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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Tipps fürs Wochenende

Freitag, 9. Juni 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 26, 30. Juni 2017)

 

Ein Rat für »dieses Wochenende«: Es braucht nur »eine viertel Stunde«, um alles zu lesen, doch es lohnt sich, da uns das Buch Tobit »lehrt, wie man sich auf dem Weg des Lebens zu verhalten hat«, sowohl »in den vielen schönen Augenblicken « als auch »in den vielen hässlichen Momenten «. Und »es lehrt uns zu unterscheiden«, um uns nicht »von den Feuerwerken täuschen zu lassen«, aber ebenso wenig von der finstersten Enttäuschung, der mit Gebet, Geduld und Hoffnung entgegenzutreten ist. Es sind gerade die ähnlich verlaufenden Geschichten der biblischen Gestalten Tobit und Sara – ein Schwiegervater und seine Schwiegertochter, die das Buch Tobit präsentiert –, über die Papst Franziskus in der Morgenmesse am Freitag, 9. Juni, in Santa Marta sprach, verbunden mit der Mahnung zu einer Gewissenserforschung im Licht dieser Geschehnisse.

»Die Bibel ist das Wort Gottes, und Gott spricht zu uns, wenn wir die Bibel lesen oder sie betrachten«, so Franziskus zu Beginn seiner Predigt. Der Papst machte darauf aufmerksam, dass »die Liturgie in diesen Tagen, bis morgen, uns über das Buch Tobit nachdenken lässt: eine Geschichte, die sozusagen eine normale Geschichte ist, wie die Geschichte vieler Leute es ist«. Doch es ist »vor allem die Geschichte von zwei Personen: von Tobit, dem Vater des Tobias, und von Sara«. Es ist »die Geschichte eines Schwiegervaters und einer Schwiegertochter, eine Geschichte, die uns nachdenken lässt«. Und »es wäre schön,«, so der Rat des Papstes, wenn »ein jeder von uns heute oder an diesem Wochenende das Buch Tobit zur Hand nähme – es ist kurz, man liest es in wenig Zeit, in einer Viertelstunde – und sähe, wie der Herr die Geschichte voranbringt, wie er das Leben der Menschen, auch unseres, voranbringt«.

»In diesen beiden Menschen – nehmen wir Tobit und Sara, Schwiegervater und Schwiegertochter – gibt es schwierige Momente, schöne Momente, wie dies im Leben aller der Fall ist«, erklärte der Papst. Vor allem »gibt es schwierige Momente: Tobit wird verfolgt, er ist Opfer von Häme, er wird beleidigt« und sogar »von seiner Frau wird er beleidigt«. Hanna, die gewiss »keine böse Frau war, sie arbeitete, um den Haushalt zu führen, da er blind war, er war erblindet«. Es ist »ein hässlicher Moment, der nicht zu erklären ist«, so der Papst weiter. Und daher litten sowohl Hanna als auch Sara, da »auch sie beleidigt wurde«, und obwohl sie sehr jung war, wollte sie sich sogar erhängen. »In jenen hässlichen Augenblicken baten beide um den Tod«: Tobit selbst tat dies, während er feststellte, wie »schwarz, finster, dunkel« doch alles ist.

»Wir alle«, erklärte Franziskus, »haben schlimme, schwere Momente durchgemacht, nicht so schwere wie diese hier, doch wir wissen, wie man sich im finsteren Moment fühlt, im Moment des Schmerzes, im Moment der Schwierigkeiten«. Doch »Sara denkt: ›Aber wenn ich mich erhänge, werde ich damit meinen Eltern Kummer bereiten?‹, und sie hält ein und betet«. Tobit seinerseits »sagt: ›Nun, das ist mein Leben, gehen wir weiter‹, und er betet«. Gerade »das ist die Haltung, die uns in den schlimmen Augenblicken rettet: das Gebet«. So wie »die Geduld: denn beide haben Geduld mit ihrem Schmerz«. Und auch »die Hoffnung, dass Gott uns erhöre und diese schwierigen Momente vorübergehen lasse«. Und so auch »in den Augenblicken der Traurigkeit, sei sie groß oder klein, in den finsteren Momenten«, dürfen wir nie »vergessen«, uns auf »Gebet, Geduld und Hoffnung« zu stützen.

