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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Echte Priester

Freitag, 9. Dezember 2016
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 51/52, 23. Dezember 2016)

 

In der Frühmesse vom 9. Dezember gab der Papst den römischen Seminaristen drei Heilige als Vorbilder mit auf den Weg: den heiligen Polykarp, den heiligen Franz Xaver und den heiligen Paulus auf dem Weg zu seiner Enthauptung. Franziskus forderte die angehenden Priester zudem auf, ihr Priestertum als echte Mittler zwischen Gott und seinem Volk zu leben, die auch am Kreuz von Freude erfüllt sind. Keinesfalls dürften sie Funktionäre sein: unnachgiebige, weltliche Zwischenhändler, die nur ihre eigenen Interessen vor Augen haben und deshalb unzufrieden sind.

Der Papst erklärte: »Der Herr hat wegen der Einstellung des Volkes sehr gelitten und einige Male gesagt: ›Wie lange noch muss ich euch ertragen?  « Im Tagesevangelium nach Matthäus (11,16-19) beschreibe Jesus diese Haltung: »Sie gleichen Kindern, denen du etwas anbietest. Aber es gefällt ihnen nicht. Da bietest du ihnen das Gegenteil an«, aber auch das gefalle ihnen nicht. Kurz: Unzufriedene Menschen, »die in ihrer Haltung gegenüber Gott niemals zufrieden sein können«. Franziskus warnte: »Es gibt viele unzufriedene Christen, die nicht in der Lage sind, das, was der Herr uns gelehrt hat, zu verstehen. Sie können den eigentlichen Kern der Offenbarung des Evangeliums nicht verstehen.«

Franziskus wandte sich dann direkt an die anwesende Gemeinschaft des Päpstlichen Römischen Priesterseminars, an die »Seminaristen und ihre Lehrer«, und stellte die Frage, ob »es auch unzufriedene Priester gibt«. Er räumte ein, dass es sie tatsächlich gebe: »Es gibt sie, und sie tun schlecht daran, ein Leben zu führen, das sie nicht erfüllt. Einerseits finden sie keinen Frieden, aber andererseits denken sie immer an irgendwelche Pläne. Wenn sie diese allerdings in die Tat umsetzen könnten, sagen sie: ›Nein, das gefällt mir nicht!« Der Grund für all das sei, dass »ihr Herz der Logik Jesu fernsteht. Daher gibt es einige unzufriedene Priester, die nicht glücklich sind. Sie beklagen sich und leben traurig vor sich hin.«

Aber: »Was ist die Logik Jesu, die einem Priester vollkommene Zufriedenheit schenkt?«, fragte der Papst, der darauf antwortete: »Es ist die Logik des Mittlers.« Jesus »ist der Mittler zwischen Gott und uns. Und wir müssen den Weg der Mittler gehen, nicht den Weg dieser anderen Gestalt, die zwar ähnlich, aber nicht dasselbe ist: der Zwischenhändler. « Denn es bestehe »ein Unterschied zwischen einem Mittler und einem Zwischenhändler«. Tatsächlich »macht der Zwischenhändler seine Arbeit und streicht dafür einen Lohn ein: Du willst ein Haus verkaufen, und du willst ein Haus kaufen. Ich spiele den Makler und erhalte im Gegenzug eine Provision. Das ist nur recht und billig, ich habe meine Arbeit getan.« »Ein Zwischenhändler geht diesen Weg: er macht niemals Verluste.«

Ganz anders der Mittler: »Der Mittler verliert sich selbst, um beide Seiten zusammenzuführen. Er gibt sein Leben, sich selbst. Das ist der Preis: das eigene Leben. Er bezahlt mit seinem eigenen Leben, mit der eigenen Müdigkeit, der eigenen Arbeit, mit vielen Dingen.« Der Gemeindepfarrer opfere sein Leben, um »die Herde zusammenzuführen, die Menschen zu einen, sie zu Jesus zu bringen«. Denn »die Logik Jesu als Mittler besteht in der Logik der Entäußerung«. Im Übrigen sage der heilige Paulus im Philipperbrief ganz klar, dass Jesus sich bis hin zum Tod, bis zum »Tod am Kreuz« entäußert und erniedrigt habe, um diese Vereinigung zu bewirken.

Das also »ist die Logik: sich zu entäußern, sich zu erniedrigen«. Und zwar »nicht, weil du das suchst, sondern weil die innere Haltung des Mittlers dich dazu führt«. Es sei der Stil der »Nähe: Gott war seinem Volk nah im Alten Testament, und dann indem er seinen Sohn gesandt hat, diese Synkatabasis Gottes, der sich uns genähert hat«. Eben deshalb »ist der Priester ein Mittler, der seinem Volk sehr nahe ist, sehr, sehr nahe«.

