Index   Back Top Print

[ AR  - DE  - EN  - ES  - FR  - HR  - IT  - PL  - PT ]

PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 12. April 2017

[Multimedia]


 

Die Christliche Hoffnung - 18. Die Hoffnungen der Welt und die Hoffnung des Kreuzes (vgl. Joh 12,24-25)

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Am vergangenen Sonntag haben wir des Einzugs Jesu in Jerusalem gedacht, unter dem festlichen Jubel der Jünger und einer großen Menschenmenge. Diese Menschen setzten viele Hoffnungen auf Jesus: Viele erwarteten von ihm Wunder und große Zeichen, Machtbezeugungen und sogar die Freiheit von den feindlichen Besatzern.

Wer von ihnen hätte gedacht, dass Jesus schon bald gedemütigt, verurteilt und am Kreuz getötet werden sollte? Die irdischen Hoffnungen dieser Menschen brachen angesichts des Kreuzes zusammen. Wir aber glauben, dass gerade im Gekreuzigten unsere Hoffnung neu geboren ist. Die irdischen Hoffnungen brechen angesichts des Kreuzes zusammen, aber es entstehen neue Hoffnungen, die für immer andauern. Am Kreuz entsteht eine andere Hoffnung. Es ist eine Hoffnung, die anders ist als jene Hoffnungen, die zusammenbrechen, als jene Hoffnungen der Welt. Um welche Hoffnung aber handelt es sich? Welche Hoffnung entsteht aus dem Kreuz?

Was Jesus sagt, nachdem er in Jerusalem eingezogen ist, kann uns helfen, das zu verstehen: »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht« (Joh 12,24). Versuchen wir, uns ein kleines Korn oder einen kleinen Samen vorzustellen, der in die Erde fällt. Wenn er in sich selbst verschlossen bleibt, geschieht nichts; wenn er jedoch aufbricht, sich öffnet, dann bringt er eine Ähre, einen Keimling, dann eine Pflanze  hervor, und die Pflanze wird Frucht bringen.

Jesus hat eine neue Hoffnung in die Welt gebracht, und er hat es wie ein Samenkorn getan: Er hat sich ganz klein gemacht, wie ein Weizenkorn; er hat seine himmlische Herrlichkeit verlassen, um zu uns zu kommen: Er ist »auf die Erde gefallen«. Aber das genügte noch nicht. Um Frucht zu bringen, hat Jesus die Liebe bis ins Letzte gelebt, indem er sich vom Tod aufbrechen ließ, wie ein Samenkorn unter der Erde aufgebrochen wird. Genau dort, am äußersten Punkt seiner Erniedrigung – der auch der höchste Punkt der Liebe ist – ist die Hoffnung aufgekeimt. Wenn jemand von euch fragt: »Wie entsteht die Hoffnung?« »Aus dem Kreuz. Schau auf das Kreuz, schau auf den gekreuzigten Christus, und von dort wird die Hoffnung kommen, die nicht mehr vergeht, die Hoffnung, die bis ins ewige Leben andauert.« Und diese Hoffnung ist durch die Kraft der Liebe aufgekeimt: denn die Liebe »hofft alles, hält allem stand« (1 Kor 13,7). Die Liebe, die das Leben Gottes ist, hat alles erneuert, was sie erlangt hat. So hat Jesus an Ostern unsere Sünde, indem er sie auf sich genommen hat, in Vergebung verwandelt. Aber hört gut zu, wie die Verwandlung aussieht, die das Osterfest hervorbringt: Jesus hat unsere Sünde in Vergebung verwandelt, unseren Tod in Auferstehung, unsere Angst in Vertrauen. Daher ist dort am Kreuz unsere Hoffnung entstanden, und sie entsteht dort immer von neuem: Daher kann mit Jesus unsere Finsternis in Licht verwandelt werden, jede Niederlage in Sieg, jede Enttäuschung in Hoffnung.

Jede: ja, jede. Die Hoffnung überwindet alles, weil sie aus der Liebe Jesu entsteht, der gleichsam zum Weizenkorn in der Erde geworden und gestorben ist, um Leben zu schenken, und aus diesem Leben voller Liebe kommt die Hoffnung. Wenn wir die Hoffnung Jesu wählen, entdecken wir allmählich, dass die siegreiche Lebensweise die des Samenkorns, die der demütigen Liebe ist. Es gab keinen anderen Weg, um das Böse zu überwinden und der Welt Hoffnung zu schenken. Aber ihr könnt zu mir sagen: »Nein, das ist eine Verliererlogik!« Das könnte so scheinen, dass es eine Verliererlogik ist, denn wer liebt, verliert Macht. Habt ihr darüber nachgedacht?

