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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS
NACH MOSAMBIK, MADAGASKAR UND MAURITIUS
(4.- 10. SEPTEMBER 2019)

INTERRELIGIÖSE BEGEGNUNG MIT DEN JUGENDLICHEN

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Pavillon Maxaquene (Maputo)
Donnerstag, 5. September 2019

[Multimedia]


Vielen Dank für eure Worte zum Willkommen! Vielen Dank auch für alle eure künstlerischen Darbietungen. Danke vielmals, danke! Setzt euch, macht es euch bequem!

Ihr habt mir gedankt, weil ich mir Zeit genommen habe, um bei euch zu sein. Was kann es für einen Hirten Wichtigeres geben, als bei seinen Leuten zu sein! Was ist wichtiger für einen Hirten, als sich mit seinen Jugendlichen zu treffen? Ihr seid wichtig! Ihr sollt es wissen, ihr müsst uns glauben: Ihr seid wichtig! Aber in Demut. Ihr seid nämlich nicht nur die Zukunft Mosambiks oder der Kirche und der Menschheit; ihr seid die Gegenwart, ihr seid die Gegenwart Mosambiks: Mit allem, was ihr seid und tut, tragt ihr jetzt schon mit dem Besten, was ihr heute geben könnt, zur Zukunft bei. Was wäre diese Erde ohne eure Begeisterung, eure Lieder, eure Lebensfreude? Was wäre diese Erde ohne die jungen Menschen? Euch inmitten der Schwierigkeiten, die ihr erlebt – von denen du gerade erzählt hast –, singen, lachen, tanzen zu sehen ist das beste Zeichen dafür, dass ihr jungen Menschen die Freude dieser Erde, die Freude der heutigen Zeit seid. Die Hoffnung für das Morgen.

Die Lebensfreude ist eines eurer Hauptmerkmale – das Hauptmerkmal der jungen Menschen ist die Lebensfreude, wie man hier sehen kann! Eine geteilte und gemeinsam gefeierte Freude, die Versöhnung schenkt, ist das beste Gegenmittel, um diejenigen Lügen zu strafen, die unter euch Trennung – Achtung: sie wollen euch trennen! -, Spaltung oder Gegensätze schaffen wollen. Wie sehr spürt man in einigen Gegenden der Welt das Fehlen eurer Lebensfreude! Wie sehr kann man in einigen Regionen der Welt die Freude darüber spüren, vereint zu sein, gemeinsam zu leben, zwar mit verschiedenen religiösen Bekenntnissen, aber vereint als Kinder der gleichen Erde.

Ich danke allen Angehörigen der verschiedenen Religionsbekenntnisse, die hier sind. Danke, dass ihr einander ermuntert, die Aufgabe, die der Friede darstellt, anzugehen und sie heute als Familie zu feiern, einschließlich aller, die teilnehmen, auch wenn sie keiner religiösen Tradition angehören … So erfahrt ihr, dass wir alle gebraucht werden: mit unseren Unterschieden. Unsere Unterschiede sind nötig. Gemeinsam, wie jetzt eben, seid ihr das schlagende Herz dieses Volkes, wo in dem einen kreativen Plan ein jeder eine wesentliche Rolle ausübt, um eine neue Seite der Geschichte zu schreiben, eine Seite voller Hoffnung, voller Frieden und voller Versöhnung. Ich frage euch: Wollt ihr diese Seite schreiben? [Sie antworten: ja!] Als ich hereinkam, habt ihr „Versöhnung“ gesungen. Wollt ihr es wiederholen? [Alle: Versöhnung! Versöhnung! Versöhnung!] Danke!

Ihr habt mir zwei Fragen gestellt, doch ich denke, sie sind miteinander verbunden. Die eine lautete: Was sollen wir tun, damit die Träume der jungen Menschen wahr werden? Und die andere: Was sollen wir tun, damit die jungen Menschen sich bei den Problemen einbringen, die unser Land bedrücken? Ihr habt uns heute den Weg gezeigt und uns gelehrt, wie wir auf diese Fragen antworten sollen.

Ihr habt es mit der Kunst gesagt, mit der Musik, mit dem kulturellen Reichtum, wovon du voll Stolz gesprochen hast … ihr habt einen Teil eurer Träume und eurer Wirklichkeit zum Ausdruck gebracht; darin zeigen sich verschiedene Arten und Weisen, der Welt zu begegnen und den Blick auf den Horizont zu richten: immer mit Augen voller Hoffnung, voller Zukunft und voller Träume. Ihr, junge Freunde, lauft auf zwei Füßen wie die Erwachsenen, auf die gleiche Weise; doch im Gegensatz zu den Erwachsenen, die sie parallel nebeneinander stellen, setzt ihr immer schon einen Fuß vor den anderen, seid bereit aufzubrechen und loszusprinten. Ihr besitzt ungeheure Kraft, ihr seid in der Lage, mit so großer Hoffnung nach vorne zu blicken! Ihr seid eine Verheißung des Lebens, gepaart mit einer gewissen Beharrlichkeit (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Christus vivit¸139), die ihr nicht verlieren noch euch rauben lassen dürft.

Wie sollt ihr eure Träume wahr werden lassen, wie dazu beitragen, die Probleme eures Landes zu lösen? Ich möchte euch dies sagen: Lasst nicht zu, dass sie euch die Freude rauben. Hört nicht auf zu singen und euch auszudrücken, wie es all dem Guten entspricht, das ihr von euren Traditionen erlernt habt. Dass sie euch nicht die Freude rauben! Wie ich euch gesagt habe, gibt es viele Arten und Weisen, den Blick auf den Horizont zu richten, auf die Welt, auf die Gegenwart und die Zukunft, es gibt viele Arten und Weisen. Man muss aber vor zwei Haltungen auf der Hut sein, welche Träume und Hoffnung töten. Welche sind es? Die Resignation und die Angst. Zwei Haltungen, die die Träume und die Hoffnung töten. Sie sind große Feinde des Lebens, denn sie treiben uns für gewöhnlich auf einen leichten, aber selbstzerstörerischen Pfad; und die Maut, die sie verlangen, ist sehr hoch! Sie ist sehr hoch. Man bezahlt mit dem eigenen Glück und sogar mit dem eigenen Leben. Resignation und Angst: zwei Haltungen, welche die Hoffnung rauben. Wie viele leere Versprechungen von Glück, die am Ende Leben zerstören! Sicher kennt ihr Freunde, Bekannte – oder habt es vielleicht selbst erfahren –, die in schwierigen, schmerzlichen Momenten, wenn alles auf einen einzustürzen scheint, von der Resignation erdrückt werden. Man muss sehr auf der Hut sein, denn diese Haltung »führt dich auf den falschen Weg. Wenn alles stillzustehen und zu stagnieren scheint, wenn persönliche Probleme uns beunruhigen, soziale Schwierigkeiten keine angemessenen Antworten finden, dann ist es nicht gut, sich geschlagen zu geben« (ebd., 141). Es ist nicht gut, sich geschlagen zu geben! Wiederholt: Es ist nicht gut, sich geschlagen zu geben. [Alle: Es ist nicht gut, sich geschlagen zu geben!]

Ich weiß, dass den meisten von euch der Fußball sehr gefällt. Stimmt es? Ich denke an einen großen Spieler aus diesem Land, der gelernt hat, nicht zu resignieren: Eusébio da Silva, der „schwarze Panther“. Er begann seine sportliche Laufbahn in der Mannschaft dieser Stadt. Die großen finanziellen Nöte seiner Familie und der frühe Tod seines Vaters hielten ihn nicht von seinen Träumen ab; seine Leidenschaft für den Fußball ließ ihn durchhalten, träumen und weitergehen … bis er 77 Tore für den Club von Maxaquene schoss. Es fehlte ihm nicht an Gründen zu resignieren … und er hat nicht resigniert.

Sein Traum und sein Wunsch zu spielen trieben ihn voran. Doch ebenso wichtig war es, jemanden zum Spielen zu finden. Ihr wisst, dass in einer Mannschaft nicht alle gleich sind, nicht alle das Gleiche tun oder auf die gleiche Weise denken. Nein. Jeder Spieler hat seine besonderen Eigenschaften, wie wir es bei diesem Treffen sehen und genießen können: Wir kommen aus unterschiedlichen Traditionen und können selbst verschiedene Sprachen sprechen, doch das hindert uns nicht daran, dass wir uns treffen. Es gab bereits und gibt weiterhin viel Leid, weil einige meinen, das Recht zu haben zu bestimmen, wer „spielen“ darf - nein! - und wer hingegen „draußen bleiben“ muss – es ist ein ungerechtes Recht!; weil einige das Leben damit verbringen, Trennung und Gegensätze zu schaffen und Krieg zu führen. Liebe Freunde, heute seid ihr ein Beispiel und ein Zeugnis dafür, wie wir handeln müssen. Zeugen der Einheit, der Versöhnung, der Hoffnung. Wie eine Fußballmannschaft. Wie sollen wir uns für unser Land einsetzen? Genauso, wie ihr es jetzt macht, nämlich eins sein über alles hinweg, was euch unterscheiden mag, und immer die Möglichkeit suchen, die Träume eines besseren Landes wahr werden zu lassen, doch … gemeinsam. Gemeinsam. So ist es wichtig, das nicht zu vergessen: Die soziale Feindschaft zerstört. Gemeinsam! [Alle: Die soziale Feindschaft zerstört!] Und durch die Feindschaft wird eine Familie zerstört. Durch die Feindschaft wird ein Land zerstört. Gemeinsam! [Alle: Die soziale Feindschaft zerstört!] Durch die Feindschaft wird die Welt zerstört. Und die größte Feindschaft ist der Krieg. Denn sie sind unfähig, sich an einen Tisch zu setzen und miteinander zu sprechen. Seid fähig, soziale Freundschaft zu bilden (vgl. ebd., 169).

