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HEILIGE MESSE ZUM TAG DER MARIENVEREHRUNG AUS ANLASS DES JAHRS DES GLAUBENS

PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS

Petersplatz
Sonntag, 13. Oktober 2013

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Im Antwortpsalm haben wir gesungen: »Singt dem Herrn ein neues Lied; denn er hat wunderbare Taten vollbracht« (Ps 98,1).

Heute stehen wir vor einem dieser Wunder des Herrn: Maria! Ein bescheidenes, schwaches Geschöpf wie wir, das erwählt wurde, die Mutter Gottes, die Mutter ihres Schöpfers zu sein.

Gerade im Blick auf Maria möchte ich mit Euch im Licht der Lesungen, die wir gehört haben, über drei Tatsachen nachdenken: erstens: Gott überrascht uns, zweitens: Gott fordert Treue von uns, drittens: Gott ist unsere Stärke.

1. Erstens: Gott überrascht uns. Die Geschichte von Naaman, dem Feldherrn des Königs von Aram, ist einzigartig: Um vom Aussatz geheilt zu werden, wendet er sich an Elischa, den Propheten Gottes, und dieser vollzieht weder magische Riten, noch fordert er Außergewöhnliches von ihm, sondern verlangt nur, dass er Gott vertraut und sich im Wasser des Flusses wäscht – aber nicht in dem der großen Flüsse von Damaskus, sondern in dem des kleinen Jordan. Das ist eine Forderung, die Naaman verblüfft und auch überrascht: Kann denn, wer so Einfaches verlangt, ein Gott sein? Er will umkehren, doch dann tut er den Schritt, wäscht sich im Jordan und wird unverzüglich geheilt (vgl. 2 Kön 5,1-14). Wirklich: Gott überrascht uns. Gerade in der Armut, in der Schwachheit, in der Niedrigkeit zeigt er sich und schenkt uns seine Liebe, die uns rettet, uns heilt und uns Kraft verleiht. Er erwartet von uns nur, dass wir seinem Wort folgen und ihm vertrauen.

Das ist auch die Erfahrung der Jungfrau Maria: Angesichts der Verkündigung des Engels verbirgt sie nicht ihre Verwunderung. Es ist das Erstaunen zu sehen, dass Gott, um Mensch zu werden, ausgerechnet sie erwählt hat, ein einfaches Mädchen aus Nazareth, das nicht in den Palästen der Macht und des Reichtums wohnt, das keine außerordentlichen Heldentaten vollbracht hat, das aber offen ist für Gott und fähig, ihm zu vertrauen, auch wenn sie nicht alles versteht: »Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (Lk 1,38). Das ist ihre Antwort. Gott überrascht uns immer, bricht unsere festen Vorstellungen auf, versetzt uns in Krise und sagt uns: Vertrau’ auf mich, hab’ keine Angst, lass dich überraschen, gehe aus dir selbst heraus und folge mir!

Heute wollen wir alle uns fragen, ob wir Angst haben vor dem, was Gott von uns verlangen könnte, oder vor dem, was er von uns verlangt. Lasse ich mich von Gott überraschen wie Maria, oder verschließe ich mich in meinen Sicherheiten, in materiellen Sicherheiten, in geistigen Sicherheiten, in ideologischen Sicherheiten, in Sicherheiten meiner Pläne? Lasse ich Gott wirklich in mein Leben eintreten? Wie antworte ich ihm?

2. In dem Textabschnitt des heiligen Paulus, den wir gehört haben, wendet sich der Apostel an seinen Schüler Timotheus und sagt ihm: Denk an Jesus Christus; wenn wir mit ihm standhaft bleiben, werden wir auch mit ihm herrschen (vgl. 2 Tim 2,8-13). Das ist der zweite Punkt: immer an Christus denken, ein Bewusstsein von Jesus Christus haben, und dies ist standhaft bleiben im Glauben: Gott überrascht uns mit seiner Liebe, aber fordert Treue in seiner Nachfolge. Wir können „un-treu“ werden, aber er kann es nicht, er ist „der Treue“ und er bittet uns um die gleiche Treue. Denken wir daran, wie oft wir uns für etwas begeistert haben, für eine Initiative, für einen Einsatz, aber dann, angesichts der ersten Probleme, haben wir das Handtuch geworfen. Und das geschieht leider auch in den grundlegenden Entscheidungen, wie der der Ehe. Die Schwierigkeit, beständig zu sein, treu gegenüber den gefassten Beschlüssen, gegenüber den übernommenen Verpflichtungen. Oft ist es leicht, „Ja“ zu sagen, doch dann gelingt es einem nicht, dieses „Ja“ täglich zu wiederholen. Man schafft es nicht, treu zu sein.

Maria hat ihr „Ja“ zu Gott gesagt, ein „Ja“, das ihr bescheidenes Leben in Nazareth umgewälzt hat, aber es war nicht das einzige, nein, es war nur das erste von vielen „Ja“, die sie in ihrem Herzen gesprochen hat, in ihren frohen wie auch in den schmerzlichen Momenten, viele „Ja“, die in jenem unter dem Kreuz ihren Höhepunkt fanden. Heute sind hier viele Mütter zugegen. Bedenkt einmal, bis zu welchem Punkt Marias Treue gegenüber Gott reichte: ihren einzigen Sohn am Kreuz zu sehen. Die treue Frau, sie steht, innerlich zunichte gemacht, aber treu und stark.

Und ich frage mich: bin ich ein Gelegenheitschrist, oder bin ich immer Christ? Die Kultur des Provisorischen, des Relativen dringt auch in die Art, den Glauben zu leben, ein. Gott erwartet von uns, dass wir ihm treu sind, jeden Tag, in den alltäglichen Handlungen, und er fügt hinzu, dass er, sogar wenn wir ihm manchmal nicht treu sind, immer treu ist und in seiner Barmherzigkeit nicht müde wird, uns die Hand zu reichen, um uns wieder aufzurichten, uns zu ermutigen, den Weg wieder aufzunehmen, zu ihm zurückzukehren und ihm unsere Schwachheit einzugestehen, damit er uns seine Kraft schenkt. Und das ist der endgültige Weg: immer mit dem Herrn, auch in unseren Schwächen, auch in unseren Sünden. Gehen wir nie auf der Straße der Vorläufigkeit. Das tötet uns. Der Glaube ist endgültige Treue, wie jene Marias.

3. Der letzte Punkt: Gott ist unsere Stärke. Ich denke an die zehn Aussätzigen aus dem Evangelium, die von Jesus geheilt wurden: Sie gehen ihm entgegen, bleiben in der Ferne stehen und rufen: »Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!« (Lk 17,13). Sie sind krank, bedürfen der Liebe, brauchen Kraft und suchen jemanden, der sie heilt. Und Jesus reagiert, indem er sie alle von ihrer Krankheit befreit. Bestürzend ist es aber zu sehen, dass nur einer zurückkehrt, um mit lauter Stimme Gott zu loben und ihm zu danken. Jesus selbst bemerkt es: Zehn haben gerufen, um Heilung zu erlangen, und nur einer ist zurückgekehrt, um mit lauter Stimme Gott seinen Dank zu bekunden und zu bekennen, dass er unsere Stärke ist. Lob und Dank zu sagen wissen für alles, was der Herr für uns tut.

Schauen wir auf Maria: Das Erste, was sie nach der Verkündigung vollbringt, ist eine Tat der Nächstenliebe gegenüber ihrer alten Verwandten Elisabeth; und die ersten Worte, die sie spricht, sind: »Meine Seele preist die Größe des Herrn«, d.h. ein Lob- und Dankgesang an Gott, nicht nur für das, was er in ihr gewirkt hat, sondern für sein Handeln in der gesamten Heilsgeschichte. Alles ist sein Geschenk. Wenn wir verstehen können, dass alles Geschenk Gottes ist, welche Freude ist dann in unserem Herzen! Alles ist sein Geschenk. Er ist unsere Stärke! Dank sagen ist so einfach und doch so schwer! Wie oft sagen wir einander Dank in der Familie? Es ist eines der Schlüsselwörter des Zusammenlebens. „Bitte“, „Entschuldigung“, „Danke“: wenn man in einer Familie diese drei Worte sagt, kommt die Familie voran. „Bitte“, „Entschuldigung“, „Danke“. Wie oft sagen wir „danke“ in der Familie? Wie oft sagen wir Dank dem, der uns hilft, uns nahe ist, uns im Leben begleitet? Oft nehmen wir alles selbstverständlich! Und das geschieht auch Gott gegenüber. Es ist leicht, zum Herrn zu gehen und ihn um etwas zu bitten. Aber ihm zu danken, das kommt mir nicht in den Sinn.

Wenn wir nun in der Eucharistiefeier fortfahren, wollen wir die Fürsprache Marias erbitten, damit sie uns helfe, uns vorbehaltlos von Gott überraschen zu lassen, ihm jeden Tag treu zu sein und ihn zu loben und ihm zu danken, weil er unsere Stärke ist. Amen.

 

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AKT DES ANVERTRAUENS AN MARIA

 



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