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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Wie eine Familie

Dienstag, 26. September 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 40, 6. Oktober 2017)

 

»Vertrautheit« ist das Schlüsselwort der Predigt, die Papst Franziskus bei der Messe in Santa Marta am Dienstag, den 26. September, hielt. Im Mittelpunkt stand die Perspektive, die ein jeder Christ hat: »sich Familie Jesu zu fühlen«, in jedem Moment des Tages in »Nähe« zu ihm zu leben, auch in jenen, die dem Anschein nach am banalsten erscheinen. Gerade Jesus hat einem jeden Menschen diese Gelegenheit geboten, indem er selbst »einen weiteren Schritt zu der Nähe getan hat, die er uns gegenüber hat«, so der Papst. Dies gehe eindeutig aus dem Evangelium vom heutigen Tag hervor (Lk 8,19-21), in dem zu lesen ist, dass »Jesus mit vielen Menschen zusammen war, um zu predigen«, während »seine Familie kam«, um ihn aufzusuchen. »Und als sie ihm sagen, dass seine Mutter, seine Verwandten, seine Familie da sind«, weite Jesus »den Begriff und sagt: ›Das ist meine Familie, sie, und das, alle, alle, die das Wort Gottes hören und danach handeln.‹« Dies also ist der »weitere Schritt«, den Jesus macht, als er sagt: »Ich habe eine Familie, die weiter ist als jene kleine, in der ich auf die Welt gekommen bin«. Auf diese Weise »lässt er uns an uns denken, die wir seine Familie sind«, das heißt jene, »die das Wort Gottes hören und danach handeln«.

Dies ist eine Geste Jesu, die »auf die Vorstellung der Vertrautheit mit Gott, der Vertrautheit mit Jesus« verweist. Denn »wir können Jünger sein, wir können Freunde sein, aber Vertraute zu sein ist noch mehr«. Es ist da eine neue Qualität festzustellen, wenn man an das »erste Gebot« zurückdenkt, »das wir in der Person unseres Vaters Abraham empfangen haben«, welches lautet: »Geh deinen Weg vor mir, und sei rechtschaffen. « Heute ist jenes Gebot »gewachsen und größer, weiter: ›Höre das Wort Gottes. Handle danach, so wirst du meine Familie sein, so wirst du Vertrautheit haben mit mir.‹«

Davon ausgehend, so der Rat des Papstes, kann ein jeder seine Beziehung zu Jesus bewerten und sich fragen: »Ist es eine formale, höfliche Haltung? Ich gehe beten, dann kehre ich zu meinen Angelegenheiten zurück, ich vergesse Jesus und mache meine Sachen, dann kehre ich zum Gebet zurück«. Handelt es sich also um eine »diplomatische Haltung«? Oder »ist es eine vertraute Haltung«, in der man »Vertrautheit mit dem Herrn verspürt«?

Um eine Antwort geben zu können, muss man begreifen, »was dieses Wort bedeutet, das die geistlichen Väter der Kirche so oft gebraucht und gelehrt haben: die Vertrautheit mit Gott«. Dazu gab der Papst einige Hinweise. Vor allem bedeute es, »in das Haus Jesu einzutreten: in jene Atmosphäre einzutreten, jene Atmosphäre zu leben, die im Haus Jesu herrscht. Dort leben, betrachten, frei sein, dort«. Denn »die, die im Haus des Herrn leben, sind frei«, da sie »Kinder« sind und »in Vertrautheit mit ihm stehen«, sie sind auch »frei«. Es gibt einen wesentlichen Unterschied gegenüber jenen, die nicht diese Vertrautheit haben: Franziskus erinnerte an einen biblischen Ausdruck, die »Kinder der Sklavin«, und wandte ihn auf jene an, »die Christen sind, es aber nicht wagen, sich zu nähern, sie wagen es nicht, diese Vertrautheit mit dem Herrn zu haben, und immer ist da eine Distanz, die sie vom Herrn trennt«.

Der zweite Aspekt, den es dann zu beachten gilt, besteht darin, dass »Vertrautheit mit Jesus bedeutet, bei ihm zu sein, auf ihn zu blicken, sein Wort zu hören, zu versuchen, danach zu handeln, mit ihm zu sprechen«. Ein einfacher Dialog, erklärte der Papst, in dem man mit dem Herrn über seine Angelegenheiten spricht, mit »jenem Gebet, das man auch unterwegs betet: ›Nun, Herr, was denkst du?‹« Es handelt sich im übrigen um jene Vertrautheit, die die Heiligen hatten. Der Papst rief zum Beispiel die heilige Therese in Erinnerung, »die den Herrn überall fand, sie war überall mit dem Herrn vertraut, auch zwischen  en Töpfen in der Küche«.

Doch jenseits dieses »Bleibens beim Herrn«, fügte Franziskus hinzu, sei es wichtig, »im Herrn zu bleiben«, wie er selbst »in der Rede beim Letzten Abendmahl« geraten habe. Der Gedanke gehe »an den Anfang des Evangeliums, als Johannes erklärt: ›Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt‹. Und Andreas und Johannes folgten Jesus nach: ›Meister, wo bist du?‹ – ›Kommt und ihr werdet sehen‹«. Die beiden Jünger folgten ihm und, so sage das Evangelium mit einem »wunderschönen Satz: ›sie blieben jenen ganzen Tag, den ganzen Abend bei ihm‹«.

Es sei also notwendig, so der Papst abschließend, »in dieser Haltung der Vertrautheit mit dem Herrn« voranzuschreiten« und nicht Christen zu bleiben, die sich damit begnügen, eine »gute Haltung dem Herrn gegenüber einzunehmen, doch du dort, ich hier«. Die Einladung des Herrn sei klar und umfassender: »Wir sind eine Familie, ihr seid meine Familie, wenn ihr mein Wort hört und danach handelt.« Man müsse sich den Stil dessen zu eigen machen, der mit seinen Problemen während des Tages »den Bus, die U-Bahn nimmt und in seinem Inneren mit dem Herrn spricht oder wenigstens weiß, dass der Herr auf ihn blickt, dass er ihm nahe ist: Das ist die Vertrautheit, das ist die Nähe, das heißt es, sich der Familie Jesu zugehörig zu fühlen.«

 



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