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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS NACH ÄGYPTEN 
(28.-29. APRIL 2017)

PRESSEKONFERENZ MIT DEM HEILIGEN VATER
AUF DEM RÜCKFLUG AUS ÄGYPTEN

Samstag, 29. April 2017

[Multimedia]


Greg Burke:

Danke, Heiliger Vater. Hier sind einige Journalisten, die das erste Mal bei einer Reise dabei sind, und einige, die schon fast hundert mitgemacht haben – sogar über hundert Reisen! Sie selbst, ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie viele internationale Reise Sie gemacht haben …

Papst Franziskus:

Achtzehn.

Greg Burke:

Achtzehn. Und die neunzehnte ist schon in Sicht. So haben auch Sie jetzt eine schöne Anzahl an päpstlichen Reisen zusammen! Danke für diesen Moment, der für uns immer eine bedeutungsvoller Augenblick ist. Beginnen wir mit der italienischen Gruppe: Paolo Rodari … Ich weiß nicht, ob Sie zunächst noch etwas sagen wollen…

Papst Franziskus:

Ja. Guten Abend! Ich danke Ihnen für die Arbeit, denn es waren, glaube ich, 27 Stunden mit viel Arbeit. Vielen Dank für das, was Sie getan haben. Und ich stehe Ihnen zur Verfügung.

Greg Burke:

Danke, Heiliger Vater.

Paolo Rodari (La Repubblica):

Heiliger Vater, danke. Ich wollte Sie bezüglich Ihres gestrigen Treffens mit Präsident Al-Sisi fragen, worüber Sie gesprochen haben, ob Sie die Themen der Menschenrechte angesprochen haben und insbesondere, ob Sie die Gelegenheit hatten, über den Fall Giulio Regeni zu sprechen und ob man Ihrer Meinung nach diesbezüglich die Wahrheit herausfinden wird.

Papst Franziskus:

Darauf möchte ich eine allgemeine Antwort geben, um dann auf die Detailfrage einzugehen. Allgemein: Wenn ich mit einem Staatsoberhaupt ein privates Gespräch habe, bleibt das privat. Es sei denn, man sagt übereinkommend: „Was wir zu diesem Punkt sagen, machen wir öffentlich.“ Auf dieser Reise hatte ich vier private Gespräche: mit dem Großimam der Al-Azhar, mit Präsident Al-Sisi, mit Patriarch Tawadros und mit Patriarch Ibrahim; und ich meine, wenn ein Gespräch privat ist, muss man aus Respekt Verschwiegenheit wahren. Es ist vertraulich. Dann ist da die Frage zu Regeni. Ich bin besorgt. Seitens des Heiligen Stuhls habe ich mich des Themas angenommen, da mich auch die Eltern darum gebeten haben; der Heilige Stuhl hat etwas unternommen. Ich werde nicht sagen, wie und wo, aber wir haben etwas unternommen.

Greg Burke:

Darío Menor Torres vom spanischen „El Correo“:

Darío Menor Torres (El Correo):

Danke, Heiligkeit. Sie haben gestern gesagt, dass Frieden, Wohlergehen und Entwicklung jedes Opfer wert sind. Und danach haben Sie die Bedeutung der Achtung der unveräußerlichen Menschenrechte unterstrichen. Bedeutet dies eine Unterstützung der ägyptischen Regierung, eine Anerkennung ihrer Rolle im Nahen Osten, in der sie versucht, die Christen trotz der ungenügenden demokratischen Garantien zu verteidigen?

Papst Franziskus:

Nein, nein: Man muss sie wörtlich deuten als Werte an sich. Ich habe dies gesagt: den Frieden verteidigen, die Eintracht der Völker verteidigen, die Gleichheit der Bürger verteidigen, welche Religion auch immer sie bekennen – das sind Werte. Ich habe von Werten gesprochen. Wenn ein Regierungsträger dies oder jenes verteidigt, ist das ein anderes Problem. Ich habe achtzehn Besuche in verschiedene Länder unternommen. Manchmal habe ich gehört: „Mit seinem Besuch unterstützt der Papst die Regierung dort …“ Denn eine Regierung hat immer ihre Schwächen oder ihre politischen Gegner, die einen sagen dies oder das … Ich mische mich nicht ein. Ich spreche von Werten, und jeder möge sehen und urteilen, ob diese Regierung oder dieser Staat, der eine oder der andere diese Werte voranbringt.

Darío Menor Torres:

Hätten Sie gerne die Pyramiden besucht?

Papa Francesco:

Wissen Sie, dass heute um sechs Uhr früh meine beiden Assistenten die Pyramiden besucht haben?

Darío Menor Torres:

Ach ja? Wären Sie gerne mit ihnen gegangen?

Papst Franziskus:

Ja, wirklich gern.

Darío Menor Torres:

Vielen Dank.

Greg Burke:

Vielleicht können wir beim Thema der Reise bleiben… Virginie Riva aus der französischen Gruppe von „Radio Europe 1“.

Virginie Riva (Radio Europe 1):

Heiliger Vater, eine Frage, die bei der Reise ansetzt, aber weiter nach Frankreich geht, wenn Sie erlauben. Sie haben in der Al-Azhar-Universität von Arten eines demagogischen Populismus gesprochen. Die französischen Katholiken stehen zurzeit vor der Versuchung, einem Populismus oder Extremismus die Stimme zu geben, sie sind gespalten und desorientiert. Welche möglichen Punkte der Unterscheidung könnten Sie diesen katholischen Wählern geben?

Papst Franziskus:

Sehr gut. Es gibt eine Dimension des „Populismus“ – in Anführungszeichen, denn Sie wissen, dass ich meinerseits dieses Wort in Europa neu lernen musste, denn in Lateinamerika hat es eine andere Bedeutung. Da ist das Problem Europas und da ist das Problem der Europäischen Union. Was ich über Europa gesagt habe, werde ich hier nicht wiederholen, darüber habe ich viermal gesprochen: zweimal in Straßburg, einmal bei der Karlspreisverleihung und zu Beginn der Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag [der Römischen Verträge]. Dort ist alles, was ich über Europa gesagt habe, zu finden. Jedes Land ist frei zu entscheiden, was es angesichts dessen als angemessen erachtet; ich kann nicht beurteilen, ob diese Entscheidung aus dem einen oder dem anderen Grund getroffen wird, denn ich kenne nicht die Innenpolitik. Es stimmt, dass Europa sich in der Gefahr befindet, sich aufzulösen, es stimmt. Das habe ich in Straßburg vorsichtig angedeutet, beim Karlspreis habe ich es deutlicher gesagt und zuletzt ohne Nuancierungen. Nur darüber müssen wir nachdenken: Europa reicht vom Atlantik bis zum Ural … Es gibt ein Problem, das Europa erschreckt und vielleicht den Populismus nährt: das Problem der Migrationsbewegungen. Das stimmt. Aber vergessen wir nicht, dass Europa von Migranten geschaffen wurde: viele Jahrhunderte von Migranten … Das sind wir! Es handelt sich aber um ein Problem, das gut studiert werden muss; und man muss die Meinungen respektieren, die ehrlichen Meinungen einer politischen Diskussion im eigentlichen Sinn: eine große Politik, nicht die kleine Politik eines Landes, die dann schließlich scheitert. Bezüglich Frankreich: Ehrlich gesagt verstehe ich die französische Innenpolitik nicht. Ich habe mich um gute Beziehungen bemüht, auch mit dem gegenwärtigen Präsidenten, mit dem es einmal eine Auseinandersetzung gab, aber danach konnte ich klar über die Dinge unter Respektierung seiner Meinung sprechen… Ich kenne die Geschichte der beiden politischen Kandidaten [Le Pen e Macron] nicht, ich weiß nicht, woher sie kommen… Ja, ich weiß, dass einer der Vertreter von ganz Rechts ist, aber beim anderen weiß ich wirklich nicht, woher er kommt. Daher kann ich keine klare Meinung über Frankreich abgeben. Aber wenn wir über die Katholiken sprechen: Als ich bei einem der Treffen hier in Ägypten die Menschen begrüßte, hat mir einer gesagt: „Warum denken Sie nicht an die Politik im großen Stil?“ – „Was meinen Sie?“ Und er sagte mir, als ob er gleichsam um Hilfe bitten würde: „Eine Partei für die Katholiken gründen.“ Dieser Herr ist gut, aber er lebt im vergangenen Jahrhundert! Bezüglich des Populismus besteht ein Zusammenhang mit den Migranten, aber das gehört nicht zur Reise. Wenn wir Zeit haben, kann ich darauf zurückkommen. Wenn wir Zeit haben, werde ich darauf zurückkommen.

