Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - FR  - IT  - PT ]

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DAS GENERALKAPITEL DES PÄPSTLICHEN INSTITUTS
FÜR DIE AUSLANDSMISSION
(PIME)

Konsistoriensaal
Montag, 20. Mai 2019

[Multimedia]


 

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich empfange euch anlässlich eurer Vollversammlung. Ich danke dem Generaloberen und grüße sehr herzlich euch alle, Missionare und Missionarinnen. Mit euch danke ich dem Herrn für den langen Weg, den er euer Institut in den fast 170 Jahren seit seiner Gründung in Mailand als Seminar für die Auslandsmissionen hat beschreiten lassen. Erinnern wir uns an den Protagonisten der Anfänge: Angelo Ramazzotti, damals Bischof von Pavia.

Er griff einen Wunsch von Papst Pius IX. auf und hatte die glückliche Idee, die Bischöfe der Lombardei einzubeziehen, auf der Grundlage des Prinzips der Mitverantwortung aller Diözesen an der Verkündigung des Evangeliums an die Völker, die Jesus Christus noch nicht kennen. Damals war es eine Neuheit, der nur die Gründung der Pariser Mission vorausging. Bis dahin hatte das Missionsapostolat ganz in den Händen der Orden und der Kongregationen gelegen. Mit den Instituten von Paris und Mailand beginnt es, von den Teilkirchen übernommen zu werden, die sich bemühen, sich der ganzen Welt gegenüber zu öffnen und ihre Priester über die eigenen Grenzen hinauszusenden.

Im Laufe der Jahre hat das PIME einen autonomen Weg zurückgelegt und sich teilweise wie die anderen Kongregationen entwickelt, ohne sich jedoch mit ihnen zu identifizieren. Denn ihr legt keine Gelübde ab wie die Ordensleute, sondern weiht euch für das ganze Leben der Missionsarbeit durch ein endgültiges Versprechen. Eure ersten Missionsgebiete lagen in Ozeanien, Indien, Bangladesch, Myanmar, Hongkong und China. Der unter der Erde versteckte Same hat viele Früchte hervorgebracht: neue Gemeinschaften; Diözesen, die aus dem Nichts heraus entstanden sind; Priester- und Ordensberufungen, die für den Dienst an der Ortskirche entstanden sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg habt ihr eure Anwesenheit auf Brasilien und das Amazonasgebiet, die Vereinigten Staaten, Japan, Guinea-Bissau, die Philippinen, Kamerun, die Elfenbeinküste, Thailand, Kambodscha, Papua-Neuguinea, Mexiko, Algerien und den Tschad ausgeweitet. Eure Geschichte ist geprägt von einer leuchtenden Spur der Heiligkeit in vielen ihrer Glieder, die bei einigen von der Kirche offiziell anerkannt ist: Erinnern wir uns an die Märtyrer, den heiligen Alberico Crescitelli und die seligen Giovanni Battista Mazzucconi und Mario Vergara; und an die seligen Bekenner Paolo Manna und Clemente Vismara. Unter euren Missionaren gibt es 19 Märtyrer, die das Leben für ihr Volk für Jesus hingegeben haben, ohne Vorbehalte und ohne persönliches Kalkül. Ihr seid eine »Apostelfamilie «, eine internationale Gemeinschaft von Priestern und Laien, die gemeinsam leben und arbeiten.

Die Worte, die der heilige Paul VI. 1970 in Manila gesprochen hat, haben für euch einen besonderen Widerhall und fassen den Sinn eures Lebens und eurer Berufung gut zusammen. Er sagte: »Ja, ich verspüre die Notwendigkeit, Jesus Christus zu verkündigen, ich kann ihn nicht verschweigen […] Ich muss seinen Namen bekennen: Jesus ist der Christus, der lebendige Sohn Gottes […]. Ich kann gar nicht mehr aufhören, von ihm zu sprechen: Er ist das Licht, er ist die Wahrheit […]; er ist das Brot, der Quell des lebendigen Wassers für unseren Hunger und für unseren Durst; er ist der Hirte, unser Leiter, unser Vorbild, unser Trost, unser Bruder.« So Paul VI. In der Tat bekommen unser Leben und unsere Sendung nur durch Christus Sinn, denn »es gibt keine wirkliche Evangelisierung, wenn nicht der Name, die Lehre, das Leben, die Verheißungen, das Reich, das Geheimnis von Jesus von Nazaret, des Sohnes Gottes, verkündet werden« (Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 22).

Evangelisieren ist die Gnade und die eigentliche Berufung eures Instituts, seine tiefste Identität (vgl. ebd., 14). Diese Sendung jedoch – es ist immer gut, das hervorzuheben – gehört euch nicht, denn sie geht aus der Gnade Gottes hervor. Es gibt keine Schule für Evangelisierer; es gibt Hilfen, aber das ist etwas anderes. Es ist eine Berufung, die ihr von Gott habt. Entweder du bist Evangelisierer oder du bist es nicht, und wenn du nicht diese Gnade, diese Berufung empfangen hast, dann bleib zuhause. Es ist etwas Großes, das dich voranbringt, da »das erste Wort, die wahre Initiative, das wahre Tun von Gott kommt, und nur indem wir uns in diese göttliche Initiative einfügen, nur indem wir diese göttliche Initiative erbitten, können auch wir – mit ihm und in ihm – zu Evangelisierern werden« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 112).

