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BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER EINER KONFERENZ ZUM KLIMASTRESS

Herzlich grüße ich die Organisatoren und Teilnehmer der von der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften veranstalteten Konferenz über die »Resilienz von Menschen und Ökosystemen unter Klimastress«. Ich danke Seiner Eminenz Kardinal Peter Turkson, dem Kanzler der Akademie, Seiner Exzellenz Bischof Marcelo Sánchez Sorondo und all jenen, die diese Treffen ermöglicht haben.

Das Phänomen des Klimawandels hat sich zu einer Notlage entwickelt, die nicht länger am Rande der Gesellschaft verbleibt. Vielmehr spielt der Klimawandel mittlerweile eine zentrale Rolle und bewirkt nicht nur eine Umgestaltung der industriellen und landwirtschaftlichen Systeme, sondern wirkt sich auch negativ auf die globale Menschheitsfamilie aus, insbesondere die Armen und diejenigen, die in den wirtschaftlichen Randgebieten unserer Welt leben. Wir stehen heute vor zwei Herausforderungen: zum einen ist es die Verringerung der Klimarisiken durch die Reduzierung der Emissionen und zum anderen die Unterstützung und die Befähigung der Menschen zur Anpassung an die sich immer weiter verschlechternden Klimabedingungen. Diese Herausforderungen zwingen uns zu einem multidimensionalen Ansatz, um sowohl die Einzelpersonen als auch unseren Planeten zu schützen.

Der christliche Glaube bietet in dieser Hinsicht einen besonderen Beitrag an. Das Buch Genesis erzählt uns, dass der Herr sah, dass alles, was er gemacht hatte, sehr gut war (vgl. Gen 1,31), und dass er dem Menschen die Verantwortung übertrug, Verwalter des Geschenks der Schöpfung zu sein (vgl. Gen 2,15). Im Matthäusevangelium bekräftigt Jesus das Gutsein der natürlichen Umwelt, wenn er uns an die Fürsorge Gottes für alle seine Geschöpfe erinnert (vgl. Mt 6,26.28-29). Im Lichte dieser biblischen Lehren ist also die Sorge für unser gemeinsames Haus, auch abgesehen von den Überlegungen hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels, nicht einfach ein utilitaristisches Unterfangen, sondern eine moralische Verpflichtung für alle Männer und Frauen als Kinder Gottes. In diesem Sinne muss sich jeder von uns fragen: »Was für eine Welt wollen wir für uns selbst und für diejenigen, die nach uns kommen?«

Um zur Beantwortung dieser Frage beizutragen, habe ich von einer »ökologischen Umkehr« gesprochen (vgl. Laudato si’, 216-221), die einen Mentalitätswandel und die Verpflichtung erfordert, sich einzusetzen im Hinblick auf die Widerstandsfähigkeit der Menschen und der Ökosysteme, in denen sie leben. Diese Umkehr enthält drei wichtige spirituelle Aspekte, die ich Ihnen zum Nachdenken vorlegen möchte. Der erste Aspekt ist die Dankbarkeit für Gottes liebevolles und großzügiges Geschenk der Schöpfung. Der zweite erfordert die Anerkennung der Tatsache, dass wir in einer universalen Gemeinschaft miteinander und mit den übrigen Geschöpfen der Welt verbunden sind. Die dritte beinhaltet, dass wir Umweltprobleme nicht als isolierte Einzelpersonen, sondern in Solidarität als Gemeinschaft angehen.

Auf der Grundlage dieser Aspekte sind mutige, kooperative und weitsichtige Bemühungen der religiösen, politischen, sozialen und kulturellen Verantwortlichen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene erforderlich, um konkrete Lösungen für die zunehmenden, gravierenden Probleme zu finden, denen wir gegenüberstehen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Rolle, die die wirtschaftlich stärksten Nationen bei der Reduzierung ihrer eigenen Emissionen und der Bereitstellung von finanzieller und technologischer Unterstützung spielen können, damit ärmere Regionen der Welt ihrem Beispiel folgen können. Von entscheidender Bedeutung sind auch der Zugang zu sauberer Energie und Trinkwasser, die Unterstützung der Landwirte in aller Welt bei der Umstellung auf eine klimaresiliente Landwirtschaft, das Engagement für nachhaltige Wege der Entwicklung und eine maßvolle Lebensweise, die darauf abzielen, die natürlichen Ressourcen der Welt zu erhalten sowie Bildung und Gesundheitsfürsorge für die Ärmsten und Schwächsten der Weltbevölkerung zur Verfügung zu stellen.

In diesem Zusammenhang möchte ich zwei weitere Sorgen nennen: den Verlust der biologischen Vielfalt (vgl. Laudato si’ 32-33) und die zahlreichen Kriege, die in verschiedenen Regionen der Welt geführt werden; beides bringt schädliche Folgen für das Überleben und das Wohlergehen der Menschen mit sich, darunter Probleme der Ernährungssicherheit und der zunehmenden Umweltverschmutzung. Diese Krisen, wie auch die Klimakrise der Erde, zeigen, dass »alles miteinander verbunden ist« (Fratelli tutti, 34) und dass die Förderung des langfristigen Gemeinwohls unseres Planeten für eine echte ökologische Umkehr unerlässlich ist.

Aus den oben genannten Gründen habe ich vor kurzem im Namen und im Auftrag des Staates der Vatikanstadt für den Heiligen Stuhl die Zustimmung gegeben, der UN-Klimarahmenkonvention und dem Pariser Klimaabkommen beizutreten, mit einer Hoffnung: »Während die Menschheit des post-industriellen Zeitalters vielleicht als eine der verantwortungslosesten der Geschichte in der Erinnerung bleiben wird, ist zu hoffen, dass die Menschheit vom Anfang des 21. Jahrhunderts in die Erinnerung eingehen kann, weil sie großherzig ihre schwerwiegende Verantwortung auf sich genommen hat« (Laudato si’, 165).

Liebe Brüder und Schwestern, ich freue mich, dass sich Ihre Arbeit in diesen Tagen der Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels und der Suche nach praktischen Lösungen widmet, die rasch umgesetzt werden können, um die Resilienz der Menschen und Ökosysteme zu erhöhen. Durch ihre Zusammenarbeit können Männer und Frauen guten Willens das Ausmaß und die Komplexität der vor uns liegenden Probleme angehen, die menschliche Familie und Gottes Geschenk der Schöpfung vor Klimaextremen schützen und die Güter der Gerechtigkeit und des Friedens fördern.

Mit der Zusicherung meines Gebets dafür, dass Ihre Konferenz gute Früchte tragen wird, rufe ich auf Sie alle den reichen Segen des allmächtigen Gottes herab.

Aus dem Vatikan, 13. Juli 2022

                                                                                    FRANZISKUS



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