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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE GENERALVERSAMMLUNG DER CEI

Synodenhalle
Montag, 21. Mai 2018

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Liebe Brüder, guten Abend!

Herzlich willkommen im Vatikan. Aber ich glaube, dass diese Aula [die Synodenaula] nur dann im Vatikan liegt, wenn der Papst da ist, denn sie befindet sich auf italienischem Boden. Auch die »Aula Paolo VI«… Man sagt, dass es so ist, nicht wahr? Ich danke euch sehr für eure Anwesenheit zur Einführung des heutigen Gedenktags für Maria, Mutter der Kirche. Wir sagen aus ganzem Herzen, alle gemeinsam: »Monstra te esse matrem

Immer: »Monstra te esse matrem.« Es ist das Gebet: »Lass uns spüren, dass du die Mutter bist«, dass wir nicht allein sind, dass Du uns als Mutter begleitest. Es ist die Mutterschaft der Kirche, der heiligen hierarchischen Mutter Kirche, die hier versammelt ist… Aber sie muss Mutter sein. Die »heilige hierarchische Mutter Kirche«: So pflegte der heilige Ignatius [von Loyola] zu sagen. Maria, unsere Mutter, möge uns beistehen, damit die Kirche Mutter sei. Und damit – der Eingebung der Kirchenväter folgend – auch unsere Seele Mutter sei. Die drei Frauen: Maria, die Kirche und unsere Seele. Alle drei Mütter. Möge die Kirche Mutter sein, möge unsere Seele Mutter sein.

Ich danke euch für diese Begegnung, von der ich möchte, dass sie zu einem Augenblick des Dialogs und der Reflexion wird. Nachdem ich euch für all die Arbeit gedankt habe, die ihr tut – es ist ganz schön viel! –, möchte ich drei Sorgen mit euch teilen. Nicht, um euch zu »prügeln«, nein, sondern um zu sagen, dass diese Dinge mir Sorge bereiten, und ihr werdet sehen… Und um euch das Wort zu erteilen, damit ihr mir alle Fragen, Befürchtungen, Kritik mitteilen könnt – und es ist keine Sünde, den Papst hier zu kritisieren!

Es ist keine Sünde, man darf es tun –, und auch die Eingebungen, die ihr im Herzen tragt. Das Erste, was mir Sorge bereitet, ist die Berufungskrise. Hier steht eure Vaterschaft auf dem Spiel! Über diese Sorge, ja diese »Ausblutung« der Berufungen, habe ich zur Vollversammlung der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und die Gesellschaften apostolischen Lebens gesprochen.

Ich habe erklärt, dass es sich um die vergiftete Frucht der Kultur des Provisorischen handelt, um den Relativismus und die Diktatur des Geldes, die die jungen Menschen vom geweihten Leben entfernen – natürlich neben dem tragischen Geburtenrückgang, dem »demographischen Winter«, sowie den Skandalen und dem lauen Zeugnis. Wie viele Seminare, Kirchen, Klöster und Konvente werden in den nächsten Jahren geschlossen werden aus Mangel an Berufungen? Gott allein weiß das. Es ist traurig, dieses Land, das über viele Jahrhunderte hinweg fruchtbar und großherzig Missionare, Ordensfrauen, Priester geschenkt hat, die mit apostolischem Eifer erfüllt waren, zusammen mit dem Alten Kontinent in eine Unfruchtbarkeit in Bezug auf die Berufungen hineingeraten zu sehen, ohne nach wirksamen Gegenmitteln zu suchen. Ich glaube, dass es sie sucht, aber es gelingt uns nicht, sie zu finden!

Ich schlage beispielweise einen konkreteren – denn wir müssen mit den praktischen Dingen beginnen, die in unseren Händen liegen –, ich schlage euch einen konkreteren und großherzigeren Austausch fidei donum zwischen den italienischen Diözesen vor. Er würde gewiss alle Diözesen – jene, die geben, und jene, die empfangen – bereichern und in den Herzen des Klerus und der Gläubigen den sensus ecclesiae und den sensus fidei stärken. Schaut einmal, ob ihr es könnt… Ein Austausch [von Priestern] fidei donum zwischen einer Diözese und einer anderen. Ich denke an einige Diözesen in Piemont: Dort herrscht große Dürre… Und ich denke an Apulien, wo reicher Überfluss herrscht… Denkt darüber nach, eine schöne Kreativität: ein System fidei donum innerhalb von Italien. Einige lächeln… Schauen wir mal, ob ihr in der Lage seid, das zu tun.

Zweite Sorge: Evangeliumsgemäße Armut und Transparenz. Für mich ist – weil ich es als Jesuit in der Konstitution gelernt habe – die Armut immer »Mutter«. Und sie ist »Mauer« des apostolischen Lebens. Sie ist Mutter, weil sie es hervorbringt, und Mauer, weil sie es schützt. Ohne Armut gibt es keinen apostolischen Eifer, gibt es kein Leben im Dienst der anderen… Es ist eine Sorge, die das Geld und die Transparenz betrifft.