Der Zwischenhändler dagegen »ist ein Funktionär: Er tut seine Arbeit, erledigt seine Aufgaben mehr oder weniger gut, und dann beendet er diese Arbeit und übernimmt die nächste, und dann die übernächste, aber immer als Funktionär. « Der Zwischenhändler »weiß nicht, was es heißt, sich die Hände schmutzig zu machen. Der Mittler wird schmutzig, weil er mitten in der Wirklichkeit steht so wie Jesus: Er wurde beschmutzt mit unseren Sünden.« Franziskus unterstrich: »Ich kenne keinen Mann und keine Frau, die als Zwischenhändler arbeiten und nur damit glücklich und zufrieden sind. Nein, das macht dich nicht glücklich.« Aus diesem Grund »ist ein Priester, wenn er sich aus einem Mittler in einen Zwischenhändler verwandelt, nicht glücklich. Er wird traurig.« So suche er schließlich sein Glück ein wenig darin, »aufzufallen und seine Autorität spüren zu lassen«.

Das Tagesevangelium offenbare, dass »Jesus den Zwischenhändlern seiner Zeit sagte, dass sie gerne auf den Plätzen spazieren gingen, damit das Volk sie sehen und ihnen seine Ehrerbietung erweisen sollte: So ist es.« Aber »um sich wichtig zu machen, schlagen die Zwischenhändler-Priester den Weg der Härte und Unnachgiebigkeit ein: Wie oft wissen sie, die fern der Leute leben, nicht, was menschliches Leid ist. Sie vergessen, was sie zu Hause gelernt hatten, durch die Arbeit des Vaters, der Mutter, des Großvaters, der Großmutter, der Geschwister.« Da sie dies »verloren haben, werden sie unnachgiebig: diese Unnachgiebigen, die den Gläubigen so viele Dinge aufladen, die sie selbst nicht tragen können, wie Jesus zu den Zwischenhändlern seiner Zeit sagte.«

Unnachgiebigkeit bedeute nach den Worten des Papstes, »gegenüber dem Volk Gottes die Peitsche in die Hand zu nehmen: ›Das darf man nicht, und das darf man nicht.‹« Viele Menschen, »die etwas Trost, etwas Verständnis suchen, entfernen sich wegen dieser Unnachgiebigkeit«. Aber »diese unnachgiebige Härte kann man nicht lange Zeit ganz aufrechterhalten«, im Wesentlichen sei sie »schizoid: Man scheint im Grund unnachgiebig zu sein, aber im eigenen Inneren ist es ein Desaster.«

Neben der Unnachgiebigkeit gebe es auch die Weltlichkeit. So sei ein »weltlicher, unnachgiebiger Priester ein unzufriedener Mensch, weil er den falschen Weg eingeschlagen hat«. In diesem Zusammenhang erzählte Franziskus von einer Begebenheit, die sich »vor einiger Zeit« zugetragen habe: »Ein betagter Monsignore von der Kurie ist zu mir gekommen, der arbeitet, ein normaler, guter Mann, der in Jesus verliebt ist. Er hat mir erzählt, dass er zu Euroclero gegangen ist, um sich ein Paar Hemden zu kaufen. Dort hat er einen jungen Mann gesehen, der vor dem Spiegel stand. Er glaubt, dass er nicht älter als 25 war, entweder ein junger Priester oder jemand, der in Kürze Priester werden sollte. Er stand in einem großen, weiten Umhang mit Samt und Goldkette vor dem Spiegel und betrachtete sich. Dann nahm er einen Saturno, setzte ihn auf und betrachtete sich: ein unnachgiebiger, weltlicher Mann.« Und »jener Monsignore, der weise ist, sehr weise, hat den Schmerz mit gesundem Humor und einem Scherz überwunden. Er hat gesagt: ›Und dann heißt es, dass die Kirche den Frauen das Priestertum nicht erlaubt!‹« Denn »das Gewerbe, das der Priester ausübt, wenn er zum Funktionär wird, wird letztendlich immer lächerlich«.

Franziskus forderte die anwesenden Seminaristen zu einer Gewissenserforschung auf: »Denkt darüber nach: Bin ich heute ein Funktionär gewesen oder ein Mittler? Habe ich mich selbst bewahrt, habe ich mich selbst gesucht, meine Bequemlichkeit, meine Ordnung, oder habe ich zugelassen, dass der Tag im Dienst an den anderen vergeht?« Die richtige Haltung sei es, stets »die Tür offen zu halten« und zu lächeln: »Auch in vielen Schwierigkeiten lächelt der Mittler, ist er liebevoll. Der Mittler spürt Zärtlichkeit, er weiß ein Kind zu liebkosen.« Der Papst fügte hinzu: »Mir hat mal jemand gesagt, dass er die Priester an ihrer Haltung gegenüber den Kindern erkannte: Wenn sie ein Kind zu liebkosen, ein Kind anzulächeln und mit einem Kind zu spielen wissen.« Das sei »interessant, denn es bedeute, dass sie sich klein zu machen, sich dem zu nähern wissen, was klein ist« wie das Kind. Dagegen sei der Zwischenhändler »traurig, er macht immer ein trauriges oder ein sehr ernstes, düsteres Gesicht. Der Zwischenhändler hat einen düsteren, sehr düsteren Blick.« Der Mittler aber »ist offen: Lächeln, Annahme, Verständnis, Liebkosungen, und mitten in den Schwierigkeiten ist er von Freude erfüllt«. Denn »der Mittler ist ein freudiger Mensch, auch am Kreuz«. Franziskus verwies in diesem Zusammenhang auf das Zeugnis des heiligen Alberto Hurtado, »der inmitten der vielen Schwierigkeiten und Verfolgungen, denen er ausgesetzt war, nur betete: ›Ich bin zufrieden, Herr, ich bin zufrieden!‹« Er sei sehr zufrieden gewesen, glücklich, in jener Situation ein Mittler zu sein.

Der Papst brachte gegenüber den Seminaristen seinen Wunsch zum Ausdruck, ihnen gerade mit Blick auf die im Matthäusevangelium beschriebenen »Unzufriedenen« diese Reflexion über »die unzufriedenen Priester« mit auf den Weg zu geben und forderte sie auf, darüber nachzudenken. Unter diesem Gesichtspunkt wies Franziskus auf drei weitere Gestalten »der Kirchengeschichte hin, drei Vorbilder, die uns helfen werden: drei Bilder von Priestern, die Mittler und keine Zwischenhändler waren«. Das erste Bild sei das des »großen Polykarp, der neutestamentarischen Version von Eleasar: ein alter, würdiger Mann, Herr seiner selbst, der über seine Berufung nicht verhandelt und mutig auf den Scheiterhaufen geht. Und als das Feuer ihn angreift, haben die Gläubigen, die dort waren, den Geruch von Brot wahrgenommen.« Denn »er war wie ein Brot, bis zuletzt hat er sich selbst hingegeben«. Und »so endet ein Mittler: wie ein Stück Brot für seine Gläubigen«.

Wie im ersten Bild ein »alter Mann« zu sehen sei, so zeige das zweite Bild »einen jungen Mann: den heiligen Franz Xaver«, der »im Alter von 46 Jahren am Strand von Sancian, den Blick auf China gerichtet, starb«. Er sei so jung gewesen, dass man hätte sagen können: »was für eine Verschwendung «, und man könnte auch fragen, warum »der Herr ihn nicht noch dort gelassen hat«. Aber die Haltung des heiligen Franz Xaver sei gewesen: »Dein Wille geschehe, Herr!« Und er »sagt ihm nur: ›>Ich habe deinen Namen bis zum Ende bekannt. Niemals habe ich, Herr, das Licht unter meinem Bett verborgen. Du hast mir fünf Talente gegeben und ich gebe dir weitere fünf zurück.‹« Und so »geht er in Frieden, von Freude erfüllt«. So »endet auch ein junger Mittler, der niemals diese Unzufriedenheiten kennengelernt hat«.

Als drittes Bild, »das auch sehr schön ist und zu Tränen rührt«, verwies Franziskus auf »den betagten heiligen Paulus in Tre Fontane: An jenem Morgen waren die Soldaten in aller Frühe zu ihm gekommen und hatten ihn mitgenommen. Er ging gebeugt, wie mit einer Last auf den Schultern. « Der Papst fügte hinzu: »Paulus wusste sehr wohl, dass dies aufgrund des Verrats von einigen in der christlichen Gemeinde geschah: Aber er hat in seinem Leben so viel gekämpft, dass er sich dem Herrn als Opfer hingab.« Und »er endet auf diese Weise«. Franziskus sagte, dass er »große Zuneigung « zu Paulus empfinde, wenn er so von hinten auf ihn blicke, »wie er seinen Weg zur Enthauptung geht«. »Diese drei Bilder können uns eine Hilfe sein«, schloss der Papst. Er forderte dazu auf, sie zu betrachten und darüber nachzudenken, »wie ich mein Leben als Priester beenden will: als Funktionär, als Zwischenhändler oder als Mittler, das heißt am Kreuz«.



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