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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER AN DER VOLLVERSAMMLUNG
DER KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER 

Clementina-Saal
Donnerstag, 3. Dezember 2015

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Meine Herren Kardinäle,
liebe Mitbrüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst,
liebe Brüder und Schwestern
!

Ich empfange euch aus Anlass eurer Vollversammlung, in der ihr eine Bestandsaufnahme hinsichtlich der »missio ad gentes« vorgenommen und wertvolle Hinweise für die Zukunft gegeben habt. Wie Kardinal Filoni gesagt hat, bin ich soeben von meiner ersten Apostolischen Reise nach Afrika zurückgekehrt, wo ich die geistliche und pastorale Dynamik vieler junger Ortskirchen jenes Kontinents persönlich erlebt habe und auch die gravierenden Schwierigkeiten, mit denen ein großer Teil der Bevölkerung zu leben hat. Ich konnte feststellen, dass dort, wo Not ist, es fast immer eine Präsenz der Kirche gibt, bereit, die Wunden der Bedürftigsten zu heilen, in denen sie den verwundeten und gekreuzigten Leib Jesu, des Herrn, erkennt. Wie viele Werke der Nächstenliebe und der Förderung des Menschen! Wie viele namenlose barmherzige Samariter arbeiten jeden Tag in den Missionen!

Die Kirche ist ihrem Wesen nach evangelisierend, und sie beginnt stets, indem sie sich selbst evangelisiert. Als Jüngerin Jesu, des Herrn, hört sie auf sein Wort, dem sie die Gründe für eine Hoffnung entnimmt, die nicht zugrunde gehen lässt, weil sie auf die Gnade des Heiligen Geistes gegründet ist (vgl. Röm 5,5). Nur so ist sie in der Lage, Frische und apostolischen Elan zu bewahren. Das Konzilsdekret Ad gentes und die Enzyklika Redemptoris missio, die eure Inspirationsquelle für diese Vollversammlung waren, sagen, dass die Kirche »selbst ihren Ursprung aus der Sendung des Sohnes und der Sendung des Heiligen Geistes herleitet gemäß dem Plan Gottes des Vaters« (Ad gentes, 2). Die Sendung antwortet nicht an erster Stelle auf menschliche Initiativen; Hauptperson ist der Heilige Geist, sie ist sein Plan (vgl. Redemptoris missio, 21). Und die Kirche ist Dienerin der Sendung. Nicht die Kirche ist es, die die Sendung trägt, sondern die Sendung ist es, die die Kirche aufbaut. Daher ist die Sendung nicht das Mittel, sondern Ausgangspunkt und Ziel.

In den vergangenen Monaten hat euer Dikasterium eine Umfrage zur Vitalität der jungen Ortskirchen durchgeführt, um zu verstehen, wie das Werk der »missio ad gentes« effektiver werden kann, auch angesichts der Tatsache, dass die Glaubenserfahrung heute zuweilen von Ambiguität gekennzeichnet ist. Denn auch wenn die säkularisierte Welt offen ist für die Annahme der dem Evangelium entstammenden Werte der Liebe, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Mäßigung, zeigt sie nicht dieselbe Bereitschaft gegenüber der Person Jesu: sie sieht ihn weder als Messias noch als Sohn Gottes. Sie betrachtet ihn höchstens als erleuchteten Menschen. Demnach trennt sie die Botschaft vom Boten, die Gabe vom Geber. In dieser Situation der Diskrepanz fungiert die »Missio ad gentes« als treibende Kraft und Glaubenshorizont. Es ist »lebenswichtig, dass die Kirche heute hinausgeht, um allen an allen Orten und bei allen Gelegenheiten ohne Zögern, ohne Widerstreben und ohne Angst das Evangelium zu verkünden« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 23). Die Mission ist in der Tat eine Kraft, die die Kirche in ihrem Inneren verwandeln kann, noch bevor sie das Leben der Völker und Kulturen verwandelt.

Jede Pfarrei möge sich also den Stil der »missio ad gentes« zu eigen machen. Auf diese Weise wird der Heilige Geist die aus Gewohnheit Glaubenden in Jünger verwandeln, die distanzierten Jünger in Missionare, indem er sie aus Angst und Verschlossenheit herausholt und in alle Richtungen bis an die Grenzen der Erde sendet (vgl. Apg 1,8). Der kerygmatische Ansatz in Bezug auf den Glauben, der den jungen Kirchen so vertraut ist, möge auch in den Kirchen alter Tradition Raum finden. Paulus und Barnabas hatten kein Missionsdikasterium, das ihnen den Rücken stärkte. Und doch haben sie das Wort Gottes verkündet, zahlreiche Gemeinden gegründet und ihr Blut für das Evangelium vergossen. Mit der Zeit ist alles komplexer geworden und es gab die Notwendigkeit einer besonderen Verbindung und Zusammenarbeit zwischen den Kirchen jüngerer Gründung und der Universalkirche. Deshalb hat Papst Gregor XV. vor 400 Jahren die Kongregation »De Propaganda Fide« eingerichtet, die seit 1967 den Namen »Kongregation für die Evangelisierung der Völker« trägt. Ganz offensichtlich brauchen wir in dieser Phase der Geschichte keine »reine Verwaltungsarbeit [der bestehenden Realität]. Versetzen wir uns in allen Regionen der Erde in einen Zustand permanenter Mission« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 25): das ist ein Paradigma.

Der heilige Johannes Paul II. spezifizierte die Art und Weise, wenn er sagte: »Jede Erneuerung in der Kirche muss die Mission als Ziel haben, um nicht einer Art kirchlicher Introvertiertheit zum Opfer zu fallen« (Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Oceania, 19). Das »Hinausgehen« ist in die Taufe eingeschrieben und seine Grenzen sind die der Welt. Setzt euch weiterhin dafür ein, dass der Geist der »missio ad gentes« den Weg der Kirche beseelt und sie stets den Schrei der Armen und der Fernstehenden zu hören, allen zu begegnen und die Freude des Evangeliums zu verkünden weiß. Ich danke euch für eure missionarischen Impulse und die missionarische Zusammenarbeit, mit der ihr alle Ortskirchen daran erinnert, dass sie Gefahr laufen, zu schrumpfen und zu verlöschen, wenn sie in die eigenen Horizonte eingezwängt bleiben. Die Kirche lebt und wächst »im Aufbruch«, indem sie die Initiative ergreift und sich zum Nächsten jedes Menschen macht. Aus diesem Grund ermutigt ihr die Gemeinschaften auch in Zeiten der Berufungskrise großherzig zu sein: Denn »durch die Mission wird die Kirche tatsächlich erneuert, Glaube und christliche Identität werden bestärkt und erhalten neuen Schwung und neue Motivation« (Redemptoris missio, 2).

Auf den vielen Wegen der »missio ad gentes« ist bereits die Morgenröte eines neuen Tages erkennbar, wie es die Tatsache zeigt, dass die jungen Kirchen zu geben wissen und nicht nur empfangen. Die ersten Früchte sind ihre Bereitschaft, ihre eigenen Priester den Schwesterkirchen derselben Nation, desselben Kontinents zur Verfügung zu stellen oder bedürftigen Kirchen in anderen Teilen der Welt zu dienen. Die Zusammenarbeit geschieht nicht mehr nur auf der Nord-Süd-Achse. Es gibt auch eine umgekehrte Bewegung der Rückgabe des von den ersten Missionaren empfangenen Gutes. Auch dies sind Zeichen einer erlangten Reife.

Brüder und Schwestern, wir wollen beten und arbeiten, damit die Kirche immer mehr dem Vorbild der Apostelgeschichte entspricht. Lassen wir uns von der Kraft des Evangeliums und des Heiligen Geistes antreiben, gehen wir hinaus aus unseren umzäunten Räumen und wandern wir aus den Gebieten, in die uns zu verschließen wir zuweilen versucht sind. So werden wir in der Lage sein, immer weiter hinauszugehen und dort zu säen. Die allerseligste Jungfrau Maria und Mutter Gottes, der heilige Franz Xaver, heute, und die heilige Theresia vom Kinde Jesu, Schutzpatrone der Mission, mögen unsere Schritte im Dienst am Evangelium Jesu, des Herrn, erhellen. Mein Segen begleite euch, und ich bitte euch für mich zu beten. Danke.



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