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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"

 

Liebe zu Gott und zum Nächsten

Dienstag, 15. Oktober 2013

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 43, 25. Oktober 2013

Heuchelei und Götzendienst »sind große Sünden«, die historischen Ursprungs sind, aber auch heute noch häufig begangen werden, und zwar auch unter den Christen. Sie zu überwinden »ist sehr schwer«: um das fertigzubringen, »bedürfen wir der göttlichen Gnade«. Das ist die Überlegung, zu der Papst Franziskus durch die Schriftlesungen der heiligen Messe angeregt wurde, die er am Dienstag, 15. Oktober, in der Kapelle von Santa Marta feierte.

»Der Herr«, so begann er, »hat uns gesagt, dass das erste Gebot lautet: Du sollst Gott anbeten, du sollst Gott lieben. Das zweite lautet: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Schriftlesung zum heutigen Tage spricht von zwei Lastern, die gegen diese beiden Gebote verstoßen«, die in Wirklichkeit, so merkte er an, nur ein einziges sind: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten. Und die Laster, von denen die Rede ist, seien in der Tat »große Sünden: der Götzendienst und die Heuchelei«. Der Apostel Paulus, betonte der Papst, spare nicht an Worten, um den Götzendienst zu beschreiben. Er sei »feurig«, »heftig« und sagt: »›Der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit‹, denn der Götzendienst ist eine Gottlosigkeit, er ist ein Mangel an Frömmigkeit. Er ist der Mangel jener in uns allen angelegten Verehrung Gottes. Und ›der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit‹, gegen die Menschen, ›die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten‹« (Röm 1,18).

Sie halten die Wahrheit des Glaubens nieder, jenes Glaubens, »der uns in Jesus Christus gegeben wurde, des Glaubens, in dem die Gerechtigkeit Gottes sich offenbart«. Und, so fuhr der Papst fort, es ist wie ein Weg von Glaube zu Glaube, »wie Johannes oft sagte: von Gnade zu Gnade, von Glaube zu Glaube. Der Weg des Glaubens.« Aber wir alle »haben es nötig, anzubeten, denn wir tragen Gottes Spur in uns«, und »wenn wir Gott nicht verehren, dann verehren wir die Geschöpfe «, und das ist »der Übergang vom Glauben zum Götzendienst.«

Die Götzendiener »können durch nichts entschuldigt werden. Obwohl sie Gott erkannt haben «, so betonte der Bischof von Rom, »haben sie ihn nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt.« Was aber ist der Weg der Götzendiener? Der hl. Paulus sagt das den Römern ganz klar und deutlich. Es ist ein Weg, der in die Verirrung führt: »Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.« Das sei es, wozu »der Egoismus des eigenen Denkens, des allmächtigen Denkens« verführe, das uns sage: »das, was ich denke, ist wahr, ich denke die Wahrheit, ich tue die Wahrheit mit meinen Gedanken«. Und gerade da, als sie sich für weise erklärten, wurden die Menschen, von denen der hl. Paulus spricht, »zu Toren. Sie vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern, die einen vergänglichen Menschen und fliegende, vierfüßige und kriechende Tiere darstellen« (Röm 1,23).

Man könnte dazu neigen, anzunehmen, so warnte der Papst, dass es sich hierbei um Verhaltensweisen der Vergangenheit handle: »keiner von uns geht heutzutage durch die Straßen und betet Statuen an.« Aber dem sei nicht so, da es »auch heute«, so der Papst, »viele Götzenbilder gibt und es auch heutzutage viele Götzenanbeter gibt. Viele halten sich für weise, auch unter uns, unter den Christen.« Und er fügte unverzüglich hinzu: »Ich spreche hier nicht von denen, die keine Christen sind; ich respektiere sie. Aber wir sprechen darüber in der Familie.« In der Tat gebe es viele Christen, »die sich für weise halten, die alles zu wissen meinen«, aber letzten Endes »›werden sie zu Toren. Sie vertauschen die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern‹: dem eigenen Ich«, mit ihren eigenen Gedanken, mit dem, was ihnen gelegen kommt. Und das sei keine Angelegenheit aus anderen Zeiten, denn »auch heutzutage«, so hob der Papst hervor, »stehen Götzenbilder auf den Straßen.«

Da sei aber noch mehr, fügte er hinzu: »Wir alle haben irgendein verborgenes Götzenbild in uns. Und wir können uns vor Gott fragen: was ist mein verborgenes Götzenbild, das den Platz einnimmt, der dem Herrn zusteht. Ein sehr frommer französischer Schriftsteller wurde sehr leicht wütend. Das war sein Fehler, er wurde sehr leicht und oft wütend. Er sagte: Wer nicht zu Gott betet, betet zum Teufel. Wenn du nicht Gott anbetest, dann betest du einen Götzen an, immer!« Das Bedürfnis des Menschen, Gott anzubeten, das sich daraus ableitet, dass wir seine »Prägung« in uns tragen, ist so groß, »dass dann, wenn der lebendige Gott nicht da ist, diese Götzenbilder da sind.«

Und um das auf geradezu provozierende Art abzuschließen, forderte der Papst alle Anwesenden dazu auf, ihr Gewissen zu befragen und sich die Frage zu stellen: »Was ist mein Götze?« Die andere Sünde »gegen das erste Gebot, das die Schriftlesung des Tages behandelt, ist die Heuchelei «, sagte der Papst weiter. Das Stichwort für diese weitere Überlegung lieferte die Erzählung aus dem Lukasevangelium (11, 37–41), in dem von »jenem Mann« die Rede ist, »der Jesus zum Essen einlädt und sich darüber aufregt, dass dieser sich vor dem Essen nicht die Hände wäscht« und der denkt, dass Jesus kein »Gerechter« sei, da er »das nicht verrichte, was verrichtet werden müsse«.

Aber so, »wie der hl. Paulus nicht mit Worten gegen die Götzendiener geize«, merkte der Heilige Vater an, »so lässt es Jesus nicht an Worten fehlen, die gegen die Heuchler gerichtet sind: ›O ihr Pharisäer! Ihr haltet zwar Becher und Teller außen sauber, innen aber seid ihr voll Raubgier und Bosheit‹. Es ist ganz klar! Ihr seid raubgierig und boshaft, ihr seid Toren.« Er »bedient sich desselben Wortes, das der hl. Paulus zu den Götzendienern sagt: sie sind Toren geworden, Toren. Und welchen Rat erteilt Jesus? ›Gebt lieber, was in den Schüsseln ist, den Armen, dann ist für euch alles rein.‹« Jesus rät also dazu, »nicht auf den Schein zu achten«, sondern direkt zur Wahrheit vorzustoßen: »Der Teller ist ein Teller, aber es ist wichtiger, was auf dem Teller liegt: das Essen. Aber wenn du eitel bist, wenn du karrieresüchtig bist, wenn du ehrgeizig bist, wenn du jemand bist, der sich seiner selbst rühmt oder der gerne angibt, weil du dich für vollkommen hältst, dann gib ein wenig Almosen, und das wird deine Heuchelei heilen.«

Der Papst schloss: »Das ist der Weg des Herrn: Gott verehren, Gott über alles lieben, und deinen Nächsten lieben. Es ist ganz einfach, zugleich aber sehr schwer. Das kann man nur mit Hilfe der Gnade tun. Bitten wir um die Gnade.«



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