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APOSTOLISCHES SCHREIBEN
IM ANSCHLUSS AN DIE BISCHOFSSYNODE
RECONCILIATIO ET PAENITENTIA
VON
JOHANNES PAUL II.
AN DIE BISCHÖFE
PRIESTER UND DIAKONE
UND AN ALLE GLÄUBIGEN
ÜBER VERSÖHNUNG UND BUSSE
IN DER SENDUNG DER KIRCHE HEUTE

 

EINLEITUNG

URSPRUNG UND BEDEUTUNG DES DOKUMENTES

1. Von Versöhnung und Buße zu sprechen bedeutet eine Einladung an die Männer und Frauen unserer Zeit, in ihrer Sprache jene Worte wiederzuentdecken, mit denen unser Heiland und Meister Jesus Christus seine Verkündigung beginnen wollte: »Kehrt um und glaubt an das Evangelium!«,(1) das heißt, nehmt an die Frohe Botschaft der Liebe, der Gotteskindschaft und so auch der Brüderlichkeit.

Warum legt die Kirche dieses Thema und diese Einladung erneut vor?

Der brennende Wunsch, den heutigen Menschen und seine Welt besser kennenzulernen und zu verstehen, seine Rätsel zu lösen und sein Geheimnis zu enthüllen sowie die guten von den schlechten Fermenten, die heute wirksam sind, zu unterscheiden, läßt viele schon seit längerem mit fragenden Augen auf diesen Menschen und auf diese Welt blicken. Dies tun der Historiker und der Soziologe, der Philosoph und der Theologe, der Psychologe und der Humanist, der Dichter, der Mystiker: vor allem aber tut dies - besorgt und doch auch voller Hoffnung - der Seelsorger.

Ein solch fragender Blick ist besonders deutlich auf jeder Seite der wichtigen Pastoralkonstitution Gaudium et spes des II. Vatikanischen Konzils über die Kirche in der Welt von heute zu finden, vor allem in der umfangreichen und tiefgehenden Einführung, ebenso in einigen Dokumenten, die aus der Weisheit und Hirtenliebe meiner verehrten Vorgänger hervorgegangen sind, deren herausragende Pontifikate vom geschichtlichen und prophetischen Ereignis jenes Ökumenischen Konzils geprägt sind.

Wie die anderen entdeckt auch das Auge des Seelsorgers unter den verschiedenen charakteristischen Zügen der Welt und der Menschheit unserer Tage leider die Existenz zahlreicher tiefer und schmerzlicher Spaltungen.

Eine zerrissene Welt

2. Diese Spaltungen zeigen sich in den Beziehungen zwischen Personen und Gruppen, aber auch bei den größten gesellschaftlichen Gebilden: Nationen gegen Nationen, gegeneinanderstehende Blöcke von Ländern, alle in atemlosem Streben nach Vorherrschaft. Es ist nicht schwer, an der Wurzel der Spaltungen Konflikte zu entdecken, die sich in Auseinandersetzung und Streit verschärfen, anstatt im Dialog eine Lösung zu finden.

Auf der Suche nach den Ursachen solcher Spaltung finden aufmerksame Beobachter die verschiedensten Elemente: von wachsender Ungleichheit zwischen den Gruppen, sozialen Klassen und Ländern bis zu noch keineswegs überwundenen ideologischen Gegensätzen; vom Gegensatz ökonomischer Interessen bis zu politischer Frontenbildung; von Stammeskonflikten bis zu gesellschaftlicher und religiöser Diskriminierung. Einige für alle sichtbare Tatsachen bilden gleichsam das traurige Antlitz solcher Spaltungen: Sie sind deren Frucht und zeigen ihre Schwere in unwiderlegbarer konkreter Deutlichkeit. Unter vielen anderen schmerzlichen sozialen Erscheinungen unserer Zeit kann man auf die folgenden hinweisen:

  • die Verletzung der grundlegenden Menschenrechte, darunter an erster Stelle das Recht auf Leben und auf eine menschenwürdige Lebensqualität, was umso empörender ist, als sie einhergeht mit einer bisher nie gekannten Rhetorik über diese Rechte;
  • die Angriffe und Drohungen gegen die Freiheit der einzelnen und der Gemeinschaften, darin eingeschlossen, ja noch weit mehr verletzt und bedroht, die Freiheit, einen eigenen Glauben zu haben, zu bekennen und zu leben;
  • die verschiedenen Formen von Diskriminierung: rassisch, kulturell, religiös usw.;
  • Gewalt und Terrorismus;
  • Gebrauch der Folter und ungerechte wie unerlaubte Formen staatlicher Gewalt;
  • die Anhäufung von konventionellen oder atomaren Waffen und ein Rüstungswettlauf mit Militärkosten, die dazu dienen könnten, das unverschuldete Elend von Völkern zu lindern, die sozial und wirtschaftlich zurückliegen;
  • die ungerechte Verteilung der Hilfsquellen dieser Welt und ihrer Kulturgüter, die ihren Gipfel in einer Sozialstruktur erreicht, durch welche der Abstand zwischen den sozialen Bedingungen der Reichen und der Armen immer mehr zunimmt.(2)

Der überwältigende Druck dieser Spaltungen macht aus der Welt, in der wir leben, eine bis in ihre Fundamente zerrissene Welt.(3)

Weil die Kirche andererseits, ohne sich mit der Welt gleichzusetzen oder von der Welt zu sein, doch in der Welt lebt und im Dialog mit der Welt steht(4), darf es nicht verwundern, wenn man auch in der kirchlichen Gemeinschaft selbst Auswirkungen und Zeichen jener Zerrissenheit feststellen kann, die die ganze menschliche Gesellschaft verwundet. Außer den Spaltungen zwischen den christlichen Gemeinschaften, die sie seit Jahrhunderten bedrücken, erlebt die Kirche heute in ihrem Inneren Spaltungen zwischen ihren eigenen Mitgliedern, die durch unterschiedliche Auffassungen und Standpunkte im Bereich der Glaubenslehre und Pastoral verursacht werden.(5) Auch diese Spaltungen scheinen zuweilen unheilbar zu sein.

So beängstigend solche Wunden der Einheit bereits auf den ersten Blick erscheinen mögen, ihre Wurzel kann man erst entdecken, wenn man bis in die Tiefe schaut: Die Wurzel liegt in einer Wunde im Inneren des Menschen. Im Licht des Glaubens nennen wir sie Sünde: beginnend mit der Ursünde, die jeder von Geburt an wie ein von den Eltern empfangenes Erbe in sich trägt, bis hin zur Sünde, die ein jeder begeht, wenn er die eigene Freiheit gegen den Plan Gottes benutzt.

Sehnsucht nach Versöhnung

3. Und doch, wenn der gleiche prüfende Blick scharfsichtig genug ist, entdeckt er inmitten der Spaltung ein unverkennbares Verlangen von Menschen guten Willens und von wirklichen Christen, die Brüche zu heilen, die Risse zu schließen und auf allen Ebenen die wesentliche Einheit wiederherzustellen.

Dieses Verlangen wird bei vielen zu einer wahren Sehnsucht nach Versöhnung, auch dann, wenn das Wort selbst nicht benutzt wird.

Für manche handelt es sich hierbei um eine Utopie, die zum idealen Hebel für eine echte Veränderung der Gesellschaft werden könnte; für andere dagegen muß die Versöhnung durch hartes, intensives Bemühen errungen werden und stellt darum ein Ziel dar, das man durch ernsthaften Einsatz von Denken und Handeln erreichen soll. In jedem Falle ist das Verlangen nach einer aufrichtigen und dauerhaften Versöhnung ohne allen Zweifel ein grundlegendes Motiv unserer Gesellschaft und eine Folge ihres unaufhaltsamen Friedenswillens; und das ist es - auch wenn dies paradox erscheint - um so stärker, je mächtiger die Ursachen der Spaltung sind.

Allerdings darf die Aussöhnung nicht weniger tief reichen als die Entzweiung. Die Sehnsucht nach Versöhnung und die Versöhnung selbst werden nur in dem Maße voll wirksam sein, wie sie heilend bis zu jener ursprünglichen Verwundung vordringen, welche die Wurzel aller anderen ist; und das ist die Sünde.

Die Blickrichtung der Synode

4. Darum muß jede Institution oder Organisation, die dem Menschen dienen will und ihn in seinen grundlegenden Belangen retten möchte, ihren aufmerksamen Blick auf die Versöhnung richten, um deren Bedeutung und volle Tragweite tiefer zu erfassen und daraus die notwendigen praktischen Konsequenzen zu ziehen.

Auch die Kirche Jesu Christi durfte sich dieser besonderen Aufmerksamkeit nicht verschließen. Mit der Hingabe einer Mutter und der Klugheit einer Lehrerin geht sie mit Eifer und Umsicht daran, aus der Gesellschaft zusammen mit den Zeichen der Spaltung auch jene ebenso deutlichen und aufschlußreichen Zeichen der Suche nach Aussöhnung zu sammeln. Sie ist sich ja bewußt, daß ihr in besonderer Weise die Möglichkeit gegeben und die Sendung aufgetragen ist, den wahren und tief religiösen Sinn sowie die wesentlichen Dimensionen der Versöhnung aufzuzeigen und schon so dazu beizutragen, daß die wesentlichen Aspekte der Frage von Einheit und Frieden klarer werden.

Meine Vorgänger haben unablässig die Versöhnung gepredigt und die ganze Menschheit sowie jede Gruppe und jeden Bereich der menschlichen Gemeinschaft, die sie zerrissen und gespalten sahen, zur Versöhnung aufgefordert.(6) Aus einem inneren Antrieb, der zugleich - dessen bin ich gewiß - einer höheren Eingebung sowie den Appellen der Menschheit gehorchte, habe ich selbst in zwei verschiedenen, aber beidemal feierlichen und verbindlichen Weisen das Thema der Versöhnung besonders herausgestellt: zunächst, indem ich die VI. Allgemeine Versammlung der Bischofssynode einberufen habe; und dann, indem ich es zum Mittelpunkt des Jubiläumsjahres gemacht habe, das zur Feier des 1950. Jahrestages der Erlösung ausgerufen worden ist.(7) Als ich der Synode ein Thema zuweisen mußte, konnte ich jenem voll und ganz zustimmen, das zahlreiche meiner Brüder im Bischofsamt vorgeschlagen hatten, nämlich das fruchtbare Thema der Versöhnung in enger Verbindung mit der Buße.(8)

Der Ausdruck und der Begriff der Buße selbst sind sehr vielschichtig. Sehen wir sie mit der Metánoia verbunden, wie die Synoptiker sie darstellen, so bezeichnet Buße die innere Umkehr des Herzens unter dem Einfluß des Wortes Gottes und mit dem Blick auf das Reich Gottes.(9) Buße bedeutet aber auch, das Leben zu ändern in Übereinstimmung mit der Umkehr des Herzens; in diesem Sinne wird das »Buße tun« dadurch ergänzt, daß »würdige Früchte der Buße« hervorgebracht werden:(10) Die ganze Existenz wird in die Buße einbezogen, das heißt, sie ist bereit, beständig zum Besseren voranzuschreiten. Buße tun ist allerdings nur dann echt und wirksam, wenn es sich in Akten und Taten der Buße konkretisiert. In diesem Sinne bedeutet Buße im theologischen und geistlichen christlichen Sprachgebrauch Aszese, das heißt die konkrete und tägliche Anstrengung des Menschen, mit Hilfe der Gnade Gottes sein Leben um Christi willen zu verlieren, als einzige Weise, es wirklich zu gewinnen;(11) den alten Menschen abzulegen und den neuen Menschen anzuziehen;(12) alles in sich zu überwinden, was »fleischlich« ist, damit das »Geistliche« sich durchsetze;(13) beständig von den irdischen Dingen hinaufzustreben zu den himmlischen, wo Christus ist.(14) Buße ist also eine Umkehr, die vom Herzen hin zu den Taten geht und daher das gesamte Leben des Christen erfaßt.

In allen diesen Bedeutungen ist Buße eng mit Versöhnung verbunden; denn sich mit Gott, mit sich selbst und mit den anderen zu versöhnen, setzt voraus, daß man jenen radikalen Bruch überwindet, den die Sünde darstellt. Dies geschieht nur durch eine innere Wandlung oder Umkehr, die sich durch Bußakte im täglichen Leben auswirkt.

Das Ausgangsdokument der Synode (auch »Lineamenta«, »Grundlinien«, genannt), das ausschließlich vorbereitet worden war, um das Thema vorzustellen und davon einige grundlegende Gesichtspunkte besonders hervorzuheben, hat es den kirchlichen Gemeinschaften in aller Welt ermöglicht, fast zwei Jahre lang über diese Aspekte einer alle interessierenden Frage, nämlich der nach Umkehr und Versöhnung, nachzudenken und daraus neue Kraft für ein christliches Leben und Apostolat zu gewinnen. Die Reflexion hat sich dann bei der unmittelbareren Vorbereitung auf die Synodenarbeit weiter vertieft durch den »Arbeitstext« (»Instrumentum laboris«), der den Bischöfen und ihren Mitarbeitern rechtzeitig zugestellt worden ist. Schließlich haben die Väter der Synode, von denjenigen unterstützt, die zur eigentlichen Synodensitzung berufen worden waren, mit tiefem Verantwortungsbewußtsein dieses Thema und die zahlreichen und verschiedenen damit verbundenen Fragen behandelt. Aus Debatte und gemeinsamem Studium, aus eifrigem und gründlichem Forschen ist so ein großer wertvoller Schatz entstanden, der in den »Schlußvorlagen« (»Propositiones«) im wesentlichen zusammengefaßt ist.

Die Synode übersieht nicht die Akte der Versöhnung - einige davon werden in ihrer Alltäglichkeit fast gar nicht bemerkt -, die alle in verschiedenem Maße mithelfen, die zahlreichen Spannungen zu lösen, die vielen Konflikte zu überwinden, die kleinen wie die großen Spaltungen zu beheben und die Einheit wiederherzustellen. Aber das hauptsächliche Bemühen der Synode richtete sich darauf, auf dem Grund dieser einzelnen Akte die verborgene gemeinsame Wurzel zu entdecken, eine Urversöhnung, die gleichsam wie eine Quelle für alles andere im Herzen und Gewissen des Menschen wirkt.

Die besondere, originale Gabe der Kirche hinsichtlich der Versöhnung, wo immer diese erreicht werden soll, besteht darin, daß sie stets bis zu dieser ursprunghaften Versöhnung vordringt. Kraft ihrer wesentlichen Sendung sieht sich die Kirche nämlich verpflichtet, bis an die Wurzeln der Urwunde der Sünde vorzudringen, um dort Heilung zu wirken und gleichsam eine Urversöhnung zu schaffen, die dann ein kraftvolles Prinzip jeder weiteren echten Versöhnung sein soll. Das ist es, was die Kirche beabsichtigt und durch die Synode dargelegt hat.

Von dieser Versöhnung spricht die Heilige Schrift, wenn sie uns auffordert, hierfür alle Anstrengungen zu unternehmen;(15) aber sie sagt uns auch, daß solche Versöhnung vor allem ein barmherziges Geschenk Gottes an den Menschen ist.(16) Die Heilsgeschichte der gesamten Menschheit wie auch jedes einzelnen Menschen zu allen Zeiten ist die wundervolle Geschichte einer Versöhnung, bei der Gott, weil er Vater ist, im Blut und im Kreuz seines menschgewordenen Sohnes die Welt wieder mit sich versöhnt und so eine neue Familie von Versöhnten geschaffen hat.

Versöhnung wird notwendig, weil es einen Bruch durch die Sünde gegeben hat, aus dem sich alle weiteren Formen einer Spaltung im Inneren des Menschen und in seiner Umgebung herleiten. Damit die Versöhnung vollständig sei, muß sie also notwendigerweise die Befreiung von der Sünde bis in ihre tiefsten Wurzeln umfassen. So sind Umkehr und Versöhnung durch ein inneres Band eng miteinander verbunden: Es ist unmöglich, diese beiden Wirklichkeiten voneinander zu trennen oder von der einen zu sprechen und die andere zu verschweigen.

Die Bischofssynode hat gleichzeitig von der Versöhnung der ganzen Menschheitsfamilie und von der inneren Umkehr jeder einzelnen Person, von ihrer neuen Hinwendung zu Gott, gesprochen; sie wollte damit anerkennen und verkünden, daß es keine Einheit der Menschen ohne eine Änderung im Herzen eines jeden einzelnen geben kann. Die persönliche Umkehr ist der notwendige Weg zur Eintracht unter den Menschen.(17) Wenn die Kirche die Frohe Botschaft von der Versöhnung verkündigt oder dazu einlädt, sie durch die Sakramente zu verwirklichen, handelt sie wahrhaft prophetisch: Sie klagt die Übel des Menschen in ihrer verschmutzten Quelle an; sie weist hin auf die Wurzel der Spaltung und gibt Hoffnung, daß die Spannungen und Konflikte überwunden werden können, damit man zu Brüderlichkeit und Eintracht und zum Frieden auf allen Ebenen und in allen Gruppen der menschlichen Gesellschaft gelangt. Sie beginnt, eine von Haß und Gewalt geprägte geschichtliche Situation in eine Zivilisation der Liebe zu verwandeln; sie bietet allen das sakramentale Prinzip des Evangeliums für jene Urversöhnung an, aus der jede andere versöhnende Geste oder Handlung, auch im gesellschaftlichen Bereich, hervorgeht.

Von dieser Versöhnung als einer Frucht der Umkehr handelt das vorliegende Apostolische Schreiben. Denn wie es schon am Ende der drei vorhergehenden Synodenversammlungen geschehen war, haben die Väter der Synode dem Bischof von Rom, dem obersten Hirt der Kirche und Haupt des Bischofskollegiums, in seiner Eigenschaft als Präsident der Synode auch dieses Mal die Ergebnisse ihrer Arbeit übergeben wollen. Als schwere und zugleich dankbare Verpflichtung meines Amtes habe ich die Aufgabe übernommen, aus dem überaus großen Reichtum der Synode zu schöpfen, um als Frucht der Synode ein Lehr- und Pastoralschreiben zum Thema der Versöhnung und Buße an das Volk Gottes zu richten. In einem ersten Teil möchte ich von der Kirche und dem Vollzug ihrer versöhnenden Sendung, von ihrem Einsatz für die Bekehrung der Herzen, für die erneuerte Einheit zwischen Gott und dem Menschen, zwischen dem Menschen und seinem Bruder, zwischen dem Menschen und der gesamten Schöpfung handeln. Im zweiten Teil werde ich die wurzelhafte Ursache jeder Verwundung und Spaltung unter den Menschen und vor allem in ihrem Verhältnis zu Gott aufzeigen, nämlich die Sünde. Schließlich will ich jene Hilfsmittel angeben, die es der Kirche ermöglichen, die volle Aussöhnung der Menschen mit Gott und folglich auch der Menschen untereinander zu fördern und zu erwirken.

Das Dokument, das ich hiermit den Gläubigen der Kirche, aber auch all denjenigen übergebe, die, gläubig oder nicht, mit Interesse und aufrichtigem Herzen auf sie schauen, will die pflichtgemäße Antwort auf die an mich gerichtete Bitte der Synode sein. Aber es ist auch - das möchte ich um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen sagen - ein Werk der Synode selbst. Der Inhalt dieser Seiten stammt nämlich von ihr: aus ihrer entfernten oder näheren Vorbereitung, aus dem Arbeitstext, aus den Stellungnahmen in der Synodenaula und bei den Arbeitsgruppen und vor allem aus den 63 Schlußvorlagen. Dies ist die Frucht der gemeinsamen Arbeit der Väter, zu denen auch Vertreter der Ostkirchen gehörten, deren theologisches, spirituelles und liturgisches Erbe so reich und wertvoll auch für das vorliegende Thema ist. Darüber hinaus hat der Rat des Synodensekretariates in zwei wichtigen Sitzungen die Ergebnisse und Grundlinien der soeben abgeschlossenen Synode geprüft, den inneren Zusammenhang der genannten Schlußvorlagen aufgezeigt und die Themen skizziert, die für die Abfassung dieses Dokumentes am meisten geeignet erschienen. Ich bin all jenen dankbar, die diese Arbeit geleistet haben, während ich im folgenden in Treue zu meiner Sendung all das vermitteln möchte, was mir aus dem für Lehre und Pastoral so reichen Schatz der Synode als ein Geschenk der Vorsehung erscheint für das Leben so vieler Menschen in dieser großartigen und zugleich schwierigen Stunde der Geschichte.

Es empfiehlt sich, das zu tun - und es erweist sich als sehr bedeutungsvoll -, während im Herzen vieler die Erinnerung an das Heilige Jahr, das ganz von Buße, Umkehr und Versöhnung geprägt war, noch lebendig ist. Möge dieses Lehrschreiben, das ich den Brüdern im Bischofsamt und ihren Mitarbeitern, den Priestern und Diakonen, den Ordensmännern und Ordensfrauen, allen Gläubigen und allen gewissenhaften Männern und Frauen übergebe, nicht nur eine Hilfe zur Läuterung, Bereicherung und Vertiefung ihres persönlichen Glaubens sein, sondern auch ein Sauerteig, dem es gelingt, im Herzen der Welt Frieden und Brüderlichkeit, Hoffnung und Freude wachsen zu lassen, Werte, die aus dem Evangelium hervorgehen, wenn es angenommen, meditiert und Tag für Tag nach dem Beispiel Marias gelebt wird, der Mutter unseres Herrn Jesus Christus, durch den Gott alles mit sich versöhnen wollte.(18)


ERSTER TEIL
VERSÖHNUNG UND BUSSE:
AUFTRAG UND EINSATZ DER KIRCHE
 

ERSTES KAPITEL
EIN GLEICHNIS DER VERSÖHNUNG

5. Am Beginn dieses Apostolischen Schreibens steht vor meinem geistigen Auge jener außerordentliche Text des hl. Lukas, dessen tiefen religiösen wie menschlichen Inhalt ich schon in einem früheren Dokument zu erläutern versucht habe.(19) Ich meine das Gleichnis vom verlorenen Sohn.(20)

Vom Bruder, der verloren war...

»Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht«, so erzählt Jesus bei der Darstellung der dramatischen Geschichte dieses jungen Mannes: der leichtsinnige Weggang aus seinem Vaterhaus, die Vergeudung all seines Besitzes in einem ausschweifenden Lebenswandel ohne Sinn, die dunklen Tage der Fremde und des Hungers, aber mehr noch die Tage der verlorenen Würde, der Erniedrigung und Beschämung und schließlich die Sehnsucht nach dem Vaterhaus, der Mut zur Heimkehr, der Empfang durch den Vater. Dieser hatte den Sohn keineswegs vergessen; im Gegenteil, er hatte ihm unverändert Liebe und Achtung bewahrt. So hatte er immer auf ihn gewartet, und so umarmt er ihn jetzt, während er zum großen Fest für denjenigen auffordert, der tot war und wieder lebt, der verloren war und wiedergefunden wurde.

Der Mensch - ein jeder Mensch - ist ein solcher verlorener Sohn: betört von der Versuchung, sich vom Vater zu trennen, um ein unabhängiges Leben zu führen; dieser Versuchung verfallen; enttäuscht von der Leere, die ihn wie ein Blendwerk verzaubert hatte; allein, entehrt, ausgenutzt, als er sich eine Welt ganz für sich allein zu schaffen versucht; auch in der Tiefe seines Elendes noch immer gequält von der Sehnsucht, zur Gemeinschaft mit dem Vater zurückzukehren. Wie der Vater im Gleichnis erspäht Gott den heimkehrenden Sohn, er umarmt ihn bei seiner Ankunft und läßt die Tafel herrichten für das Festmahl ihrer neuen Begegnung, mit dem der Vater und die Brüder die Wiederversöhnung feiern.

Was an diesem Gleichnis am meisten beeindruckt, ist die festliche und liebevolle Aufnahme, die der Vater dem heimkehrenden Sohn bereitet: ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes, der immer bereit ist zu verzeihen. Sagen wir es gleich: Die Versöhnung ist in erster Linie ein Geschenk des himmlischen Vaters

... zum Bruder, der zu Hause geblieben war

6. Das Gleichnis läßt aber auch den älteren Bruder auftreten, der seinen Platz beim Festmahl verschmäht. Er wirft dem jüngeren Bruder dessen lockeres Treiben vor und dem Vater den Empfang, den dieser dem verlorenen Sohn vorbehalten habe, während es ihm selbst, immer beherrscht und fleißig und treu zum Vater und zum Hause stehend, niemals erlaubt worden sei - wie er sagt -, mit seinen Freunden ein Fest zu feiern. Ein Zeichen, daß er die Güte des Vaters nicht versteht. Solange dieser Bruder, von sich selbst und seinen Verdiensten allzu sehr überzeugt, eifersüchtig und verächtlich, voller Bitterkeit und Zorn, sich nicht bekehrt und mit dem Vater und dem Bruder versöhnt, ist dieses Mahl noch nicht ganz das Fest der Begegnung und des Sich-Wiederfindens.

Der Mensch - ein jeder Mensch - ist auch ein solcher älterer Bruder. Egoismus macht ihn eifersüchtig, läßt sein Herz hart werden, verblendet und verschließt ihn gegenüber den anderen und vor Gott. Die Güte und Barmherzigkeit des Vaters reizen und ärgern ihn; das Glück des heimgekehrten Bruders schmeckt ihm bitter.(21) Auch in dieser Hinsicht hat der Mensch es nötig, sich zu bekehren, um sich auszusöhnen.

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist vor allem die wunderbare Geschichte der großen Liebe Gottes, des Vaters, der dem zu ihm heimgekehrten Sohn das Geschenk einer vollständigen Versöhnung anbietet. Weil es aber in der Gestalt des älteren Bruders ebenso an den Egoismus erinnert, der die Brüder untereinander entzweit, wird es auch zur Geschichte der Menschheitsfamilie. Es kennzeichnet unsere Lage und gibt den zu gehenden Weg an. Der verlorene Sohn in seiner Sehnsucht nach Umkehr, nach Heimkehr in die Arme des Vaters und nach Vergebung stellt all jene dar, die im Grund ihres Herzens die Sehnsucht nach einer Aussöhnung auf allen Ebenen und ohne Vorbehalt verspüren und mit innerer Sicherheit sehen, daß diese nur dann möglich ist, wenn sie sich von jener ersten, grundlegenden Aussöhnung herleitet, die den Menschen aus der Gottferne zur kindhaften Freundschaft mit Gott bringt, um dessen unendliche Barmherzigkeit er weiß. Wenn es jedoch mit dem Blick auf den anderen Sohn gelesen wird, beschreibt das Gleichnis die Lage der Menschheitsfamilie, die von ihren Egoismen zerrissen ist; es beleuchtet die Schwierigkeiten, der Sehnsucht und dem Heimweh nach einer gemeinsamen, versöhnten und geeinten Familie zu entsprechen, und erinnert so an die Notwendigkeit einer tiefen Änderung der Herzen verbunden mit der Wiederentdeckung der Barmherzigkeit des Vaters und der Überwindung von Unverständnis und Feindseligkeit unter Brüdern.

Im Licht dieses unerschöpflichen Gleichnisses von der Barmherzigkeit, die die Sünde tilgt, versteht die Kirche, in dem sie den darin enthaltenen Anruf aufnimmt, ihre Sendung, auf den Spuren des Herrn für die Bekehrung der Herzen und die Versöhnung der Menschen mit Gott und untereinander zu wirken, zwei Bereiche, die eng miteinander verbunden sind.
 

ZWEITES KAPITEL
ZU DEN QUELLEN DER VERSÖHNUNG

Im Lichte Christi, der Versöhnung bewirkt

7. Wie sich aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn ergibt, ist die Versöhnung ein Geschenk Gottes und ganz seine Initiative. Unser Glaube belehrt uns, daß diese Initiative konkrete Gestalt im Geheimnis Jesu Christi annimmt, der den Menschen erlöst und versöhnt und ihn von der Sünde in all ihren Formen befreit. Paulus faßt gerade in dieser Aufgabe und in diesem Handeln die einzigartige Sendung Jesu von Nazaret, des menschgewordenen Wortes und Sohnes Gottes, zusammen.

Auch wir können von diesem zentralen Geheimnis des Heilswerkes ausgehen, dem Schlüsselbegriff der Christologie des Apostels. »Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, als wir noch (Gottes) Feinde waren«, so schreibt Paulus an die Römer, »werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben. Mehr noch, wir rühmen uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben«.(22) Weil also »Gott die Welt in Christus mit sich versöhnt hat«, fühlt sich Paulus dazu gedrängt, die Christen von Korinth aufzurufen: »Laßt euch mit Gott versöhnen!«.(23)

Von einer solchen versöhnenden Sendung durch den Tod am Kreuz spricht mit anderen Worten auch der Evangelist Johannes, wenn er feststellt, daß Christus sterben mußte, »um die versprengten Kinder Gottes wieder zu sammeln«.(24)

Paulus wiederum läßt unsere Sicht des Werkes Christi sich ausweiten in kosmische Dimensionen, wenn er schreibt, daß der Vater in ihm alle Geschöpfe mit sich versöhnt hat, jene im Himmel und jene auf Erden.(25) In Wahrheit kann man vom Erlöser Jesus Christus sagen, daß »er zur Zeit des Untergangs ein neuer Anfang war« (26) und daß er, wie »unser Friede«,(27) so auch unsere Versöhnung ist.

Zu Recht werden sein Leiden und Sterben, die in der Eucharistiefeier in sakramentaler Weise erneuert werden, von der Liturgie »Opfer unserer Versöhnung«(28) genannt: eine Aussöhnung mit Gott, ohne Zweifel, aber auch mit den Brüdern, wenn Jesus selbst lehrt, daß vor dem Opfer die Versöhnung unter den Brüdern erfolgen muß.(29)

Wenn man also von diesen und anderen bedeutsamen Abschnitten des Neuen Testamentes ausgeht, ist es durchaus berechtigt, unsere Überlegungen auf das gesamte Geheimnis Christi und seiner versöhnenden Sendung hinzulenken. Noch einmal muß der Glaube der Kirche an das erlösende Handeln Christi, an das österliche Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung, hervorgehoben werden, das die Ursache der Versöhnung des Menschen in ihrer doppelten Richtung einer Befreiung von der Sünde und einer Gnadengemeinschaft mit Gott ist.

Gerade vor dem traurigen Hintergrund der Spaltungen und der Schwierigkeiten einer Aussöhnung unter den Menschen lade ich dazu ein, das Geheimnis des Kreuzes zu betrachten, das größte Drama von allen, bei dem Christus das Drama der Trennung des Menschen von Gott bis auf den Grund wahrnimmt und erleidet, und dies so intensiv, daß er mit den Worten des Propheten aufschreit »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«(30) und dabei zugleich unsere Versöhnung erwirkt. Der Blick auf das Geheimnis von Golgota muß uns immer an jene »vertikale« Dimension der Trennung und Wiederversöhnung im Verhältnis des Menschen zu Gott erinnern, die aus der Sicht des Glaubens die »horizontale« Dimension immer übersteigt, das heißt die Wirklichkeit von Spaltung und die notwendige Wiederversöhnung unter den Menschen. Wir wissen ja, daß eine solche gegenseitige Aussöhnung nur die Frucht ist und sein kann aus dem erlösenden Handeln Christi, der gestorben und auferstanden ist, um das Reich der Sünde zu besiegen, den Bund mit Gott wiederherzustellen und so die Trennungsmauer niederzureißen,(31) die die Sünde zwischen den Menschen aufgerichtet hatte.

Versöhnung durch die Kirche

8. Aber - so sagte Leo der Große, als er vom Leiden Christi sprach - »alles, was der Sohn Gottes für die Aussöhnung der Welt getan und gelehrt hat, kennen wir nicht nur aus der Geschichte seiner Handlungen, die vergangen sind, sondern wir sehen es auch an den Wirkungen dessen, was er heute vollbringt«.(32) So erfahren wir die Versöhnung, die er in seinem Menschsein vollbracht hat, aus dem Wirken der heiligen Geheimnisse, die von seiner Kirche gefeiert werden, für die sich Christus dahingegeben und die er zum Zeichen und Werkzeug des Heils gemacht hat.

Das versichert der hl. Paulus, wenn er schreibt, daß Gott die Apostel Christi an seinem versöhnenden Werk teilnehmen läßt. »Gott«, so sagt er, »hat uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen... und das Wort von der Versöhnung anvertraut«.(33) In Hände und Mund der Apostel, seiner Boten, hat der Vater voller Erbarmen den Dienst der Versöhnung gelegt, den sie in einer einzigartigen Weise vollziehen, kraft der Vollmacht, »in der Person Christi« zu handeln. Aber auch der gesamten Gemeinschaft der Gläubigen, dem ganzen Leib der Kirche ist das »Wort von der Versöhnung« anvertraut, das heißt der Auftrag, alles zu tun, um Versöhnung zu bezeugen und in der Welt zu verwirklichen.

Man kann sagen, daß auch das II. Vatikanische Konzil, indem es die Kirche definiert hat als »das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit«, und indem es als ihre Aufgabe bezeichnet, »die volle Einheit in Christus« für die Menschen zu erlangen, »die heute durch vielfältige... Bande enger miteinander verbunden sind«,(34) damit anerkannt hat, daß sich die Kirche vor allem dafür einsetzen muß, die Menschen zu einer vollständigen Versöhnung zu führen.

Im engen Zusammenhang mit der Sendung Christi kann man also die an sich reiche und vielschichtige Sendung der Kirche zusammenfassen in der für sie zentralen Aufgabe der Versöhnung des Menschen mit Gott, mit sich selbst, mit den Brüdern, mit der ganzen Schöpfung; und dies fortwährend: denn - wie ich schon bei anderer Gelegenheit gesagt habe - »die Kirche ist von Natur aus immer versöhnend«.(35)

Versöhnend ist die Kirche, weil sie die Frohe Botschaft von der Versöhnung verkündet, wie sie es in ihrer Geschichte immer getan hat, angefangen vom Apostelkonzil in Jerusalem(36) bis zur letzten Bischofssynode und zum jüngsten Jubiläumsjahr der Erlösung. Das Besondere an dieser Verkündigung liegt darin, daß die Versöhnung für die Kirche eng mit der Bekehrung des Herzens verbunden ist: Diese ist der notwendige Weg zu einer Verständigung zwischen den Menschen.

Versöhnend ist die Kirche auch, weil sie dem Menschen die Wege zeigt und die Mittel anbietet für die obengenannte vierfache Aussöhnung. Diese Wege sind gerade die Bekehrung des Herzens und die Überwindung der Sünde, mag diese in Egoismus oder Ungerechtigkeit, in Anmaßung oder Ausbeutung des Nächsten, im Verfallensein an materielle Güter oder in hemmungsloser Genußsucht bestehen. Die Mittel sind das treue und liebende Hören des Wortes Gottes, das persönliche und das gemeinschaftliche Gebet und vor allem die Sakramente als die wahren Zeichen und Mittel der Versöhnung, aus denen gerade unter dieser Hinsicht jenes Sakrament hervorragt, das wir zu Recht Sakrament der Versöhnung oder auch Bußsakrament zu nennen pflegen. Hierauf werde ich im folgenden noch näher eingehen.

Die versöhnte Kirche

9. Mein verehrter Vorgänger Paul VI. hat das Verdienst, klargestellt zu haben, daß die Kirche, um die Frohe Botschaft wirksam verkündigen zu können, bei sich selbst beginnen und sich als Hörerin der Botschaft erweisen muß, das heißt als offen für die volle und ganze Verkündigung der Frohen Botschaft Jesu Christi, um sie aufzunehmen und zu verwirklichen.(37) Auch ich habe, als ich in einem eigenen Dokument die Überlegungen der IV. Generalversammlung der Synode zusammenhängend dargelegt habe, von einer Kirche gesprochen, die in dem Maße, wie sie anderen Glaubensunterricht erteilt, auch selbst tiefer in den Glauben hineinwächst.(38)

Ich zögere nun nicht, diese Zuordnung hier wieder aufzugreifen und sie auf das Thema anzuwenden, das ich behandle: Ich möchte betonen, daß die Kirche, um versöhnend zu wirken, bei sich selbst beginnen muß, eine versöhnte Kirche zu sein. Hinter dieser einfachen und knappen Formulierung steht die Überzeugung, daß die Kirche, um der Welt die Versöhnung noch wirksamer verkünden und anbieten zu können, immer mehr zu einer Gemeinschaft (und sei sie auch die »kleine Herde« der ersten Zeiten) von Jüngern Christi werden muß, einig im Bemühen, sich beständig zum Herrn zu bekehren und als neue Menschen zu leben, im Geist und in der Wirklichkeit der Versöhnung.

Vor unseren Zeitgenossen, die so empfindsam für den Beweis eines konkreten Lebenszeugnisses sind, ist die Kirche aufgerufen, ein Beispiel für Versöhnung vor allem in ihrem eigenen Inneren zu geben; darum müssen wir alle darauf hinwirken, die Herzen friedfertig zu stimmen, die Spannungen zu verringern, die Spaltungen zu überwinden, die Wunden zu heilen, die sich Brüder vielleicht gegenseitig zufügen, wenn sich der Gegensatz zwischen verschiedenen Einstellungen im Rahmen erlaubter Meinungsvielfalt zuspitzt, und zu versuchen, einig in dem zu sein, was wesentlich für den Glauben und das christliche Leben ist, nach der altbewährten Regel: In dubiis libertas, in necessariis unitas, in omnibus caritas - im Zweifel Freiheit, im Wesentlichen Einheit, in allem Liebe.

Nach demselben Maßstab muß die Kirche auch ihre ökumenische Aufgabe erfüllen. Sie ist sich ja dessen sehr bewußt, daß sie, um vollkommen versöhnt zu sein, unaufhörlich weiter nach der Einheit unter denjenigen suchen muß, die sich rühmen dürfen, Christen zu sein, aber - auch als Kirchen und Gemeinschaften - von einander und von der römischen Kirche getrennt sind. Die Kirche von Rom sucht eine Einheit, die, um Frucht und Ausdruck einer echten Versöhnung zu sein, weder die trennenden Elemente einfach übergeht noch sich auf Kompromisse gründet, die ebenso leichtfertig wie oberflächlich und hinfällig wären. Die Einheit muß das Ergebnis einer wahren Bekehrung aller, der gegenseitigen Vergebung, des theologischen Dialogs, des brüderlichen Umganges miteinander, des Gebetes, der vollen Offenheit für das Handeln des Heiligen Geistes sein, der auch der Geist der Wiederversöhnung ist.

Um sich vollständig versöhnt nennen zu können, fühlt sich die Kirche schließlich auch zu immer größeren Anstrengungen verpflichtet, das Evangelium zu allen Völkern zu bringen und den »Heilsdialog«(39) mit jenen weiten Bereichen der Menschheit in der heutigen Welt zu fördern, die den Glauben der Kirche nicht teilen oder die aufgrund der wachsenden Verweltlichung sogar Abstand nehmen von der Kirche und ihr kühl und gleichgültig gegenüberstehen, ja sie manchmal sogar anfeinden und verfolgen. Allen glaubt die Kirche immer wieder mit dem hl. Paulus sagen zu müssen: »Laßt euch mit Gott versöhnen!«.(40)

In jedem Falle aber fördert die Kirche nur eine Versöhnung in der Wahrheit, weil sie sehr wohl weiß, daß weder Versöhnung noch Einheit außerhalb oder gegen die Wahrheit möglich sind.
 

DRITTES KAPITEL
INITIATIVE GOTTES UND DIENST DER KIRCHE

10. Als versöhnte und versöhnende Gemeinschaft kann die Kirche nicht vergessen, daß die Quelle ihrer Gabe und Sendung der Versöhnung die Initiative voller mitfühlender Liebe und Barmherzigkeit jenes Gottes ist, der die Liebe ist(41) und aus Liebe die Menschen erschaffen hat:(42) Er hat sie erschaffen, damit sie in Freundschaft mit ihm und in Gemeinschaft miteinander leben.

Versöhnung geht von Gott aus

Gott bleibt seinem ewigen Plan treu, auch wenn der Mensch, vom Bösen getrieben(43) und von seinem Stolz verführt, die Freiheit mißbraucht, die ihm dazu gegeben ist, das Gute hochherzig zu lieben und zu suchen, und seinem Herrn und Vater den Gehorsam verweigert; wenn er, anstatt mit Liebe auf die Liebe Gottes zu antworten, sich ihm wie einem Rivalen widersetzt, wobei er sich selbst täuscht und seine Kräfte überschätzt. Die Folge davon ist ein Bruch in den Beziehungen zu demjenigen, der ihn erschaffen hat. Trotz dieser Treulosigkeit des Menschen bleibt Gott treu in seiner Liebe. Gewiß, die Erzählung vom Garten Eden läßt uns über die traurigen Folgen der Zurückweisung des Vaters nachdenken, die zu einer inneren Unordnung im Menschen und zum Bruch in der harmonischen Einheit zwischen Mann und Frau, zwischen Bruder und Bruder führt.(44) Auch das Gleichnis des Evangeliums von den zwei Söhnen, die sich, jeder auf seine Weise, vom Vater entfernen und einen Abgrund zwischen sich aufreißen, spricht von dieser Wahrheit. Die Zurückweisung der Vaterliebe Gottes und der Geschenke seines Herzens findet sich immer an der Wurzel von Spaltungen unter den Menschen.

Aber wir wissen, daß Gott, »der voll Erbarmen ist«(45) wie der Vater im Gleichnis, sein Herz vor keinem seiner Kinder verschließt. Er wartet auf sie und sucht sie; er erreicht sie dort, wo ihre Verweigerung der Gemeinschaft sie zu Gefangenen ihrer Einsamkeit und Trennung macht; er ruft sie, sich wieder um seinen Tisch zu versammeln und sich über das Fest der Vergebung und Versöhnung zu freuen.

Diese Initiative Gottes findet ihre konkrete Gestalt und ihren Ausdruck im erlösenden Handeln Christi, das durch den Dienst der Kirche in die Welt ausstrahlt.

Das Wort Gottes hat ja nach unserem Glauben Fleisch angenommen und ist gekommen, auf der Erde unter den Menschen zu wohnen; es ist in die Geschichte der Welt eingetreten, hat ihre Bedingungen auf sich genommen und sie in seinem Leben zusammengefaßt.(46) Christus hat uns offenbart, daß Gott Liebe ist, und hat uns das »neue Gesetz« der Liebe gegeben;(47) dabei hat er uns die Gewißheit vermittelt, daß der Weg der Liebe auf alle Menschen zuführt, so daß die Bemühungen, eine weltweite Brüderlichkeit(48) zu erreichen, nicht vergeblich sind. Indem er mit seinem Tod am Kreuz das Böse und die Macht der Sünde besiegt hat, hat er durch seinen von Liebe durchdrungenen Gehorsam allen das Heil gebracht und ist für alle »Versöhnung« geworden. In ihm hat Gott den Menschen mit sich versöhnt.

Die Kirche setzt die Verkündigung dieser Versöhnung, wie Christus sie in den Dörfern Galiläas und ganz Palästinas ausgerufen hat,(49) fort und lädt die ganze Menschheit unaufhörlich dazu ein, umzukehren und an diese Frohe Botschaft zu glauben. Die Kirche spricht dabei im Namen Christi; sie übernimmt den Aufruf des Apostels Paulus, auf den wir bereits hingewiesen haben: »Wir sind also Gesandte an Christi Statt, und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi Statt: Laßt euch mit Gott versöhnen!«.(50)

Wer diesem Aufruf folgt, tritt ein in das Werk der Versöhnung und erfährt an sich die Wahrheit, die in jenem anderen Aufruf des hl. Paulus enthalten ist, nach dem Christus »unser Friede ist. Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riß durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder... Er stiftete Frieden und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib«.(51) Wenn dieser Text auch direkt die Überwindung der religiösen Trennung zwischen Israel, dem erwählten Volk des Alten Bundes, und den anderen Völkern, die alle zur Teilnahme am Neuen Bund berufen sind, betrifft, so enthält er doch auch die Zusage der neuen geistlichen Universalität, die von Gott gewollt und durch das Opfer seines Sohnes, des menschgewordenen Ewigen Wortes, ohne Grenzen oder irgendwelche Ausschlüsse für alle diejenigen bewirkt worden ist, die umkehren und an Christus glauben. Alle sind wir also dazu berufen, die Früchte dieser gottgewollten Versöhnung zu genießen: jeder Mensch und jedes Volk.

Die Kirche, das große Sakrament der Versöhnung

11. Die Kirche ist gesandt, diese Versöhnung zu verkünden und ihr Sakrament in der Welt zu sein. Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug der Versöhnung, ist die Kirche in verschiedenen Weisen mit unterschiedlichem Wert; alle aber wirken darauf hin zu erreichen, was die göttliche Initiative der Barmherzigkeit den Menschen schenken will.

Sakrament ist sie schon allein durch ihr Dasein als versöhnte Gemeinschaft, die in der Welt das Werk Christi bezeugt und darstellt.

Sakrament ist sie ferner durch ihren Dienst als Hüterin und Interpretin der Heiligen Schrift, der Frohen Botschaft von der Versöhnung; von Generation zu Generation macht sie den Plan der Liebe Gottes bekannt und zeigt jeder die Wege zu einer umfassenden Versöhnung in Christus.

Sakrament ist sie schließlich durch die sieben Sakramente, die in je eigener Weise »die Kirche erbauen«.(52) Weil sie nämlich das österliche Geheimnis Christi in Erinnerung bringen und in der ihnen eigenen Weise erneuern, sind alle Sakramente eine Lebensquelle für die Kirche und bilden in ihren Händen Werkzeuge für die Umkehr zu Gott und für die Versöhnung unter den Menschen.

Andere Wege der Versöhnung

12. Die versöhnende Sendung kommt der ganzen Kirche zu, auch und vor allem jenem Teil, der schon endgültig an der göttlichen Herrlichkeit teilhaben darf, zusammen mit der Jungfrau Maria, mit den Engeln und Heiligen, die den dreimalheiligen Gott schauen und anbeten. Die Kirche im Himmel, die Kirche auf Erden, die Kirche im Fegfeuer, sie wirken in geheimnisvoller Einheit mit Christus zusammen, um die Welt mit Gott zu versöhnen.

Der erste Weg dieses Heilswirkens ist das Gebet. Ohne Zweifel unterstützen die heilige Jungfrau Maria, Mutter Christi und der Kirche,(53) und die Heiligen, die das Ende ihrer irdischen Pilgerschaft erreicht haben und nun in der Herrlichkeit Gottes leben, fürbittend ihre Brüder, die noch Pilger auf dieser Erde sind, in deren Bemühen, sich ständig zu bekehren, den Glauben zu vertiefen, nach jedem Fall sich wieder aufzurichten und so zu handeln, daß Gemeinsamkeit und Frieden in Kirche und Welt wachsen. Im Geheimnis der Gemeinschaft der Heiligen verwirklicht sich die universale Versöhnung in ihrer tiefsten und für das gemeinsame Heil fruchtbarsten Form.

Ein zweiter Weg ist die Verkündigung. Als Schülerin des einzigen Meisters Jesus Christus wird die Kirche ihrerseits als Mutter und Lehrerin nicht müde, den Menschen die Versöhnung anzubieten; unbeirrt weist sie auf die Bosheit der Sünde hin, verkündigt sie die Notwendigkeit der Bekehrung, lädt sie die Menschen ein und fordert sie auf, sich versöhnen zu lassen. Ja, das ist ihre prophetische Sendung in der Welt von heute wie von gestern: Es ist dieselbe Sendung ihres Herrn und Meisters Jesus Christus. Wie er, so wird auch die Kirche diese ihre Sendung stets mit dem Gefühl barmherziger Liebe erfüllen und allen die Worte der Vergebung und der Ermutigung zu neuer Hoffnung, die vom Kreuz kommen, überbringen.

Weiter gibt es dann den oft so schwierigen und harten Weg der Pastoral, die versucht, jeden Menschen - wer auch immer er sei oder wo auch immer er lebe - auf den zuweilen langen Weg der Rückkehr zum Vater in der Gemeinschaft mit allen Brüdern zu führen.

Schließlich gibt es den Weg des Zeugnisses, meist ohne Worte, das aus einer zweifachen Überzeugung der Kirche hervorgeht: aus der Überzeugung, von ihrem Wesen her »unzerstörbar heilig«(54) zu sein, zugleich es aber auch nötig zu haben, »sich Tag für Tag zu reinigen, bis daß Christus sie in all ihrer Schönheit, ohne Flecken und Runzeln, vor sich erscheinen läßt«; denn wegen unserer Sünden leuchtet ihr Antlitz vor den Augen derer, die sie betrachten, nicht recht auf.(55) Dieses Zeugnis muß also zwei grundlegende Formen annehmen: Zeichen sein für jene umfassende Liebe, die Jesus Christus seinen Jüngern als Erweis ihrer Zugehörigkeit zu seinem Reich als Erbe hinterlassen hat; und immer wieder neue Umkehr und Versöhnung bewirken, innerhalb wie außerhalb der Kirche, und Spannungen überwinden, sich gegenseitig vergeben sowie im Geist der Brüderlichkeit und des Friedens wachsen und diese Haltung in der ganzen Welt verbreiten. Auf diesem Wege kann die Kirche mit Erfolg dafür wirken, daß die von meinem Vorgänger Paul VI. so genannte »Zivilisation der Liebe« allmählich entsteht.
 

ZWEITER TEIL
DIE LIEBE IST GRÖSSER ALS DIE SÜNDE

Das Drama des Menschen

13. Der Apostel Johannes schreibt: »Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden«.(56) Diese inspirierten Worte, an den Anfängen der Kirche geschrieben, leiten besser als jeder andere menschliche Ausdruck die Betrachtung über die Sünde ein, die eng mit jener über die Versöhnung verbunden ist. Sie berühren das Problem der Sünde in seinem anthropologischen Horizont, als einen festen Bestandteil der Wahrheit über den Menschen; aber sie stellen es zugleich in den göttlichen Horizont, in welchem die Sünde der Wahrheit der göttlichen Liebe begegnet, die gerecht ist, großherzig und treu und sich besonders im Vergeben und Erlösen offenbart. Deshalb kann derselbe Apostel Johannes kurz nach jenen Worten schreiben: »Wenn das Herz uns auch verurteilt - Gott ist größer als unser Herz«.(57)

Die eigene Sünde anerkennen, ja - wenn man bei der Betrachtung der eigenen Person noch tiefer vordringt - sich selbst als Sünder bekennen, zur Sünde fähig und zur Sünde neigend, das ist der unerläßliche Anfang einer Rückkehr zu Gott. Das ist auch die beispielhafte Erfahrung des David, der, nachdem »er vor den Augen des Herrn Böses getan hatte«, vom Propheten Nathan getadelt,(58) ausruft: »Ich bekenne meine bösen Taten, meine Sünde steht mir immer vor Augen. Gegen dich allein habe ich gesündigt; ich habe getan, was dir mißfällt«.(59) Ebenso läßt Jesus Mund und Herz des verlorenen Sohnes diese deutlichen Worte sprechen: »Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt«.(60)

Versöhnung mit Gott setzt in der Tat voraus und schließt ein, sich klar und eindeutig von der Sünde zu trennen, die man begangen hat. Sie setzt also voraus und umfaßt das Bußetun im vollen Sinn des Wortes: bereuen, die Reue sichtbar machen, das konkrete Verhalten eines Büßers annehmen, der sich auf den Rückweg zum Vater begibt. Das ist ein allgemeines Gesetz, dem jeder in seiner besonderen Situation folgen muß. Das Reden über Sünde und Umkehr darf nicht bei abstrakten Begriffen stehenbleiben.

In der konkreten Verfaßtheit des Sünders, in der es keine Umkehr ohne die Erkenntnis der eigenen Sünde geben kann, stellt der kirchliche Dienst der Versöhnung immer wieder eine Hilfe zur Verfügung, die deutlich auf Buße ausgerichtet ist, das heißt den Menschen zur »Selbsterkenntnis«(61) bringen will, zur Trennung vom Bösen, zur Erneuerung der Freundschaft mit Gott, zur Wiederherstellung der inneren Ordnung, zu einer neuen Hinwendung zur Kirche. Über den Bereich der Kirche und der Gläubigen hinaus wenden sich die Botschaft zur Umkehr und der Dienst an der Buße an alle Menschen, weil alle der Bekehrung und Versöhnung bedürfen.(62)

Um diesen Dienst an der Buße in angemessener Weise zu erfüllen, ist es auch notwendig, mit den »erleuchteten Augen«(63) des Glaubens die Folgen der Sünde zu erwägen, die ja Anlaß sind für Trennung und Zerrissenheit nicht nur im Innern jedes Menschen, sondern auch in seinen verschiedenen Lebensräumen, in Familie und Umwelt, Beruf und Gesellschaft, wie man oft aus Erfahrung feststellen kann, in Bestätigung der biblischen Erzählung von Babel und seinem Turm.(64) Indem sie erbauen wollten, was zugleich Symbol und Ausgangspunkt der Einheit sein sollte, fanden sich diese Menschen am Ende zerstreuter vor als am Anfang, verwirrt in der Sprache, untereinander gespalten, unfähig zu Übereinstimmung und Gemeinsamkeit.

