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KONZERT ZU EHREN VON PAPST BENEDIKT XVI., VERANSTALTET 
VOM ITALIENISCHEN ERDÖL- UND ENERGIEKONZERN ENI

ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.

Aula Paolo VI
Freitag, 1. Oktober 2010

(Video)

 

Verehrte Mitbrüder,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!

Zunächst gilt mein aufrichtiger Dank dem italienischen Erdöl- und Energiekonzern ENI, vertreten in der Person seines Präsidenten, Prof. Roberto Poli, der freundlicherweise in diesen Abend eingeführt hat. Schon seit einiger Zeit hatte ENI angeboten, ein Konzert zum Abschluß der Restaurierungsarbeiten an den Seitenfassaden des Petersdoms zu organisieren. Nach dem Abschluß der denkwürdigen Säuberung der Hauptfassade, die im Jubiläumsjahr 2000 von Millionen Pilgern bewundert wurde, ist nun dieses weitere, große Werk in vollem Gange: Betritt man den Vatikan durch den Arco delle Campane oder den Arco Petriano, ist man beim Blick auf den bereits fertiggestellten Teil beeindruckt vom Aussehen des Travertins, der so erscheint, wie wir ihn noch nie gesehen haben, fast weich und samtig. Auch dies ist eine große »orchestrale Arbeit «, und all jene, die sie leiten und die sie mit Meisterschaft und Mühe durchführen, verdienen einen Applaus!

Und so kam ENI der Gedanke an ein Konzert – vielleicht auch als Ausgleich für den unvermeidlichen Lärm, den diese Arbeiten verursachen! Dafür wurden das Orchester und der Chor der »Accademia Nazionale di Santa Cecilia« engagiert, das heißt zwei Institutionen, die aufgrund ihrer Geschichte, ihrer künstlerischen Qualität und ihres typisch »italienischen« Klanges Rom und Italien im internationalen Musikpanorama repräsentieren. Allen Orchestermusikern und Chorsängern möchte ich meinen Glückwunsch aussprechen in der Hoffnung, daß sie sich immer im Geiste erneuern können, um – wie an diesem Abend – unsterblichen Werken Leben zu verleihen. Meine hohe Wertschätzung gilt insbesondere dem Dirigenten Neeme Järvi, dem Pianisten Andrea Lucchesini und dem Chorleiter Ciro Visco. Einen besonderen Gruß richte ich an die Gruppe von Armen, die von der diözesanen Caritas betreut werden und die ich einladen wollte, um mit uns diesen freudigen Moment zu erleben.

Und nun ein paar Gedanken zur Musik, die wir gehört haben: eine Sinfonie von Haydn, die zu den »Londoner Sinfonien« gehört und wegen des charakteristischen Einsatzes der Pauke im zweiten Satz auch »Sinfonie mit dem Paukenschlag « oder »The surprise« [Die Überraschung] genannt wird; die Chorfantasie von Beethoven, eine für das Beethovensche Oeuvre eher untypische Musikgattung, die aber zusammenfassend die Ausdrucksmöglichkeiten der solistischen, orchestralen und chorischen Musik zeigt; und dazwischen Cecilia, Vergine romana von Arvo Pärt. Die beiden Werke von Haydn und Beethoven haben den ganzen Reichtum und die Kraft der sinfonischen Musik aus der Zeit der Klassik und Romantik erklingen lassen: in ihr wetteifert das Genie des menschlichen Geistes mit der Kreativität der Natur, erschafft verschiedene und vielgestaltige Harmonien, und auch die menschliche Stimme hat teil an dieser Sprache, die gleichsam ein Widerschein der großen kosmischen Sinfonie ist. Diese Form ist vor allem charakteristisch für die Zeit der Romantik und der Spätromantik, aber sie geht darüber hinaus und stellt eine universale Dimension der Kunst dar, eine Art und Weise den Menschen und seinen Platz in der Welt zu verstehen.

Das Werk von Pärt dagegen möchte – auch wenn es sich ähnlicher Mittel bedient: eines Sinfonieorchesters und eines Chores – einer anderen Wirklichkeit Ausdruck verleihen, die nicht zur natürlichen Welt gehört: es verleiht dem Zeugnis des Glaubens an Christus Stimme, das in einem Wort »Martyrium« heißt. Interessanterweise wird dieses Zeugnis gerade von der hl. Cäcilie verkörpert: eine Märtyrerin, die auch die Patronin der Musik und des Gesangs ist.

Man sollte auch jene beglückwünschen, die das Konzertprogramm geplant haben, denn die Zusammenstellung dieses Werkes über die hl. Cäcilia mit den Werken von Haydn und Beethoven bietet einen bedeutungsreichen Kontrast, der zum Nachdenken einlädt. Der Text des Martyriums der Heiligen und der besondere Stil seiner musikalischen Interpretation scheinen den Ort und die Aufgabe des Glaubens im Universum darzustellen: mitten in den Lebenskräften der Natur, die den Menschen umgeben und auch in ihm selbst sind, ist der Glaube eine andere Kraft, die auf ein tiefes Wort antwortet, »das aus dem Schweigen hervorgegangen« ist, wie der hl. Ignatius von Antiochien sagen würde. Das Wort des Glaubens braucht ein tiefes inneres Schweigen, um auf eine Stimme, die über das Sichtbare und Berührbare hinausgeht, zu hören und ihr zu gehorchen. Diese Stimme spricht auch durch die Naturphänomene, weil sie die Kraft ist, die das Universum geschaffen hat und es lenkt; um sie aber zu erkennen, ist ein demütiges und gehorsames Herz notwendig – wie es uns auch die Heilige lehrt, derer wir heute gedenken: die hl. Theresia vom Kinde Jesu. Der Glaube folgt dieser tief inneren Stimme dorthin, wo die Kunst allein nicht gelangen kann: er folgt ihr auf dem Weg des Zeugnisses, der Selbsthingabe aus Liebe, wie es Cäcilia getan hat. Dann ist das schönste Kunstwerk, das Meisterwerk des Menschen jeder Akt echter Liebe, vom kleinsten – im alltäglichen Martyrium – bis hin zum äußersten Opfer. Hier wird das Leben selbst Gesang: eine Vorwegnahme jener Sinfonie, die wir gemeinsam im Himmel singen werden. Nochmals danke ich Ihnen und wünsche Ihnen einen schönen Abend.

© Copyright 2010 - Libreria Editrice Vaticana



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