Doch »es gibt auch schöne Augenblicke in der Geschichte der beiden«, betonte der Papst. Und in der Tat, »ihre Geschichte, wir haben es gehört, nimmt ein gutes Ende«. Gewiss, es handelt sich nicht um ein ›Happy End‹ wie in einem Roman, das nicht«. Es ist aber »ein schöner Moment: nach der Prüfung nähert sich ihnen der Herr und rettet sie«. Es gibt da also »auch schöne, echte Augenblicke wie diesen: nicht jene Momente mit ihrer geschminkten Schönheit, die nichts anderes als künstlich sind, ein Feuerwerk, aber nicht die Schönheit der Seele«. Und »was tun beide in den schönen Augenblicken? Sie danken Gott, sie machen das Herz weit im Dankgebet«.

Die Haltung Tobits und Saras war für Franziskus Anlass, eine Gewissenserforschung vorzuschlagen. »Ich frage mich, und diese Frage wollen wir uns alle stellen: verstehe ich es, in den hässlichen und schönen Momenten zu unterscheiden, was in meiner Seele vorgeht, verstehe ich es, zu begreifen, was geschieht? Und in den hässlichen Momenten – weiß ich, dass dies das Kreuz ist und dass es keine Erklärung gibt und dass es auch ein Fluch zu sein scheint?« Gerade »in jenen Momenten«, fuhr der Papst fort, »gelingt es mir da, zu beten, Geduld zu haben und wenigsten ein kleinwenig Hoffnung zu hegen?« Und weiter: »Lass ich in den schönen Momenten die Freude ins Herz eintreten, doch jene Freude, die von Gott kommt, die dich dazu bringt, Gott zu danken, oder verfalle ich der Eitelkeit und glaube, dass das ganze Leben so ist? Heute ist es so und morgen wird es anders sein, nicht wahr?« Es ist eine Tatsache, bekräftigte der Papst, dass »unser Leben unter schweren und schwachen Momenten vorangeht, doch immer ist da der Herr«. Franziskus setzte die Gewissenserforschung fort und fragte weiter: »Weiß ich die Gegenwart des Herrn zu unterscheiden, mich an ihn im Gebet zu wenden? Und dann im Lobpreis, in den schönen Momenten, das Lob der Freude, der Dank für all das, was er getan hat?« Abschließend wiederholte der Papst seinen Rat, »dieses Wochenende« die Geschichte von Tobit und Sara zu lesen, die Bibel zu Hand zu nehmen und das Buch Tobit zu suchen. »Diese Geschichte«, betonte der Papst erneut, »lehrt uns, wie wir uns auf dem Weg des Lebens verhalten sollen, mit vielen schönen Augenblicken und mit vielen hässlichen, und es lehrt uns auch, zu unterscheiden«. Tatsächlich hat Sara gelernt, »sie hat unterschieden: ›Es ist besser, dass ich mich nicht erhänge, da dies ein sehr großer Schmerz für meine Eltern wäre.‹« Und so »merkte auch Tobit, dass er im Gebet, in der Hoffnung das Heil des Herr erwarten musste«. Auf dieselbe Weise, fügte Franziskus hinzu, »wollen wir, während wir an diesem Wochenende dieses Buch lesen, um die Gnade der Unterscheidung dessen bitten, was in den schlimmen Augenblicken unseres Lebens geschieht und wie wir vorangehen sollen und was sich in den schönen Momenten zuträgt, ohne uns von der Eitelkeit täuschen zu lassen«.



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