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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Sieg und Niederlage

Donnerstag, 14. Januar 2016

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 4, 29. Januar 2016

 

Die Macht des Gebets eines gläubigen Menschen stand im Mittelpunkt der Predigt, die Papst Franziskus in der heiligen Messe am 14. Januar im Gästehaus Santa Marta hielt. Der Papst stellte einen Vergleich zwischen der Lesung und dem Evangelium vom Tage an und wies darauf hin, dass von »einem Sieg und einer Niederlage« die Rede sei. Im Abschnitt aus dem ersten Buch Samuel (4,1-11) sei zu lesen, wie das Volk Gottes »in der Schlacht gegen die Philister besiegt« werde, während das Markusevangelium (1,40-45) vom Sieg über den Aussatz dessen berichtet, der sich Jesus anvertraut. Zwei gegensätzliche Ergebnisse, die auf den unterschiedlichen Glauben der Hauptakteure zurückzuführen seien.

Zu Beginn der Predigt richtete der Papst die Aufmerksamkeit auf die Ereignisse, die Israel in die Katastrophe führten. Israel »›wurde besiegt, sodass alle zu ihren Zelten flohen. Es war eine sehr schwere Niederlage. Von Israel fielen dreißigtausend Mann Fußvolk.‹ Dreißigtausend! ›Außerdem wurde die Lade Gottes erbeutet und die beiden Söhne Elis, Hofni und Pinhas, fanden den Tod.‹« Das heißt, das Volk »hatte alles verloren, auch die Würde…« Der Papst fragte: »Warum ist das geschehen?« Der Herr sei doch immer mit seinem Volk gewesen: »Was hat zu dieser Niederlage geführt?« Und er erklärte: Das Volk »hatte sich langsam, Schritt für Schritt, vom Herrn entfernt. Es führte ein weltliches Leben« und habe sich sogar Götzenbilder gemacht. Es sei wahr, dass die Israeliten zum Heiligtum von Silo gegangen seien, aber sie »taten dies ein wenig so, als wäre es ein kultureller Brauch: sie hatten die Beziehung zu Gott als seine Söhne und Töchter verloren. Das sei der zentrale Punkt: »Sie beteten Gott nicht mehr an.« Daher »lässt der Herr sie allein«. Sie entfernten sich und Gott ließ es zu. Aber das sei nicht alles. Der Papst analysierte das Verhalten der Israeliten in einem zweiten Schritt. Als sie die erste Schlacht verloren hätten, hätten »die Ältesten gesagt: ›Warum hat der Herr heute die Philister über uns siegen lassen? Wir wollen die Bundeslade des Herrn zu uns holen.‹« In diesem schwierigen Augenblick hätten sie sich »an den Herrn erinnert«, aber wieder ohne wahren Glauben. Denn, so Franziskus, sie »gingen die Bundeslade holen, als wäre sie etwas – entschuldigt den Ausdruck – ›Magisches‹«. Sie hätten gesagt: »Holen wir die Bundeslade, sie wird uns retten! Sie wird uns retten!« Aber in der Bundeslade »war das Gesetz«, jenes Gesetz, »das sie nicht befolgten und von dem sie sich entfernt hatten«. All dies bedeute, dass es »keine persönliche Beziehung zum Herrn mehr gab: sie hatten Gott vergessen, der sie gerettet hatte«. So kam es, dass die Israeliten die Bundeslade holten und dass die Philister sich zunächst fürchten, dann aber sagten: »Aber nein, wir sind Männer und kämpfen!« Und sie siegten. Die Niederlage, so kommentierte der Papst, »war sehr schwer: dreißigtausend Mann Fußvolk! Und außerdem wurde die Lade Gottes von den Philistern erbeutet und die beiden Söhne Elis, die beiden schurkischen Priester, die das Volk im Heiligtum von Schilo ausgebeutet hatten, Hofni und Pinhas, fanden den Tod.« Eine verheerende Bilanz: »Das Volk ohne sein Fußvolk, ohne junge Männer, ohne Gott und ohne Priester. Eine vollkommene Niederlage!«