Warum ist dieser ehrgeizige Plan gescheitert? Warum mühten sich die Erbauer vergebens?(65) Weil die Menschen zum Zeichen und zur Garantie der ersehnten Einheit nur ein Werk ihrer eigenen Hände gemacht und das Wirken Gottes vergessen hatten. Sie hatten allein auf die horizontale Dimension der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens gesetzt, ohne jene vertikale Dimension zu beachten, durch die sie in Gott, ihrem Schöpfer und Herrn, ihre Verwurzelung gefunden und sich auf ihn als das letzte Ziel ihres Weges ausgerichtet hätten.

Man kann sagen, daß das Drama des Menschen von heute, in gewissem Maße das Drama des Menschen zu allen Zeiten, geradezu in seiner Ähnlichkeit mit Babel besteht.

ERSTES KAPITEL
DAS GEHEIMNIS DER SÜNDE

14. Wenn wir die biblische Erzählung von der Stadt Babel und ihrem Turm im Licht der neuen Wahrheit des Evangeliums lesen und sie mit jener anderen Geschichte des Falles der Ureltern vergleichen, können wir daraus kostbare Elemente für ein Verständnis des Geheimnisses der Sünde gewinnen. Dieser Ausdruck, in dem anklingt, was der hl. Paulus über das Geheimnis der Bosheit(66) schreibt, will uns auf das Dunkle und Unbegreifbare aufmerksam machen, das sich in der Sünde verbirgt. Diese ist zweifellos eine Tat des freien Menschen; aber innerhalb dieser menschlichen Realität wirken Faktoren mit, durch welche die Sünde über den Menschen hinausragt in den Grenzbereich, wo Bewußtsein, Wille und Empfinden in Kontakt mit den dunklen Kräften stehen, die nach dem hl. Paulus in der Welt fast bis zu deren Beherrschung wirken.(67)

Der Ungehorsam gegen Gott

Aus der biblischen Erzählung vom Turmbau zu Babel ergibt sich ein erstes Element, das uns hilft, die Sünde zu verstehen: Die Menschen haben danach verlangt, eine Stadt zu erbauen, sich in einer Gesellschaft zusammenzuschließen, stark und mächtig zu sein ohne Gott, wenn nicht sogar gegen Gott.(68) In dieser Hinsicht stimmen die Erzählung von der ersten Sünde im Garten Eden und die Geschichte von Babel trotz ihrer beachtlichen Unterschiede in Inhalt und Form miteinander überein; in beiden sehen wir, wie Gott ausgeschlossen wird: durch eine direkte Opposition gegen eines seiner Gebote, durch eine Geste der Rivalität ihm gegenüber, durch die verlockende Absicht, sein zu wollen »wie er«.(69) In der Geschichte von Babel erscheint der Ausschluß Gottes nicht so sehr als bewußter Gegensatz zu ihm, sondern als Vergessenheit und Gleichgültigkeit ihm gegenüber, als ob man sich bei dem geplanten gemeinschaftlichen Handeln des Menschen um Gott nicht zu kümmern brauche. Aber in beiden Fällen wird die Beziehung zu Gott gewaltsam abgebrochen. In der Geschichte vom Garten Eden wird der innerste und dunkelste Kern der Sünde in seiner ganzen Ernsthaftigkeit und Dramatik sichtbar: der Ungehorsam gegen Gott, gegen sein Gesetz, gegen die moralische Norm, die er dem Menschen ins Herz geschrieben und mit seiner Offenbarung bestätigt und vervollkommnet hat.

Ausschluß Gottes, Bruch mit Gott, Ungehorsam gegen Gott: das war und ist die Sünde in der ganzen Menschheitsgeschichte, in ihren verschiedenen Formen bis hin zur Verneinung Gottes und seiner Existenz. Das ist die Wirklichkeit, die Atheismus genannt wird.

Ungehorsam des Menschen, der mit einem freien Willensakt die Herrschaft Gottes über sein Leben nicht anerkennt, zumindest in jenem Augenblick, wo er das Gesetz Gottes verletzt.

Die Trennung zwischen den Brüdern

15. In den oben erwähnten biblischen Erzählungen mündet der Bruch mit Gott dramatisch ein in eine Trennung zwischen den Brüdern.

In der Beschreibung der »ersten Sünde« löst der Bruch mit Jahwe zugleich die Freundschaft auf, die die Menschheitsfamilie verband, so daß uns die folgenden Seiten der Genesis den Mann und die Frau zeigen, wie sie gleichsam gegeneinander den Anklagefinger erheben,(70) und dann den Sohn, der in seiner Feindschaft zum Bruder so weit kommt, daß er ihm das Leben nimmt.(71)

Nach der Erzählung des Geschehens von Babel ist die Folge der Sünde die Zersplitterung der Menschheitsfamilie, die schon mit der ersten Sünde begonnen hatte und nun im gesellschaftlichen Bereich ihren Höhepunkt erreicht.

Wer das Geheimnis der Sünde erforschen will, muß diese Verkettung von Ursache und Wirkung beachten. Als Bruch mit Gott ist die Sünde der Akt des Ungehorsams eines Geschöpfes, das wenigstens einschlußweise den zurückweist, dem es seinen Ursprung verdankt und der es am Leben hält; Sünde ist daher ein selbstmörderischer Akt. Weil der Mensch in der Sünde sich weigert, sich Gott zu unterstellen, zerbricht auch sein inneres Gleichgewicht, und in seinem Herzen brechen Widerspruch und Streit auf. Innerlich zerrissen, erzeugt der Mensch fast unvermeidlich einen Riß auch im Geflecht seiner Beziehungen mit den anderen Menschen und mit der geschaffenen Welt. Das ist ein Gesetz und ein objektiver Tatbestand, die sich in vielen Momenten der menschlichen Psychologie und des geistigen Lebens bestätigen wie auch in der Wirklichkeit des gesellschaftlichen Lebens, wo man die Auswirkungen und Zeichen innerer Unordnung leicht beobachten kann.

Das Geheimnis der Sünde besteht in dieser doppelten Verwundung, die der Sünder sich selbst und seiner Beziehung zum Nächsten zufügt. Deshalb kann man von personaler und von sozialer Sünde sprechen: Jede Sünde ist in einer Hinsicht personal; in anderer Hinsicht aber ist sie sozial, insofern sie auch soziale Folgen hat.

Personale Sünde - soziale Sünde

16. Die Sünde im wahren und eigentlichen Sinne ist immer ein Akt der Person, weil sie ein Akt der Freiheit des einzelnen Menschen ist, nicht eigentlich einer Gruppe oder einer Gemeinschaft. Dieser Mensch kann von mancherlei schwerwiegenden äußeren Faktoren abhängen, von ihnen bedrängt und getrieben sein, wie er auch Neigungen, Belastungen und Gewohnheiten unterworfen sein kann, die mit seiner persönlichen Verfassung gegeben sind. In zahlreichen Fällen können solche äußeren und inneren Faktoren seine Freiheit und damit seine Verantwortung und Schuld mehr oder weniger vermindern. Aber es ist eine Glaubenswahrheit, von Erfahrung und Verstand bestätigt, daß die menschliche Person frei ist. Man darf diese Wahrheit nicht übersehen und die Sünde der einzelnen auf äußere Wirklichkeiten - auf Strukturen und Systeme oder auf die anderen Menschen - abwälzen. Das würde vor allem bedeuten, die Würde und die Freiheit der Person zu zerstören, die sich - wenn auch nur negativ und in entstellter Weise - auch in der Verantwortung für die begangene Sünde zeigen. Darum gibt es im Menschen nichts, was so persönlich und unübertragbar ist, wie das Verdienst aus der Tugend oder die Verantwortung für die Schuld.

Als Akt der Person hat die Sünde ihre ersten und wichtigsten Auswirkungen im Sünder selbst: in seiner Beziehung zu Gott, der tiefsten Grundlage menschlichen Lebens; dann auch in seinem geistigen Leben, wo durch die Sünde der Wille geschwächt und der Verstand verdunkelt werden.

An diesem Punkt müssen wir uns fragen, auf welche Wirklichkeit sich diejenigen bezogen haben, die bei der Vorbereitung der Synode und im Verlauf der synodalen Arbeiten oft die soziale Sünde erwähnten.

Dieser Ausdruck und der zugrundeliegende Begriff haben ja verschiedene Bedeutungen.

Von sozialer Sünde sprechen heißt vor allem anerkennen, daß die Sünde eines jeden einzelnen kraft einer menschlichen Solidarität, die so geheimnisvoll und verborgen und doch real und konkret ist, sich in irgendeiner Weise auf die anderen auswirkt. Das ist die Kehrseite jener Solidarität, die sich auf religiöser Ebene im tiefen und wunderbaren Geheimnis der Gemeinschaft der Heiligen darstellt, derentwegen jemand hat sagen können, daß »jede Seele, die sich selbst emporhebt, die Welt emporhebt«.(72) Diesem Gesetz des Aufstiegs entspricht leider das Gesetz des Abstiegs, so daß man auch von einer Gemeinschaft der Sünde sprechen kann, durch die eine Seele, die sich durch die Sünde erniedrigt, mit sich auch die Kirche erniedrigt und in gewisser Weise die ganze Welt. Mit anderen Worten, es gibt keine Sünde, und sei sie auch noch so intim und geheim und streng persönlich, die ausschließlich den betrifft, der sie begeht. Jede Sünde wirkt sich mehr oder weniger heftig und zum größeren oder kleineren Schaden aus auf die gesamte kirchliche Gemeinschaft und auf die ganze menschliche Familie. Nach dieser ersten Bedeutung kann man jeder Sünde unbestreitbar den Charakter einer sozialen Sünde zuerkennen.

Einige Sünden aber stellen schon durch ihren Inhalt selbst einen direkten Angriff auf den Nächsten dar oder, besser gesagt in der Sprache des Evangeliums, auf den Bruder. Sie sind eine Beleidigung Gottes, weil sie den Nächsten beleidigen. Solchen Sünden pflegt man die Bezeichnung sozial zu geben; und so liegt hierin die zweite Bedeutung des Begriffs der sozialen Sünde. Sozial in diesem Sinne ist die Sünde gegen die Nächstenliebe, die im Gesetz Christi noch schwerer wiegt, weil es hierbei ja um das zweite Gebot geht, das dem »ersten gleich ist«.(73) Sozial ist ebenso jede Sünde gegen die Gerechtigkeit in den Beziehungen von Person zu Person, von Person zu Gemeinschaft oder auch von Gemeinschaft zu Person. Sozial ist jede Sünde gegen die Rechte der menschlichen Person, angefangen vom Recht auf Leben, dabei nicht ausgenommen das Recht des Kindes im Mutterschoß, oder gegen die leibliche Unversehrtheit der einzelnen; jede Sünde gegen die Freiheit anderer, insbesondere gegen jene höchste Freiheit, an Gott zu glauben und ihn zu verehren; jede Sünde gegen die Würde und Ehre des Nächsten. Sozial ist jede Sünde gegen das Gemeinwohl und seine Forderungen im weiten Bereich der Rechte und Pflichten der Bürger. Sozial kann die Sünde einer Tat oder Unterlassung auf seiten der Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Verwaltung sein, die sich, obwohl sie es könnten, nicht mit Klugheit um die Verbesserung oder Reform der Gesellschaft entsprechend den Erfordernissen und Möglichkeiten der jeweiligen Zeit bemühen; wie auch auf seiten der Arbeitnehmer, die nicht ihren Pflichten der Präsenz am Arbeitsplatz und der Zusammenarbeit nachkommen, auf daß die Unternehmen weiter zum Wohl der Arbeitnehmer selbst, ihrer Familien und der ganzen Gesellschaft wirken können.

Die dritte Bedeutung von sozialer Sünde meint die Beziehungen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften der Menschen. Diese Beziehungen sind nicht immer in Übereinstimmung mit dem Plan Gottes, der in der Welt Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden zwischen den Individuen, den Gruppen und den Völkern will. So ist der Klassenkampf ein soziales Übel, wer immer auch dafür verantwortlich ist oder seine Gesetze diktiert. So ist die Bildung fester Fronten zwischen Blöcken von Nationen und von einer Nation gegen die andere und zwischen Gruppen innerhalb desselben Volkes ebenfalls ein soziales Übel. In beiden Fällen kann man sich fragen, ob jemandem die moralische Verantwortung für solche Übel und somit die entsprechende Sünde zugeschrieben werden kann. Nun ist zuzugeben, daß Wirklichkeiten und Situationen, wie die angegebenen als soziale Tatbestände durch ihre weite Verbreitung und ihr Anwachsen bis zu gigantischen Ausmaßen fast immer anonym bleiben, weil ja ihre Ursachen vielschichtig und nicht immer nachweisbar sind. Wenn hierbei von sozialer Sünde gesprochen wird, hat dieser Ausdruck also offensichtlich eine analoge Bedeutung.

Auf jeden Fall darf das Sprechen von sozialen Sünden, und sei es nur im analogen Sinne, niemanden dazu verführen, die Verantwortung der einzelnen zu unterschätzen; es will vielmehr die Gewissen aller dazu aufrufen, daß jeder seine eigene Verantwortung übernehme, um ernsthaft und mutig jene unheilvollen Verhältnisse und unerträglichen Situationen zu ändern.

Dies klar und unmißverständlich vorausgeschickt, muß sogleich hinzufügt werden, daß jene Auffassung von sozialer Sünde nicht berechtigt und annehmbar ist - auch wenn sie heute in bestimmten Bereichen oft vorkommt(74) -, welche in unklarer Weise die soziale Sünde der personalen Sünde entgegenstellt und dadurch mehr oder weniger unbewußt dazu führt, die personale Sünde abzuschwächen und fast zu beseitigen, um nur noch soziale Schuld und Verantwortung zuzulassen. Nach dieser Auffassung, die ihre Herkunft von nichtchristlichen Systemen und Ideologien leicht erkennen läßt - welche vielleicht heute selbst von denen aufgegeben sind, die einst ihre offiziellen Verfechter waren -, wäre praktisch jede Sünde sozial in dem Sinne, daß sie nicht so sehr dem moralischen Gewissen einer Person angelastet werden könnte, sondern nur einer vagen Wirklichkeit und einem namenlosen Kollektiv, welche die konkrete Situation, das System, die Gesellschaft, die Strukturen, die Institution sein können.

Wenn die Kirche von Situationen der Sünde spricht oder bestimmte Verhältnisse und gewisse kollektive Verhaltensweisen von mehr oder weniger breiten sozialen Gruppen oder sogar von ganzen Nationen und Blöcken von Staaten als soziale Sünden anklagt, dann weiß sie und betont es auch, daß solche Fälle von sozialer Sünde die Frucht, die Anhäufung und die Zusammenballung vieler personaler Sünden sind. Es handelt sich dabei um sehr persönliche Sünden dessen, der Unrecht erzeugt, begünstigt oder ausnutzt; der, obgleich er etwas tun könnte, um gewisse soziale Übel zu vermeiden, zu beseitigen oder wenigstens zu begrenzen, es aus Trägheit oder Angst, aus komplizenhaftem Schweigen oder geheimer Beteiligung oder aus Gleichgültigkeit doch unterläßt; der Zuflucht sucht in der behaupteten Unmöglichkeit, die Welt zu verändern, und der sich den Mühen und Opfern entziehen will, indem er vorgebliche Gründe höherer Ordnung anführt. Die wirkliche Verantwortung liegt also bei den Personen.

Eine Situation - ebenso wie eine Institution, eine Struktur, eine Gesellschaft - ist an sich kein Subjekt moralischer Akte; deshalb kann sie in sich selbst nicht moralisch gut oder schlecht sein. Hinter jeder Situation von Sünde stehen immer sündige Menschen. Dies ist so sehr wahr, daß selbst dann, wenn eine solche Situation in ihren strukturellen und institutionellen Elementen kraft des Gesetzes oder - wie es leider häufiger vorkommt - durch das Gesetz der Gewalt verändert werden kann, diese Änderung sich in Wirklichkeit als unvollständig und von kurzer Dauer und schließlich als nichtig und unwirksam - wenn nicht sogar als kontraproduktiv - erweist, wenn sich nicht die Personen, die für eine solche Situation direkt oder indirekt verantwortlich sind, selbst bekehren.

Todsünde - läßliche Sünde

17. Im Geheimnis der Sünde gibt es eine weitere Dimension, über die der menschliche Geist immer wieder nachgedacht hat: Gemeint ist die Schwere der Sünde. Es handelt sich um eine Frage, die sich notwendig stellt und auf die das christliche Gewissen stets eine Antwort gegeben hat: Weshalb und in welchem Maße ist Sünde als Beleidigung Gottes und in ihrer Rückwirkung auf den Menschen schwerwiegend? Die Kirche hat hierzu eine eigene Lehre, die sie in ihren wesentlichen Elementen bestätigt, wobei sie jedoch weiß, daß es in konkreten Situationen nicht immer leicht ist, klare Abgrenzungen vorzunehmen.

Schon das Alte Testament erklärte bei nicht wenigen Sünden - bei jenen, die mit Überlegung begangen wurden,(75) bei den verschiedenen Formen von Unzucht,(76) von falschem Gottesdienst(77) und der Anbetung falscher Götter(78) -, daß der Schuldige »aus seinem Volk« entfernt werden müsse, was auch die Verurteilung zum Tode bedeuten konnte.(79) Diesen Sünden wurden andere gegenübergestellt, vor allem jene, die aus Unwissenheit begangen worden waren: Sie wurden durch ein Opfer nachgelassen.(80)

Schon im Blick auf diese Texte spricht die Kirche seit Jahrhunderten von Todsünde und von läßlicher Sünde. Diese Unterscheidung und die dabei verwandten Begriffe erhalten jedoch im Neuen Testament ein besonderes Licht; denn hier finden sich viele Texte, die mit kräftigen Ausdrücken die Sünden aufzählen und mißbilligen, die in besonderer Weise verurteilenswert sind,(81) und zwar über den von Jesus selbst bestätigten Dekalog hinaus.(82) Ich will mich hier insbesondere auf zwei wichtige und eindrucksvolle Abschnitte beziehen.

In einem Text seines ersten Briefes spricht Johannes von einer Sünde, die zum Tod führt (pròs thánaton), im Unterschied zu einer Sünde, die nicht zum Tod führt (mä pròs thánaton).(83) Offensichtlich ist der Tod hier geistlich gemeint: Es handelt sich um den Verlust des wahren Lebens oder des »ewigen Lebens«, das für Johannes die Erkenntnis des Vaters und des Sohnes ist,(84) die Gemeinschaft und innige Einheit mit ihnen. Die Sünde, die zum Tode führt, scheint in diesem Abschnitt die Verleugnung des Sohnes(85) oder die Anbetung falscher Gottheiten(86) zu sein. Jedenfalls will Johannes mit dieser begrifflichen Unterscheidung anscheinend die unendliche Schwere der Sünde, der Zurückweisung Gottes, hervorheben, die sich vor allem im Abfall von Gott und im Götzendienst zeigt, das heißt in der Zurückweisung des Glaubens an die geoffenbarte Wahrheit und in der Gleichsetzung Gottes mit gewissen geschaffenen Wirklichkeiten, die man dabei zu Idolen oder falschen Göttern macht.(87) Der Apostel möchte an jener Stelle aber auch die Zuversicht hervorheben, die der Christ durch seine »Wiedergeburt aus Gott« und durch »das Kommen des Sohnes« gewinnt: In ihm ist eine Kraft, die ihn vor dem Fall in die Sünde bewahrt; Gott schützt ihn, »der Böse berührt ihn nicht«. Wenn er aus Schwäche oder Unwissenheit sündigt, trägt er doch in sich die Hoffnung auf Vergebung, auch wegen der Hilfe, die ihm durch das gemeinsame Gebet der Brüder zuteil wird.

An einer anderen Stelle des Neuen Testamentes, im Matthäusevangelium,(88) spricht Jesus selbst von einer »Lästerung gegen den Heiligen Geist«, die »nicht vergeben wird«, weil sie in ihren verschiedenen Formen eine hartnäckige Weigerung darstellt, sich zur Liebe des barmherzigen Vaters zu bekehren.

Das sind gewiß extreme und radikale Formen: die Zurückweisung Gottes, die Verweigerung seiner Gnade und somit der Widerstand gegenüber der Quelle unseres Heiles selbst,(89) wodurch sich der Mensch den Weg zur Vergebung willentlich zu versperren scheint. Es ist zu hoffen, daß nur ganz wenige Menschen bis zu ihrem Ende in dieser Haltung der Rebellion oder geradezu der Herausforderung gegen Gott verharren wollen, der seinerseits - wie uns Johannes ebenfalls lehrt (90) - in seiner barmherzigen Liebe größer ist als unser Herz und alle unsere psychologischen und geistigen Widerstände überwinden kann, so daß man - wie Thomas von Aquin schreibt - »am Heil keines Menschen in diesem Leben zu verzweifeln braucht, wenn man die Allmacht und die Barmherzigkeit Gottes betrachtet«.(91)

Aber angesichts der Frage des Zusammenstoßes eines rebellischen Willens mit dem unendlich gerechten Gott kann man nur heilsame Gefühle von »Furcht und Schrecken« empfinden, wie der hl. Paulus empfiehlt,(92) während die Mahnung Jesu über die Sünde, die nicht vergeben werden kann, die Existenz von Schuld bestätigt, die für den Sünder den »ewigen Tod« als Strafe nach sich ziehen kann.

Im Licht dieser und weiterer Texte der Heiligen Schrift haben die Kirchenlehrer und Theologen, die geistlichen Meister und Hirten die Sünden in Todsünden und läßliche Sünden unterschieden. Mit anderen spricht der hl. Augustinus von tödlichen oder todbringenden Vergehen, die er den läßlichen, leichten oder täglichen gegenüberstellt.(93) Die Bedeutung, die er diesen Worten gibt, wird später in die offizielle Lehre der Kirche einfließen. Nach Augustinus wird es Thomas von Aquin sein, der in möglichst klaren Begriffen die Lehre formuliert hat, die sich dann in der Kirche beständig erhalten hat.

Bei der Bestimmung und Unterscheidung von Todsünde und läßlicher Sünde mußten der hl. Thomas und die Theologie der Sünde, die sich auf ihn beruft, den biblischen Bezug und somit auch den Gedanken eines geistlichen Todes einbeziehen. Nach dem Doctor Angelicus muß der Mensch, um geistlich zu leben, in Gemeinschaft mit dem höchsten Lebensprinzip bleiben, das Gott ist, insofern dieser das letzte Ziel all seines Seins und Handelns ist. Die Sünde nun ist ein Vergehen, das der Mensch gegen dieses Lebensprinzip begeht. Wenn »die Seele durch die Sünde eine Unordnung schafft, die bis zum Bruch mit dem letzten Ziel - Gott - geht, an das er durch die Liebe gebunden ist, dann ist dies eine Todsünde; wann immer jedoch die Unordnung unterhalb der Trennung von Gott bleibt, ist es eine läßliche Sünde«.(94) Daher entzieht die läßliche Sünde nicht die heiligmachende Gnade, die Freundschaft mit Gott, die Liebe und so auch nicht die ewige Seligkeit, während ein solcher Entzug gerade die Folge der Todsünde ist.

Wenn man die Sünde unter dem Aspekt der Strafe sieht, die sie mit sich bringt, so nennt der hl. Thomas zusammen mit anderen Glaubenslehrern diejenige Sünde tödlich, die eine ewige Strafe nach sich zieht, wenn sie nicht zuvor vergeben wird; läßlich nennt er die Sünde, die eine einfache zeitliche Strafe verdient, das heißt eine begrenzte Strafe, die auf Erden oder im Fegfeuer abgebüßt werden kann.

Wenn man den Gegenstand der Sünde betrachtet, so verbindet sich der Gedanke des Todes, des radikalen Bruches mit Gott, dem höchsten Gut, der Abkehr vom Weg, der zu Gott führt, oder der Unterbrechung des Weges zu ihm (lauter Weisen, um die Todsünde zu bestimmen) mit dem Gedanken der Schwere des objektiven Inhaltes: Deshalb wird in Lehre und Pastoral der Kirche die schwere Sünde praktisch mit der Todsünde gleichgesetzt.

Hier berühren wir den Kern der traditionellen Lehre der Kirche, wie er oft im Verlauf der letzten Synode deutlich betont worden ist. Diese hat nämlich nicht nur die vom Tridentinischen Konzil über Existenz und Natur von Todsünde und läßlicher Sünde verkündete Lehre(95) bekräftigt, sondern hat auch daran erinnern wollen, daß jene Sünde eine Todsünde ist, die eine schwerwiegende Materie zum Gegenstand hat und die dazu mit vollem Bewußtsein und bedachter Zustimmung begangen wird. Man muß hinzufügen - wie es auch auf der Synode geschehen ist -, daß einige Sünden, was ihre Materie betrifft, von innen her schwer und todbringend sind. Das heißt, es gibt Handlungen, die durch sich selbst und in sich, unabhängig von den Umständen, immer schwerwiegend unerlaubt sind wegen ihres objektiven Inhaltes. Wenn solche Handlungen mit hinreichender Bewußtheit und Freiheit begangen werden, stellen sie immer eine schwere Schuld dar.(96)

Diese Lehre, die auf dem Dekalog und der Predigt des Alten Testamentes gründet, von der Verkündigung der Apostel aufgenommen wurde und zur ältesten Lehre der Kirche gehört, die sie bis heute wiederholt, entspricht genau der menschlichen Erfahrung aller Zeiten. Aus Erfahrung weiß der Mensch gut, daß er auf dem Weg des Glaubens und der Gerechtigkeit, der ihn zur Erkenntnis und zur Liebe Gottes in diesem Leben und zur vollkommenen Gemeinschaft mit ihm in der Ewigkeit führt, stehenbleiben oder sich ablenken kann, ohne freilich den Weg zu Gott zu verlassen: In diesem Falle handelt es sich um läßliche Sünde, die jedoch nicht abgeschwächt werden darf, als ob sie ohne weiteres etwas Unwesentliches, eine Sünde von geringem Gewicht sei.

Der Mensch weiß allerdings auch durch schmerzliche Erfahrung, daß er mit einem bewußten und freien Akt seines Willens auf dem Weg umkehren und in entgegen gesetzter Richtung zum Willen Gottes gehen kann und sich so von ihm entfernt (aversio a Deo - Abkehr von Gott), wobei er die Gemeinschaft mit ihm verweigert, sich von seinem Lebensprinzip, das Gott ist, trennt und so den Tod wählt.

Mit der ganzen Tradition der Kirche nennen wir denjenigen Akt eine Todsünde, durch den ein Mensch bewußt und frei Gott und sein Gesetz sowie den Bund der Liebe, den dieser ihm anbietet, zurückweist, indem er es vorzieht, sich selbst zuzuwenden oder irgendeiner geschaffenen und endlichen Wirklichkeit, irgendeiner Sache, die im Widerspruch zum göttlichen Willen steht (conversio ad creaturam - Hinwendung zum Geschaffenen). Dies kann auf direkte und formale Weise geschehen, wie bei den Sünden der Götzenverehrung, des Abfalles von Gott und der Gottlosigkeit, oder auf gleichwertige Weise, wie in jedem Ungehorsam gegenüber den Geboten Gottes bei schwerwiegender Materie. Der Mensch spürt, daß dieser Ungehorsam Gott gegenüber die Verbindung mit seinem Lebensprinzip abschneidet: Es ist eine Todsünde, das heißt ein Akt, der Gott schwer beleidigt und sich schließlich gegen den Menschen selbst richtet mit einer dunklen und mächtigen Gewalt der Zerstörung.

Während der Synodenversammlung wurde von einigen Vätern eine dreifache Unterscheidung der Sünden vorgeschlagen, die in läßliche, schwere und todbringende Sünden einzuteilen wären. Eine solche Dreiteilung könnte deutlich machen, daß es bei den schweren Sünden Unterschiede gibt. Dabei bleibt es jedoch wahr, daß der wesentliche und entscheidende Unterschied zwischen jener Sünde besteht, die die Liebe zerstört, und der Sünde, die das übernatürliche Leben nicht tötet: Zwischen Leben und Tod gibt es keinen mittleren Weg.

Gleichfalls muß man vermeiden, die Todsünde zu beschränken auf den Akt einer Grundentscheidung gegen Gott (»optio fundamentalis«), wie man heute zu sagen pflegt, unter der man dann eine ausdrückliche und formale Beleidigung Gottes oder des Nächsten versteht. Es handelt sich nämlich auch um Todsünde, wenn sich der Mensch bewußt und frei aus irgendeinem Grunde für etwas entscheidet, was in schwerwiegender Weise der Ordnung widerspricht. Tatsächlich ist ja in einer solchen Entscheidung bereits eine Mißachtung des göttlichen Gebotes enthalten, eine Zurückweisung der Liebe Gottes zur Menschheit und zur ganzen Schöpfung: Der Mensch entfernt sich so von Gott und verliert die Liebe. Die Grundentscheidung kann also durch einzelne Akte völlig umgeworfen werden. Zweifellos kann es unter psychologischem Aspekt viele komplexe und dunkle Situationen geben, die für die subjektive Schuld des Sünders Bedeutung haben. Aus der Betrachtung des psychologischen Bereichs kann man jedoch nicht zur Aufstellung einer theologischen Kategorie übergehen, wie es gerade die »optio fundamentalis« ist, wenn sie so verstanden wird, daß sie auf der objektiven Ebene die traditionelle Auffassung von Todsünde ändert oder in Zweifel zieht.

Wenn auch jeder ehrliche und kluge Versuch, das psychologische und theologische Geheimnis der Sünde zu klären, anerkannt werden muß, so hat die Kirche doch die Pflicht, alle Erforscher dieser Materie einerseits an die Notwendigkeit zu erinnern, dem Wort Gottes treu zu bleiben, das uns auch über die Sünde belehrt, und andererseits auf die Gefahr hinzuweisen, daß man dazu beiträgt, in der heutigen Welt den Sinn für die Sünde noch mehr abzuschwächen.

Verlust des Sündenbewußtseins

18. Durch die Heilige Schrift, wie sie in der Gemeinschaft der Kirche gelesen wird, hat sich das christliche Gewissen die Generationen hindurch ein feines Gespür und eine wache Aufmerksamkeit für die Fermente des Todes erworben, die in der Sünde enthalten sind; ein Gespür und eine Aufmerksamkeit, um solche Fermente auch in den tausenderlei Formen auszumachen, die die Sünde annimmt, in den Tausenden von Gesichtern, mit denen sie sich zeigt. Das ist es, was man Sündenbewußtsein zu nennen pflegt.

Dieses Bewußtsein hat seine Wurzel im Gewissen des Menschen und ist gleichsam dessen Barometer. Es ist an das Bewußtsein für Gott gebunden, da es sich von der bewußten Beziehung herleitet, die der Mensch zu Gott, seinem Schöpfer, Herrn und Vater, hat. Wie man also das Bewußtsein für Gott nicht vollständig zum Verschwinden bringen noch das Gewissen auslöschen kann, so kann man auch niemals vollständig das Sündenbewußtsein beseitigen.

Und doch geschieht es nicht selten im Lauf der Geschichte über mehr oder weniger lange Zeiten hin und unter dem Einfluß vielfältiger Faktoren, daß sich das moralische Bewußtsein in vielen Menschen stark verdunkelt. »Haben wir eine richtige Vorstellung vom Gewissen?«, so habe ich mich vor zwei Jahren an die Gläubigen gewandt. - »Lebt der moderne Mensch nicht unter der Bedrohung einer Verdunkelung seines Gewissens? Einer Verformung des Gewissens? Einer Trübung oder Betäubung des Gewissens?«.(97)

Allzu viele Anzeichen deuten darauf hin, daß es in unserer Zeit tatsächlich eine solche Verdunkelung gibt, die um so beunruhigender ist, als dieses Gewissen, vom Konzil definiert als »die verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen«,(98) »eng an die Freiheit des Menschen gebunden ist... Deshalb ist das Gewissen die erste Grundlage der inneren Würde des Menschen und zugleich seiner Beziehung zu Gott«.(99) Deshalb ist es unvermeidlich, daß in dieser Situation auch das Sündenbewußtsein verdunkelt wird, welches eng mit dem moralischen Bewußtsein, mit der Suche nach der Wahrheit, mit dem Willen, die Freiheit verantwortlich zu gebrauchen, verbunden ist. Mit dem Gewissen wird auch das Gottesbewußtsein verdunkelt, und mit dem Verlust dieses entscheidenden inneren Bezugspunktes verliert man dann auch das Sündenbewußtsein. Deshalb konnte mein Vorgänger Pius XII. einmal mit einem emphatischen Wort, das nahezu sprichwörtlich geworden ist, erklären, daß »die Sünde des Jahrhunderts der Verlust des Bewußtseins von Sünde ist«.(100)

Warum gibt es dieses Phänomen in unserer Zeit? Ein Blick auf einige Elemente heutiger Kultur kann uns helfen, das fortschreitende Schwinden und sogar Erlöschen des Sündenbewußtseins zu verstehen, und das gerade wegen der Krise des Gewissens und des Gottesbewußtseins, wie oben betont worden ist.

Der »Säkularismus«, der seiner Natur und Definition nach eine Bewegung von Ideen und Haltungen ist, die für einen Humanismus völlig ohne Gott kämpft, der sich ganz konzentriert auf den Kult des Machens und des Produzierens, der überwältigt ist vom Rausch des Konsums und des Genusses, ohne Sorge um die Gefahr, die eigene Seele zu verlieren, muß notwendigerweise das Sündenbewußtsein untergraben. Bestenfalls wird sich dabei das Sündenbewußtsein auf das reduzieren, was den Menschen beleidigt. Aber gerade hier drängt sich die bittere Erfahrung auf, an die ich in meiner ersten Enzyklika erinnert habe, daß nämlich der Mensch eine Welt ohne Gott bauen kann, diese Welt sich aber schließlich gegen den Menschen selbst richten wird.(101) Gott ist jedoch tatsächlich der Ursprung und das höchste Ziel des Menschen, und dieser trägt in sich einen göttlichen Keim.(102) Deshalb ist es das Geheimnis Gottes, das das Geheimnis des Menschen enthüllt und beleuchtet. Es ist also vergeblich, zu hoffen, daß ein Sündenbewußtsein gegenüber den Menschen und den menschlichen Werten Bestand haben könnte, wenn der Sinn für die gegen Gott begangene Beleidigung, das heißt das wahre Sündenbewußtsein, fehlt.

Dieses Sündenbewußtsein schwindet in der heutigen Gesellschaft auch aufgrund der Mißverständnisse, zu denen man kommt, wenn man gewisse Ergebnisse der Humanwissenschaften übernimmt. Gestützt auf bestimmte Aussagen der Psychologie, führt die Sorge, von Schuld zu sprechen oder die Freiheit nicht zu beschränken, zum Beispiel dazu, überhaupt kein Vergehen mehr anzuerkennen. Durch eine ungebührliche Ausweitung soziologischer Kriterien kommt man schließlich dazu - wie ich bereits angedeutet habe -, alle Schuld auf die Gesellschaft abzuwälzen, während der einzelne als unschuldig erklärt wird. Indem gewisse Lehren zur menschlichen Kultur die gewiß unleugbaren Bedingungen und Einflüsse von Umwelt und Geschichte, die auf den Menschen einwirken, erweitern, schränken auch sie die Verantwortung des Menschen so stark ein, daß sie ihm nicht mehr die Fähigkeit zuerkennen, wahre menschliche Akte zu setzen und somit auch zu sündigen.

Das Sündenbewußtsein schwindet auch leicht infolge einer Ethik, die sich aus einem gewissen Geschichtsrelativismus herleitet. Das geschieht auch durch eine Ethik, die die moralische Norm relativiert und ihren absoluten, unbedingten Wert leugnet und folglich bestreitet, daß es Akte geben könne, die in sich unerlaubt sind, unabhängig von den Umständen, unter denen der Handelnde sie setzt. Es handelt sich dabei um einen wahren »Umsturz und Verfall der moralischen Werte«; »das Problem ist dann nicht so sehr die Unkenntnis der christlichen Ethik«, sondern »vielmehr des Sinnes, der Grundlagen und der Kriterien einer moralischen Haltung«.(103) Die Wirkung eines solchen Umsturzes der Ethik ist stets eine derartige Schwächung des Sündenbegriffes, daß man bei der Behauptung endet, die Sünde sei wohl vorhanden, aber man wisse nicht, wer sie begehe.

Schließlich schwindet das Sündenbewußtsein, wenn es - wie es in der Unterweisung der Jugend, in den Massenmedien, ja selbst in der Erziehung zu Hause geschehen kann - fälschlicherweise mit einem krankhaften Schuldgefühl gleichgesetzt oder mit einer bloßen Übertretung von gesetzlichen Normen und Vorschriften verbunden wird.

Der Verlust des Sündenbewußtseins ist also eine Form oder eine Frucht der Verneinung Gottes nicht nur in ihrer atheistischen, sondern auch in ihrer säkularistischen Spielart. Wenn Sünde ein Abbruch der Kindesbeziehung zu Gott ist, um die eigene Existenz aus dem Gehorsam ihm gegenüber herauszunehmen, dann ist Sündigen nicht nur eine Verneinung Gottes: Sündigen ist auch, so zu leben, als ob er nicht existiere; Sündigen ist, ihn aus dem eigenen Alltag zu beseitigen. Ein verstümmeltes oder in manchem Sinne unausgewogenes Gesellschaftsmodell, wie es häufig von den Massenmedien vertreten wird, fördert nicht wenig den fortschreitenden Verlust des Sündenbewußtseins. In einer solchen Situation ist die Verdunkelung oder Schwächung des Sündenbewußtseins das Ergebnis einer Ablehnung jeden Bezuges zur Transzendenz im Namen des Verlangens nach personaler Autonomie; oder auch der Unterwerfung unter ethische Modelle, welche der allgemeine Konsens und das generelle Verhalten aufdrängen, auch wenn das Gewissen des einzelnen sie verurteilt; oder auch das Ergebnis der dramatischen sozio-ökonomischen Verhältnisse, die einen so großen Teil der Menschheit unterdrücken und dadurch die Tendenz erzeugen, Irrtum und Schuld nur im Bereich der Gesellschaft zu sehen; schließlich und vor allem auch das Ergebnis der Verdunkelung der Vaterschaft Gottes und seiner Herrschaft über das Leben des Menschen.

Selbst im Bereich des kirchlichen Denkens und Lebens begünstigen einige Tendenzen unvermeidlich den Niedergang des Sündenbewußtseins. Einige zum Beispiel neigen dazu, übertriebene Einstellungen der Vergangenheit durch neue Übertreibungen zu ersetzen: Nachdem die Sünde überall gesehen wurde, gelangt man dazu, sie nirgendwo mehr zu sehen; von einer Überbetonung der Furcht vor den ewigen Strafen kommt man zu einer Verkündigung der Liebe Gottes, die jede für Sünde verdiente Strafe ausschließt; von der Strenge im Bemühen, irrige Gewissen zu bessern, gelangt man zu einer scheinbaren Achtung des Gewissens, derentwegen man sogar die Pflicht, die Wahrheit auszusprechen, unterdrückt. Warum sollte man nicht hinzufügen, daß die Verwirrung, die in den Gewissen vieler Gläubigen durch unterschiedliche Meinungen und Lehren in Theologie, Verkündigung, Katechese und geistlicher Führung zu schwerwiegenden und heiklen Fragen der christlichen Moral geschaffen worden ist, auch dazu führt, das echte Sündenbewußtsein zu mindern und nahezu auszulöschen? Es sollen auch nicht einige Mängel in der Praxis des Bußsakramentes verschwiegen werden: so zum Beispiel die Tendenz, die kirchliche Dimension von Sünde und Bekehrung zu verdunkeln, indem man sie zu rein individuellen Angelegenheiten macht, oder umgekehrt die Tendenz, die personale Tragweite von Gut und Böse aufzuheben, indem man ausschließlich ihre gemeinschaftliche Dimension beachtet; solcherart ist auch die nie ganz gebannte Gefahr eines gewohnheitsmäßigen Ritualismus, der dem Bußsakrament seine volle Bedeutung und seine formende Kraft nimmt.

Das echte Sündenbewußtsein wieder neu zu formen, das ist die erste Weise, um die schwere geistige Krise, die den Menschen unserer Zeit bedrückt, anzugehen. Das Sündenbewußtsein stellt man aber nur durch eine klare Berufung auf unaufgebbare Prinzipien der Vernunft und des Glaubens wieder her, wie die Morallehre der Kirche sie immer vertreten hat.

Es besteht die berechtigte Hoffnung, daß vor allem im christlichen und kirchlichen Bereich ein gesundes Sündenbewußtsein wieder aufbricht. Dem dienen eine gute Katechese, erhellt durch die biblische Theologie des Bundes, ein aufmerksames Hören auf das Lehramt der Kirche, das unaufhörlich den Gewissen Licht bietet, und eine vertrauensvolle Annahme ihres Wortes sowie eine immer sorgfältigere Praxis des Bußsakramentes.
 

ZWEITES KAPITEL
GEHEIMNIS DES GLAUBENS

19. Um die Sünde zu erkennen, mußten wir unseren Blick auf ihre Natur richten, wie sie uns die Offenbarung der Heilsökonomie hat erkennen lassen: sie ist Geheimnis des Bösen. In dieser Ökonomie ist die Sünde aber nicht der Haupthandelnde und noch weniger der Sieger. Sie hat einen Gegenspieler in einem anderen Wirkprinzip, das wir - um einen schönen und suggestiven Ausdruck des hl. Paulus zu benutzen - das Geheimnis oder Sakrament des Glaubens nennen können. Die Sünde des Menschen wäre siegreich und am Ende zerstörerisch, der Heilsplan Gottes würde unvollkommen bleiben und sogar vereitelt werden, wenn dieses Geheimnis des Glaubens nicht seinen Platz in der Dynamik der Geschichte erhalten hätte, um die Sünde des Menschen zu besiegen.

Wir finden diesen Ausdruck in einem der Pastoralbriefe des hl. Paulus, im 1. Brief an Timotheus. Er tritt unerwartet auf, wie durch eine plötzliche Eingebung. Der Apostel hat nämlich vorher lange Abschnitte seiner Botschaft seinem Lieblingsjünger gewidmet, um ihm die Bedeutung der Gemeindeordnung (die liturgische und die mit ihr verbundene hierarchische) zu erklären; er hat also von der Aufgabe der Gemeindeleiter, vor allem der Diakone, gesprochen, um schließlich das Verhalten von Timotheus selber in »der Kirche des lebendigen Gottes, die die Säule und das Fundament der Wahrheit ist«, zu behandeln. Da ruft er am Ende des Abschnittes unvermittelt und doch wohlbedacht aus, was allem, das er geschrieben hat, einen besonderen Sinn gibt: »Wahrhaftig, das Geheimnis unseres Glaubens ist groß...«.(104)

Ohne den wörtlichen Sinn des Textes im geringsten zu verraten, können wir diese großartige theologische Intuition des Apostels zu einer umfassenderen Sicht von der Aufgabe ausweiten, die der von ihm verkündeten Wahrheit in der Heilsökonomie zukommt. »Wahrhaftig«, wiederholen wir mit dem Apostel, »das Geheimnis unseres Glaubens ist groß«, weil es die Sünde besiegt.

Was aber ist nach paulinischer Auffassung dieser »Glaube«?

Er ist Christus selber

20. Es ist von tiefer Bedeutung, daß Paulus zur Beschreibung dieses »Geheimnisses des Glaubens«, ohne eine grammatikalische Verbindung mit dem vorhergehenden Text herzustellen,(105) drei Verse eines Christushymnus wörtlich zitiert, der nach der Meinung von Fachleuten in den hellenistisch-christlichen Gemeinden in Gebrauch war.

Mit den Worten jenes Hymnus, der reich an theologischem Inhalt und voll edler Schönheit ist, bekannten die Gläubigen des ersten Jahrhunderts ihren Glauben an das Geheimnis Christi:

  • daß er sich in der Wirklichkeit des menschlichen Fleisches geoffenbart hat und vom Heiligen Geist zum Gerechten bestellt worden ist, der sich für die Ungerechten hingibt;
  • daß er den Engeln erschienen ist, größer als sie, und den Heiden als Vermittler des Heils verkündet worden ist;
  • daß er in der Welt als Gesandter des Vaters geglaubt und vom Vater selbst als der Herr in den Himmel aufgenommen worden ist.(106)

Das Geheimnis oder Sakrament des Glaubens ist deshalb das Geheimnis Christi selber. Es ist in einer gedrängten Synthese das Geheimnis der Menschwerdung und der Erlösung, des vollen Ostergeschehens Jesu, des Sohnes Gottes und des Sohnes Marias: Geheimnis seines Leidens und Sterbens, seiner Auferstehung und Verherrlichung. Was der hl. Paulus durch die Zitation dieser Sätze des Hymnus hat unterstreichen wollen, ist dies, daß dieses Geheimnis das verborgene Lebensprinzip ist, das die Kirche zum Hauswesen Gottes, zur Säule und zum Fundament der Wahrheit macht. In der Linie der paulinischen Unterweisung können wir sagen, daß dieses Geheimnis des unendlichen Erbarmens Gottes uns gegenüber imstande ist, bis zu den verborgensten Wurzeln unserer Bosheit vorzudringen, um die Seele zur Bekehrung zu bewegen, um sie zu erlösen und zur Versöhnung zu führen.

Indem sich der hl. Johannes ohne Zweifel auf dieses Geheimnis bezog, konnte auch er in der ihm charakteristischen Sprache, die von der des hl. Paulus verschieden ist, schreiben: »Wer von Gott stammt, sündigt nicht, sondern der von Gott Gezeugte bewahrt ihn, und der Böse tastet ihn nicht an«.(107) In dieser Aussage des Johannes liegt ein Zeichen von Hoffnung, die auf den göttlichen Verheißungen gründet: Der Christ hat die Zusicherung und die notwendigen Kräfte erhalten, nicht zu sündigen. Es handelt sich hier also nicht um eine durch eigene Tugend erworbene Sündenlosigkeit oder gar um eine solche, die dem Menschen angeboren wäre, wie die Gnostiker meinten. Sie ist ein Ergebnis des Handelns Gottes. Um nicht zu sündigen, verfügt der Christ über die Kenntnis Gottes, erinnert der hl. Johannes an derselben Stelle. Kurz vorher aber hatte er geschrieben: »Jeder, der von Gott stammt, tut keine Sünde, weil Gottes Same in ihm bleibt«.(108) Wenn wir unter diesem »Samen Gottes«, wie einige Kommentatoren vorschlagen, Jesus, den Sohn Gottes, verstehen, können wir also sagen, daß der Christ, um nicht zu sündigen - oder sich von der Sünde zu befreien - über die innere Gegenwart von Christus selbst und vom Geheimnis Christi verfügt, das Geheimnis des Glaubens ist.

Das Bemühen des Christen

21. Es gibt im Geheimnis des Glaubens aber noch eine andere Seite: Das Erbarmen Gottes dem Christen gegenüber muß eine Antwort in der Frömmigkeit des Christen Gott gegenüber finden. In dieser zweiten Bedeutung besagt die »pietas« (eusébeia) das Verhalten des Christen, der auf das väterliche Erbarmen Gottes mit kindlicher Frömmigkeit antwortet.

Auch in diesem Sinn können wir mit dem hl. Paulus sagen, daß »das Geheimnis unseres Glaubens groß ist«. Auch in diesem Sinn wendet sich die Frömmigkeit als Kraft der Bekehrung und Versöhnung gegen die Bosheit und die Sünde. Auch in diesem Fall sind die wesentlichen Aspekte des Geheimnisses Christ in dem Sinn Gegenstand der Frömmigkeit, daß der Christ das Geheimnis annimmt, es betrachtet und daraus die notwendige geistige Kraft schöpft, um nach dem Evangelium zu leben. Auch hier muß man sagen, daß, »wer von Gott stammt, keine Sünde tut«; diese Aussage aber hat einen imperativen Sinn: Gestärkt vom Geheimnis Christi wie von einer inneren Quelle geistiger Kraft ist der Christ gewarnt zu sündigen, ja er erhält sogar das Gebot, nicht zu sündigen, sondern sich würdig zu verhalten »im Hauswesen Gottes, das heißt in der Kirche des lebendigen Gottes«,(109) da er ein »Kind Gottes« ist.

Unterwegs zu einem versöhnten Leben

22. So öffnet das Wort der Schrift, indem es uns das Geheimnis des Glaubens offenbart, den menschlichen Verstand für die Bekehrung und die Versöhnung, verstanden nicht als abstrakte Größen, sondern als konkrete christliche Werte, die es in unserem Alltag zu erwerben gilt.

Bedroht vom Verlust des Sündenbewußtseins und zuweilen versucht von einer wenig christlichen Illusion von Sündenlosigkeit haben es auch die Menschen von heute nötig, die Ermahnung des hl. Johannes als an jeden persönlich gerichtet neu zu hören: »Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns«,(110) ja sogar »die ganze Welt steht unter der Macht des Bösen«.(111) Jeder ist also durch die Stimme der göttlichen Wahrheit eingeladen, realistisch sein Gewissen zu erforschen und zu bekennen, daß er in Schuld geboren ist, wie wir im Psalm Miserere beten.(112)

Dennoch können sich die Menschen von heute, die von Furcht und Verzweiflung bedrängt sind, durch die göttliche Verheißung aufgerichtet fühlen, die ihnen die Hoffnung auf die volle Versöhnung schenkt.

Das Geheimnis des Glaubens von seiten Gottes ist jene Barmherzigkeit, an der der Herr, unser Vater, - ich wiederhole es noch einmal - unendlich reich ist.(113) Wie ich in meiner Enzyklika, die dem Thema der göttlichen Barmherzigkeit gewidmet ist,(114) gesagt habe, ist dies eine Liebe, die stärker ist als die Sünde, stärker als der Tod. Wenn wir erkennen, daß die Liebe, die Gott zu uns hat, vor unserer Sünde nicht Halt macht, vor unseren Beleidigungen nicht zurückweicht, sondern an Sorge und hochherziger Zuwendung noch wächst; wenn wir uns bewußt werden, daß diese Liebe sogar das Leiden und den Tod des menschgewordenen Wortes bewirkt hat, das bereit war, uns um den Preis seines Blutes zu erlösen, dann rufen wir voller Dankbarkeit aus: »Ja, der Herr ist reich an Erbarmen« und sagen sogar: »Der Herr ist Barmherzigkeit«.

Das Geheimnis des Glaubens ist der offene Weg von der göttlichen Barmherzigkeit zum versöhnten Leben.

 

DRITTER TEIL
DIE PASTORAL DER BUSSE UND DER VERSÖHNUNG

Die Förderung von Buße und Versöhnung

23. Es ist die wesentliche Aufgabe der Kirche, den Menschen im Herzen zu Umkehr und Buße zu führen und ihm das Geschenk der Versöhnung anzubieten, wodurch sie das Erlösungswerk ihres göttlichen Stifters fortsetzt. Dies ist eine Sendung, die sich nicht in einigen theoretischen Aussagen und in der Verkündigung eines ethischen Ideals erschöpft, welche von keinen wirksamen Kräften begleitet ist. Sie zielt vielmehr darauf ab, sich für eine konkrete Praxis der Buße und der Versöhnung in bestimmten Amtshandlungen auszudrücken.

Diesen amtlichen Dienst, der auf den oben dargelegten Glaubensprinzipien gründet und von ihnen erleuchtet wird, der auf bestimmte Ziele ausgerichtet und durch angemessene Mittel gestützt wird, können wir als eine Pastoral der Buße und der Versöhnung bezeichnen. Ihr Ausgangspunkt ist die Überzeugung der Kirche, daß der Mensch, an den sich jede Form der Pastoral, hauptsächlich aber die Pastoral der Buße und der Versöhnung richtet, der von der Sünde gezeichnete Mensch ist, dessen typisches Bild wir im König David finden. Vom Propheten Nathan zurechtgewiesen, ist er bereit, sich mit den eigenen ruchlosen Vergehen auseinanderzusetzen, und bekennt: »Ich habe gegen den Herrn gesündigt«.(115) Er ruft aus: »Ich erkenne meine bösen Taten, meine Sünde steht mir immer vor Augen«;(116) aber er bittet auch: »Entsündige mich mit Ysop, dann werde ich rein; wasche mich, dann bin ich weißer als Schnee«,(117) und er erhält die Antwort der göttlichen Barmherzigkeit: »Der Herr hat dir deine Sünde vergeben; du wirst nicht sterben«.(118)

Die Kirche findet also einen Menschen - eine ganze Welt des Menschen - vor, der von der Sünde verwundet und von ihr in seinem innersten Sein getroffen ist, der aber zugleich von einem unbändigen Wunsch nach Befreiung von der Sünde erfüllt ist. Vor allem wenn er Christ ist, ist er sich auch dessen bewußt, daß das Geheimnis der Barmherzigkeit, Christus, der Herr, schon in ihm und in der Welt mit der Kraft der Erlösung am Werk ist.

Die versöhnende Funktion der Kirche muß somit jenen inneren Zusammenhang beachten, der die Verzeihung und die Vergebung der Sünde jedes Menschen eng mit der grundsätzlichen und vollen Versöhnung der Menschheit verbindet, die mit der Erlösung geschehen ist. Dieser Zusammenhang läßt uns verstehen, daß aufgrund der Tatsache, daß die Sünde das aktive Prinzip der Entzweiung ist - Entzweiung zwischen dem Menschen und dem Schöpfer, Entzweiung im Herzen und im Sein des Menschen, Entzweiung zwischen den einzelnen Menschen und Gruppen, Entzweiung zwischen dem Menschen und der von Gott geschaffenen Natur -, nur die Bekehrung von der Sünde imstande ist, dort, wo eine solche Entzweiung eingetreten ist, eine tiefe und dauerhafte Versöhnung zu bewirken.

Es ist nicht nötig zu wiederholen, was ich schon über die Bedeutung des »Dienstes der Versöhnung«(119) und der entsprechenden Pastoral gesagt habe, die diesen Dienst im Bewußtsein und im Leben der Kirche konkretisiert. Die Kirche würde in einem ihrer wesentlichen Aspekte und in einer unentbehrlichen Funktion versagen, wenn sie nicht klar und entschlossen, gelegen oder ungelegen, die »Botschaft der Versöhnung«(120) verkündete und der Welt das Geschenk der Versöhnung nicht anbieten würde. Es ist sinnvoll, daran zu erinnern, daß sich diese Bedeutung des kirchlichen Dienstes der Versöhnung über die Grenzen der Kirche hinaus auf die ganze Welt erstreckt.

Von der Pastoral der Buße und der Versöhnung zu sprechen, bedeutet also, auf die Gesamtheit der Aufgaben hinzuweisen, die der Kirche auf allen Ebenen obliegen, um beides zu fördern. Noch konkreter, von dieser Pastoral sprechen heißt, alle Handlungen in Erinnerung zu rufen, wodurch die Kirche durch alle und jedes einzelne ihrer Glieder - Hirten und Gläubige auf allen Ebenen und in allen Bereichen - und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln - Wort und Tat, Unterweisung und Gebet - die Menschen, einzeln oder in Gruppen, zu wahrer Buße führt und sie so auf den Weg zur vollen Versöhnung geleitet.

Die Bischöfe der Synode haben sich als Vertreter ihrer Mitbrüder im Bischofsamt, der Hirten des ihnen anvertrauten Volkes, mit dieser Pastoral in ihren mehr praktischen und konkreten Elementen befaßt. Mit Freude pflichte ich ihnen bei und teile ihre Sorgen und Hoffnungen. Ich nehme die Frucht ihrer Untersuchungen und Erfahrungen entgegen und ermutige sie in ihren Plänen und Initiativen. Mögen sie in diesem Teil des Apostolischen Schreibens jenen Beitrag wiederfinden, den sie selber für die Synode geleistet haben, einen Beitrag, dessen Nutzen ich durch diese Seiten der ganzen Kirche zugänglich machen möchte.

Deshalb möchte ich das Wesen der Pastoral der Buße und der Versöhnung darlegen, indem ich mit der Synode die beiden folgenden Punkte besonders behandle:

  1. Die von der Kirche benutzten Mittel und Wege, um Buße und Versöhnung zu fördern.
  2. Das eigentliche Sakrament der Buße und Versöhnung.

 

ERSTES KAPITEL
DIE FÖRDERUNG VON BUSSE UND VERSÖHNUNG:
MITTEL UND WEGE

24. Um Buße und Versöhnung zu fördern, hat die Kirche hauptsächlich zwei Mittel zur Verfügung, die ihr von ihrem Stifter selber anvertraut worden sind: die Katechese und die Sakramente. Ihre Anwendung, die von der Kirche immer in vollem Einklang mit den Erfordernissen ihrer Heilssendung und zugleich als den Erfordernissen und geistlichen Bedürfnissen der Menschen aller Zeiten angemessen erachtet worden ist, kann in alten und neuen Formen erfolgen. Unter diesen ist besonders an jene zu erinnern, die wir im Anschluß an meinen Vorgänger Paul VI. die Methode des Dialoges nennen können.

Der Dialog

25. Der Dialog ist für die Kirche in gewissem Sinn ein Mittel und vor allem eine Weise, um in der Welt von heute zu wirken.

Das II. Vatikanische Konzil hat nämlich verkündet, daß »die Kirche kraft ihrer Sendung, die ganze Welt mit der Botschaft des Evangeliums zu erleuchten und alle Menschen... in einem Geist zu vereinigen, zum Zeichen jener Brüderlichkeit wird, die einen aufrichtigen Dialog ermöglicht und gedeihen läßt«. Es fügt hinzu, daß sie imstande sein muß, »ein immer fruchtbareres Gespräch zwischen allen in Gang zu bringen, die das eine Volk Gottes bilden«,(121) und auch »mit der menschlichen Gesellschaft... in ein Gespräch zu kommen«.(122)

Mein Vorgänger Paul VI. hat dem Dialog einen beträchtlichen Teil seiner ersten Enzyklika Ecclesiam suam gewidmet, wo er ihn bezeichnenderweise als Heilsdialog beschreibt und kennzeichnet.(123)

Die Kirche bedient sich in der Tat der Methode des Dialoges, um die Menschen - jene, die sich durch Taufe und Glaubensbekenntnis als Glieder der christlichen Gemeinschaft bekennen, und jene, die ihr fernstehen - besser zu Bekehrung und Buße, auf den Weg einer tiefen Erneuerung ihres persönlichen Gewissens und ihres Lebens sowie zum Licht des Geheimnisses der Erlösung und des Heiles zu führen, das von Christus gewirkt und dem Dienst seiner Kirche anvertraut worden ist. Der echte Dialog ist somit vor allem auf die Erneuerung eines jeden durch innere Bekehrung und Buße gerichtet, wobei er jedoch die Gewissen besonders achtet und mit Geduld und nur schrittweise vorgeht, was bei der Lage der Menschen unserer Zeit unerläßlich ist.

Der pastorale Dialog für eine Versöhnung bleibt auch heute in verschiedenen Bereichen und auf unterschiedlichen Ebenen eine grundlegende Aufgabe der Kirche.

Sie fördert vor allem einen ökumenischen Dialog, das heißt den Dialog zwischen den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die sich auf den Glauben an Christus, den Sohn Gottes und einzigen Erlöser, berufen, und einen Dialog mit den anderen Gemeinschaften von Menschen, die Gott suchen und Gemeinschaft mit ihm haben möchten.

Die Grundlage dieses Dialoges mit den anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften und mit den anderen Religionen muß, als Bedingung für seine Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit, ein aufrichtiges Bemühen um einen ständigen und erneuerten Dialog im Innern der katholischen Kirche selber sein. Die Kirche ist sich dessen bewußt, von Natur aus Sakrament der »universalen Gemeinschaft der Liebe« zu sein;(124) aber sie ist sich auch der Spannungen bewußt, die in ihrem Innern bestehen und die zu Ursachen der Spaltung zu werden drohen.

Der ernste und entschlossene Aufruf, den schon mein Vorgänger im Hinblick auf das Heilige Jahr 1975 an alle gerichtet hat,(125) gilt auch noch im gegenwärtigen Augenblick. Um die Konflikte zu überwinden und zu verhindern, daß die normalen Spannungen der Einheit der Kirche schaden, müssen wir uns alle unter das Wort Gottes stellen. Indem wir die eigenen subjektiven Ansichten aufgeben, haben wir die Wahrheit dort zu suchen, wo sie zu finden ist, das heißt im Wort Gottes und in der authentischen Interpretation, die das Lehramt der Kirche davon gibt. In diesem Licht sind das gegenseitige Aufeinanderhören, die Achtung voreinander und die Vermeidung jedes voreiligen Urteils, die Geduld und die Fähigkeit, die Unterordnung des Glaubens, der eint, unter die Meinungen, Modeerscheinungen und ideologischen Parteinahmen, die entzweien, zu vermeiden, alles Eigenschaften eines Dialoges, der im Innern der Kirche mit Ausdauer, bereitwillig und aufrichtig geübt werden muß. Es ist offenkundig, daß er nicht von solcher Art wäre und nicht ein Faktor der Versöhnung werden könnte, wenn er nicht auf das Lehramt achtet und es annimmt.

Indem sich die katholische Kirche auf diese Weise wirksam um die eigene innere Einheit bemüht, kann sie - wie sie es schon seit geraumer Zeit tut - an die anderen christlichen Kirchen, mit denen keine volle Einheit besteht, an die anderen Religionen und sogar an jene, die Gott mit aufrichtigem Herzen suchen, den Aufruf zur Versöhnung richten.

Im Licht des Konzils und des Lehramtes meiner Vorgänger, deren kostbares Erbe ich übernommen habe und zu bewahren und zu verwirklichen mich bemühe, kann ich feststellen, daß sich die katholische Kirche in allen ihren Bereichen mit Redlichkeit um den ökumenischen Dialog bemüht, und zwar ohne leichtfertigen Optimismus, aber auch ohne Mißtrauen, ohne Zögern und Zaudern. Die Grundregeln, die sie in diesem Dialog zu befolgen sucht, sind einerseits die Überzeugung, daß nur ein geistlicher Ökumenismus - das heißt einer, der im gemeinsamen Gebet und in der gemeinsamen Verfügbarkeit dem einen Herrn gegenüber gründet - es gestattet, aufrichtig und ernsthaft auf die anderen Erfordernisse ökumenischen Handelns zu antworten;(126) andererseits die Überzeugung, daß ein gewisser leichtfertiger Irenismus im Bereich der Lehre, vor allem im Dogma, allenfalls zu einer nicht dauerhaften Form oberflächlichen Zusammengehens führen könnte, nicht aber zu jener tiefen und beständigen Gemeinschaft, die wir uns alle wünschen. Zu dieser Gemeinschaft wird man in der von der göttlichen Vorsehung bestimmten Stunde gelangen; damit dies aber gelingt, weiß die katholische Kirche, daß sie selber offen und empfänglich sein muß für »die wahrhaft christlichen Güter aus dem gemeinsamen Erbe..., die sich bei den von uns getrennten Brüdern finden«.(127) Gleichzeitig aber bilden Klarheit in der Gesprächsführung, Treue und Übereinstimmung mit dem im Lauf der christlichen Tradition vom Lehramt überlieferten und definierten Glauben die unerläßlichen Voraussetzungen für einen ehrlichen und konstruktiven Dialog. Trotz der Gefahr eines gewissen Defätismus und eines unvermeidlich langsamen Vorgehens, das niemals durch Unbesonnenheit behoben werden kann, fährt die katholische Kirche fort, mit allen anderen christlichen Brüdern die Wege zur Einheit und mit den Anhängern der anderen Religionen einen aufrichtigen Dialog zu suchen. Möge dieser Dialog mit den anderen Kirchen und Religionen zur Überwindung jeglicher Form von Feindseligkeit, Mißtrauen, gegenseitigem Verurteilen und erst recht von gegenseitigen Angriffen führen, Vorbedingung für eine Begegnung wenigstens im Glauben an den einen Gott und in der Hoffnung auf ein ewiges Leben für die unsterbliche Seele. Gebe Gott, daß der ökumenische Dialog zu einer aufrichtigen Verständigung über all das führe, was wir mit diesen Kirchen bereits gemeinsam haben können: der Glaube an Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, unseren Erlöser und Herrn, das Hören auf das Wort, das Studium der Offenbarung, das Sakrament der Taufe.

In dem Maße, wie die Kirche fähig ist, in ihrem eigenen Innern eine wirksame Eintracht - die Einheit in der Verschiedenheit - zu verwirklichen und sich gegenüber den anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften und den anderen Religionen als Zeugin und demütige Dienerin der Versöhnung zu erweisen, wird sie selber nach einem prägnanten Ausdruck des hl. Augustinus »versöhnte Welt«.(128) So wird sie Zeichen der Versöhnung in der Welt und für die Welt sein können.

Im Bewußtsein der ungeheuer schwierigen Situation, die durch die Kräfte der Entzweiung und des Krieges geschaffen worden ist und heute eine schwere Bedrohung nicht nur für das Gleichgewicht und die Harmonie zwischen den Nationen, sondern für das Überleben der Menschheit selbst darstellt, fühlt die Kirche sich verpflichtet, ihre spezifische Mitarbeit für die Überwindung der Konflikte und die Wiederherstellung der Eintracht anzubieten und zu empfehlen.

Es ist ein komplexer und heikler Dialog der Versöhnung, um den sich die Kirche vor allem durch das Wirken des Heiligen Stuhles und seiner verschiedenen Organismen bemüht. Man kann sagen, daß der Heilige Stuhl alle Kraft dafür verwendet, bei den Regierungen der Nationen und den Verantwortlichen der verschiedenen internationalen Einrichtungen vorstellig zu werden oder durch Gespräche mit ihnen und durch die Förderung des Dialogs zwischen ihnen mit diesen zusammenzuwirken, um inmitten zahlreicher Konflikte eine Aussöhnung herbeizuführen. Sie tut dies nicht sekundärer Zwecke oder geheimer Interessen wegen - denn solche hat sie nicht -, sondern »aus humanitärer Sorge«,(129) indem sie ihre einzigartige institutionelle Struktur und moralische Autorität in den Dienst der Eintracht und des Friedens stellt. Sie tut dies in der Überzeugung, daß wie »im Krieg sich zwei Seiten gegeneinander erheben«, so auch »in der Frage des Friedens es immer und notwendig zwei Seiten sind, die sich dafür einsetzen müssen«, und daß darin »der wahre Sinn des Dialoges für den Frieden liegt«.(130)

Im Dialog für die Versöhnung setzt sich die Kirche auch durch die Bischöfe ein entsprechend der ihnen eigenen Zuständigkeit und Verantwortung, sei es individuell in der Leitung ihrer jeweiligen Teilkirchen, sei es vereint in ihren Bischofskonferenzen, unter der Mitarbeit der Priester und aller Glieder der christlichen Gemeinschaften. Sie erfüllen ihre Aufgaben dadurch, daß sie jenen unentbehrlichen Dialog fördern und die menschlichen und christlichen Forderungen nach Versöhnung und Frieden erheben. In Gemeinschaft mit ihren Hirten sind die Laien, die als »eigentliches Feld ihrer evangelisierenden Tätigkeit die weite und schwierige Welt der Politik, der sozialen Wirklichkeit, der Wirtschaft.... des internationalen Lebens«(131) haben, aufgerufen, sich unmittelbar um den Dialog oder um die Förderung des Dialogs für den Frieden zu bemühen. Auch durch sie verwirklicht die Kirche ihren Einsatz für Versöhnung.

In der Erneuerung der Herzen durch Bekehrung und Buße liegt also die grundlegende Voraussetzung und das sichere Fundament für jede dauerhafte soziale Erneuerung und für den Frieden unter den Völkern.

Es bleibt noch zu betonen, daß der Dialog von seiten der Kirche und ihrer Glieder, in welcher Form er auch immer geschieht - und es sind und können sehr verschiedene sein, so daß der Begriff Dialog eine analoge Bedeutung hat -, niemals von einer indifferenten Haltung gegenüber der Wahrheit ausgehen darf, sondern diese vielmehr zur Darstellung bringen soll, und zwar in einer ausgeglichenen Weise, die auch den Verstand und das Gewissen der anderen achtet. Der Dialog zur Versöhnung kann niemals die Verkündigung der Wahrheit des Evangeliums ersetzen oder abschwächen, die eindeutig die Bekehrung von der Sünde und die Gemeinschaft mit Christus und der Kirche zum Ziel hat, sondern muß ihrer Weitervermittlung und Verwirklichung durch jene Mittel dienen, die Christus seiner Kirche für die Pastoral der Versöhnung hinterlassen hat: die Katechese und die Buße.

Die Katechese

26. Im weiten Bereich, in dem die Kirche mit dem Mittel des Dialoges ihre Sendung auszufüren sucht, wendet sich die Pastoral der Buße und der Versöhnung an die Glieder der kirchlichen Gemeinschaft vor allem mit einer entsprechenden Katechese über diese zwei verschiedenen und sich ergänzenden Wirklichkeiten, denen die Väter der Synode eine besondere Bedeutung beigemessen haben und die von ihnen in einigen Schlußvorlagen besonders herausgestellt worden sind: eben die Buße und die Versöhnung. Die Katechese ist also das erste Mittel, das eingesetzt werden muß.

An der Wurzel dieser sehr zeitgemäßen Empfehlung der Synode liegt eine grundlegende Voraussetzung: Was pastoral ist, steht nicht im Widerspruch zur Lehre, noch kann das pastorale Wirken vom Glaubensinhalt absehen, von dem es vielmehr seine Substanz und wirkliche Kraft erhält. Wenn die Kirche »Säule und Fundament der Wahrheit«(132) ist und als Mutter und Lehrmeisterin in die Welt gesandt ist, wie könnte sie dann die Aufgabe unterlassen, die Wahrheit zu lehren, die den Weg zum Leben darstellt?

Von den Hirten der Kirche erwartet man zuallererst eine Katechese über die Versöhnung. Diese muß sich unbedingt auf die Lehre der Bibel gründen, besonders auf jene des Neuen Testamentes über die Notwendigkeit, den Bund mit Gott in Christus, der erlöst und versöhnt, wiederherzustellen, und - im Licht und als Ausweitung dieser neuen Gemeinschaft und Freundschaft - über die Versöhnung mit dem Bruder, selbst wenn dafür die Darbringung des Opfers unterbrochen werden müßte.(133) Jesus betont nachdrücklich dieses Thema der brüderlichen Versöhnung: zum Beispiel wenn er einlädt, dem, der uns schlägt, auch die andere Wange hinzuhalten, und dem, der uns das Hemd raubt, auch den Mantel zu überlassen,(134) oder wenn er das Gesetz der Vergebung einschärft: eine Vergebung, die jeder in dem Maß empfängt, wie er selber vergibt,(135) eine Vergebung, die auch den Feinden anzubieten ist,(136) eine Vergebung, die man siebzigmal siebenmal gewähren muß,(137) das heißt praktisch ohne jede Einschränkung. Unter diesen Bedingungen, die nur in echt evangelischem Geist verwirklicht werden können, ist wahre Versöhnung unter den einzelnen, zwischen Familien, Gemeinschaften, Völkern und Nationen möglich. Von diesen biblischen Aussagen über die Versöhnung leitet sich natürlich eine theologisch bestimmte Katechese ab, die in ihre Synthese auch die Elemente der Psychologie, der Soziologie und der Humanwissenschaften einbeziehen wird, weil sie dazu dienen können, die Situationen zu klären, die Probleme richtig zu stellen, die Hörer oder die Leser zu überzeugen, konkrete Entscheidungen zu treffen.

Von den Hirten der Kirche erwartet man ferner eine Katechese über die Buße. Auch hierfür muß der Reichtum der biblischen Botschaft die Quelle sein. Diese Botschaft unterstreicht in der Buße vor allem deren Wert für die Bekehrung, ein Begriff, mit dem man das griechische Wort metánoia zu übersetzen sucht,(138) das wörtlich besagt, den Geist umzuwenden, um ihn auf Gott hinzuwenden. Dies sind übrigens auch die beiden Grundelemente, die im Gleichnis vom verlorenen und wiedergefundenen Sohn deutlich hervortreten: das »Insichgehen« (139) und die Entscheidung, zum Vater zurückzukehren. Es kann ohne diese ursprünglichen Verhaltensweisen der Bekehrung keine Versöhnung geben. Die Katechese muß sie mit Begriffen und Worten erklären, die den verschiedenen Altersstufen und den unterschiedlichen kulturellen, sittlichen und sozialen Verhältnissen angepaßt sind.

Dies ist ein erster Wert der Buße, der sich in einem zweiten fortsetzt: Buße bedeutet auch Reue. Diese beiden Bedeutungen von metánoia zeigen sich in der bezeichnenden Weisung, die Jesus gegeben hat: »Wenn dein Bruder... sich ändert (und zurückkehrt), vergib ihm. Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: Ich will mich ändern!, so sollst du ihm vergeben«.(140) Eine gute Katechese wird aufzeigen, wie die Reue ebenso wie die Bekehrung, weit davon entfernt, nur ein oberflächliches Gefühl zu sein, eine wirkliche Umwandlung der Seele darstellt.

Ein dritter Wert ist in der Buße enthalten. Es ist die Bewegung, durch die sich die vorhergehenden Haltungen der Bekehrung und Reue nach außen zeigen: das Bußetun. Diese Bedeutung ist im Begriff metánoia gut erkenntlich, wie er vom Vorläufer Jesu im Text der Synoptiker benutzt wird.(141) Bußetun will vor allem besagen, das Gleichgewicht und die Harmonie, die durch die Sünde zerstört worden sind, wiederherzustellen und auch um den Preis von Opfern die Richtung zu ändern.

Eine möglichst umfassende und angemessene Katechese über die Buße ist in einer Zeit wie der unsrigen unverzichtbar, in der die vorherrschenden Haltungen im gesellschaftlichen Denken und Verhalten in so offenem Gegensatz zu dem soeben erläuterten dreifachen Wert stehen: Dem heutigen Menschen scheint es schwerer zu fallen als je zuvor, seine eigenen Fehler zuzugeben und sich zu entscheiden, seine Schritte zu überprüfen, um den Weg nach erfolgter Änderung der Richtung wieder aufzunehmen. Es widerstrebt ihm sehr zu sagen »ich bereue« oder »es tut mir leid«; er scheint instinktiv und oft unwiderstehlich alles abzulehnen, was Buße im Sinn eines Opfers ist, das zur Korrektur der Sünde angenommen und getan wird. Hierzu möchte ich betonen, daß die Bußdisziplin der Kirche, auch wenn sie seit einiger Zeit erleichtert worden ist, nicht ohne großen Schaden für das innere Leben der Christen und der kirchlichen Gemeinschaft wie für ihre missionarische Ausstrahlungskraft aufgehoben werden könnte. Nicht selten sind Nichtchristen über das geringe Zeugnis an wahrer Buße von seiten der Jünger Christi überrascht. Selbstverständlich ist christliche Buße nur dann echt, wenn sie von der Liebe und nicht von bloßer Furcht eingegeben ist; wenn sie sich ernsthaft darum bemüht, den »alten Menschen« zu kreuzigen, damit durch das Wirken Christi der »neue« geboren werden kann; wenn sie als Vorbild Christus folgt, der, obwohl unschuldig, den Weg der Armut, der Geduld, der Entsagung und, so kann man sagen, der Buße gewählt hat.

Von den Hirten der Kirche erwartet man ferner - wie die Synode in Erinnerung gebracht hat - eine Katechese über das Gewissen und seine Formung. Auch das ist ein Thema von großer Aktualität, wenn man beachtet, wie dieses innere Heiligtum, das heißt die Ich-Mitte des Menschen, sein Gewissen, von den Stößen, denen die Kultur unserer Zeit ausgesetzt ist, allzu oft bedrängt, auf die Probe gestellt, verwirrt und verdunkelt wird. Für eine kluge Katechese über das Gewissen kann man wertvolle Hinweise bei den Kirchenvätern, in der Theologie des II. Vatikanischen Konzils, besonders in den zwei Dokumenten über die Kirche in der Welt von heute(142) und über die Religionsfreiheit(143) finden. Ebenso hat auch Papst Paul VI. oft dazu Stellung genommen, um an die Natur und die Rolle des Gewissens in unserem Leben zu erinnern.(144) Ich selber unterlasse, indem ich ihm darin folge, keine Gelegenheit, um diesen überaus wichtigen Teil der Größe und Würde des Menschen deutlich herauszustellen,(145) diese »Art von moralischem Sinn, der uns befähigt, zwischen gut und böse zu unterscheiden... wie ein inneres Auge, eine Sehkraft des Geistes, die unsere Schritte auf den Weg des Guten zu führen vermag«. Zugleich unterstreiche ich die Notwendigkeit, das eigene Gewissen christlich zu formen, damit es nicht zu »einer zerstörenden Macht des wahren Menschseins (der Person) werde, sondern vielmehr zum heiligen Ort, wo Gott dieser ihr wahres Gut offenbart«.(146)

Auch über andere für die Versöhnung nicht weniger wichtige Punkte erwarten die Menschen die Katechese der Hirten der Kirche:

  • Über das Sündenbewußtsein, das - wie ich schon gesagt habe - in unserer Welt nicht wenig verkümmert ist.
  • Über die Versuchung und die Versuchungen: Jesus Christus selber, der Sohn Gottes, »der wie wir in allem versucht worden ist, aber nicht gesündigt hat«,(147) wollte vom Bösen versucht werden,(148) um zu zeigen, daß, wie er, auch seine Jünger der Versuchung ausgesetzt sind und wie sie sich in der Versuchung zu verhalten haben. Für den, der den Vater bittet, nicht über seine Kräfte versucht zu werden(149) und der Versuchung nicht zu unterliegen,(150) für den, der sich nicht den Gelegenheiten zur Sünde aussetzt, bedeutet die Tatsache der Versuchung nicht, schon gesündigt zu haben, sondern wird für ihn vielmehr zum Anlaß, in Treue und konsequenter Lebensführung durch Demut und Wachsamkeit zu wachsen.
  • Über das Fasten, das in alten und neuen Formen als Zeichen der Bekehrung und Reue, der persönlichen Abtötung und zugleich der Einheit mit Christus, dem Gekreuzigten, und der Solidarität mit den Hungernden und Leidenden geübt werden kann.
  • Über das Almosen, das ein Mittel ist, die Liebe konkret zu leben, indem man das, was man besitzt, mit dem teilt, der unter den Folgen von Armut leidet.
  • Über den inneren Zusammenhang, der die Überwindung aller Spaltungen in der Welt an die volle Gemeinschaft mit Gott und unter den Menschen bindet, was das eschatologische Ziel der Kirche darstellt.
  • Über die konkreten Umstände, in denen man die Versöhnung verwirklichen soll (in der Familie, in der bürgerlichen Gesellschaft, in den sozialen Strukturen) und besonders über die vier Versöhnungen, die die vier grundlegenden Brüche heilen: Versöhnung des Menschen mit Gott, mit sich selber, mit den Brüdern, mit der ganzen Schöpfung.

Auch kann die Kirche nicht ohne schwerwiegende Verstümmelung ihrer wesentlichen Botschaft auf eine beständige Katechese darüber verzichten, was der traditionelle christliche Sprachgebrauch als die vier Letzten Dinge des Menschen bezeichnet: Tod, Gericht, Hölle und Paradies. In einer Kultur, die den Menschen in sein mehr oder weniger gelungenes irdisches Leben einzuschließen sucht, verlangt man von den Hirten der Kirche eine Katechese, die mit der Gewißheit des Glaubens das Jenseits erschließt und erhellt: Jenseits der geheimnisvollen Pforten des Todes zeichnet sich eine Ewigkeit der Freude in der Gemeinschaft mit Gott oder der Strafe in der Ferne von ihm ab. Nur in dieser eschatologischen Sicht kann man das richtige Maß für die Sünde erhalten und sich entschieden zu Buße und Versöhnung angetrieben fühlen.

Eifrigen und fähigen Hirten fehlen niemals die Gelegenheiten, um diese umfassende und vielfältige Katechese zu erteilen, wobei sie der Verschiedenheit der Kultur und der religiösen Bildung derer Rechnung tragen, an die sie sich richten. Solche Gelegenheiten bieten oft die biblischen Lesungen und die Riten der hl. Messe und der anderen Sakramente wie auch die Anlässe selbst, zu denen diese gefeiert werden. Zum selben Zweck können auch viele andere Anlässe benutzt werden wie: Predigten, Lesungen, Diskussionen, Begegnungen, religiöse Fortbildungskurse usw., wie es an vielen Orten geschieht. Ich möchte hier besonders die Bedeutung und Wirksamkeit unterstreichen, die für die Katechese die alten Volksmissionen haben. Wenn sie an die besonderen Erfordernisse unserer Zeit angepaßt werden, können sie heute wie gestern ein geeignetes Mittel für die Glaubenserziehung sein, auch was den Bereich der Buße und Versöhnung betrifft.

Wegen der großen Bedeutung, die der Versöhnung, die auf der Bekehrung gründet, im vielschichtigen Bereich der menschlichen Beziehungen und des gesellschaftlichen Zusammenlebens auf allen Ebenen, einschließlich der internationalen, zukommt, muß sich die Katechese auch des wertvollen Beitrages der Soziallehre der Kirche bedienen. Die zeitgemäße und klare Lehre meiner Vorgänger, angefangen von Papst Leo XIII., an die sich die wichtigen Aussagen der Pastoralkonstitution Gaudium et spes des II. Vatikanischen Konzils und jene der verschiedenen Episkopate anschließen, mit denen diese auf die verschiedenen Verhältnisse in den jeweiligen Ländern geantwortet haben, bildet ein umfangreiches und solides Lehrgefüge für die vielfältigen Erfordernisse im Leben der menschlichen Gemeinschaft, in den Beziehungen der einzelnen, der Familien und Gruppen in ihren verschiedenen Bereichen und beim Aufbau einer Gesellschaft, die dem Sittengesetz, der Grundlage der Zivilisation, entsprechen will.

Dieser sozialen Unterweisung der Kirche liegt natürlich jene Sicht zugrunde, die sich aus dem Wort Gottes über die Rechte und Pflichten der einzelnen, der Familien und der Gemeinschaft herleitet; ferner über den Wert der Freiheit und die Dimensionen der Gerechtigkeit; über den Primat der Liebe; über die Würde der menschlichen Person und die Erfordernisse des Gemeinwohls, auf das Politik und Wirtschaft hingeordnet sein müssen. Auf diesen Grundprinzipien der katholischen Soziallehre, die die universalen Gebote der Vernunft und des Gewissens der Völker bekräftigen und vorlegen, gründet in hohem Maße die Hoffnung auf eine friedliche Lösung der vielen sozialen Konflikte und schließlich auf eine weltweite Aussöhnung.

Die Sakramente

27. Das zweite Mittel, das von Gott gestiftet und von der Kirche der Pastoral der Buße und Versöhnung angeboten wird, sind die Sakramente.

In der geheimnisvollen Dynamik der Sakramente, die so reich an Symbolen und Inhalten ist, kann man einen Aspekt erkennen, der nicht immer deutlich hervorgehoben wird: Jedes von ihnen ist über die ihm eigene Gnade hinaus auch Zeichen der Buße und Versöhnung. Deshalb ist es möglich, in jedem von ihnen auch diese Dimensionen des Geistes zu leben.

Die Taufe ist gewiß ein heiligendes Bad, das, wie der hl. Petrus sagt, »nicht dazu dient, den Körper von Schmutz zu reinigen, sondern eine Bitte an Gott um ein gutes Gewissen ist«.(151) Sie ist Tod, Bestattung und Auferstehung mit Christus, der gestorben, begraben worden und auferstanden ist.(152) Es ist Geschenk des Heiligen Geistes durch Christus.(153) Diese wesentliche und grundlegende Eigenschaft der christlichen Taufe hebt aber das in ihr schon vorhandene Bußelement keineswegs auf, sondern bereichert es. Jesus selbst hat von Johannes die Taufe empfangen, um »die Gerechtigkeit ganz zu erfüllen«.(154) Sie ist nämlich ein Akt der Bekehrung und der Eingliederung in die rechte Ordnung der Beziehungen zu Gott, der Versöhnung mit Gott, wobei die Erbsünde getilgt und der Mensch in die große Familie der Versöhnten aufgenommen wird.

Gleichermaßen bedeutet und verwirklicht die Firmung, auch als Bekräftigung der Taufe und zusammen mit ihr als Initiationssakrament, indem sie die Fülle des Heiligen Geistes mitteilt und das christliche Leben zum Vollalter führt, eine tiefere Bekehrung des Herzens und eine innigere und wirksamere Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Versöhnten, welche die Kirche Christi ist.

Die Definition, die der hl. Augustinus von der Eucharistie als Sakrament des Glaubens, Zeichen der Einheit und Band der Liebe(155) gibt, stellt deutlich die Wirkungen der persönlichen Heiligung (pietas) und der gemeinschaftlichen Versöhnung (unitas und caritas) heraus, die sich aus dem Wesen des eucharistischen Geheimnisses selbst als unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers und Quelle des Heiles und der Versöhnung für alle herleiten. Es ist jedoch notwendig, daran zu erinnern, daß die Kirche, geleitet vom Glauben an dieses erhabene Sakrament, lehrt, daß kein Christ, der sich einer schweren Sünde bewußt ist, die Eucharistie empfangen darf, bevor er von Gott Vergebung erlangt hat. So lesen wir in der Instruktion Eucharisticum mysterium, die, von Papst Paul VI. ordnungsgemäß approbiert, die Lehre des Tridentinischen Konzils voll bestätigt: »Die Eucharistie soll den Gläubigen auch vorgestellt werden 'als Gegengift, durch das wir von den täglichen Vergehen befreit und vor den schweren Sünden bewahrt' werden; auch werde ihnen gezeigt, wie sie in angemessener Weise vom Bußritus der Meßliturgie Gebrauch machen können. Wer kommunizieren will, soll an das Gebot erinnert werden: Jeder soll sich selbst prüfen (1 Kor 11, 28). Die Praxis der Kirche zeigt, daß eine solche Prüfung notwendig ist, damit niemand, der sich einer schweren Sünde bewußt ist, zur Heiligen Kommunion hinzutrete, ohne daß er vorher das Bußsakrament empfangen hat, selbst wenn er bereits die vollkommene Reue erweckt hätte. Wenn jemand sich in einer Notlage befindet und keinen Beichtvater erreichen kann, so muß er zuvor 'einen Akt vollkommener Reue erwecken'«.(156)

Das Weihesakrament ist dazu bestimmt, der Kirche die Hirten zu geben, die als Lehrer und Vorsteher auch dazu berufen sind, Zeugen und Vermittler der Einheit, Erbauer der Familie Gottes, Verteidiger und Beschützer der Gemeinschaft dieser Familie gegen die Einwirkungen von Spaltung und Zersplitterung zu sein.

Das Ehesakrament, Erhöhung der menschlichen Liebe unter dem Wirken der Gnade, ist gewiß Zeichen der Liebe Christi zur Kirche, aber auch des Sieges, den er den Eheleuten über jene Kräfte gewährt, die die Liebe entstellen und zerstören, so daß die Familie, die aus diesem Sakrament entsteht, auch zum Zeichen der versöhnten und versöhnenden Kirche wird für eine in allen ihren Strukturen und Institutionen versöhnte Welt.

Die Krankensalbung schließlich ist in der Prüfung durch Krankheit und Alter, besonders in der letzten Stunde des Christen, ein Zeichen der endgültigen Bekehrung zum Herrn sowie der vollen Annahme von Leid und Tod als Buße für die Sünden. Und darin vollzieht sich die tiefste Versöhnung mit dem Vater.

Doch gibt es unter den Sakramenten eines, das, wenn auch oft wegen des darin erfolgenden Sündenbekenntnisses Beichte genannt, im eigentlichen Sinn als das Sakrament der Buße angesehen werden kann, wie es denn auch tatsächlich heißt. Es ist das Sakrament der Bekehrung und der Versöhnung. Wegen seiner Bedeutung für die Versöhnung hat sich die letzte Versammlung der Synode mit diesem Sakrament besonders befaßt.

 

ZWEITES KAPITEL

DAS SAKRAMENT DER BUSSE UND DER VERSÖHNUNG

28. Die Synode hat während ihres ganzen Verlaufs und auf allen ihren Ebenen mit größter Aufmerksamkeit jenes sakramentale Zeichen betrachtet, welches auf Buße und Versöhnung hinweist und sie zugleich verwirklicht. Gewiß schöpft dieses Sakrament für sich allein nicht aus, was mit Bekehrung und Versöhnung gemeint ist. In der Tat kennt und schätzt die Kirche von ihren ersten Anfängen her zahlreiche und vielfältige Formen der Buße: einige von liturgischer oder paraliturgischer Art, vom Bußakt der hl. Messe bis zu Sühneandachten und Pilgerfahrten, andere von aszetischer Art wie das Fasten. Doch ist unter all diesen Akten keiner bedeutsamer, von Gott her wirksamer, erhabener und in seiner Vollzugsform so leicht zugänglich wie das Bußsakrament.

Schon von ihrer Vorbereitung her, dann in zahlreichen Wortmeldungen während ihres Verlaufs, bei den Arbeiten der Sprachgruppen und in den abschließenden Schlußvorlagen wurde die Synode mit der oft wiederholten und mit verschiedenem Ton und Inhalt vorgebrachten Feststellung konfrontiert: Das Bußsakrament befindet sich in einer Krise. Dieser Tatsache hat sich die Synode gestellt. Sie empfahl eine Vertiefung der Katechese, aber auch eine ebenso eingehende Untersuchung theologischer, geschichtlicher, psychologischer, soziologischer und rechtlicher Art über die Buße im allgemeinen und das Bußsakrament im besonderen. Dadurch beabsichtigte sie, die Gründe der Krise zu klären und zum Wohl der Menschheit Wege zu einer positiven Lösung aufzuzeigen. Zugleich aber hat die Kirche von der Synode eine klare Bestätigung ihres Glaubens hinsichtlich dieses Sakramentes erhalten, durch das jedem Christen und der ganzen Gemeinschaft der Gläubigen die Gewißheit der Vergebung kraft des erlösenden Blutes Christi zuteil wird.

Es ist angebracht, diesen Glauben zu erneuern und zu bekräftigen in einem Augenblick, da er unter den bedrohlichen negativen Einwirkungen der erwähnten Krise schwächer werden, etwas von seiner Vollständigkeit verlieren oder in ein schattenhaftes und stummes Dasein abgleiten könnte. In der Tat, das Bußsakrament ist gefährdet: auf der einen Seite durch eine Verdunkelung des sittlich-religiösen Gewissens, durch eine Schwächung des Sündenbewußtseins, durch eine falsche Vorstellung von Reue, durch mangelndes Streben nach echt christlicher Lebensführung; auf der anderen Seite durch die mitunter verbreitete Meinung, man könne die Vergebung gewöhnlich auch unmittelbar von Gott erlangen, ohne das Sakrament der Versöhnung zu empfangen, und durch die Routine einer sakramentalen Praxis, der es, vielleicht wegen einer irrigen oder abwegigen Auffassung von den Wirkungen des Sakramentes, zuweilen an echter geistlicher Tiefe und Spontaneität mangelt.

Darum ist es angebracht, sich die wichtigsten Dimensionen dieses großen Sakramentes ins Gedächtnis zu rufen.

»Welchen ihr die Sünden nachlaßt«

29. Die erste grundlegende Wirklichkeit erkennen wir aus den heiligen Büchern des Alten und Neuen Testamentes: die Barmherzigkeit Gottes und seine Vergebung. In den Psalmen und in der Verkündigung der Propheten wird Gott wohl am häufigsten als der Barmherzige bezeichnet, ganz im Gegensatz zu dem hartnäckigen Vorurteil, nach welchem der Gott des Alten Testamentes vor allem streng und strafend erscheint. So ruft uns unter den Psalmen ein langes Weisheitslied, das aus der Tradition des Exodus schöpft, das gnädige Handeln Gottes inmitten seines Volkes in Erinnerung. Selbst in seiner menschlichen Darstellungsweise ist dieses Handeln Gottes wohl eine der ausdrucksstärksten alttestamentlichen Aussagen über die göttliche Barmherzigkeit. Es mag hier genügen, die folgenden Verse zu zitieren: « Er aber vergab ihnen voll Erbarmen die Schuld und tilgte sein Volk nicht aus. Oftmals ließ er ab von seinem Zorn und unterdrückte seinen Groll. Denn er dachte daran, daß sie nichts sind als Fleisch, nur ein Hauch, der vergeht und nicht wiederkehrt ».(157)

Als dann in der Fülle der Zeiten der Sohn Gottes kommt als das Lamm, das die Sünde der Welt hinwegnimmt und selber trägt,(158) erscheint er als derjenige, der Vollmacht hat, zu richten(159) und Sünden zu verzeihen,(160) als einer, der kommt, nicht um zu verurteilen, sondern um zu verzeihen und zu heilen.(161)

Diese Vollmacht, von den Sünden zu lösen, verleiht Christus durch Vermittlung des Heiligen Geistes auch an einfache Menschen, die selbst den Nachstellungen der Sünde ausgesetzt sind, an seine Apostel: »Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert«.(162) Das ist eine der erstaunlichsten Neuheiten des Evangeliums! Er teilt diese Vollmacht den Aposteln zugleich mit - wie es die Kirche von ihren frühesten Anfängen her verstanden hat - als übertragbar an ihre Nachfolger, denen von den Aposteln selbst die Sendung und Verantwortung anvertraut wurde, die Verkündigung des Evangeliums und den Dienst am Erlösungswerk Christi fortzusetzen.

Hier zeigt sich in ihrer ganzen Größe die Gestalt dessen, der das Bußsakrament verwaltet und nach ältestem Brauch oft Beichtvater genannt wird.

Wie bei der Feier der Eucharistie am Altar und bei jedem anderen Sakrament handelt der Priester auch als Verwalter des Bußsakramentes »in der Person Christi«. Christus, der durch den Priester gegenwärtig gesetzt wird und durch ihn das Geheimnis der Sündenvergebung wirkt, erscheint als der Bruder des Menschen,(163) als barmherziger, treuer und mitfühlender Hoherpriester,(164) als Hirt, der entschlossen ist, das verlorene Schaf zu suchen,(165) als Arzt, der heilt und stärkt,(166) als einziger Meister, der die Wahrheit lehrt und die Wege Gottes aufzeigt,(167) als Richter der Lebenden und der Toten,(168) der nach der Wahrheit und nicht nach dem Augenschein richtet.(169)

Ohne Zweifel ist dieser Dienst des Priesters der schwierigste und delikateste, der am meisten ermüdet und die höchsten Anforderungen stellt; zugleich aber ist er auch eine seiner schönsten und trostreichsten Aufgaben. Eben darum und auch wegen des nachdrücklichen Aufrufs der Synode werde ich nicht müde, meine Brüder, Bischöfe und Priester, zu einer treuen und sorgfältigen Erfüllung dieses Dienstes zu ermahnen.(170) Gegenüber dem Gläubigen, der ihm sein Gewissen in einer Mischung von Angst und Vertrauen eröffnet, ist der Beichtvater zu der hohen Aufgabe berufen, diesen zu Buße und menschlicher Versöhnung zu führen. Er muß die Schwächen und das Versagen des Gläubigen erkennen, sein Verlangen nach Besserung und sein Bemühen darum richtig bewerten, das Wirken des heiligmachenden Geistes im Herzen des Beichtenden aufspüren und ihm eine Vergebung zusprechen, die nur Gott zu gewähren vermag; er muß seine Wiederversöhnung mit Gott, dem Vater, »feiern«, wie sie im Gleichnis vom verlorenen Sohn versinnbildet ist, den von seiner Schuld befreiten Sünder wieder in die kirchliche Gemeinschaft der Brüder und Schwestern aufnehmen und ihn väterlich und bestimmt, ermutigend und freundschaftlich ermahnen: »Sündige von jetzt an nicht mehr«.(171)

Zur wirksamen Erfüllung eines solchen Dienstes muß der Beichtvater unbedingt mit besonderen menschlichen Qualitäten ausgestattet sein: Klugheit, Diskretion, Unterscheidungsgabe, sanfte Festigkeit und Güte. Darüber hinaus bedarf er einer seriösen und gründlichen, nicht nur bruchstückhaften, sondern vollständigen und harmonischen Vorbereitung in den verschiedenen Bereichen der Theologie, in der Pädagogik und der Psychologie, in den Methoden der Gesprächsführung und vor allem in der lebendigen und mitteilungsfähigen Kenntnis des Wortes Gottes. Aber noch dringlicher ist, daß er ein tiefes und echtes geistliches Leben führt. Um andere auf den Weg der christlichen Vollkommenheit zu bringen, muß der Verwalter des Bußsakramentes selbst zuerst diesen Weg gehen und mehr durch Taten als mit wortreichen Reden unter Beweis stellen, daß er wirklich erfahren ist im gelebten Gebet, in der Übung der theologischen und sittlichen Tugenden des Evangeliums, im treuen Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes, in der Liebe zur Kirche und in der Befolgung ihres Lehramtes.

Diese Ausstattung mit menschlichen Gaben, christlichen Tugenden und pastoralen Fähigkeiten kann man nicht aus dem Stegreif besitzen oder ohne Anstrengung erwerben. Für den Dienst des Bußsakramentes muß jeder Priester schon vom Seminar an vorbereitet werden durch das Studium der Dogmatik, der Moraltheologie, der Spiritualität und der Pastoraltheologie (Fächer, die stets nur eine Theologie bilden), dazu die Humanwissenschaften, die Methoden der Gesprächsführung, vor allem des pastoralen Gesprächs. Ferner muß er in seine ersten Erfahrungen als Beichtvater eingeführt und darin begleitet werden. Durch ständiges Studium soll er sich um seine eigene Vervollkommnung und eine zeitgemäße Weiterbildung bemühen. Welch großen Schatz an Gnade, echtem Leben und geistlicher Ausstrahlungskraft würde die Kirche gewinnen, wenn jeder Priester dafür Sorge trüge, niemals, weder aus Nachlässigkeit noch aus sonstigen Vorwänden, die Begegnung mit den Gläubigen im Beichtstuhl zu versäumen und vor allem niemals unvorbereitet oder ohne die notwendige menschliche Eignung und die geistigen und pastoralen Voraussetzungen in den Beichtstuhl zu gehen!

Hier kann ich es nicht unterlassen, in ehrfürchtiger Bewunderung an die außergewöhnlichen Apostel des Beichtstuhls zu erinnern: an den hl. Johannes Nepomuk, den hl. Johannes Maria Vianney, den hl. Josef Cafasso und den hl. Leopold von Castelnuovo, um nur die bekanntesten zu nennen, die die Kirche in das Verzeichnis ihrer Heiligen aufgenommen hat. Ich möchte aber auch jene unzählbare Schar heiliger und fast stets unbekannter Beichtväter ehrend erwähnen, denen so viele Seelen ihr Heil verdanken. Sie haben diesen beigestanden bei ihrer Bekehrung, in ihrem Kampf gegen Sünde und Versuchung, in ihrem geistlichen Fortschritt und in ihrer gesamten Heiligung. Ich zögere nicht zu sagen, daß auch die großen Heiligen allgemein aus jenen Beichtstühlen hervorgegangen sind; und mit den Heiligen auch das geistige Erbe der Kirche und die Blüte einer Kultur, die von christlichem Geist durchdrungen ist! Ehre gebührt also dieser stillen Schar unserer Mitbrüder, die Tag für Tag durch den Dienst der sakramentalen Buße für die Sache der Versöhnung gewirkt haben und weiterhin wirken!

Das Sakrament der Vergebung

30. Aus der Offenbarung der großen Bedeutung dieses Dienstes und der Vollmacht, Sünden zu vergeben, die von Christus den Aposteln und deren Nachfolgern übertragen worden ist, entwickelte sich in der Kirche das Bewußtsein vom Zeichen der Vergebung, die im Bußsakrament vermittelt wird; das Bewußtsein davon, daß Jesus, der Herr, selber - als Geschenk seiner Güte und »Menschenliebe«(172) für alle - ein eigenes Sakrament für die Vergebung der Sünden, die nach der Taufe begangen wurden, der Kirche anvertraut hat.

Die konkrete Feier und Form dieses Sakramentes haben sich langsam entwickelt. Das bezeugen die ältesten Sakramentare, die Akten von Konzilien und Bischofssynoden, die patristische Verkündigung und die Unterweisung der Kirchenlehrer. Was jedoch das Wesen des Sakramentes betrifft, so war sich die Kirche stets und ohne Schwanken dessen sicher bewußt, daß die Vergebung nach dem Willen Christi jedem einzelnen in der sakramentalen Lossprechung durch den Spender des Bußsakramentes zuteil wird. Diese Gewißheit wurde nachdrücklich bekräftigt durch das Konzil von Trient(173) und das II. Vatikanische Konzil: »Die zum Sakrament der Buße hinzutreten, erhalten für ihre Gott zugefügten Beleidigungen von seiner Barmherzigkeit Verzeihung und werden zugleich mit der Kirche versöhnt, die sie durch die Sünde verwundet haben und die zu ihrer Bekehrung durch Liebe, Beispiel und Gebet mitwirkt«(174). Als wesentliches Element des Glaubens über den Wert und Sinn der Buße muß erneut festgestellt werden, daß unser Heiland Jesus Christus in seiner Kirche das Bußsakrament gestiftet hat, damit die Gläubigen, die nach der Taufe in Sünde gefallen sind, die Gnade wiedererlangen und sich mit Gott versöhnen.(175)

Der Glaube der Kirche an dieses Sakrament schließt einige andere grundlegende Wahrheiten ein, die unverzichtbar sind. Der sakramentale Bußritus hat diese Wahrheiten während seiner geschichtlichen Entfaltung und in seinen verschiedenen konkreten Ausdrucksformen stets bewahrt und deutlich herausgestellt. Als das II. Vatikanische Konzil eine Reform dieses Ritus anordnete, war es von der Absicht geleitet, diese Wahrheiten noch klarer zum Ausdruck zu bringen.(176) Das geschah in der neuen Bußordnung,(177) in welche die wesentlichen Lehraussagen der Tradition unverkürzt aufgenommen worden sind, die das Konzil von Trient zusammengestellt hatte, allerdings so, daß diese Aussagen aus ihrem besonderen geschichtlichen Zusammenhang (dem ausdrücklichen Bemühen um Klarstellung der Lehre gegenüber den schwerwiegenden Abweichungen von der wahren Glaubensunterweisung der Kirche) herausgelöst und inhaltsgetreu in eine Sprache übersetzt wurden, die unserer Zeit besser entspricht.

Einige grundlegende Glaubensüberzeugungen

31. Die erwähnten Wahrheiten, die von der Synode nachdrücklich und deutlich bekräftigt wurden und in den Schlußvorlagen enthalten sind, können in den folgenden Glaubensüberzeugungen zusammengefaßt werden, um die sich alle anderen katholischen Lehraussagen über das Bußsakrament gruppieren lassen.

I. Die erste Überzeugung besteht darin, daß für den Christen das Bußsakrament der ordentliche Weg ist, um Vergebung und Nachlaß seiner schweren Sünden zu erlangen, die nach der Taufe begangen worden sind. Gewiß sind der Erlöser und sein Heilswirken nicht in der Weise an ein sakramentales Zeichen gebunden, daß sie nicht jederzeit und überall in der Heilsgeschichte auch außerhalb der Sakramente und über sie hinaus wirksam werden können. Aber wir wissen aus der Schule des Glaubens, daß derselbe Erlöser es so gewollt und verfügt hat, daß die schlichten und kostbaren Sakramente des Glaubens für gewöhnlich die wirksamen Mittel sind, durch die seine erlösende Kraft vermittelt und wirksam wird. Es wäre deshalb unvernünftig, ja vermessen, willkürlich von den Gnaden- und Heilsmitteln abzusehen, die der Herr bestimmt hat; das heißt in unserem Zusammenhang, Verzeihung erlangen zu wollen ohne das Sakrament, das Christus gerade für die Sündenvergebung eingesetzt hat. Die nach dem Konzil vorgenommene Erneuerung der Liturgie berechtigt zu keinerlei Illusion und Änderung in dieser Richtung. Vielmehr sollte und soll diese nach der Absicht der Kirche jedem einzelnen von uns helfen, einen neuen Anlauf zu nehmen zu einer Erneuerung unserer inneren Haltung: hin zu einem tieferen Verständnis der Natur des Bußsakramentes; zu einer Annahme dieses Sakramentes, die mehr vom Glauben, nicht von Angst, sondern von Vertrauen geprägt ist; zu einem häufigeren Empfang dieses Sakramentes, das wir von der barmherzigen Liebe des Herrn ganz umfangen wissen.

II. Die zweite Überzeugung betrifft die Bedeutung des Bußsakramentes für den, der es empfängt. Nach ältester Überlieferung ist es eine Art von Gerichtsverfahren. Aber dieses Verfahren vollzieht sich vor einem Gericht, das mehr von Erbarmen als von strenger Gerechtigkeit bestimmt wird, so daß es mit menschlichen Gerichten nur in analoger Weise vergleichbar ist.(178) Der Sünder bekennt nämlich hier seine Sünden und sich selbst als ein der Sünde unterworfenes Geschöpf; er verpflichtet sich, der Sünde zu entsagen und sie zu bekämpfen, nimmt die Strafe an (sakramentale Buße), welche der Beichtvater ihm auferlegt, und empfängt die Lossprechung.

Beim tieferen Nachdenken über die Bedeutung dieses Sakramentes erblickt das Bewußtsein der Kirche in ihm außer dem gerade beschriebenen Gerichtscharakter auch eine heilende Funktion. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, daß Christus im Evangelium häufig gleichsam als Arzt erscheint(179) und sein erlösendes Wirken von den frühesten christlichen Anfängen an oft als »heilende Medizin« bezeichnet wird. »Heilen will ich, nicht anklagen«, sagte der hl. Augustinus gerade mit Bezug auf die Bußpastoral; (180) und es geschieht dank der Medizin der Beichte, daß die Erfahrung der Sünde nicht zur Verzweiflung führt.(181) Der Bußritus deutet auf diesen heilenden Charakter des Sakramentes hin,(182) für den der heutige Mensch vielleicht besonders empfänglich ist; sieht er doch in der Sünde nicht nur eine Verirrung, sondern mehr noch menschliche Schwäche und Anfälligkeit.

Mag man dieses Sakrament als Gericht der Barmherzigkeit oder als Ort geistlicher Heilung betrachten, beides erfordert eine Kenntnis der inneren Verfassung des Sünders, um ihn beurteilen und lossprechen, ihn betreuen und heilen zu können. Gerade deshalb ist vom Beichtenden das aufrichtige und vollständige Bekenntnis seiner Sünden erforderlich. Dieses geschieht also nicht nur aus aszetischen Motiven (als Übung von Demut und Selbstverleugnung), sondern gründet im Wesen des Sakramentes selbst.

III. Die dritte Überzeugung, auf die ich hinweisen möchte, betrifft jene Wirklichkeiten oder Teilakte, die das sakramentale Zeichen der Sündenvergebung und der Versöhnung ausmachen. Einige davon sind dem Tun des Beichtenden zugeordnet. Sie sind zwar von unterschiedlicher Bedeutung, doch im einzelnen unerläßlich zur Gültigkeit, Vollständigkeit oder Fruchtbarkeit des Zeichens.

Eine unerläßliche Voraussetzung ist vor allem, daß das Gewissen des Beichtenden richtig gebildet und klar ist. Niemand gelangt zu wahrer und echter Buße, wenn er nicht einsieht, daß die Sünde der sittlichen Norm widerspricht, die seinem innersten Wesen eingestiftet ist;(183) wenn er nicht erkennt, daß er die persönlich zu verantwortende Erfahrung eines solchen Widerspruchs gemacht hat; wenn er nicht nur sagt, »es gibt die Sünde«, sondern »ich habe gesündigt«, und wenn er nicht zugibt, daß die Sünde in seinem Bewußtsein einen Riß bewirkt hat, der sein ganzes Sein durchzieht und ihn von Gott und den Brüdern trennt. Das sakramentale Zeichen, das zu einer solchen Klarheit des Gewissens führt, wird traditionsgemäß Gewissenserforschung genannt. Diese sollte keineswegs eine ängstliche psychologische Selbstbeobachtung sein, sondern eine aufrichtige und ruhige Konfrontation mit dem inneren sittlichen Gesetz, mit den Normen des Evangeliums, wie sie von der Kirche vorgelegt werden, ja mit Jesus Christus selbst, der für uns Meister und Vorbild des Lebens ist, und mit dem himmlischen Vater, der uns zum Heil und zur Vollkommenheit beruft.(184)

Der für den Beichtenden wesentliche Bußakt aber ist die Reue, die klare und entschiedene Verwerfung der begangenen Sünde zusammen mit dem Vorsatz, sie nicht mehr zu begehen(185) aufgrund der Liebe zu Gott, die mit der Reue wiedererwacht. Die so verstandene Reue ist also Anfang und Mitte der Bekehrung, jener Metánoia des Evangeliums, die den Menschen zu Gott zurückführt wie den verlorenen Sohn zu seinem Vater und die im Bußsakrament ihr sichtbares Zeichen hat, welches das einfache Bedauern zu seiner Vollendung führt. »Von dieser inneren Reue hängt die Echtheit der Buße ab«.(186)

Während ich auf all das verweise, was die Kirche, vom Wort Gottes geleitet, über die Reue lehrt, drängt es mich, hier wenigstens einen Gesichtspunkt dieser Lehre hervorzuheben, damit er besser erkannt und berücksichtigt werde. Nicht selten betrachtet man die Bekehrung und Reue nur im Hinblick auf die Anforderungen, die sie zweifellos stellen, und auf die Selbstverleugnung, die sie für eine grundlegende Änderung des Lebens auferlegen. Es ist aber gut, daran zu erinnern und hervorzuheben, daß Reue und Bekehrung mehr noch eine Annäherung an die Heiligkeit Gottes sind, eine Rückgewinnung der eigenen inneren Wahrheit, die durch die Sünde entstellt wurde, eine im tiefsten sich vollziehende Befreiung von sich selbst und darum eine Rückgewinnung verlorener Freude, der Freude darüber, erlöst zu sein,(187) welche die meisten Menschen von heute nicht mehr recht zu verkosten vermögen.

So wird verständlich, daß die Kirche seit den ersten christlichen Zeiten, die mit den Aposteln und mit Christus selbst noch in unmittelbarer Verbindung standen, das Bekenntnis der Sünden in das sakramentale Zeichen der Buße einbezogen hat. Dieses erscheint als so wichtig, daß das Bußsakrament seit Jahrhunderten und bis heute gewöhnlich als Beichte bezeichnet wird. Das Bekenntnis der eigenen Sünden ist vor allem deshalb erforderlich, weil der Spender des Sakramentes, insofern er Richter ist, den Sünder kennen sowie die Schwere der Sünden und die Ernsthaftigkeit der Reue beurteilen muß, so wie er in seiner Funktion als Arzt den Zustand des Kranken kennen muß, um ihn behandeln und heilen zu können. Doch hat das persönliche Bekenntnis auch den Sinn eines Zeichens: Es ist Zeichen der Begegnung des Sünders mit der vermittelnden Kirche in der Person des Beichtvaters, Zeichen seiner Selbsterkenntnis als Sünder im Angesicht Gottes und der Kirche sowie Zeichen dafür, daß er vor Gott mit sich selbst ins klare kommt. Das Sündenbekenntnis läßt sich also nicht auf irgendeinen Versuch psychologischer Selbstbefreiung reduzieren, auch wenn es jenem berechtigten und natürlichen, dem menschlichen Herzen innewohnenden Bedürfnis entspricht, sich jemandem zu eröffnen. Es ist vielmehr eine liturgische Handlung, feierlich in ihrer Dramatik, demütig und nüchtern angesichts ihrer großen Bedeutung. Es ist die Geste des verlorenen Sohnes, der zum Vater zurückkehrt und von ihm mit dem Friedenskuß empfangen wird; eine Geste der Redlichkeit und des Mutes; eine Geste, in der man sich über die Sünde hinaus dem verzeihenden Erbarmen anvertraut.(188) So versteht man, daß das Bekenntnis der Sünden gewöhnlich individuell und nicht kollektiv geschehen muß; denn die Sünde ist ein zutiefst personales Geschehen. Zugleich aber entreißt das Bekenntnis die Sünde in gewisser Weise dem Geheimnis des Herzens und somit dem Bereich der reinen Individualität und macht ihren sozialen Charakter offenbar, weil in der Person des Beichtvaters die kirchliche Gemeinschaft, die durch die Sünde verletzt worden ist, den reuigen Sünder durch die Vergebung wieder aufnimmt.

Ein anderer, wesentlicher Bestandteil des Bußsakramentes betrifft den Beichtvater, sofern er Richter und Arzt ist, Abbild Gottes, des Vaters, der denjenigen, der zurückkehrt, aufnimmt und ihm verzeiht: die Lossprechung. Die Worte, mit denen sie zugesprochen wird, und die Gesten, die sie im alten wie im neuen Bußritus begleiten, sind von bedeutungsschwerer Einfachheit. Die sakramentale Formel »Ich spreche dich los...« sowie die Auflegung der Hände und das Zeichen des Kreuzes über den Beichtenden zeigen an, daß der reuige und bekehrte Sünder in diesem Augenblick der Macht und dem Erbarmen Gottes begegnet. Es ist der Augenblick, da als Antwort auf den Beichtenden die Dreifaltigkeit gegenwärtig wird, um seine Sünde zu löschen und ihm die Unschuld wieder zurückzugeben; ihm wird die heilende Kraft des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Christi zuteil, als »Erbarmen, das stärker als Schuld und Beleidigung« ist, wie ich es in der Enzyklika Dives in misericordia beschrieben habe. Gott ist immer der erste, der durch die Sünde beleidigt wird - »tibi soli peccavi!« -, und nur Gott kann verzeihen. Darum ist die Lossprechung, die der Priester als Diener der Vergebung, obgleich selbst Sünder, dem Beichtenden erteilt, das wirksame Zeichen des Eingreifens des Vaters und der »Auferstehung« vom »geistlichen Tod«, das sich bei jeder Spendung des Bußsakramentes wiederholt. Nur der Glaube kann uns versichern, daß in diesem Augenblick jede Sünde vergeben und ausgelöscht wird durch das geheimnisvolle Eingreifen des Erlösers.

Die Genugtuung ist der Schlußakt, der das Zeichen des Bußsakramentes krönt. In einigen Ländern wird das, was der Beichtende nach dem Empfang der Vergebung und der Lossprechung auszuführen hat, auch Buße genannt. Welches ist nun die Bedeutung dieser Genugtuung oder Buße, die es zu verrichten gilt? Gewiß ist sie nicht der Preis, den man für die Lossprechung von der Sünde und die erlangte Vergebung bezahlt; kein menschlicher Preis kann dem entsprechen, was man als Frucht des kostbaren Blutes Christi empfangen hat. Die Werke der Genugtuung - die, obwohl stets einfach und bescheiden, noch besser zum Ausdruck bringen sollten, was sie bezeichnen - wollen einige kostbare Werte anzeigen: Sie sind Zeichen der persönlichen Verpflichtung, die der Christ mit Gott im Sakrament eingegangen ist, nämlich ein neues Leben zu beginnen (darum dürfte sich die Genugtuung nicht nur auf die Verrichtung einiger Gebetsformeln beschränken, sondern sollte in Werken der Gottesverehrung, der Nächstenliebe, der Barmherzigkeit oder der Wiedergutmachung bestehen). Sie schließen den Gedanken ein, daß der Sünder, dem vergeben wurde, imstande ist, seine eigene körperliche und geistige Abtötung, die er sich selbst auferlegt oder zumindest angenommen hat, mit dem Leiden Jesu zu vereinen, der ihm die Vergebung erlangt hat. Die Werke der Genugtuung erinnern daran, daß im Christen auch nach der Lossprechung eine Zone des Schattens verbleibt als Folge der durch die Sünde verursachten Wunden, der unvollkommenen Liebesreue und der Schwächung der geistlichen Fähigkeiten, in denen noch immer ein ansteckender Krankheitsherd der Sünde wirksam bleibt, den es durch stete Abtötung und Buße zu bekämpfen gilt. Darin liegt der Sinn der bescheidenen, aber aufrichtigen Genugtuung.(189)

IV. Es bleibt noch, kurz auf einige andere wichtige Überzeugungen hinsichtlich des Bußsakramentes hinzuweisen. Es ist vor allem hervorzuheben, daß nichts persönlicher und inniger ist als dieses Sakrament, in welchem der Sünder Gott allein gegenübersteht mit seiner Schuld, seiner Reue und seinem Vertrauen. Niemand kann ihn vertreten in seiner Reue und Bitte um Vergebung. In seiner Schuld ist der Sünder gewissermaßen einsam. Das läßt sich auf dramatische Weise an Kain ersehen mit der Sünde, die »an seiner Tür lauert«, wie es das Buch Genesis so eindrucksvoll sagt, und mit dem besonderen Zeichen, das auf seiner Stirn eingeprägt ist;(190) ebenso an David, der vom Propheten Nathan zurechtgewiesen wird,(191) oder am verlorenen Sohn, der, als er sich seiner Lage bewußt wird, in die er durch die Trennung von seinem Vater geraten ist, sich entschließt, zu ihm heimzukehren:(192) Dies alles geschieht nur zwischen dem Menschen und Gott. Zugleich aber hat dieses Sakrament unleugbar eine soziale Dimension; in ihm steht die ganze Kirche - die streitende, die leidende und die im Himmel verherrlichte - dem Büßenden bei und nimmt ihn wieder in ihre Gemeinschaft auf, und das um so mehr, als die ganze Kirche durch seine Sünde verletzt und verwundet worden ist. Der Priester als Diener des Bußsakramentes bezeugt und versinnbildet diese kirchliche Dimension kraft seines geistlichen Amtes. Beide Aspekte des Sakramentes, die subjektive Seite und die kirchliche Dimension, ergänzen einander. Dies haben die fortschreitende Reform des Bußritus und vor allem der von Paul VI. veröffentlichte Ordo Paenitentiae hervorzuheben und für seine Feier noch deutlicher zu machen versucht.

V. Ferner ist zu betonen, daß die kostbarste Frucht der Vergebung, die im Bußsakrament empfangen wird, in der Versöhnung mit Gott besteht; sie vollzieht sich in der Verborgenheit des Herzens des verlorenen und wieder zurückkehrenden Sohnes, wie es jeder Beichtende ist. Man muß zugleich hinzufügen, daß diese Versöhnung mit Gott gleichsam noch andere Arten von Versöhnung zur Folge hat, die noch andere von der Sünde verursachte Risse heilen: Der Beichtende, dem verziehen wird, wird in seinem innersten Sein mit sich selbst versöhnt, wodurch er seine innere Wahrheit wiedererlangt; er versöhnt sich mit seinen Brüdern, die von ihm in gewisser Weise angegriffen und verletzt worden sind; er versöhnt sich mit der Kirche und der ganzen Schöpfung. Aus dieser inneren Erfahrung entsteht im Beichtenden am Ende des Ritus das Bewußtsein, Gott für das Geschenk seines gütigen Erbarmens danken zu müssen, wozu ihn auch die Kirche einlädt.

Jeder Beichtstuhl ist ein privilegierter und gesegneter Ort, von dem her nach der Behebung der Spaltungen neu und makellos ein versöhnter Mensch, eine versöhnte Welt entstehen!

VI. Schließlich liegt mir noch eine letzte Betrachtung besonders am Herzen, welche uns Priester alle angeht, die wir die Verwalter des Bußsakramentes sind, aber auch Empfänger seiner Wohltaten sind und sein müssen. Reife und Eifer im geistlichen Leben und pastoralen Einsatz des Priesters wie auch der Laien und Ordensleute, die seine Brüder sind, hängen von seinem häufigen und bewußten Empfang des Bußsakramentes ab.(193) Die Feier der Eucharistie und der Dienst der anderen Sakramente, der pastorale Eifer, die Beziehung zu den Gläubigen, die Verbundenheit mit den Mitbrüdern, die Zusammenarbeit mit dem Bischof, das Gebetsleben, ja die ganze priesterliche Existenz würden unweigerlich schweren Schaden nehmen, wenn man es aus Nachlässigkeit oder anderen Gründen unterließe, regelmäßig und mit echtem Glauben und tiefer Frömmigkeit das Bußsakrament zu empfangen. Wenn ein Priester nicht mehr zur Beichte geht oder nicht gut beichtet, so schlägt sich das sehr schnell in seinem priesterlichen Leben und Wirken nieder, und auch die Gemeinde, deren Hirte er ist, wird dessen bald gewahr.

Ich füge noch hinzu, daß der Priester, sogar um ein guter und wirksamer Diener des Bußsakramentes zu sein, auch selber aus dieser Quelle der Gnade und Heiligkeit schöpfen muß. Aus unserer persönlichen Erfahrung können wir Priester zu Recht sagen, daß wir unseren Dienst als Beichtväter zum Segen für die Beichtenden um so besser erfüllen, je mehr uns selbst daran gelegen ist, das Bußsakrament häufig und gut vorbereitet zu empfangen. Dieser unser Dienst würde hingegen viel von seiner Wirksamkeit verlieren, wenn wir es irgendwie versäumten, selbst gute Beichtende zu sein. Das gehört zur inneren Logik dieses großen Sakramentes. Wir Priester Christi sind darum alle eingeladen, mit erneuter Aufmerksamkeit auf unsere persönliche Beichte zu achten.

Die persönliche Erfahrung muß heute ihrerseits zum Ansporn werden, den heiligen Dienst des Bußsakramentes, zu dem wir durch unser Priestertum, durch unsere Berufung zu Hirten und Dienern unserer Brüder verpflichtet sind, sorgfältig und treu, mit Geduld und Eifer zu versehen. Darum richte ich auch in diesem Apostolischen Schreiben an alle Priester in der Welt, besonders an meine Mitbrüder im Bischofsamt und an die Pfarrer, die eindringliche Bitte, den häufigen Empfang dieses Sakramentes bei den Gläubigen mit allen Kräften zu fördern, alle möglichen und geeigneten Mittel einzusetzen sowie alle Wege zu versuchen, um unsere Brüder wieder in größerer Zahl zu der »uns gewährten Gnade« hinzuführen, die uns durch das Bußsakrament zur Versöhnung jedes einzelnen und der ganzen Welt mit Gott in Christus vermittelt wird.

Formen der Bußfeier

32. Entsprechend den Weisungen des II. Vatikanischen Konzils legt die heutige Bußordnung, der Ordo Paenitentiae, drei mögliche Formen vor, die es unter jeweiliger Wahrung der wesentlichen Bestandteile gestatten, die Feier des Bußsakramentes an bestimmte pastorale Situationen anzupassen.

Die erste Form - Feier der Versöhnung für einzelne - ist die einzige normale und ordentliche Weise der sakramentalen Feier; sie kann und darf nicht außer Gebrauch kommen oder vernachlässigt werden. Die zweite Form - Gemeinschaftliche Feier der Versöhnung mit Bekenntnis und Lossprechung der einzelnen - läßt bei der Vorbereitung den Gemeinschaftsbezug des Bußsakramentes besonders hervortreten, erreicht aber die erste Form im krönenden sakramentalen Akt, in der Beichte und Lossprechung eines jeden einzelnen; darum kann sie, was den Charakter eines normalen Ritus betrifft, der ersten Form gleichgesetzt werden. Die dritte Form hingegen - Gemeinschaftliche Feier der Versöhnung mit allgemeinem Bekenntnis und Generalabsolution - hat den Charakter einer Ausnahme und ist darum nicht der freien Wahl überlassen, sondern wird durch eigens dafür erlassene Bestimmungen geregelt.

Die erste Form ermöglicht es, die mehr persönlichen - und wesentlichen - Aspekte auf dem Weg zur Umkehr besser zur Geltung zu bringen. Das Gespräch zwischen Beichtendem und Beichtvater sowie alle benutzten Mittel (Worte aus der Bibel, die Wahl der »Genugtuung« usw.) sind Elemente, welche die sakramentale Feier besser an die konkrete Situation des Beichtenden anpassen. Man entdeckt den Wert dieser Elemente, wenn man die verschiedenen Gründe bedenkt, die einen Christen zum Bußsakrament führen: ein Bedürfnis nach persönlicher Versöhnung und Wiederzulassung zur Freundschaft mit Gott, indem man die durch die Sünde verlorene Gnade wiedererlangt; ein Bedürfnis nach Klärung des eigenen geistlichen Weges und mitunter nach einer besseren Erkenntnis seiner Berufung; oftmals auch ein Bedürfnis und Verlangen, sich aus geistlicher Gleichgültigkeit und einer religiösen Krise zu befreien. Schließlich erlaubt die erste Form der Feier dank ihres persönlichen Charakters, das Bußsakrament mit etwas zu verbinden, das von ihm zwar verschieden, aber doch mit ihm gut zu vereinbaren ist: Ich meine die geistliche Führung. Es ist also offensichtlich, daß in dieser ersten Form die persönliche Entscheidung und das eigene Engagement deutlich unterstrichen und gefördert werden.

Die zweite Form der Feier unterstreicht gerade wegen ihres Gemeinschaftscharakters und der besonderen Art ihrer Gestaltung einige andere Aspekte von großer Bedeutung. Das Wort Gottes, das man gemeinsam hört, hat gegenüber der privaten Bibellesung eine besondere Wirkung und verdeutlicht besser den kirchlichen Charakter von Bekehrung und Versöhnung. Diese Form erweist sich als besonders geeignet für die verschiedenen Zeiten des Kirchenjahres und im Zusammenhang mit Ereignissen von besonderer pastoraler Bedeutung. Es genügt hier, darauf hinzuweisen, daß für diese Form der Feier die Anwesenheit einer genügenden Zahl von Beichtvätern zweckmäßig ist.

Es ist selbstverständlich, daß die Kriterien für die Entscheidung, in welcher der beiden Formen das Sakrament gespendet werden soll, nicht durch zufällige und subjektive Beweggründe bestimmt werden dürfen, sondern vom Willen, im Gehorsam gegenüber der Bußordnung der Kirche dem wahren geistlichen Wohl der Gläubigen zu dienen.

Es wird auch gut sein, daran zu erinnern, daß es für eine ausgewogene geistliche und pastorale Orientierung notwendig ist, weiterhin sehr darauf zu achten und die Gläubigen dazu zu erziehen, daß sie auch für läßliche Sünden das Bußsakrament empfangen, wie es die überlieferte Lehre und Praxis seit Jahrhunderten bezeugen.

Obwohl die Kirche weiß und lehrt, daß läßliche Sünden auch auf andere Weise vergeben werden - man denke an Reueakte, an Werke der Nächstenliebe, an das Gebet, an Bußfeiern usw. -, so weist sie doch stets alle auf den einzigartigen Reichtum des Sakramentes auch hinsichtlich solcher Sünden hin. Der häufige Empfang des Bußsakramentes - zu dem einige Gruppen von Gläubigen sogar verpflichtet sind - stärkt das Bewußtsein, daß auch die kleineren Sünden Gott beleidigen und die Kirche, den Leib Christi, verwunden; zugleich bietet er Gelegenheit und Anlaß, »Christus gleichförmiger zu werden und sorgfältiger dem Anruf des Geistes zu folgen«.(194) Vor allem ist hervorzuheben, daß die Gnade, die dieser sakramentalen Feier eigen ist, eine große Heilkraft besitzt und die Wurzeln der Sünde auszureißen hilft.

Die sorgfältige Pflege der äußeren Feier mit besonderer Betonung des Wortes Gottes,(195) das den Gläubigen und zusammen mit ihnen, soweit es möglich und angemessen ist, verlesen, in Erinnerung gerufen und erklärt wird, kann dazu beitragen, die Praxis dieses Sakramentes lebendiger zu gestalten und zu verhindern, daß sie in Formalismus und reine Gewohnheit abgleitet. Vielmehr soll dem Beichtenden geholfen werden zu entdecken, daß sich an ihm ein Heilsgeschehen vollzieht, das ihm neue Lebenskraft und wahren Frieden des Herzens zu vermitteln vermag. Die Sorge für eine gute Gestaltung wird die einzelnen Kirchen unter anderem dazu veranlassen, feste Zeiten für die Feier des Bußsakramentes festzusetzen und die Gläubigen, besonders die Kinder und Jugendlichen, dazu zu erziehen, daß sie sich in der Regel daran halten - abgesehen von Notsituationen, in denen der Seelsorger jedem gern zur Verfügung stehen soll, der ihn darum bittet.

Die Feier des Sakramentes mit Generalabsolution

33. In der neuen Liturgieordnung und nun auch im neuen Kirchenrecht(196) werden die Bedingungen genau angegeben, unter denen die »Gemeinschaftliche Feier der Versöhnung mit allgemeinem Bekenntnis und Generalabsolution« rechtmäßig benutzt werden kann. Die hierzu erlassenen Bestimmungen und Anordnungen, die aus reifen und ausgewogenen Überlegungen erwachsen sind, müssen angenommen und beobachtet werden, wobei man jede Art von willkürlicher Interpretation vermeidet.

Es ist nützlich, tiefer über die Beweggründe nachzudenken, welche die Bußfeier in einer der ersten beiden Formen gebieten oder den Gebrauch der dritten Form erlauben. Ein Grund ist vor allem die Treue gegenüber dem Willen des Herrn, der von der Lehre der Kirche überliefert worden ist. Ein weiterer ist der Gehorsam gegenüber den kirchlichen Gesetzen. In einer ihrer Schlußvorlagen hat die Bischofssynode die unveränderte Lehre der Kirche bekräftigt, die auf ältester Überlieferung beruht, sowie das Gesetz, durch das sie die antike Bußpraxis rechtlich festgelegt hat: Das persönliche und vollständige Bekenntnis der Sünden mit individueller Lossprechung ist der einzige ordentliche Weg, auf dem der Gläubige, der sich schwerer Schuld bewußt ist, mit Gott und der Kirche versöhnt wird. Aus dieser Bestätigung der Lehre der Kirche ergibt sich eindeutig, daß jede schwere Sünde stets in persönlicher Beichte unter Angabe ihrer bestimmenden Umstände bekannt werden muß.