Wer liebt, verliert Macht, wer gibt, entäußert etwas von sich, und zu lieben ist ein Geschenk. In Wirklichkeit ist die Logik des Samenkorns, das stirbt, der demütigen Liebe, der Weg Gottes, und nur er bringt Frucht. Das sehen wir auch in uns. Besitzen drängt immer dazu, etwas anderes zu wollen: Ich habe etwas für mich bekommen, und sofort will ich etwas anderes, größeres, und so weiter, und ich bin nie zufrieden. Das ist ein schlimmes Verlangen! Je mehr man hat, desto mehr will man. Wer unersättlich ist, ist nie satt. Und Jesus sagt es ganz klar: »Wer an seinem Leben hängt, verliert es« (Joh 12,25). Du bist unersättlich und strebst danach, viele Dinge zu haben, aber… du wirst alles verlieren, auch dein Leben. Das heißt: Wer das Eigene liebt und für seine Interessen lebt, bläst nur sich selbst auf und verliert. Wer dagegen annimmt, hilfsbereit ist und dient, lebt so, wie Gott es will: Dann ist er siegreich, rettet sich selbst und die anderen; wird zum Samenkorn der Hoffnung für die Welt. Denn es ist schön, den anderen zu helfen, den anderen zu dienen… Vielleicht werden wir müde! Aber das Leben ist so, und das Herz wird mit Freude und Hoffnung erfüllt. Das ist Liebe und Hoffnung zugleich: dienen und schenken.

Gewiss, diese Liebe geht durch das Kreuz, das Opfer, wie für Jesus. Das Kreuz ist der unumgängliche Übergang, aber es ist nicht das Ziel, es ist ein Übergang: Das Ziel ist die Herrlichkeit, wie uns das Osterfest zeigt. Und hier kommt uns ein weiteres wunderschönes Bild zu Hilfe, das Jesus den Jüngern beim Letzten Abendmahl hinterlassen hat. Er sagt: »Wenn die Frau gebären soll, ist sie bekümmert, weil ihre Stunde da ist; aber wenn sie das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an ihre Not über der Freude, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist« (Joh 16,21).

Also: Leben schenken, nicht es besitzen. Und das ist es, was die Mütter tun: Sie schenken ein anderes Leben, sie leiden, aber dann sind sie voll Freude, glücklich, weil sie ein anderes Leben zur Welt gebracht haben. Es schenkt Freude: Die Liebe bringt das Leben zur Welt und gibt sogar dem Schmerz einen Sinn. Die Liebe ist die Triebkraft, die unsere Hoffnung voranbringt. Ich wiederhole: Die Liebe ist die Triebkraft, die unsere Hoffnung voranbringt. Und jeder von uns kann sich fragen: »Liebe ich? Habe ich gelernt zu lieben? Lerne ich jeden Tag, mehr zu lieben?«, denn die Liebe ist die Triebkraft, die unsere Hoffnung voranbringt.

Liebe Brüder und Schwestern, lassen wir uns in diesen Tagen, Tagen der Liebe, hineinnehmen in das Geheimnis Jesu, der wie ein Weizenkorn uns das Leben schenkt, indem er stirbt. Er ist der Same unserer Hoffnung. Betrachten wir den Gekreuzigten, Quell der Hoffnung. Allmählich werden wir verstehen, dass mit Jesus zu hoffen bedeutet, schon jetzt die Pflanze im Samen zu sehen, das Osterfest im Kreuz, das Leben im Tod. Ich möchte euch jetzt eine Hausaufgabe geben. Uns allen wird es guttun, vor dem Gekreuzigten zu verweilen – ihr habt alle ein Kruzifix zuhause –, ihn anzuschauen und zu ihm zu sagen: »Mit dir ist nichts verloren. Mit dir kann ich immer hoffen.

Du bist meine Hoffnung.« Stellen wir uns jetzt den Gekreuzigten vor und sagen wir alle gemeinsam zum gekreuzigten Jesus: »Du bist meine Hoffnung.« Alle: »Du bist meine Hoffnung. « Lauter! »Du bist meine Hoffnung.« Danke.

* * *

Einen herzlichen Gruß richte ich an alle Pilger deutscher Sprache, insbesondere an die Mitglieder und Freunde des Regnum Christi aus Bad Münstereifel. Betrachten wir das Geheimnis Jesu, der mit seinem Tod am Kreuz für uns alle reiche Frucht gebracht hat. Gerade die vielen Jugendlichen ermutige ich: Seid ein Same der Hoffnung für eure Mitmenschen! Gott segne euch alle.

 

 



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana