohlergehen zu übermitteln.

Seit der Erlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1990 ist Namibia einer der jüngsten Staaten der Welt. Doch die Geschichte seines Volkes reicht viel weiter zurück und umfaßte Zeiten schwerer Prüfungen und Leiden ebenso wie Augenblicke beachtlichen Erfolges. Sie, Exzellenz, haben freundlicherweise Ihre Anerkennung für die zuverlässige Präsenz der Kirche im Laufe dieser Geschichte geäußert. Die katholischen Missionare, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in dem Gebiet eintrafen, haben außer der Einrichtung von Stätten für den Gottesdienst auch zahlreiche Schulen und Krankenhäuser gegründet, die dem namibischen Volk noch heute dienen. Die Arbeit dieser Einrichtungen gibt Zeugnis von der »Pflicht zu karitativem Tun«, die seit jeher zum Wesensauftrag der Kirche gehörte (vgl. Deus Caritas est, 32).

Wie Sie dargelegt haben, muß die echte Nächstenliebe in greifbarer Weise zum Ausdruck kommen. Im öffentlichen Bereich ist es allerdings oft schwierig festzustellen, was für das Wohl unserer Brüder und Schwestern jeweils am förderlichsten wäre. Ein solches Unterscheidungsvermögen erfordert weitblickende Einsicht. Dies war auch die treibende Kraft für die vielen Initiativen, die Ihr Land unternommen hat, um die Lebensqualität aller Namibier zu verbessern, indem es sich in besonderer Weise auf eine echte menschliche Entwicklung konzentriert. Die Qualität des menschlichen Lebens kann nämlich nicht allein in Begriffen von Konsumgütern gemessen werden. Die Kirche teilt die Überzeugung, daß die Gesellschaften die ganze »breite Skala der materiellen Bedürfnisse« des Menschen ebenso aufnehmen müssen wie sein »geistiges, sittliches, spirituelles und religiöses Leben« (Gaudium et spes, 64). Ich bete darum, daß Namibia bei der Umsetzung seiner Strategien zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung die Gesamtsicht des Menschen in seinen körperlichen, geistigen und sozialen Dimensionen nicht aus dem Blick verlieren möge.

In seiner Zukunftsvision erkennt Namibia die dringende Notwendigkeit, der beunruhigenden Ausbreitung von Infektionskrankheiten Einhalt zu gebieten. Die tragischen Verluste an Menschenleben, die HIV/Aids im südlichen Afrika forderte, sind besonders alarmierend. In diesem Zusammenhang versichere ich den Menschen Ihres Landes, daß die Kirche den an Aids leidenden Personen weiterhin beistehen und ihre Familien unterstützen wird. Der Beitrag der Kirche zu dem Ziel, Aids auszurotten, kann seine Inspiration nur aus der christlichen Auffassung der menschlichen Liebe und Sexualität beziehen. Das Verständnis der Ehe als der totalen, gegenseitigen und ausschließlichen Liebesgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau entspricht nicht nur dem Plan des Schöpfers, es hält auch zu den wirksamsten Verhaltensweisen an, um der sexuellen Übertragung der Krankheit vorzubeugen: nämlich Enthaltsamkeit vor der Ehe und Treue in der Ehe. Aus diesem Grund widmet die Kirche der Erziehung und Katechese nicht weniger Energie als der Gesundheitsfürsorge und den leiblichen Werken der Barmherzigkeit. Herr Botschafter, ich ermutige die Verantwortlichen Ihres Landes zur Verabschiedung von Gesetzen, die das Leben der Familie fördern, die immer als heilig und grundlegend für eine stabile Gesellschaft angesehen werden muß.

Die menschliche Gesundheit hängt auch von einer harmonischen Beziehung zur Natur ab, die der klugen Verwaltung des Menschen anvertraut worden ist. Die Verfassung Namibias ist eine der ersten überhaupt, die ausdrücklich die hohe Verantwortung für den Schutz der Umwelt und für die weise Nutzung ihrer Ressourcen erwähnt. Ich schließe mich Ihnen an, wenn ich die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft auf die Bedeutung der Achtung der Natur als gemeinsames Gut lenke, dessen sich die ganze Menschheitsfamilie erfreuen können soll (vgl. Centesimus annus, 37). Zu diesem Zweck hat Namibia gemeinsame Anstrengungen für eine Agrarreform unternommen. Das war und ist jedoch kein leichter Weg. Vor allem müssen die politischen Entscheidungen in diesem Bereich immer das Grundrecht der Hungernden auf ihr tägliches Brot unterstützen (vgl. Sollicitudo rei socialis, 42). Darum ermuntere ich eindringlich jeden, der sich in diesen Initiativen engagiert, unbeirrt damit fortzufahren. Ich vertraue darauf, daß Ihre Nation, wenn sie das Eigentum rechtsgültig verwaltet, den Zugang zu Krediten öffnet und von den jüngsten Fortschritten in Wissenschaft und Technologie Gebrauch macht (vgl. Gaudium et spes, 69), eine gerechtere Verteilung des Bodens erreichen und in den nächsten Jahren eine reichere Ernte der Früchte der Erde einbringen wird.

Ich versichere Ihnen, Herr Botschafter, daß die Kirche weiterhin auf der Seite Ihrer Landsleute stehen wird in ihrem Bemühen, sich entsprechend dem göttlichen Gebot der Nächstenliebe gegenseitig beizustehen (vgl. Mt 22,39). Während Sie Ihre Verantwortlichkeiten übernehmen, vertraue ich darauf, daß Sie bei den verschiedenen Ämtern des Heiligen Stuhls Bereitschaft finden werden, Sie bei der Erfüllung Ihrer Aufgabe zu unterstützen. Auf Sie, auf Ihre Familie, auf das namibische Volk und seine Verantwortlichen rufe ich die Fülle des göttlichen Segens herab.


*L'Osservatore Romano 2008 n. 3 p. 10.

 

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