Vera Shcherbakova (Itar-Tass):

Heiliger Vater, ich danke Ihnen vor allem für den Segen: Sie haben mich gesegnet; ich habe mich vor einigen Minuten hingekniet, hier vorne. Ich bin orthodox und ich sehe keinen Widerspruch … Ich wollte Sie fragen: Welche Aussichten gibt es in den Beziehungen mit den Orthodoxen, natürlich mit den Russisch-Orthodoxen – aber auch gestern in der Gemeinsamen Erklärung mit dem Koptisch-Orthodoxen Patriarchen, da ist die Rede von einem gemeinsamen Osterdatum, und man spricht auch von der Anerkennung der Taufe – … an welchem Punkt stehen wir? Und eine andere Sache: Wie bewerten Sie die Beziehungen zwischen dem Vatikan und Russland als Staat, auch im Licht der Verteidigung der christlichen Werte im Nahen Osten, besonders in Syrien?

Greg Burke:

Das ist Vera Shcherbakova von der russischen Agentur „Itar-Tass“.

Papst Franziskus:

Christòs anèsti! [Christus ist auferstanden!] Mit den Orthodoxen habe ich immer eine große Freundschaft gepflegt, schon in Buenos Aires. Zum Beispiel ging ich jeden 6. Januar zur Vesper in Ihre Kathedrale zu Patriarch Platon, der jetzt im Gebiet der Ukraine ist, er ist Erzbischof: 2 Stunden und 40 Minuten Gebet in einer Sprache, die ich nicht verstand, aber man konnte gut beten! Und dann fand das Abendessen mit der Gemeinde statt, dreihundert Personen, ein Abendessen am Heiligen Abend – nicht das Abendessen am Weihnachtstag, sondern am Vorabend –, man konnte noch keine Milchprodukte und auch kein Fleisch essen, aber es war ein schönes Abendessen … und dann die Tombola, die Lotterie… Freundschaft. Auch mit den anderen Orthodoxen. Manchmal benötigten sie rechtliche Hilfe: sie kamen zur katholischen Diözesankurie, weil sie kleine Gemeinden sind, und sie gingen zu den Anwälten… Ich habe immer eine brüderliche Beziehung gehabt: wir sind Schwesterkirchen. Mit Tawadros pflege ich eine besondere Freundschaft: für mich ist er ein großer Mann Gottes. Tawadros ist ein Patriarch, ein Papst, der die Kirche voranbringen wird, den Namen Jesu … Er hat einen großen apostolischen Eifer. Er ist einer der – erlauben Sie die Wortwahl, aber in Anführungszeichen – „fanatischen“ Anhänger der Bestrebung, einen festen Ostertermin zu finden. Ich auch, aber … wir suchen nach einem Weg. Er sagt: „Kämpfen wir, kämpfen wir!“ Er ist ein Mann Gottes. Er ist ein Mann, der, als er Bischof war, fern von Ägypten, zu den Behinderten ging, um ihnen zu essen zu geben; er ist ein Mann, der in eine Diözese mit fünf Kirchen geschickt wurde, und mit seinem apostolischen Eifer fünfundzwanzig Kirchen und ich weiß nicht wie viele christliche Familien zurückgelassen hat. Sie wissen, wie die Wahl bei ihnen vonstattengeht: Man sucht drei Kandidaten, man wählt sie aus und dann werden die Namen in eine Tasche gelegt, man ruft ein Kind, man verbindet ihm die Augen und das Kind zieht den Namen… Und da ist der Herr! Er ist eindeutig ein großer Patriarch. Die Einheit der Taufe geht voran. Die Schuld bezüglich der Taufe ist eine geschichtliche Angelegenheit, denn zur Zeit der ersten Konzilen war sie gemeinsam. Die koptischen Christen tauften die Kinder an Heiligtümern, und als sie dann heiraten wollten und sie zu uns kamen, weil sie einen katholischen Partner heiraten wollten, bat man sie um den Nachweis und sie hatten keinen, und man taufte bedingungsweise: so haben wir begonnen, nicht sie. Aber jetzt hat sich die Tür geöffnet, und wir sind auf einem guten Weg für dieses Problem, um es überwinden zu können. In der Gemeinsamen Erklärung spricht der vorletzte Paragraph darüber.

