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PASTORALBESUCH IN AQUILEIA UND VENEDIG

BEGEGNUNG MIT DEN GLÄUBIGEN

ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.

Markusplatz - Venedig
Samstag, 7. Mai 2011

(Video)

 

Herr Kardinal-Patriarch,
Mitbrüder im Bischofsamt,
Herr Bürgermeister und geehrte Obrigkeiten,
liebe Brüder und Schwestern!

Herzlich grüße ich jeden von euch, die ihr aus den verschiedenen »Calli« und »Campi« [Gassen und Plätzen] dieser wundervollen Stadt hier an der Hafenmole zusammengekommen seid, um dem Nachfolger Petri, der als Pilger in das Land des hl. Markus gekommen ist, eure Zuneigung zum Ausdruck zu bringen. Eure von großer Begeisterung beseelte Anwesenheit ist Ausdruck eures Glaubens und eurer Frömmigkeit, und das ist für mich ein Grund zu großer Freude. Insbesondere danke ich dem Herrn Bürgermeister für die edlen Worte, die er auch im Namen der ganzen Stadt an mich gerichtet hat, und für die Empfindungen, die er mir gegenüber gezeigt hat; mit ihm begrüße ich alle übrigen zivilen und militärischen Obrigkeiten, die hierhergekommen sind, um mich zu empfangen, und danke ihnen.

Heute habe ich die Freude, den Bewohnern dieser Lagune zu begegnen. Ich bin zu euch gekommen, um das tiefe Band der Gemeinschaft zu festigen, das euch in der Geschichte mit dem Bischof von Rom verbindet und für das vor allem die ehrwürdigen Hirten Zeugen sind, die von diesem Patriarchensitz auf den Stuhl Petri gewechselt sind: Vielen von euch ist Patriarch Albino Luciani noch in lebendiger Erinnerung, Sohn Venetiens, der als Papst den Namen Johannes Paul I. gewählt hat; und wie sollte man nicht an Patriarch Angelo Giuseppe Roncalli erinnern, den späteren Papst Johannes XXIII., der von der Kirche zur Ehre der Altäre erhoben und seliggesprochen worden ist? Erinnern wir schließlich an Patriarch Giuseppe Sarto, den späteren heiligen Pius X., der mit dem Beispiel seiner Heiligkeit fortfährt, diese Ortskirche sowie die universale Kirche zu beleben. Zeugnis der pastoralen Sorge der Päpste für eure Stadt sind schließlich auch die Pastoralbesuche des Dieners Gottes Paul VI. und des sel. Johannes Paul II. Auch ich wollte heute auf den Spuren meiner Vorgänger zu euch kommen, um euch ein Wort der Liebe und der Hoffnung zu bringen und euch im Glauben der Kirche zu stärken, die der Herr auf den Felsen gegründet hat, der Petrus ist und die er der Leitung der Apostel und ihrer Nachfolger anvertraut hat, in Einheit mit der Kirche von Rom, die »den Vorsitz in der Liebe führt« (hl. Ignatius).

Liebe Freunde, der venezianischen Tradition  folgend wolltet ihr mich an diesem eindrucksvollen Ort empfangen, der gleichsam das Eingangstor zum Herzen der Stadt ist. Von hier aus umfaßt der Blick die einladende Markusbucht, den eleganten Dogenpalast, den wunderbaren imposanten Bau der Markusbasilika, die unverwechselbare Silhouette der Stadt, die zu Recht »Perle der Adria« genannt wird. Von dieser Hafenmole aus kann man jenen Aspekt der einzigartigen Offenheit erfassen, der Venedig als Kreuzungspunkt von Menschen und Gemeinschaften jeglicher Herkunft, Kultur, Sprache und Religion schon immer gekennzeichnet hat. Wegen ihrer Schönheit, ihrer Geschichte, ihrer bürgerlichen Traditionen Ort des Ankommens und der Begegnung für Menschen aus allen Kontinenten, hat diese Stadt jahrhundertelang ihrer besonderen Berufung entsprochen, Brücke zwischen West und Ost zu sein. Auch in dieser unserer Zeit mit ihren neuen Perspektiven und komplexen Herausforderungen ist sie gerufen, wichtige Verantwortung zu übernehmen hinsichtlich der Förderung einer Kultur der Aufnahme und des Teilens mit der Fähigkeit, Brücken des Dialogs zwischen Völkern und Nationen zu bauen: eine Kultur der Eintracht und der Liebe, die ihre soliden Fundamente im Evangelium hat.