Ich denke an das Sprichwort: „Willst du schnell ankommen, dann geh allein; willst du weit kommen, dann geh zusammen mit anderen.“ Wiederholen wir es. [Alle: Willst du schnell ankommen, dann geh allein; willst du weit kommen, dann geh zusammen mit anderen].  Es geht immer darum, gemeinsam zu träumen, wie ihr es heute tut. Träumt mit den anderen, nie gegen die anderen; träumt so, wie ihr von diesem Treffen geträumt und es vorbereitet habt: alle gemeinsam und ohne Barrieren. Das gehört zur „neuen Seite der Geschichte“ Mosambiks.

Fußball, Mannschaften, zusammenspielen. Zusammenzuspielen lehrt uns, dass nicht nur die Resignation ein Feind der Träume ist, sondern auch die Angst. Resignation und Angst. Die Angst: Diese »kann zu einem großen Feind werden, wenn sie uns dazu bringt aufzugeben, wenn wir erleben, dass die Ergebnisse nicht sofort erreicht werden. Die schönsten Träume erkämpft man mit Hoffnung, Geduld, Einsatz und Verzicht auf Eile. Zugleich darf man sich nicht von der Unsicherheit blockieren lassen; man sollte keine Furcht haben, etwas aufs Spiel zu setzen und Fehler zu machen« (ebd., 142), das ist normal. Die schönsten Dinge reifen mit der Zeit; wenn dir beim ersten Mal etwas nicht gut gelungen ist, dann hab keine Angst, es wieder und wieder und wieder zu versuchen. Hab keine Angst, etwas falsch zu machen! Wir können tausendmal etwas falsch machen, aber wir dürfen nicht dem Fehler verfallen aufzuhören, nur weil es beim ersten Mal nicht gut gelaufen ist. Der schlimmere Fehler wäre der, wegen der Angst die Träume und den Wunsch eines besseren Landes aufzugeben.

        Ihr habt zum Beispiel das schöne Zeugnis vor Augen, das uns Maria Mutola gegeben hat. Sie hat gelernt, beharrlich zu sein, es weiter zu versuchen, obwohl ihr Wunsch, die Goldmedaille zu gewinnen, bei den ersten drei Olympischen Spielen, an denen sie teilgenommen hat, nicht in Erfüllung ging. Beim vierten Versuch dann hat diese 800-Meter-Läuferin ihre Goldmedaille bei der Olympiade in Sydney gewonnen. Versuchen, versuchen. Die Angst hat sie nicht dazu gebracht, sich in sich selbst zu verschließen; ihre neun Titel bei Weltmeisterschaften haben sie nicht ihr Volk, ihre Wurzeln vergessen lassen, sondern sie hat sich weiter um die notleidenden Kinder Mosambiks gekümmert. So lehrt uns der Sport, in unseren Träumen beharrlich zu sein!

Ich möchte ein weiteres wichtiges Element hinzufügen: Nein zur Angst, nein zur Resignation und jetzt ein weiteres wichtiges Element: Schließt die älteren Menschen bei euch nicht aus!