In dieses Jahr fällt der 100. Jahrestag des Apostolischen Schreibens Maximum illud von Papst Benedikt XV. Wie ihr wisst, habe ich, um dieses Ereignis zu feiern, den kommenden Oktober als außerordentlichen Monat der Mission ausgerufen, mit folgendem Thema: »Getauft und gesandt: die Kirche Christi in Mission in der Welt«. Ziel dieser Initiative ist, »das Bewusstsein der ›missio ad gentes‹ wieder stärker wachzurufen und mit neuem Schwung die missionarische Umgestaltung des Lebens und der Seelsorge wiederaufzunehmen « (Einberufungsschreiben des außerordentlichen Monats der Mission, 22. Oktober 2017). Und ihr Missionare seid die Protagonisten dieses Ereignisses, auf dass es Gelegenheit sein möge, den missionarischen Schwung »ad gentes« zu erneuern, so dass euer ganzes Leben, eure Pläne, eure Arbeit und auch eure Strukturen aus der Mission und aus der Verkündigung des Evangeliums Lebenssaft und Kriterien zur Erneuerung ziehen mögen. Eine Gefahr taucht immer wieder auf – sie schien überwunden zu sein, taucht aber wieder auf –: Evangelisierung mit Proselytismus zu verwechseln. Nein. Evangelisierung ist das Zeugnis von Jesus Christus, der gestorben und auferstanden ist. Er ist es, der anzieht. Darum wächst die Kirche durch Anziehung und nicht durch Proselytismus, wie Benedikt XVI. gesagt hat. Diese Verwirrung ist jedoch aus dem politisch-wirtschaftlichen Verständnis heraus entstanden, das keine Evangelisierung mehr ist.

Dann die Anwesenheit, die konkrete Anwesenheit, wegen der du gefragt wirst, warum du so bist. Dann verkündigst du Jesus Christus. Es geht nicht darum, neue Mitglieder für unsere »katholische Gesellschaft« zu suchen, nein, sondern Jesus sichtbar werden zu lassen: Er soll in meiner Person, in meinem Verhalten sichtbar sein; und mit meinem Leben Räume für Jesus zu öffnen. Das bedeutet evangelisieren. Und das ist es, was euren Gründern am Herzen lag. Im Rahmen der Vorbereitung auf den außerordentlichen Monat der Mission seid ihr hier in Rom zusammengekommen zu eurer 15. Vollversammlung unter dem Thema: »Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde: Menschen, Orte und Vorgehensweisen der Mission für das PIME heute und morgen«. Ihr versucht soweit wie möglich die Mission in den Mittelpunkt zu stellen, denn gerade die missionarische Notwendigkeit hat euer Institut gegründet und formt es auch weiterhin. Ihr seid davon überzeugt und habt als Leitlinie und Inspiration das Wort des heiligen Paulus gewählt: »Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!« (1 Kor 9,16). Die Leidenschaft und der Drang zur Mission, die der heilige Paulus als seine Berufung verspürt, sind das, was ihr für euch alle wünscht.

Daher habt ihr im Licht dieses Schlüsselworts daran gearbeitet, neu zu verstehen, was die Mission »ad gentes« in eurem Institut und in der heutigen Welt bedeutet; um die Priorität der einen missionarischen Berufung sowohl für die Laien als auch für die Priester neu zu bekräftigen; um die Missionsgebiete auszuwählen; um die Berufungsarbeit als Missionstätigkeit zu gestalten; um euer Dasein als Gemeinschaft zu überprüfen und die Organisation des PIME von heute und morgen zu überdenken. Darum sage ich euch: »Haben wir mit Gottvertrauen und viel Mut keine Furcht vor einer missionarischen Entscheidung, die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der […] der Evangelisierung der heutigen Welt […] dient« (Einberufungsschreiben des außerordentlichen Monats der Mission).

Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für diese Begegnung und vor allem für eure Arbeit im Dienst des Evangeliums. Möge euch der Herr durch die Fürsprache der Jungfrau Maria gewähren, es immer mit Freude zu tun, auch in der Mühsal. Und dazu erlaube ich mir, euch die letzten Abschnitte von Evangelii nuntiandi ans Herz zu legen. Ihr wisst, dass Evangelii nuntiandi das größte Pastoraldokument der Nachkonzilszeit ist: Es ist immer noch aktuell, immer noch gültig und hat nicht an Kraft verloren. In den letzten Abschnitten, wo es beschreibt, wie ein Evangelisierer sein soll, spricht es von der Freude am Evangelisieren. Wenn der heilige Paul VI. von den Sünden des Evangelisierers spricht: die vier oder fünf letzten Abschnitte. Lest es gut und denkt an die Freude, die er uns ans Herz legt. Ich segne euch, und ich bete für euch. Und ihr habt versprochen, wenigstens hat es der Generalobere versprochen, für mich zu beten. Tut das bitte. Danke!

 



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana