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JOHANNES PAUL II.

AUDIENZ FÜR DIE TEILNEHMER AN DER
VOLLVERSAMMLUNG DER KONGRAGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

Freitag, 18. Januar 2002

 

Hochwürdigste Herren Kardinäle, 
liebe Mitbrüder im Bischofs-und Priesteramt, 
liebe Brüder und Schwestern!

1. Mit Freude empfange ich euch am Ende der Vollversammlung eures Dikasteriums. Ich begrüße jeden einzelnen sehr herzlich und danke ganz besonders eurem Präfekten, Herrn Kardinal Joseph Ratzinger, für die trefflichen Worte, mit denen er eure Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat.

Ich habe gehört, was der Kardinalpräfekt über die Arbeiten berichtete, die ihr in diesen Tagen der intensiven Reflexion geleistet habt. Erlaubt mir, daß ich euch vor allem einige Überlegungen und Anstöße zur tieferen Sinngebung eurer Versammlung vorlege. Die Kirche braucht diese ständige brüderliche Auseinandersetzung und lebt aus ihr, aus diesem Zufluß und Rückfluß, denn nur daraus erwächst eine tatsächliche und wirksame Zusammenarbeit zwischen den Dikasterien der Römischen Kurie und den Bischofskonferenzen und folglich auch mit den Generaloberen der Institute geweihten Lebens und der Gesellschaften apostolischen Lebens. Ohne eine solche Zusammenarbeit, die aus einer gefestigten Einheit von Zielsetzungen erwächst, könnte die Kirche nicht wirklich sie selbst sein, das heißt die Gemeinschaft derer, die durch die engste Bindung zusammengerufen sind, das heißt durch die Bindung, die aus der Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist erwächst. 

Eine solche Einheit und Zusammenarbeit zu suchen und dann diesen Zielsetzungen treu zu folgen, die unser gemeinsames christliches Zeugnis in diesem Abschnitt der Geschichte leiten müssen, ist die erste Forderung unserer Treue zum Herrn, jener Treue, die unserem Dasein Sinn gibt. Eine verstärkte Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Dikasterien, den Bischofskonferenzen und den Generaloberen ist somit die erste Frucht, die wir für unsere Begegnung heute erbitten müssen. 

2. Hinsichtlich der vom Kardinalpräfekten dargelegten Themen scheint es mir angebracht, insbesondere das Problem der Vermittlung der Lehrschreiben zu nennen, die eure Kongregation als wertvolles Organ im Dienst meines universalen Hirtenamtes laufend veröffentlicht. Dabei besteht vor allem das Problem der Rezeption ihrer Inhalte und der Zusammenarbeit bei der Verbreitung und Umsetzung der daraus erwachsenden praktischen Konsequenzen. Das Problem berührt alle Dikasterien der Römischen Kurie, die durch denselben Glauben und denselben Willen zur Verkündigung und zum Zeugnisgeben miteinander verbunden sind. Denn in der Kirche ist alles auf die Verkündigung Jesu Christi, des Erlösers, ausgerichtet. 

Aber dann gibt es das Problem der Weitergabe der Grundwahrheiten, auf die diese Dokumente hinweisen, an die Gläubigen, ja an alle Menschen und insbesondere an die Theologen und die Kulturschaffenden. Hier wird die Frage noch schwieriger und erfordert Aufmerksamkeit und wohlüberlegtes Vorgehen. Welche Auswirkungen hat die Dynamik der Massenmedien auf diese Schwierigkeiten der Rezeption? Wieviel entnimmt sie besonderen geschichtlichen Situationen? Oder was ergibt sich aus der Schwierigkeit, den strengen Anforderungen des Sprachgebrauchs des Evangeliums zu entsprechen, der doch eine befreiende Kraft besitzt? Das sind Themen, die eure Versammlung gewiß schon erörtert hat, die aber offensichtlich noch mehr Zeitaufwand und entsprechende Studien erfordern. 

Ich meinerseits möchte nur den Nutzen dieses gegenseitigen Anhörens hervorheben, denn die unterschiedlichen Vorschläge ermöglichen es, wenn sie entsprechend abgewogen und bedacht werden, die Botschaft in ihrer Gesamtheit an die größtmögliche Anzahl von Personen zu übermitteln. Außerdem besteht die offensichtliche Notwendigkeit, die Bischofskonferenzen, die einzelnen Bischöfe und durch sie alle Verkünder des Evangeliums in das Werk der Sensibilisierung für die dringlichsten aktuellen Themen der Glaubensverkündigung stärker miteinzubeziehen. Schließlich gibt es das Problem des konsequenten Lebensstils; diese Reaktionen sind eine Herausforderung und Einladung, auch mit dem Leben immer mehr die Zentralität der Liebe Christi in unserem Dasein zu bezeugen im Gegensatz zu den flüchtigen Perspektiven, die ihre überzeugende Kraft verdunkeln. 

3. Was das Thema Eucharistie und Kirche betrifft, ist es nicht notwendig, daß ich hier mit ausführlichen Worten eingehe auf seine Bedeutung für das Leben der Welt, in die uns der Herr als Samenkorn der Erneuerung gesandt hat. Die Kirche zu ihrer eucharistischen Quelle zurückführen heißt, ihr Wahrhaftigkeit und Kraft zu schenken, indem sie von den weniger dringenden Diskussionen organisatorischer Natur befreit wird, und ihr die Ziele der Weihe an Gott und des brüderlichen Teilens anzubieten, die es erlauben werden, auch Zersplitterungen und Spaltungen in der Zeit zu überwinden. Anderseits gestattet es die Dramatik des eucharistischen Opfers Christi nicht, daß es auf eine einfache Mahlgemeinschaft reduziert wird, sondern es bleibt immer ein Zeichen, dem widersprochen wird, und damit auch ein Maßstab für uns, inwieweit wir Gott und den Brüdern gegenüber der Radikalität seiner Botschaft entsprechen. 

Was die andere Thematik, das heißt das Studium über den Bedeutungsverlust des Naturgesetzes betrifft, scheint es mir angebracht, darauf hinzuweisen – wie ich es im übrigen mehrmals in den Enzykliken "Veritatis splendor", "Evangelium vitae" und "Fides et Ratio" getan habe –, daß wir uns hier im Bereich einer Lehre befinden, die zum großen Erbe der menschlichen Weisheit gehört, das dank des Lichtes der göttlichen Offenbarung gereinigt und bis zu seiner Fülle gebracht wurde. Das Naturrecht ist die Teilhabe des vernunftbegabten Geschöpfes am ewigen Gesetz Gottes. Seine Bestimmung schafft einerseits eine grundlegende Verbindung zum neuen Gesetz des Lebens im Geist Jesu Christi und bietet auch eine breite Plattform für den Dialog mit Personen anderer geistiger Einstellung oder Bildung bei der Suche nach dem Gemeinwohl. In einem so entscheidenden Augenblick für das Schicksal so vieler Nationen, Gemeinschaften und Personen, vor allem der Schwächsten in aller Welt, kann ich nicht umhin, mich über die begonnene Studie zu freuen, die den Wert einer solchen Lehre auch im Hinblick auf die Herausforderungen entdecken will, denen die christlichen Gesetzgeber bei ihrer Pflicht, die Würde und Rechte des Menschen zu schützen, begegnen. 

4. Zum Schluß danke ich euch für den Dienst, den ihr als Kongregation übernommen habt, um bei der Beurteilung mancher schwerwiegender moralischer Probleme mitzuhelfen, die besondere Sachkenntnis und Vertiefung erfordern; im Hinblick auf diese Probleme ist medizinisches Eingreifen notwendig und sind darüber hinaus weitere angemessene Wege der Erziehung und Formung mit sachkundiger Begleitung zu erproben. 

»Duc in altum! – Fahr hinaus!«, sagte Jesus zu Petrus und seinen Gefährten am Ufer von Galiläa. Die Kongregation für die Glaubenslehre »fährt hinaus« mit diesen Themen, die sie beim Anbruch des neuen Jahrtausends in einer weitreichenden Reflexion in Angriff genommen hat, die der ganzen Kirche erlauben wird, mit mehr Entschiedenheit in Herz und Sinn aller Mitglieder der Menschheitsfamilie einzudringen, um auf diese Weise alle zu dem einen gemeinsamen Ursprung, zum Vater, zurückzuführen, der uns so sehr geliebt hat, daß er seinen einzigen Sohn, den geliebten Sohn, zur Rettung der Welt hingegeben hat.

 

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