Die Russisch-Orthodoxen erkennen unsere Taufe an und wir erkennen ihre Taufe an. Ich war mit dem Bischof in Buenos Aires, mit den Russen, sehr befreundet. Auch mit den Georgiern beispielsweise. Der georgische Patriarch Elias II. ist ein Mann Gottes, er ist ein Mystiker! Und wir Katholiken müssen auch von dieser mystischen Tradition der orthodoxen Kirchen lernen. Auf dieser Reise hatten wir eine ökumenische Begegnung: es war auch Patriarch Bartholomäus anwesend, der griechisch-orthodoxe Erzbischof und dann auch andere Christen: die Anglikaner, auch der Sekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf… Alles, was Ökumene ausmacht, geschieht auf dem Weg. Ökumene verwirklicht man auf dem Weg, mit den Werken der Nächstenliebe, mit den Werken, um zu helfen – die Dinge gemeinsam tun, wenn man sie gemeinsam tun kann. Es gibt keine statischen Ökumene. Es ist wahr, dass die Theologen studieren müssen und zu einer Übereinkunft finden müssen, aber dies wird nicht zu einem guten Abschluss kommen, wenn man nicht auf dem Weg ist. Was können wir jetzt tun? Tun wir das, was wir tun können: gemeinsam beten, gemeinsam arbeiten, gemeinsam Werke der Nächstenliebe tun … aber gemeinsam! Und dies bedeutet, voranzuschreiten. Die Beziehungen zum Patriarchen Kyrill sind gut. Auch der Erzbischof Metropolit Hilarion ist mehrmals gekommen, um mit mir zu sprechen und wir haben eine gute Beziehung.

Vera Shcherbakova:

Und mit dem russischen Staat? Die Christen, die gemeinsamen Werte? …

Papst Franziskus:

Ja, ich weiß, dass der russische Staat davon spricht, von der Verteidigung der Christen im Nahen Osten. Das weiß ich und ich glaube, dass dies eine gute Sache ist, gegen die Verfolgung zu sprechen und zu kämpfen. Heute gibt es mehr Märtyrer als in den ersten Jahrhunderten, vor allem im Nahen Osten.

Greg Burke:

Phil Pullella.

Phil Pullella (Agentur Reuters):

Sie haben gestern in der ersten Ansprache von der Gefahr unilateraler Handlungen gesprochen, und dass alle Erbauer des Friedens sein sollten. Das war in der ersten Ansprache gestern. Sie haben viel über den „stückweisen dritten Weltkrieg“ gesprochen. Es scheint doch, dass sich heute diese Angst und Sorge auf das fokussiert, was gerade rund um Nordkorea geschieht.

Papst Franziskus:

Ja, das ist der Fokus.

Phil Pullella:

Genau, das ist der Fokus. Präsident Trump hat eine Flotte von Kriegsschiffen auf die offene See vor der Küste Nordkoreas geschickt. Der nordkoreanische Machthaber hat damit gedroht, Südkorea, Japan und sogar die Vereinigten Staaten zu bombardieren, wenn es ihnen gelingt, Langstreckenraketen zu bauen. Die Menschen haben Angst und man spricht von der Möglichkeit eines Nuklearkrieges, als ob es nichts wäre.  Nun, wenn Sie Präsident Trump sehen, oder auch andere Politiker, was wollen Sie diesen leaders sagen, welche die Verantwortung für die Zukunft der Menschheit tragen? Denn wir befinden uns in einem ziemlich kritischen Moment …

Papst Franziskus:

Ich rufe sie an. Ich rufe sie an und werde sie anrufen, wie ich die Verantwortlichen vielerorts angerufen habe, die Probleme auf dem diplomatischen Weg zu lösen. Es gibt Helfer – es sind viele in der Welt – es gibt Vermittler, die sich anbieten: Es gibt Länder wie Norwegen, zum Beispiel. Niemand kann Norwegen beschuldigen, ein diktatorisches Land zu sein. Es ist immer bereit zu helfen … Dies um ein Beispiel zu nennen, aber es gibt viele andere … Doch der Weg ist der Weg der Verhandlungen, der Weg der diplomatischen Lösung. Dieser „stückweise Weltkrieg“, von dem ich seit etwa zwei Jahren spreche, findet „stückweise“ statt; aber die Stücke sind größer geworden, und sie haben sich auch konzentriert. Sie haben sich auf Schauplätze konzentriert, die schon „heiß“ waren: denn diese Geschichte der Raketen Koreas ist seit einem Jahr im Gange. Aber jetzt scheint sich die Sache „überhitzt“ zu haben. Ich rufe immer dazu auf, die Probleme auf dem diplomatischen Weg zu lösen, mit Verhandlungen … Denn es steht die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel. Heute würde ein großflächiger Krieg, ich sage nicht, die Hälfte der Menschheit, aber doch einen beträchtlichen Teil der Menschheit und der Zivilisation zerstören – einfach alles. Das wäre schrecklich. Ich glaube, die Menschheit heute wäre nicht imstande, so etwas auszuhalten. Aber schauen wir auf die Länder, die unter einem Krieg in ihrem Inneren leiden und wo es Kriegsherde gibt, der Nahe Osten, zum Beispiel, und auch in Afrika … im Jemen … Lassen wir es dabei! Suchen wir, suchen wir doch nach einer diplomatischen Lösung. Deshalb, glaube ich, haben hier die Vereinten Nationen die Verpflichtung, ihre Führungsaufgabe wieder ein wenig in die Hand zu nehmen. Denn sie hat sich abgeschwächt; sie ist ein wenig verwässert.

Phil Pullella:

Werden Sie Präsident Trump treffen, wenn er nach Europa kommt? Gab es eine Anfrage für eine solche Begegnung?

Papst Franziskus:

Ich habe noch keine Informationen vom Staatssekretariat, ob eine Anfrage vorliegt. Doch ich empfange jedes Staatsoberhaupt, das um eine Audienz bittet.

Greg Burke:

Ich denke, es gibt keine Fragen zur Reise mehr. Wir können vielleicht noch eine zulassen? Danach müssen wir zum Abendessen gehen, um halb sieben … Da ist Antonio Pelayo von „Antena 3“, den Sie kennen …

Antonio Pelayo:

Heiliger Vater, die Situation in Venezuela ist in letzter Zeit sehr ernst geworden. Es hat viele Tote gegeben. Ich möchte Sie fragen, ob der Heilige Stuhl und ob Sie persönlich daran denken, eine Aktion, eine friedensstiftende Intervention zu starten und wie diese Aktion aussehen könnte.

Papst Franziskus:

Es gab eine Intervention des Heiligen Stuhls auf eine eindringliche Anfrage der vier Präsidenten hin, die als Vermittler fungieren. Aber die Sache hat nicht geklappt. Dabei ist es geblieben. Es war nicht erfolgreich, weil die Vorschläge nicht akzeptiert worden sind, entweder wurden sie verwässert, oder es hieß “Ja, ja”, aber zugleich “Nein, nein”… Wir alle kennen die schwierige Situation in Venezuela, ein Land, das ich sehr gern habe. Und ich weiß, dass es jetzt wieder eine Bemühung gibt; ich kann nicht genau sagen, von welcher Seite – ich denke von den vier Präsidenten – um diese Vermittlung wieder aufzunehmen, und sie suchen einen Ort. Ich denke, dass es nötig ist, dass das unter Bedingungen geschieht, sehr klaren Bedingungen. Ein Teil der Opposition will das nicht. Es ist erstaunlich, dass die Opposition selbst gespalten ist. Außerdem scheint es, dass sich der Konflikt immer weiter verschärft. Doch es bewegt sich etwas. Es gibt Bewegung. Darüber bin ich unterrichtet; aber es ist noch sehr vage. Aber alles, was man für Venezuela tun kann, muss getan werden. Mit den notwendigen Garantien. Sonst spielen wir nur Kasperle, und das geht nicht. Danke.

Greg Burke:

Danke, Heiliger Vater. Jetzt müssen wir gehen …

Papst Franziskus:

Eine Frage geht noch.

Greg Burke:

Eine noch. Da ist ein Deutscher … Jörg Bremer von der Frankfurter Allgemeinen.

Jörg Bremer (Frankfurter Allgemeine Zeitung):

Vor einigen Tagen haben Sie zum Thema der Flüchtlinge in Griechenland, auf Lesbos, gesprochen, und Sie haben den Ausdruck “Konzentrationslager” gebraucht, weil diese Lager von Menschen überfüllt sind. Für uns Deutsche ist dieser Ausdruck begreiflicherweise sehr, sehr hart und sehr nahe am Begriff “Vernichtungslager”. Es gibt Stimmen, die sagen, dass dies Ihrerseits ein lapsus linguae gewesen ist. Was wollten Sie wirklich sagen?

Papst Franziskus:

Zunächst einmal muss man alles, was ich gesagt habe, genau lesen. Ich habe gesagt, dass die großherzigsten Länder in Europa Italien und Griechenland waren. Das sind sie wirklich gewesen … Es ist auch richtig, dass sie zu Libyen und zu Syrien am nächsten liegen … Was Deutschland betrifft, habe ich immer seine Fähigkeit zur Integration bewundert. Als ich dort studierte, gab es sehr viele Türken in Frankfurt, die integriert waren, sehr viele. Sie waren integriert und führten ein normales Leben. Es ist kein lapsus linguae gewesen: Es gibt Flüchtlingslager, die wahre Konzentrationslager sind. Da gibt es vielleicht eins in Italien, eins anderswo … in Deutschland jedoch sicher nicht! Aber denken Sie einmal: Was machen Menschen, die in ein Lager eingesperrt sind und nicht heraus können? Denken Sie an das, was in Nordeuropa passiert ist, als sie über das Meer wollten, um nach England zu kommen. Sie wurden eingesperrt! Mich hat es zum Lachen gebracht – das ist ein wenig die italienische Mentalität –, als ich von einem Lager in Sizilien hörte – das hat mir ein Vertreter der Katholischen Aktion der Erzdiözese Agrigent erzählt. Dort in der Gegend gibt es zwei oder drei solcher Lager, ich weiß nicht, in welcher Diözese sie liegen. Die Verantwortlichen dieser Stadt, wo sich das Lager befindet, haben mit den Menschen im Flüchtlingslager gesprochen und haben gesagt: “Es ist für euch nicht gut, hier drin zu sein; das schlägt aufs Gemüt. Ihr müsst mal herausgehen. Aber bitte macht keine krummen Sachen! Wir können euch jedoch nicht das Tor öffnen, aber wir machen hinten ein Loch. Ihr könnt dann heraus und macht einen schönen Spaziergang …” Und so haben sich Beziehungen zu den Einwohnern dieses Dorfs entwickelt, gute Beziehungen … Diese begehen keine Vergehen, keine Kriminalität. Aber das schlichte Faktum, eingesperrt zu sein, ohne etwas tun zu können, das ist ein solches Lager – oder etwa nicht? Aber das hat nichts mit Deutschland zu tun, nein, nein. Danke, danke.

Greg Burke:

Wir danken Ihnen, Heiliger Vater.

Papst Franziskus:

Ich danke Ihnen für diese Arbeit, die Sie tun und die vielen Menschen hilft. Sie wissen gar nicht, wie viel Gutes Sie mit Ihren Berichten, Ihren Artikeln und Ihren Gedanken tun können … Wir müssen den Menschen helfen und auch der Kommunikation helfen, damit die Kommunikation und ebenso die Presse uns zu guten Dingen führt und nicht zur Orientierungslosigkeit, die uns nicht hilft.

Vielen Dank, vielen Dank. Und ein gutes Abendessen! Und beten Sie für mich!

 

 

 


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