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SELIGSPRECHUNG VON FÜNF DIENERN GOTTES

PREDIGT VON JOHANNES PAUL II.

Sonntag, 9. April 2000

 

1. »[…] wir wollen Jesus sehen« (Joh 12,21).

Mit dieser Bitte wenden sich einige Griechen, die sich anläßlich des Paschafestes nach Jerusalem begeben hatten, an Philippus. Ihr Wunsch, Jesus zu begegnen und sein Wort zu hören, ruft eine feierliche Antwort hervor: »Die Stunde ist gekommen, daß der Menschensohn verherrlicht wird« (Joh 12,23). Welche Stunde ist dies, auf die Jesus hinweist? Der Kontext erklärt es: Es ist die geheimnisvolle und feierliche »Stunde« seines Todes und seiner Auferstehung.

Jesus sehen! Wie diese Gruppe von Griechen hatten im Laufe der Jahrhunderte unzählige Menschen den Wunsch, den Herrn kennenzulernen. Sie betrachteten ihn mit den Augen des Glaubens. Sie erkannten ihn als den gekreuzigten und auferstandenen Messias an, ließen sich von ihm ergreifen und wurden zu seinen treuen Jüngern. Es sind die Heiligen und Seligen, die uns die Kirche vorstellt als Beispiele und Vorbilder, die wir nachahmen und denen wir nachfolgen sollen.

Im Rahmen der Feierlichkeiten des Heiligen Jahres habe ich heute die Freude, einige neue Selige zur Ehre der Altäre zu erheben. Es sind fünf Bekenner des Glaubens, die Christus durch das Wort verkündeten und ihn durch ihren unablässigen Dienst an den Brüdern bezeugt haben. Es handelt sich um Mariano de Jesús Euse Hoyos, Diözesanpriester und Pfarrer; Franz Xaver Seelos, Profeßpriester der Kongregation des Allerheiligsten Erlösers (Redemptoristen); Anna Rosa Gattorno, Witwe, Gründerin des Institutes der Töchter der hl. Anna; Maria Elisabeth Hesselblad, Gründerin des Ordens der Schwestern des Heiligsten Erlösers von der hl. Birgitta; Mariam Theresia Chiramel Mankidiyan, Gründerin der Kongregation der Heiligen Familie.

In spanischer Sprache sagte der Papst:

2. »Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein« (Joh 12,26), so spricht Jesus zu uns im Evangelium, das wir soeben gehört haben. Durch die treue Nachfolge Jesu Christi und die selbstlose Ausübung seines priesterlichen Dienstes zeichnete sich Pfarrer Mariano de Jesús Euse Hoyos aus, den ich heute zur Ehre der Altäre erhebe. Durch seine innere Erfahrung der Begegnung mit dem Herrn geprägt, setzte sich »Padre Marianito«, wie er in seiner Heimat liebevoll genannt wurde, unermüdlich für die Evangelisation von Kindern und Erwachsenen, insbesondere von Landarbeitern, ein. Er scheute keine Opfer und Mühen und wirkte beinahe fünfzig Jahre in einer bescheidenen Pfarrei in Angostura, in Antioquia, zur Ehre Gottes und zum Wohl der ihm anvertrauten Seelen.

Sein leuchtendes Zeugnis der Nächstenliebe, des Verständnisses, des Dienstes, der Solidarität und der Vergebung mögen für Kolumbien ein Vorbild und eine wertvolle Hilfe sein bei der Arbeit für den Frieden und die vollkommene Wiederversöhnung in diesem geliebten Land. So wie der 9. April vor zweiundfünfzig Jahren zum Ausgangspunkt von Gewalttätigkeiten und Konflikten wurde, die bedauerlicherweise bis heute andauern, so stellt der heutige Tag im Jahr des Großen Jubiläums den Beginn einer neuen Wegstrecke dar, auf der alle Kolumbianer gemeinsam das neue Kolumbien errichten, das auf den Fundamenten des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit, der Anerkennung aller Menschenrechte und der brüderlichen Liebe zwischen den Kindern ein und desselben Vaterlandes gründet.

Der Papst ging zur englischen Sprache über:

3. »Mach mich wieder froh mit deinem Heil; mit einem willigen Geiste rüste mich aus! Dann lehre ich Abtrünnige deine Wege, und die Sünder kehren um zu dir« (Ps 51, 14–15). Diese Worte des Psalmisten meditierte Pater Franz Xaver Seelos häufig, dem Geist und Charisma der Kongregation der Redemptoristen getreu, der er angehörte. Von der Gnade Gottes und einem intensiven Glaubensleben unterstützt, verließ Seelos seine Heimat Bayern und widmete sich großherzig und freudig dem missionarischen Apostolat der Gemeinden von Immigranten in den Vereinigten Staaten.

An den verschiedenen Orten, an denen er wirkte, brachte Pater Franz Xaver seine Begeisterung, seinen Opfergeist und seinen apostolischen Eifer ein. Den Verlassenen und Einsamen verkündete er die Botschaft von Jesus Christus, dem »Urheber des ewigen Heils« (Hebr 5,9), und während der vielen Stunden, die er im Beichtstuhl verbrachte, konnte er viele dazu überzeugen, zu Gott zurückzukehren. Heute lädt der sel . Franz Xaver Seelos die Mitglieder der Kirche dazu ein, ihre Einheit mit Christus durch die Sakramente der Beichte und der Eucharistie zu vertiefen. Durch seine Fürsprache mögen alle, die im Weinberg für die Rettung des Volkes Gottes arbeiten, in ihrer Aufgabe ermutigt und gestärkt werden.

Auf italienisch fuhr der Papst fort:

4. »Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen« (Joh 12,32). Tatsächlich wird Jesus von der Höhe des Kreuzes aus der Welt die grenzenlose Liebe Gottes gegenüber der heilsbedürftigen Welt offenbaren. Unwiderstehlich von dieser Liebe angezogen, verwandelte Anna Rosa Gattorno ihr Leben in ein beständiges Opfer zur Bekehrung der Sünder und zur Heiligung aller Menschen. »Sprachrohr Jesu« zu sein, um überall die Botschaft von seiner rettenden Liebe zu verbreiten: dies war das tiefste Verlangen ihres Herzens!

In vollkommenem Vertrauen gegenüber der göttlichen Vorsehung und von mutiger und tatkräftiger Nächstenliebe angetrieben, hatte die sel. Anna Rosa Gattorno ein einziges Ziel, nämlich Christus in den leidenden Gliedern und den Wunden des Nächsten zu dienen, und dies mit mütterlichem Feingefühl und Aufmerksamkeit für die menschliche Not.

Dieses einzigartige Zeugnis der Nächstenliebe, das uns die neue Selige hinterläßt, stellt bis heute eine belebende Ermutigung dar für diejenigen, die sich in der Kirche dafür einsetzen, die Botschaft von Gott zu übermitteln, der die Wunden jedes Herzen heilt und allen die Fülle des ewigen Lebens anbietet.

Johannes Paul II. wechselte wieder ins Englische:

5. »Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen« (Joh 12,32). Die Verheißung Jesu erfüllt sich auf wunderbare Weise auch im Leben von Maria Elisabeth Hesselblad. Ebenso wie die aus dem selben Land stammende hl. Birgitta erwarb auch sie durch das Gebet und die im Leben gemachten Erfahrungen ein tiefes Verständnis von der Weisheit des Kreuzes. Ihre erste Erfahrung mit der Armut, ihr Umgang mit den Kranken, die sie durch ihre Gelassenheit und ihr Vertrauen in die Liebe Gottes beeindruckten, und ihre Beharrlichkeit trotz zahlreicher Hindernisse bei der Gründung des Ordens des Hlst. Erlösers von der hl. Birgitta, lehrten sie, daß das Kreuz der Mittelpunkt des menschlichen Lebens und die äußerste Offenbarung der Liebe des himmlischen Vaters ist. Indem sie beständig das Wort Gottes meditierte, wurde Schwester Elisabeth in ihrer Entscheidung bestärkt, dafür zu arbeiten und zu beten, daß alle Christen eins seien (Joh 17,21).