Auch die älteren Menschen bei euch können helfen, dass eure Träume und eure Wünsche nicht verblassen, nicht vom ersten Wind der Schwierigkeiten oder der Ohnmacht hinweggefegt werden. Die Alten sind unsere Wurzeln. Sagen wir es? [Alle: Die Alten sind unsere Wurzeln. Die Alten sind unsere Wurzeln.] Die vorangegangenen Generationen haben euch viel zu sagen, viel zu bieten. Es stimmt, dass wir, die Alten, dies mitunter auf autoritäre Weise tun, in Form von Ermahnung und unter Furchteinflößung. Es stimmt, dass wir zuweilen Angst machen oder wir uns einbilden, dass ihr genau wie wir handelt, redet und lebt. Das ist falsch. Ihr müsst hingegen eure eigenen Schlüsse ziehen, aber dabei die hören und achten, die euch vorangegangen sind. Habt ihr es nicht so mit eurer Musik gemacht? Den traditionellen Rhythmus Mosambiks, den „Marrabenta“, habt ihr mit anderen modernen Rhythmen verbunden, und so ist der „Pandza“ entstanden. Ihr habt euch zu eigen gemacht, was ihr von euren Eltern und Großeltern gehört, wie ihr sie singen und tanzen gesehen habt. Das ist der Weg, den ich euch vorschlage: einen »Weg […], der aus Freiheit, Enthusiasmus, Kreativität und neuen Horizonten besteht, wobei ihr aber zugleich die nährenden und tragenden Wurzeln pflegen sollt« (ebd., 184). Die Alten sind unsere Wurzeln. [Alle: Die Alten sind unsere Wurzeln]   

Das sind alles kleine Dinge, die euch den notwendigen Halt geben können, um in Momenten der Schwierigkeit nicht aufzugeben, sondern einen Hoffnungsspalt zu öffnen; einen Spalt, der euch helfen wird, euren Einfallsreichtum einzubringen als auch neue Wege und Räume zu finden, um den Problemen im Geist der Solidarität zu begegnen.

Viele von euch sind in einer Zeit des Friedens geboren, eines mühsamen Friedens, der verschiedene Phasen erlebt hat – einige waren ungetrübter und andere angespannt. Der Frieden ist ein Prozess, den auch ihr voranbringen sollt, indem ihr stets eure Hand reicht, vor allem denen, die schwierige Augenblicke durchmachen. Groß ist die Macht der ausgestreckten Hand und der Freundschaft, die sich in konkreten Gesten zeigt! Ich denke an das Leid jener jungen Menschen, die voller Träume auf Arbeitssuche in die Stadt gekommen sind und heute ohne ein Zuhause sind, ohne Familie und ohne eine helfende Hand. Wie wichtig ist es zu lernen, anderen eine helfende und ausgestreckte Hand zu bieten! Diese Geste, die Geste der ausgestreckten Hand! Alle gemeinsam! Die Geste der ausgestreckten Hand. [Alle: Die Geste der ausgestreckten Hand]. Danke. Sucht auch in der Freundschaft zu denen zu wachsen, die anders denken als ihr, sodass die Solidarität unter euch zunimmt und die beste Waffe wird, um die Geschichte zu verändern. Die Solidarität ist die beste Waffe, um die Geschichte zu verändern.

Das Bild der ausgestreckten Hand lässt uns auch an die Notwendigkeit denken, uns in der Sorge um das gemeinsame Haus zu engagieren. Zweifelsohne seid ihr mit wunderbaren Naturschönheiten gesegnet: Wälder und Flüsse, Täler und Berge und viele schöne Strände.

Vor einigen Monaten habt ihr leider unter die Gewalt zweier Wirbelstürme gelitten; ihr habt die Auswirkungen des ökologischen Verfalls gesehen, in dem wir uns befinden. Viele, einschließlich eine große Zahl junger Menschen, haben schon die unaufschiebbare Aufgabe angenommen, unser gemeinsames Haus zu bewahren. Das ist unsere Aufgabe: unser gemeinsames Haus zu bewahren.

Erlaubt mir, dass ich euch noch einen letzten Gedanken mitgebe: Gott liebt euch; und hierin stimmen alle religiösen Traditionen überein. »Für ihn bist du wirklich wertvoll, du bist nicht unbedeutend, du bist ihm wichtig, denn du bist das Werk seiner Hände. Weil er dich liebt. Versuche, einen Moment in Stille zu bleiben und dich von ihm lieben zu lassen. Versuche, alle Stimmen und inneren Schreie zum Schweigen zu bringen, und verbleibe für einen Augenblick in seiner liebevollen Umarmung« (ebd., 115). Tun wir es jetzt gemeinsam [sie verharren einen Augenblick in Stille].

Die Liebe des Herrn kennt sich eher mit dem Wiederaufstieg als mit dem Fall aus, mehr mit der Versöhnung als mit Verboten, mehr mit dem Gewähren neuer Möglichkeiten als mit der Verdammnis, mehr mit der Zukunft als mit der Vergangenheit« (ebd., 116).

Ich weiß, dass ihr an diese Liebe glaubt, welche Versöhnung möglich macht;

Danke. Und, bitte, vergesst nicht, für mich zu beten.

Gott segne euch.

 

 


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