Der Glanz der Monumente und der Ruhm der jahrhundertealten Institutionen bezeugen eine ruhmreiche Geschichte und den Charakter der venezianischen Bevölkerung: aufrichtig und arbeitsam, mit tiefer Sensibilität und Organisationstalent und begabt mit dem, was in der Alltagssprache »gesunder Menschenverstand« genannt wird. Dieses Erbe an bürgerlichen, kulturellen und künstlerischen Traditionen hat eine fruchtbare Entwicklung auch dank der Annahme des christlichen Glaubens erfahren, dessen Wurzeln sehr weit zurückreichen, bis zum Beginn der ersten Ansiedlungen in dieser Lagune. Im Lauf der Jahrhunderte hat sich der von den ersten Verkündern des Evangeliums übermittelte Glaube immer tiefer im Sozialgefüge verwurzelt, bis er wesentlicher Bestandteil davon wurde. Sichtbares Zeugnis dafür sind die wunderbaren Kirchen und die vielen in den Gassen, Kanälen und Brücken verstreuten Ädikulen mit Heiligenbildern. Insbesondere möchte ich an die beiden wichtigen Wallfahrtskirchen erinnern, die zu verschiedenen Zeiten von den Venezianern in Erfüllung eines Gelübdes gebaut wurden, um von der göttlichen Vorsehung die Befreiung von einer Pestepidemie zu erreichen. Wir sehen sie hier gegenüber von dieser Hafenmole: Es sind die Erlöserbasilika und die Wallfahrtskirche der »Madonna della Salute«, beide sind an den jeweiligen jährlichen Festtagen das Ziel vieler Pilger. Eure Vorfahren wußten sehr gut, daß das menschliche Leben in den Händen Gottes liegt und daß der Mensch ohne den Segen Gottes umsonst baut. Deshalb bitte ich beim Besuch eurer Stadt Gott darum, euch allen einen aufrichtigen und fruchtbaren Glauben zu schenken, der fähig ist, eine große Hoffnung zu nähren sowie die geduldige Suche nach dem Gemeinwohl.

Liebe Freunde, mein Gebet erhebt sich zu Gott mit der Bitte, daß er seinen Segen über Venedig und sein Umland ausgießen möge. Ich lade euch alle, liebe Venezianer, ein, stets die Harmonie zwischen dem Blick des Glaubens und der Vernunft zu suchen und zu bewahren, denn sie ermöglicht dem Gewissen, das wahre Wohl zu sehen, damit die Entscheidungen der Zivilgemeinschaft immer von ethischen Prinzipien inspiriert sein mögen, die der wahren Natur des Menschen entsprechen. Der Mensch kann nicht auf die Wahrheit über sich selbst verzichten, ohne daß der persönliche Verantwortungssinn, die Solidarität mit den anderen, die Ehrlichkeit in den Beziehungen im Bereich der Wirtschaft und der Arbeit darunter leiden.

Während wir uns in der Abenddämmerung dieses Tages auf die Feier des Sonntags einstellen, wollen wir uns bereit machen, das wöchentliche Osterfest des Herrn mit der Freude zu feiern, die kennzeichnend ist für die Osterzeit, und mit der Sicherheit, daß Jesus mit seiner Auferstehung den Tod besiegt hat und uns an seinem Leben teilhaben lassen will. Während ich euch dem mütterlichen Schutz der allerseligsten Jungfrau Maria anvertraue, rufe ich auf diese Stadt, auf alle, die in ihr wohnen, die sie regieren, die sich dafür einsetzen, sie immer mehr Gottes und des Menschen würdig werden zu lassen, den Segen des Herrn herab. Ich danke euch allen und wünsche euch einen schönen Sonntag!

 



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