Sie war davon überzeugt, daß die Christen, wenn sie auf die Stimme des gekreuzigten Herrn hören, in einer Herde unter einem Hirten zusammenkommen werden (vgl. Joh 10,16). Von Anfang an setzte sich der von ihr gegründete Orden durch Gebet und Zeugnis im Geiste des Evangeliums für die Sache der Einheit der Christen ein. Durch die Fürsprache der sel. Maria Elisabeth Hesselblad, dieser Wegbereiterin der Ökumene, möge Gott die Bemühungen der Kirche segnen und ertragreich machen, eine immer tiefergehendere Gemeinschaft zu errichten und eine immer wirksamere Zusammenarbeit zwischen allen Jüngern Christi zu fördern.

6. »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht« (Joh 12,24). Seit ihrer Kindheit wußte Mariam Thresia Mankidiyan gefühlsmäßig, daß Gottes Liebe zu ihr eine tiefe persönliche Läuterung von ihr verlangte. Indem sie sich zu einem Leben des Gebetes und der Buße verpflichtete, machte der feste Wille von Schwester Mariam Thresia, das Kreuz Christi zu umarmen, es ihr möglich, gegenüber den häufigen Mißverständnissen und harten geistlichen Prüfungen standhaft zu bleiben. Das geduldige Ergründen ihrer Berufung führte zur Gründung der Kongregation der Heiligen Familie, welche sich noch immer an ihrer spirituellen Geisteshaltung und ihrer Liebe zu den Armen bereichert.

In der Überzeugung, daß »Gott denen das ewige Leben schenken wird, die die Sünder bekehren und sie auf den rechten Weg zurückführen« (Brief 4 an ihren geistlichen Vater), widmete sich Schwester Mariam dieser Aufgabe durch Besuche und Ratschläge, durch Gebete und Bußübungen. Mögen durch die Fürsprache der sel. Mariam Thresia alle Ordensleute, Männer und Frauen, in ihrer Berufung bestärkt werden, für die Sünder zu beten und die anderen durch Wort und Beispiel zu Christus zu ziehen.

Der Papst kehrte ins Italienische zurück:

7. »Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein« (Jer 31,33). Gott ist unser einziger Herr, und wir sind sein Volk. Dieser unauflösbare Liebesbund zwischen Gott und der Menschheit fand seine vollkommene Erfüllung im österlichen Opfer Christi. In ihm werden wir, obgleich wir verschiedenen Ländern und Kulturen angehören, zu einem einzigen Volk, zu einer einzigen Kirche, zu einem geistlichen Gebäude, dessen lichtreiche und feste Steine die Heiligen sind.

Danken wir dem Herrn für das glanzvolle Zeugnis dieser neuen Seligen. Blicken wir auf sie, besonders jetzt in der Fastenzeit, um daraus Anregungen für die Vorbereitung der herannahenden Osterfeiern zu gewinnen.

Maria, die Königin der Bekenner, helfe uns dabei, ihrem göttlichen Sohn zu folgen, so wie es die neuen Seligen taten. Und ihr, Mariano de Jesús Euse Hoyos, Franz Xaver Seelos, Anna Rosa Gattorno, Maria Elisabeth Hesselblad, Mariam Thresia Chiramel Mankidiyan, bittet für uns, damit wir, innerlich an der Passion Christi teilhabend, die Fruchtbarkeit des Weizenkorns, das stirbt, erleben können und als seine Ernte im Himmelreich aufgenommen werden. Amen!

 

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