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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AUS ANLASS DER ÜBERREICHUNG DER AKKREDITIERUNGSSCHREIBEN DER
BOTSCHAFTER AUS  GUINEA, LETTLAND, INDIEN UND BAHREIN

Sala Clementina
Donnerstag, 17. Dezember 2015

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Meine Damen und Herr Botschafter!

Es ist mir eine Freude, Sie willkommen zu heißen aus Anlass der Übergabe Ihrer Beglaubigungsschreiben, mit denen Sie zu außerordentlichen und bevollmächtigten Botschaftern Ihrer jeweiligen Länder beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden: Guinea, Lettland, Indien, Bahrein. Ich danke Ihnen für die Grüße, die Sie mir von den jeweiligen Staatsoberhäuptern überbracht haben und möchte diesen im Gegenzug durch Ihre freundliche Vermittlung meine besten Wünsche für sie sowie für die Ausübung des ihnen anvertrauten hohen Amtes zukommen lassen. Ich bitte Gott, all Ihren Landsleuten ein Leben in Friede und Wohlergehen zu gewähren.

Vor zwei Tagen wurde die Botschaft für den kommenden Weltfriedenstag am 1. Januar 2016 veröffentlicht, für den ich das Thema gewählt habe: »Überwinde die Gleichgültigkeit und erringe den Frieden«. Ich freue mich über die heutige Gelegenheit, mit Ihnen gemeinsam die Aufmerksamkeit auf diese so wichtige Herausforderung zu richten: zusammenzuarbeiten, um in der Welt eine Kultur der Solidarität zu unterstützen, die jener Globalisierung der Gleichgültigkeit entgegenwirken kann, die leider eine der negativen Tendenzen unserer Zeit ist. Es gibt zahlreiche Formen, in denen sich diese Haltung der Gleichgültigkeit äußert, und verschieden sind auch die Gründe, die zu ihr beitragen. Im Wesentlichen sind sie allerdings auf einen aus dem Gleichgewicht geratenen Humanismus zurückzuführen, in dem der Mensch sich an die Stelle Gottes gesetzt hat und dann wiederum verschiedenen Formen des Götzendienstes zum Opfer gefallen ist. Auch die gravierende ökologische Krise, die wir erleben, lässt sich auf ein solches anthropologisches Ungleichgewicht zurückführen (vgl. Enzyklika Laudato si’, 115-121).

Die Gleichgültigkeit gegenüber Gott sowie jene gegenüber dem Nächsten und gegenüber der Umwelt sind miteinander verbunden und verstärken sich gegenseitig. Und daher kann man ihnen nur mit einer Antwort entgegenwirken, die alle zugleich in Angriff nimmt, das heißt mit einem erneuerten Humanismus, der den Menschen wieder in richtige Beziehung zum Schöpfer, zu den anderen und zur Schöpfung setzt. Wie bereits gesagt, geht es hier um die Förderung einer Kultur der Solidarität und des Teilens, und das verlangt den Einsatz all derer, die in Politik, Gesellschaft, Kultur und Bildung Verantwortung tragen. Eine entscheidende Rolle kommt bei dieser Herausforderung auch den Massenmedien zu, die in unseren Tagen die persönlichen und gesellschaftlichen Haltungen in beachtlichem Maße beeinflussen. Daher ist es notwendig, auf die professionelle und ethische Qualifikation der in diesem Bereich Tätigen zu setzen. Zugleich bleibt es unerlässlich, weiterhin in die Schule zu investieren, die nicht isoliert gesehen werden darf, sondern in beständiger Beziehung zu den Familien und zum sozialen Kontext gesehen werden muss – durch die Zusammenarbeit, um den Erziehungspakt zu stärken, der in einer Reihe von Ländern sehr schwach geworden ist. All dies ist notwendig, um die Gleichgültigkeit zu besiegen und den Frieden aufzubauen.

Das nun zu Ende gehende Jahr war leider geprägt von einer Vervielfachung sowohl kriegerischer als auch terroristischer gewalttätiger Konflikte. Auf der anderen Seite löst diese Situation in den reiferen Gewissen immer mehr eine gewaltfreie, geistliche und ethische Reaktion aus. Diese wollen und müssen wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln im Rahmen unserer Verantwortlichkeiten stärken. Ihrer Sendung gemäß möchte die katholische Kirche mit dem vor Kurzem begonnenen Jubiläum der Barmherzigkeit in der ganzen Welt den Geist der Vergebung und der Versöhnung verbreiten, indem sie die Gläubigen und alle Männer und Frauen guten Willens aufruft, sich dem Geschenk der Gnade Gottes zu öffnen und das zu praktizieren, was wir in unserer Tradition die »geistlichen und leiblichen Werke der Barmherzigkeit« nennen. »Auch die Staaten sind zu konkreten Taten aufgerufen, zu mutigen Gesten gegenüber den Schwächsten ihrer Gesellschaft wie den Gefangenen, den Migranten, den Arbeitslosen und den Kranken« (Botschaft zum Weltfriedenstag 2016, 8). Außerdem möchte ich in diesem Jubiläumsjahr »einen dringenden Appell an die Verantwortlichen der Staaten richten, konkrete Taten zugunsten unserer Brüder und Schwestern zu vollziehen, die unter dem Mangel an Arbeit, Land und Wohnung leiden« (ebd.). Auf internationaler Ebene wünsche ich aufrichtig, dass jede Nation sich dafür einsetzen möge, ihre Beziehungen zu den anderen Nationen zu erneuern, indem sie eine aktive Zusammenarbeit unterstützt, damit die Brüderlichkeit auch in der großen Völkerfamilie wachsen kann (ebd.).

Meine Damen und mein Herr Botschafter, bevor ich diese Überlegungen abschließe, möchte ich durch Sie meinen brüderlichen Gruß an die Hirten und Gläubigen der in Ihren Ländern präsenten katholischen Gemeinschaften richten. Ich ermutige sie von Herzen, stets loyal zum Gemeinwohl der gesamten Gesellschaft beizutragen. Und das werden sie umso mehr und besser tun können, je mehr ihnen wirklich die volle Religionsfreiheit zuerkannt wird. Der Heilige Stuhl seinerseits schätzt sich glücklich, mit jedem von Ihnen und mit den Ländern, die Sie vertreten, einen offenen und respektvollen Dialog zu führen sowie eine konstruktive Zusammenarbeit zu verwirklichen.

Im Hinblick darauf und während Ihre neue Mission offiziell beginnt, entbiete ich Ihnen meine besten Wünsche und sichere Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Funktion die stetige Unterstützung der verschiedenen Büros der Römischen Kurie zu. Auf jeden von Ihnen, auf Ihre Familien und auf Ihre Mitarbeiter rufe ich die Fülle des göttlichen Segens herab. Danke.

 



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