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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 17. März 2004

 

Lesung: Psalm 21,2–5.8.14

1 Dank für den Sieg des Königs [Für den Chormeister. Ein Psalm Davids.]
2 An deiner Macht, Herr, freut sich der König; über deine Hilfe, wie jubelt er laut!
3 Du hast ihm den Wunsch seines Herzens erfüllt, ihm nicht versagt, was seine Lippen begehrten. [Sela]
4 Du kamst ihm entgegen mit Segen und Glück, du kröntest ihn mit einer goldenen Krone.
5 Leben erbat er von dir, du gabst es ihm, viele Tage, für immer und ewig.
8 Denn der König vertraut auf den Herrn, die Huld des Höchsten läßt ihn niemals wanken.
14 Erhebe dich, Herr, in deiner Macht! Deiner siegreichen Kraft wollen wir singen und spielen.

1. Die Liturgie der Vesper hat aus Psalm 21 den Teil herausgenommen, den wir soeben gehört haben, und den anderen ausgelassen, der Verwünschungen enthält (vgl. V. 9–13). Der erstgenannte Teil handelt von der Gunst und Hilfe, die Gott dem König in Vergangenheit und Gegenwart erwiesen hat, während im anderen Teil vom zukünftigen Sieg des Königs über seine Feinde die Rede ist.

Der Text, der Gegenstand unserer Betrachtung ist (vgl. V. 2–8.14), gehört zur Gruppe der Königslieder. Im Mittelpunkt steht also das Werk Gottes zugunsten des jüdischen Herrschers, der vielleicht am Fest seiner Inthronisierung dargestellt wird. Am Anfang (vgl. V. 2) und am Ende (vgl. V. 14) scheint gleichsam ein Zuruf der ganzen Versammlung zu erklingen, während der Mittelteil des Hymnus die Tonart eines Dankliedes hat, das der Psalmist an Gott richtet für die dem König erwiesenen Wohltaten: »Segen und Glück« (V. 4), »viele Tage« (V. 5), »Ruhm« (V. 6) und »Freude« (V. 7).

Es ist leicht verständlich, daß dieses Lied – wie es bei anderen Königsliedern des Psalters geschehen ist – eine neue Deutung erfahren hat, als in Israel die Monarchie verschwand. Aus diesem Psalm wurde schon im Judaismus ein Hymnus zu Ehren des Messias-Königs. Damit wurde der Weg für die christologische Deutung bereitet, die in der Liturgie vorgenommen wird.

2. Werfen wir zunächst einen Blick auf den Text im ursprünglichen Sinn. Man spürt eine frohe Atmosphäre, in der Lieder erklingen zum festlichen Ereignis: »An deiner Macht, Herr, freut sich der König; über deine Hilfe, wie jubelt er laut!« … Deiner siegreichen Kraft wollen wir singen und spielen« (V. 2.14). Es werden dann Gottes Wohltaten an den König aufgezählt: Gott hat sein Gebet erhört (vgl. V. 3), und er krönt ihn mit einer goldenen Krone (vgl. V. 4). Der Glanz des Königs ist an das göttliche Licht gebunden, das ihn wie ein schützender Mantel einhüllt: »Du hast ihn bekleidet mit Hoheit und Macht« (V. 6).

Im alten Vorderen Orient glaubte man, daß der König von einer Aureole umgeben sei, die seine Teilhabe am Wesen der Gottheit selbst bewies. Für die Bibel ist der König natürlich »Sohn« Gottes (vgl. Ps 2,7), allerdings nur in metaphorischem und übertragenem Sinn. Also muß er der Stellvertreter des Herrn für den Schutz der Gerechtigkeit sein. Für diese Sendung umgibt ihn Gott mit seinem wohltuenden Licht und seinem Segen.

3. Der Segen ist ein bedeutendes Thema in diesem kurzen Hymnus: »Du kamst ihm entgegen mit Segen und Glück … Du machst ihn zum Segen für immer« (Ps 21,4.7). Der Segen ist das Zeichen der Gegenwart Gottes, die im König wirksam ist, der so ein Widerschein des göttlichen Lichtes inmitten der Menschheit wird.

Der Segen umfaßt in der biblischen Tradition auch das Geschenk des Lebens, das auf den Gesalbten ausgegossen wird: »Leben erbat er von mir, du gabst es ihm, viele Tage, für immer und ewig« (V. 5). Der Prophet Natan hatte David auch diesen Segen als Quelle der Stabilität, Unterstützung und Sicherheit verheißen, und David hatte gebetet: »So segne jetzt gnädig das Haus deines Knechtes, damit es ewig vor deinen Augen Bestand hat. Denn du, mein Herr und Gott, hast es versprochen, und mit deinem Segen wird das Haus deines Knechtes für immer gesegnet sein« (2 Sam 7,29).

4. Wenn wir diesen Psalm beten, werden wir sehen, daß sich hinter dem Bild des jüdischen Königs das Antlitz Christi, des messianischen Königs, abzeichnet. Er ist »der Abglanz der Herrlichkeit « des Vaters (Hebr 1,3). Er ist der Sohn in vollem Sinne und damit die vollkommene Gegenwart Gottes inmitten der Menschheit. Er ist Licht und Leben, wie Johannes im Prolog seines Evangeliums verkündet: »In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen« (1,4). Auf der gleichen Linie hat später Irenäus, der Bischof von Lyon, in seinem Kommentar zu diesem Psalm das Thema des Lebens (vgl. Ps 21,5) auf die Auferstehung Christi angewandt: »Aus welchem Grund sagt der Psalmist: ›Leben erbat er von dir‹, wenn Christus sterben sollte? Der Psalmist verkündet also seine Auferstehung von den Toten und daß er, von den Toten auferstanden, unsterblich ist. Denn er hat das Leben angenommen, um wiederzuerstehen, und einen langen Zeitraum in der Ewigkeit, um unverweslich zu sein« (Esposizione della predicazione apostolica, 72, Milano 1979, S. 519).

Auf Grund dieser Gewißheit hat auch der Christ die Hoffnung auf das Geschenk des ewigen Lebens.


Gott krönt das auserwählte Volk mit seinem Segen. Diese Gewißheit spricht aus Psalm 21, der zu den Königsliedern des Alten Testamentes gehört. Als Zeichen göttlicher Gegenwart beinhaltet der Segen nach biblischer Tradition das Geschenk des Lebens, das Gott dem König zuteil werden läßt: „Du kamst ihm entgegen mit Segen und Glück ... Leben erbat er von dir, du gabst es ihm" (Ps 21, 4-5).

Die Figur des Königs hat in der Geschichte des Gottesvolkes eine messianische Deutung erfahren. Uns Christen scheint im Bild des Königs das Antlitz Jesu Christi auf. Er ist der Abglanz der Herrlichkeit des Vaters (vgl. Hebr 1, 3). Seine Auferstehung von den Toten krönt das menschliche Leben unüberbietbar. In ihm allein liegt unsere Hoffnung auf ewiges Leben.

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Herzlich grüße ich die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern. In besonderer Weise heiße ich heute Priesterjubilare aus dem Bistum Münster sowie Mitarbeiter der Dombauhütte Mainz willkommen. Wir Christen sind berufen, das Licht der Welt zu sein. Tragt Christi Botschaft durch eure Worte und Taten zu den Menschen von heute! Gottes Liebe stärke euch!

 



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