In Wirklichkeit kann ein Gläubiger nicht von Armut sprechen und ein Leben in Luxus führen; und es ist sehr skandalös, Gelder ohne Transparenz zu verwalten oder die Güter der Kirche so, als seien es persönliche Güter. Ihr kennt die Finanzskandale, die es in einigen Diözesen gegeben hat… Bitte, es tut mir sehr weh, wenn ich höre, dass ein Kleriker sich hat manipulieren lassen und sich in Situationen hineinbegeben hat,  die seine Fähigkeiten übersteigen, oder – noch schlimmer – mit den »kleinen Münzen der Witwe« unehrlich umgegangen ist.

Wir haben die Pflicht, das, wofür wir vor dem Herrn des Weinbergs eines Tages Rechenschaft ablegen werden, vorbildlich zu verwalten, durch klare und gemeinsame Regeln. Ich denke an einen von euch, zum Beispiel – ich kenne ihn gut –, der nie, nie mit dem Geld der Diözese zum Abendessen oder zum Mittagessen einlädt: Entweder bezahlt er aus eigener Tasche, oder er lädt nicht ein. Kleine Gesten, als Vorsatz in den geistlichen Exerzitien getroffen. Wir haben die Pflicht, das, wofür wir vor dem Herrn des Weinbergs eines Tages Rechenschaft ablegen müssen, vorbildlich zu verwalten, durch klare und gemeinsame Regeln. Ich bin mir bewusst – das will ich sagen – und dankbar, dass in der Italienischen Bischofskonferenz vor allem in den letzten Jahren im Hinblick auf Armut und Transparenz viel getan worden ist. Eine schöne Arbeit der Transparenz. Aber es muss in einigen Dingen noch etwas mehr getan werden… – aber wir werden nachher darüber sprechen.

Und die dritte Sorge ist die Reduzierung und Zusammenlegung der Diözesen. Das ist nicht einfach, vor allem in unserer Zeit… Letztes Jahr sollte eine mit einer anderen zusammengelegt werden, aber die Leute von dort sind gekommen und haben gesagt: »Die Diözese ist klein… Vater, warum tun Sie das? Die Universität ist weg; eine Schule wurde geschlossen; es gibt gegenwärtig keinen Bürgermeister, sondern einen Delegaten; und jetzt kommt auch noch ihr…« Und man hört diesen Schmerz und sagt: »Der Bischof soll bleiben, denn sie leiden.« Aber ich glaube, dass es Diözesen gibt, die zusammengelegt werden können.

Ich habe diese Frage bereits am 23. Mai 2013 aufgeworfen, als es um die Reduzierung der italienischen Diözesen ging. Es handelt sich natürlich um eine pastorale Erfordernis, die – wie ihr wisst – mehrmals studiert und untersucht wurde, schon vor dem Konkordat von 1929. Tatsächlich sprach Paul VI. am 14. April 1964 in seiner Ansprache an die Versammlung der Bischöfe von einer »zu großen Zahl an Diözesen«.

Und später, am 23. Juni 1966, kam er bei der Begegnung mit der Italienischen Bischofskonferenz noch einmal auf das Thema zurück und sagte: »Es wird daher notwendig sein, die Grenzen einiger Diözesen zu verändern. Vor allem aber muss eine Zusammenlegung nicht weniger Diözesen erfolgen, damit die sich daraus ergebende Zirkumskription einen territorialen Umfang, eine demographische Zusammensetzung, eine Ausstattung mit Klerus und Werken hat, die geeignet sind, eine wirklich funktionale diözesane Organisation zu unterhalten und eine wirksame und einheitliche pastorale Tätigkeit zu entfalten.« Soweit Papst Paul VI. Auch die Kongregation für die Bischöfe hat 2016 – aber ich habe schon 2013 darüber gesprochen – die regionalen Bischofskonferenzen gebeten, ihre Meinung zu einem Plan zur Umstrukturierung der Diözesen an das Generalsekretariat der Italienischen Bischofskonferenz zu senden. Wir sprechen also über ein aktuelles Thema älteren Datums, das zu lange hinausgezögert wurde. Und ich glaube, dass die Stunde gekommen ist, möglichst bald zu einem Abschluss zu gelangen. Es ist einfach, das zu tun, es ist einfach… Es gibt vielleicht einen oder zwei Fälle, in denen man es nicht jetzt tun kann aus den eben genannten Gründen – weil es ein verwaistes Gebiet ist –, aber man kann etwas tun.

Das sind meine drei Sorgen, die ich mit euch teilen wollte als Anregungen zur Reflexion. Jetzt überlasse ich euch das Wort und danke euch für den Freimut. Vielen Dank.

 



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