Im Antwortpsalm (aus Ps 44) stößt man auf die Reaktion des Volkes, als ihm bewusst wird, was geschehen ist: »Herr, Du hast uns verstoßen und mit Schmach bedeckt.« Der Psalmist betet: »Wach auf! Warum schläfst du, Herr? Erwache, verstoß nicht für immer! Warum verbirgst du dein Gesicht, vergisst unsere Not und Bedrängnis? « Das »ist die Niederlage: ein Volk, das sich von Gott entfernt, nimmt dieses Ende«. Und das sei eine Lektion, die für alle Menschen gelte. Auch heutzutage. Auch wir seien allem Anschein nach fromm, »wir haben ein Heiligtum, wir haben viele Dinge…« Aber, so fragte der Papst, »ist dein Herz bei Gott? Kannst du Gott anbeten?« Und wenn du an Gott glaubst, aber »an einen etwas nebulösen, fernen Gott, der nicht in dein Herz einzieht und dessen Gebote du nicht befolgst«, dann heißt das, dass du dich »einer Niederlage« gegenüber siehst.

Andererseits spreche das Tagesevangelium von einem Sieg. Auch in diesem Fall bezog sich Papst Franziskus auf die Heilige Schrift, wo erzählt wird, dass »ein Aussätziger zu Jesus kam, der vor ihm auf die Knie fiel – einer Geste der Anbetung – und ihn bat: ›Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde.‹« Der Aussätzige, so führte der Papst aus, fordere in einem gewissen Sinne »den Herrn heraus, indem er sage: Ich bin einer, den das Leben besiegt hat.« Tatsächlich »war er ein Besiegter, denn er konnte nicht am Leben der Gemeinschaft teilnehmen; er war immer ›aussortiert‹, beiseite geschoben«. Aber er habe Jesus gedrängt: »Du kannst diese Niederlage in einen Sieg verwandeln! « Und »da hatte Jesus Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es – werde rein!« Also ein weiterer Kampf: dieser allerdings »endet innerhalb von zwei Minuten mit einem Sieg«, während die Schlacht der Israeliten »den ganzen Tag« angedauert und mit einer Niederlage geendet habe. Der Unterschied bestehe in der Tatsache, dass »es etwas gab, das diesen Mann drängte, zu Jesus zu gehen« und ihn vor diese Herausforderung zu stellen. Kurz, »er hatte Glauben!« Um diese Reflexionen weiter zu vertiefen, zitierte der Papst auch einen Abschnitt aus dem fünften Kapitel des 1. Johannesbriefes, wo steht: »Und das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser Glaube.« Der Glaube, so Franziskus, »siegt immer. Der Glaube ist ein Sieg.« Und es sei genau das, was dem Aussätzigen widerfahren sei: »Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde.« Die Besiegten hingegen, die in der ersten Lesung beschrieben wurden, »beteten zu Gott, sie holten die Bundeslade, aber sie hatten keinen Glauben, sie hatten ihn vergessen«.

An diesem Punkt kam der Papst zum Kern seiner Überlegungen und betonte: »Wenn man gläubig  um etwas bittet, hat Jesus selbst uns gesagt, dann werden Berge versetzt.« Und Franziskus erinnerte an die Worte des Evangeliums: »Alles, um was ihr in meinem Namen bittet, werde ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht wird. Bittet, dann wird euch gegeben, klopft an, so wird euch geöffnet.« Alles sei möglich, aber einzig und allein »mit dem Glauben. Und das ist unser Sieg.« So sagte Franziskus zum Abschluss der Predigt: »Wir wollen den Herrn bitten, dass unser Gebet immer diese Wurzel des Glaubens haben möge«, wir wollen um »die Gnade des Glaubens« bitten. Denn der Glaube sei ein Geschenk, »das man nicht aus Büchern lernt«. Er sei vielmehr eine Gabe, um die man den Herrn bitten müsse. »›Gib mir die Gabe des Glaubens!‹ ›Herr, ich glaube!‹, sagte jener Mann, der Jesus bat, seinen Sohn zu heilen: ›Herr, ich glaube; hilf meinem Unglauben!‹« Daher müssten wir »den Herrn um die Gnade bitten, voller Glauben zu beten, und sicher sein, dass wir alles, was wir von ihm erbitten, erhalten werden, mit jener Sicherheit, die uns der Glaube schenkt. Und das ist unser Sieg: unser Glaube.«

 



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