Ferner gibt es auch einen Grund pastoraler Natur. Wenn es auch wahr ist, daß man unter den von der kirchlichen Disziplin geforderten Bedingungen das Bußsakrament in der dritten Form spenden kann, so darf doch nicht vergessen werden, daß diese keine normale Form werden darf. Wie die Synode erneut betont hat, kann und darf sie nur in »schweren Notlagen« angewandt werden mit der Verpflichtung zur persönlichen Beichte der schweren Sünden vor dem Empfang einer weiteren Generalabsolution. Der Bischof, dem allein es zusteht, für den Bereich seiner Diözese zu erwägen, ob die vom Kirchenrecht für den Gebrauch der dritten Form aufgestellten Bedingungen konkret gegeben sind, wird dieses Urteil als schwerwiegende Gewissensentscheidung und in voller Beachtung von Gesetz und Praxis der Kirche abgeben. Dabei wird er ebenso die Kriterien und Richtlinien berücksichtigen, wie sie auf der Grundlage der oben dargelegten theologischen und pastoralen Überlegungen mit den anderen Mitgliedern der Bischofskonferenz vereinbart worden sind. Zugleich wird es stets eine echte pastorale Sorge bleiben, jene Bedingungen zu schaffen und zu gewährleisten, daß auch diese dritte Form die von ihr erhofften geistlichen Früchte erbringen kann. Niemals darf der ausnahmsweise Gebrauch der dritten Form der Bußfeier zu einer Geringachtung oder gar zur Aufgabe der gewöhnlichen Formen führen. Ebensowenig darf diese Form als Alternative zu den beiden anderen angesehen werden: Es ist nämlich nicht der Freiheit der Hirten und Gläubigen überlassen, sich einfach für diejenige der genannten Formen zu entscheiden, die man für die geeignetste hält. Den Seelsorgern obliegt die Pflicht, den Gläubigen die Praxis des vollständigen und persönlichen Bekenntnisses ihrer Sünden zu erleichtern, zu dem diese nicht nur verpflichtet sind, sondern auf das sie ein unverletzliches und unveräußerliches Recht haben, abgesehen davon, daß es auch ein Bedürfnis der Seele ist. Bei der dritten Bußform sind die Gläubigen dazu verpflichtet, alle Bestimmungen zu beachten, die deren Anwendung regeln, einschließlich der Anordnung, vor dem Empfang einer weiteren Generalabsolution so bald wie möglich eine reguläre vollständige und persönliche Beichte der schweren Sünden abzulegen. Auf diese Anordnung und deren verpflichtende Beobachtung müssen die Gläubigen durch den Priester vor der Lossprechung hingewiesen und darüber entsprechend unterrichtet werden.

Mit diesem nachdrücklichen Hinweis auf die Lehre und das Gesetz der Kirche möchte ich bei allen das lebendige Gespür für die Verantwortung wachrütteln, die uns im Umgang mit den heiligen Dingen leiten muß, die - wie die Sakramente - nicht unser Eigentum sind oder - wie das Gewissen der Menschen - ein Anrecht darauf haben, nicht in Ungewißheit und Verwirrung belassen zu werden. Ich wiederhole: Beides sind heilige Dinge, die Sakramente und das Gewissen der Menschen, und sie fordern von uns, daß wir ihnen in Wahrheit dienen.

Das ist der Grund für das Gesetz der Kirche.

Einige schwierigere Fälle

34. Ich erachte es als meine Pflicht, hier wenigstens kurz auf einen pastoralen Fall einzugehen, den die Synode, soweit es ihr möglich war, erörtert und auch in den Schlußvorlagen berücksichtigt hat. Ich meine gewisse, heute nicht seltene Situationen, in denen sich Christen befinden, die weiterhin am sakramentalen Leben teilnehmen möchten, aber daran gehindert sind durch ihre persönliche Situation, die in Widerspruch zu ihren vor Gott und der Kirche freiwillig übernommenen Verpflichtungen steht. Diese Situationen erscheinen als besonders schwierig und fast unentwirrbar.

Im Verlauf der Synode haben eine Reihe von Wortmeldungen, welche die allgemeine Ansicht der Väter hierzu zum Ausdruck brachten, hervorgehoben, daß es angesichts dieser Fälle zwei Grundsätze gibt, die zusammen gelten, gleich wichtig sind und sich gegenseitig bedingen. Der erste ist der Grundsatz des Mitgefühls und der Barmherzigkeit, nach welchem die Kirche, die in der Geschichte die Gegenwart und das Werk Christi fortsetzt, der nicht den Tod des Sünders, sondern dessen Bekehrung und Leben will,(197) darauf bedacht ist, das geknickte Rohr nicht zu brechen oder den glimmenden Docht nicht zu löschen.(198) Sie ist vielmehr immer darum bemüht, soweit es ihr möglich ist, dem Sünder den Weg der Rückkehr zu Gott und zur Versöhnung mit ihm zu weisen. Der andere ist der Grundsatz der Wahrheit und Folgerichtigkeit, aufgrund dessen die Kirche es nicht duldet, gut zu nennen, was böse ist, und böse, was gut ist. Die Kirche, welche sich auf diese beiden sich ergänzenden Grundsätze stützt, kann ihre Söhne und Töchter, die sich in jener schmerzlichen Lage befinden, nur dazu einladen, sich auf anderen Wegen der Barmherzigkeit Gottes zu nähern, jedoch nicht auf dem Weg der Sakramente der Buße und der Eucharistie, solange sie die erforderlichen Voraussetzungen noch nicht erfüllt haben.

Zu diesem Problem, das auch unser Herz als Hirten schwer bedrückt, habe ich mich verpflichtet gefühlt, im Apostolischen Schreiben Familiaris Consortio ein deutliches Wort zu sagen, was den Fall der wiederverheirateten Geschiedenen betrifft (199) oder allgemein jener Christen, die unrechtmäßig zusammenleben.

Zugleich empfinde ich es als meine besondere Pflicht, zusammen mit der Synode die kirchlichen Gemeinschaften und vor allem die Bischöfe aufzufordern, den Priestern, die ihren mit der Weihe übernommenen schweren Verpflichtungen nicht nachkommen und sich deshalb in einer irregulären Lage befinden, jede mögliche Hilfe zu gewähren. Keiner dieser Mitbrüder darf sich von der Kirche verlassen fühlen.

Für alle diejenigen, die gegenwärtig die objektiven Bedingungen nicht erfüllen, die vom Bußsakrament gefordert sind, können die Beweise der mütterlichen Güte von seiten der Kirche, die Übung anderer Formen der Frömmigkeit als die der Sakramente, das aufrichtige Bemühen um Verbundenheit mit dem Herrn, die Teilnahme an der heiligen Messe, die häufige Erneuerung von möglichst vollkommenen Akten des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe und der Reue den Weg bereiten zur vollen Versöhnung in einer Stunde, die nur der göttlichen Vorsehung bekannt ist.

ABSCHLIESSENDER WUNSCH

35. Zum Abschluß dieses Dokumentes höre ich wie ein Echo in mir die Ermahnung, die der erste Bischof von Rom in einem kritischen Augenblick am Anfang der Kirche an die Gläubigen »in der Zerstreuung, ... von Gott von jeher ausersehen«, gerichtet hat. Ich möchte sie für euch alle wiederholen: »Seid alle eines Sinnes, voll Mitgefühl und brüderlicher Liebe, seid barmherzig und demütig!«.(200) Der Apostel mahnt: »Seid alle eines Sinnes...«; gleich darauf weist er auf die Sünden gegen die Eintracht und den Frieden hin, die es zu vermeiden gilt: »Vergeltet nicht Böses mit Bösem noch Kränkung mit Kränkung! Statt dessen segnet; denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erlangen«. Er schließt mit einem Wort der Ermutigung und der Hoffnung: »Wer wird euch Böses zufügen, wenn ihr euch voll Eifer um das Gute bemüht?«.(201)

In einer nicht weniger kritischen Stunde der Geschichte wage ich es, mich mit meinem Schreiben der Ermahnung jenes Apostelfürsten anzuschließen, der als erster diesen römischen Bischofssitz als Zeuge Christi und Hirte der Kirche innehatte und gegenüber der ganzen Welt den »Vorsitz in der Liebe« führte. Auch ich habe in Gemeinschaft mit den Bischöfen, den Nachfolgern der Apostel, und unterstützt durch die kollegiale Beratung, die viele von ihnen im Rahmen der Synode den Themen und Problemen der Versöhnung gewidmet haben, im selben Geist des Fischers von Galiläa euch zurufen wollen, was er unseren Glaubensbrüdern, die uns zeitlich zwar fern, aber unserem Herzen so nahe sind, gesagt hat: »Seid alle eines Sinnes, ... vergeltet nicht Böses mit Bösem ..., bemüht euch voll Eifer um das Gute«.(202) Und er fügt hinzu: »Es ist besser, für gute Taten zu leiden, wenn es Gottes Wille ist, als für böse«.(203)

Diese Weisung ist zutiefst geprägt von den Worten, die Petrus von Jesus selbst gehört hat, und von Inhalten, die zur »Frohen Botschaft« gehören: das neue Gebot gegenseitiger Liebe; Streben und Einsatz für Einheit; die Seligpreisung der Barmherzigkeit und der Geduld in der Verfolgung um der Gerechtigkeit willen; die Vergeltung des Bösen mit Gutem; die Vergebung der Beleidigungen und die Feindesliebe. In diesen Worten und Themen findet sich die ursprüngliche und alles Vorläufige übersteigende Zusammenfassung der christlichen Ethik, oder besser und treffender, der Spiritualität des Neuen Bundes in Jesus Christus.

Ich empfehle Gott dem Vater, der reich an Erbarmen ist, dem Sohn Gottes, der Mensch wurde und uns erlöst und versöhnt hat, und dem Heiligen Geist, der Quelle der Einheit und des Friedens, diesen meinen Aufruf als Vater und Hirte zu Buße und Versöhnung. Möge die allerheiligste und anbetungswürdige Dreifaltigkeit in der Kirche und in der Welt das kleine Samenkorn aufkeimen lassen, das ich in dieser Stunde dem fruchtbaren Erdreich so vieler Menschenherzen anvertraue.

Auf daß daraus an einem nicht allzu fernen Tag reiche Früchte erwachsen, lade ich euch alle ein, euch zusammen mit mir an das Herz Jesu zu wenden, Zeichen und Ausdruck des göttlichen Erbarmens, »Sühne für unsere Sünden«, »unser Friede und unsere Versöhnung«,(204) um von dorther den inneren Antrieb zu erhalten, die Sünde zu verabscheuen und zu Gott umzukehren, und um dort die göttliche Güte zu erfahren, die auf menschliche Reue in Liebe antwortet.

Ebenso lade ich euch ein, euch gemeinsam mit mir an das Unbefleckte Herz Marias, der Mutter Jesu, zu wenden, in der »die Versöhnung Gottes mit der Menschheit gewirkt worden ist... und sich das Werk der Versöhnung erfüllte, da sie von Gott aus der Kraft des erlösenden Opfers Christi die Fülle der Gnade empfangen hat«.(205) Dank ihrer göttlichen Mutterschaft ist sie in Wahrheit zur »Verbündeten Gottes« im Werk der Versöhnung geworden.(206)

Der Hand dieser Mutter, deren »Fiat« den Anfang jener »Fülle der Zeit« anzeigt, in welcher Christus die Versöhnung des Menschen mit Gott erwirkt hat, und ihrem Unbefleckten Herzen - dem wir wiederholt die ganze Menschheit, die von der Sünde bedrängt und von Spannungen und Konflikten zerrissen ist, anvertraut haben - empfehle ich heute in besonderer Weise meinen Wunsch: Möge auf ihre Fürsprache hin die ganze Menschheit den Weg der Buße entdecken und beschreiten, der sie allein zur vollen Versöhnung führen kann.

Euch allen, die ihr im Geist kirchlicher Gemeinschaft in Gehorsam und Glauben(207) die in diesem Dokument enthaltenen Hinweise, Empfehlungen und Weisungen annehmt und euch bemüht, sie in eine lebendige pastorale Praxis zu übertragen, erteile ich von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom, bei St. Peter, am 2. Dezember, dem 1. Adventssonntag 1984, im siebten Jahr meines Pontifikates.


1 Mk 1, 15.

2 Vgl. JOHANNES PAUL II., Ansprache zur Eröffnung der III. Vollversammlung des lateinamerikanischen Episkopates, III, 1-7: AAS 71 (1979) 198-204.

3 Die Sicht einer »zerrissenen Welt« ist in den Werken nicht weniger Schriftsteller von heute, Christen und Nichtchristen, enthalten, die von der Lage des Menschen in dieser unserer geplagten Geschichtsepoche zeugen.

4 Vgl. Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 43-44; Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis, 12; PAUL VI., Enzyklika Ecclesiam suam: AAS 56 (1964) 609-659.

5 Über die Spaltungen am Leibe der Kirche schrieb zu ihren Anfängen der Apostel Paulus mit flammenden Worten in jenem berühmten Abschnitt 1 Kor 1, 10-16. An dieselben Korinther wird sich Jahre danach der hl. Klemens von Rom wenden, um die Spaltungen im Schoß jener Gemeinde anzuprangern: vgl. Brief an die Korinther, III-VI; LVII: Patres Apostolici, ed. FUNK, I, 103-109; 171-173. Bekanntlich ist seit den ältesten Vätern der aus einem Stück gefertigte Rock Christi, den die Soldaten deshalb nicht zerteilt hatten, ein Bild für die Einheit der Kirche geworden: vgl. CYPRIAN, De Ecclesiae catholicae unitate, 7: CCL 3/1, 254 f.; AUGUSTINUS, In Ioannis Evangelium tractatus, 118, 4: CCL 36, 656 f.; BEDA VENERABILIS, In Marci Evangelium expositio, IV, 15: CCL 120, 630; In Lucae Evangelium expositio, VI, 23: CCL 120, 403; In S. Ioannis Evangelium expositio, 19: PL 92, 911 f.

6 Die Enzyklika Pacem in terris, das geistliche Testament von Johannes XXIII. (vgl. AAS 55 [1963] 257-304), wird oft als ein »soziales Dokument« und auch als eine »politische Botschaft« angesehen, und das ist sie auch, wenn man diese Begriffe in ihrer ganzen Breite nimmt. Dieses päpstliche Lehrschreiben ist tatsächlich - so erscheint es mehr als zwanzig Jahre nach seiner Veröffentlichung - nicht nur eine Strategie für das Zusammenleben der Völker und Nationen, sondern vor allem eine eindringliche Erinnerung an die höchsten Werte, ohne die der Friede auf Erden zu einem bloßen Traumbild wird. Einer dieser Werte ist gerade die Versöhnung unter den Menschen, ein Thema, auf das sich Papst Johannes XXIII. so oft bezogen hat. Was Paul VI. betrifft, genügt es, daran zu erinnern, daß er bei seinem Aufruf an die ganze Kirche und an alle Welt, das Heilige Jahr 1975 zu feiern, verfügt hat, daß »Erneuerung und Versöhnung« die zentrale Idee dieses wichtigen Jubiläumsjahres sein sollten. Hierbei dürfen auch die Katechesen nicht unerwähnt bleiben, die er diesem Leitthema, auch zur Verdeutlichung des Jubiläumsjahres selbst, gewidmet hat.

7 »Diese besonders dichte Zeit, in der jeder Christ dazu aufgefordert ist, seine Berufung zur Versöhnung mit Gott, dem Vater, im Sohn Jesus Christus tiefer zu verwirklichen«, so habe ich in der Verkündigungsbulle zum außerordentlichen Jubiläumsjahr der Erlösung geschrieben, »erreicht ihr Ziel nur dann voll und ganz, wenn sie in einen neuen Einsatz aller und jedes einzelnen für den Dienst an der Versöhnung nicht nur zwischen allen Jüngern Christi, sondern zwischen allen Menschen... einmündet«: Bulle Aperite portas Redemptori, 3: AAS 75 (1983) 93.

8 Das Thema der Synode lautete genauer: Versöhnung und Buße in der Sendung der Kirche.

9 Vgl. Mt 4, 17; Mk 1, 15.

10 Vgl. Lk 3, 8.

11 Vgl. Mt 16, 24-26; Mk 8, 34-36; Lk 9, 23-25.

12 Vgl. Eph 4, 23 f

13 Vgl. 1 Kor 3, 1-20.

14 Vgl. Kol 3, 1 f.

15 »Wir bitten an Christi Statt: Laßt euch mit Gott versöhnen!«: 2 Kor 5, 20

16 »Wir rühmen uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben«: Röm 5, 11; vgl. Kol 1, 20.

17 Das II. Vatikanische Konzil hat hervorgehoben: »In Wahrheit hängen die Störungen des Gleichgewichts, an denen die moderne Welt leidet, mit jener tiefer liegenden Störung des Gleichgewichts zusammen, die im Herzen des Menschen ihren Ursprung hat. Denn im Menschen selbst sind viele widersprüchliche Elemente gegeben. Einerseits erfährt er sich nämlich als Geschöpf vielfältig begrenzt, andererseits empfindet er sich in seinem Verlangen unbegrenzt und berufen zu einem Leben höherer Ordnung. Zwischen vielen Möglichkeiten, die ihn anrufen, muß er dauernd unweigerlich eine Wahl treffen und so auf dieses oder jenes verzichten. Als schwacher Mensch und Sünder tut er oft das, was er nicht will, und was er tun wollte, tut er nicht (vgl. Röm 7, 14 ff.). So leidet er an einer inneren Zwiespältigkeit, und daraus entstehen viele und schwere Zerwürfnisse auch in der Gesellschaft«: Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 10.

18 Vgl. Kol 1, 19 ff.

19 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Dives in misericordia, IV, 5-6: AAS 72 (1980) 1193-1199.

20 Vgl. Lk 15, 11-32.

21 Das Buch Jona ist im Alten Testament in wunderbarer Weise Vorwegnahme und Bild dieser Seite des Gleichnisses. Die Sünde des Jona ist es, starkes Mißfallen zu empfinden und zornig zu werden, weil Gott gnädig und barmherzig, langmütig und voll Güte ist und sich erweichen läßt; er ist es, dem der Rizinusstrauch leidtut, der über Nacht da war und über Nacht wieder eingegangen ist, und nicht versteht, daß es dem Herrn leidtut um Ninive (vgl. Jon 4).

22 Röm 5, 10 f.; vgl. Kol 1, 20-22.

23 2 Kor 5,18. 20.

24 Joh 11, 52.

25 Vgl. Kol 1, 20.

26 Sir 44, 17.

27 Eph 2, 14.

28 Eucharistisches Hochgebet III.

29 Vgl. Mt 5, 23 f.

30 Mt 27, 46; Mk 15, 34; Ps 22, 2

31 Vgl. Eph 2, 14-16.

32 LEO DER GROSSE Tractatus 63 (De passione Domini 12), 6: CCL 138/A, 386.

33 2 Kor 5, 18f

34 Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 1.

35 »Die Kirche ist von Natur aus immer versöhnend, weil sie den anderen das Geschenk weitergibt, das sie selbst empfangen hat, das Geschenk der Vergebung und der Einheit mit Gott«: Johannes Paul II., Ansprache in Liverpool (30. Mai 1982), 3: Insegnamenti, V, 2 (1982) 1992.

36 Vgl. Apg 15, 2-33.

37 Vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 13: AAS 68 (1976) 12 f.

38 Vgl. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Catechesi tradendae, 24: AAS 71 (1979) 1297.

39 Vgl. PAUL VI., Enzyklika Ecclesiam suam: AAS 56 (1964) 609-659.

40 2 Kor 5, 20.

41 Vgl .1 Joh 4, 8

42 Vgl. Weish 11, 23-26; Gen 1, 27; Ps 8, 4-8.

43 Vgl. Weish 2, 24.

44 Vgl. Gen 3, 12 f.; 4, 1-16.

45 Eph 2, 4.

46 Vgl. Eph 1, 10.

47 Joh 13, 34.

48 Vgl. II. VATIKANISCHES KONZIL, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 38.

49 Vgl. Mk 1, 15.

50 2 Kor 5, 20.

51 Eph 2, 14-16.

52 Vgl. AUGUSTINUS, De Civitate Dei, XXII, 17: CCL 48, 835 f., THOMAS VON AQUIN, Summa Theologiae, pars III, q. 64, a. 2 ad tertium.

53 Vgl. PAUL VI., Ansprache zum Abschluß der 3. Sitzungsperiode des II. Vatikanischen Konzils (21. November 1964): AAS 56 (1964) 1015-1018.

54 II. VATIKANISCHES KONZIL, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 39.

55 Vgl. II. VATIKANISCHES KONZIL, Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio, 4.

56 1 Joh 1, 8f.

57 1 Joh 3, 20; vgl. das Zitat dieser Stelle in meiner Ansprache bei der Generalaudienz vom 14 März 1984: Insegnamenti VII, 1 (1984) 683.

58 Vgl. 2 Sam 11-12.

59 Ps 51, 5f.

60 Lk 15, 18. 21

61 »Conoscimento di sé«, wie Katharina von Siena oft schreibt: Lettere, Florenz 1970, I, S. 3 f.; Il Dialogo della Divina Provvidenza, Rom 1980, passim.

62 Vgl. Röm 3, 23-26.

63 Vgl. Eph 1, 18.

64 Vgl. Gen 11, 1-9.

65 Vgl. Ps 127, 1

66 2 Thess 2, 7.

67 Vgl. Röm 7, 7-25; Eph 2, 2; 6, 12.

68 Die Terminologie, die die griechische Übersetzung der Septuaginta und das Neue Testament benutzen, wenn sie von Sünde sprechen, enthält mehrere Bedeutungsgehalte. Das am meisten benutzte Wort ist hamartía mit den Ableitungen aus derselben Wurzel. Diese bezeichnet eine mehr oder weniger schwere Verfehlung gegen eine Norm oder ein Gesetz, gegen eine Person oder sogar gegen eine Gottheit. Die Sünde wird aber auch adikía genannt; gemeint ist hierbei das Unrechttun. Man spricht auch von parábasis oder Übertretung; von asébeia, Gottlosigkeit, u.a. Alle diese Ausdrucksweisen ergeben zusammen das Bild von der Sünde.

69 Gen 3, 5: ».. ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse»; vgl. auch. v. 22.

70 Vgl. Gen 3, 12.

71 Vgl. Gen 4, 2-16.

72 Der Ausdruck stammt von der französischen Schriftstellerin ELISABETH LESEUR: Journal et pensées de chaque jour, Ed. J. de Gigord, Paris 1918, S. 31.

73 Vgl. Mt 22, 39; Mk 12, 31; Lk 10, 27 f.

74 Vgl. KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Instruktion über einige Aspekte der »Theologie der Befreiung« Libertatis nuntius (6. August 1984), IV, 14-15: AAS 76 (1984) 885 f.

75 Vgl. Num 15, 30.

76 Vgl. Lev 18, 26-30.

77 Vgl. Lev 19, 4.

78 Vgl. Lev 20, 1-7.

79 Vgl. Ex 21, 17.

80 Vgl. Lev 4, 2 ff.; 5, 1 ff., Num 15, 22-29.

81 Vgl. Mt 5, 28; 6, 23; 12, 31 f., 15, 19; Mk 3, 28-30; Röm 1, 29-31; 13, 13, Jak 4.

82 Vgl. Mt 5, 17; 15, 1-10; Mk 10, 19; Lk 18, 20.

83 Vgl. 1 Joh 5, 16 f.

84 Vgl. Joh 17, 3.

85 Vgl. 1 Joh 2, 22.

86 Vgl 1 Joh 5, 21.

87 Vgl. 1 Joh 5, 16-21.

88 Mt 12, 31 f.

89 Vgl. THOMAS VON AQUIN, Summa Theologiae, IIa-IIae, q. 14, aa. 1-3.

90 Vgl. 1 Joh 3, 20.

91 THOMAS VON AQUIN, Summa Theologiae, IIa-IIae, q. 14, a. 3, ad primum.

92 Vgl. Phil 2, 12.

93 Vgl. AUGUSTINUS, De Spiritu et littera, XXVIII: CSEL 60, 202f.; Enarrat. in ps. 39, 22: CCL 38, 441; Enchiridion ad Laurentium de fide et spe et caritate, XIX, 71: CCL 46, 88; In Ioannis Evangelium tractatus, 12, 3, 14: CCL 36, 129.

94 THOMAS VON AQUIN, Summa Theologiae, Ia-IIae, q. 72, a. 5.

95 Vgl. KONZIL VON TRIENT, Sessio VI, De iustificatione, Kap. 2 und Kan. 23, 25, 27: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, Bologna 1973³, S. 671, 680f. (DS 1573, 1575, 1577).

96 Vgl. KONZIL VON TRIENT, Sessio VI, De iustificatione, Kap. XV: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, ed. cit., S. 677 (DS 1544).

97 JOHANNES PAUL II., Engel des Herrn vom 14. März 1982: Insegnamenti, V, 1 (1982) 861.

98 Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 16.

99 JOHANNES PAUL II., Engel des Herrn vom 14. März 1982: Insegnamenti, V, 1 (1982) 860.

100 PIUS XII., Radiobotschaft an den Nationalen Katechetischen Kongreß der Vereinigten Staaten von Amerika in Boston (26. Oktober 1946): Discorsi e Radiomessaggi, VIII (1946) 288.

101 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Redemptor hominis, 15: AAS 71 (1979) 286-289.

102 Vgl. II. VATIKANISCHES KONZIL, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 3; vgl. auch 1 Joh 3, 9.

103 IOHANNES PAUL II., Ansprache an die Bischöfe der Region Ost in Frankreich (1. April 1982), 2: Insegnamenti, V, 1 (1982) 1081.

104 1 Tim 3, 15 f.

105 Der Text bereitet darum der Interpretation eine gewisse Schwierigkeit: Das Relativpronomen, das das wörtliche Zitat eröffnet, stimmt nicht mit dem Neutrum mysterion überein. Einige späte Manuskripte haben den Text verändert, um ihn grammatikalisch zu verbessern; Paulus aber ging es lediglich darum, seinem Text einen anderen, angesehenen, zur Seite zu stellen, der für ihn vollkommen klar war.

106 Die Urkirche glaubt an den verherrlichten Gekreuzigten, den die Engel anbeten und der Herr ist. Das erregende Moment dieser Botschaft bleibt aber, daß er sich »im Fleisch offenbart« hat: Das »große Geheimnis« besteht dann, daß der ewige Sohn Gottes Mensch geworden ist.

107 1 Joh 5, 18.

108 1 Joh 3, 9.

109 1 Tim 3, 15.

110 1 Joh 1, 8.

111 1 Joh 5, 19.

112 Vgl. Ps 51, 7.

113 Vgl. Eph 2, 4.

114 Vgl. JOHANNES PAUL II., Enzyklika Dives in misericordia, 8; 15:AAS 72 (1980) 1203-1207; 1231.

115 2 Sam 12, 13.

116 Ps 51, 5.

117 Ps 51, 9.

118 2 Sam 12, 13.

119 Vgl. 2 Kor 5, 18.

120 Vgl. 2 Kor 5, 19.

121 Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 92.

122 Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche Christus Dominus, 13; vgl. Erklärung über die christliche Erziehung Gravissimum educationis, 8; Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche Ad gentes, 11-12.

123 Vgl. PAUL VI., Enzyklika Ecclesiam suam, III: AAS 56 (1964) 639-659.

124 Vgl. II. VATIKANISCHES KONZIL, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 1.9.13.

125 PAUL VI., Apostolisches Schreiben Paterna cum benevolentia: AAS 67 (1975) 5-23.

126 Vgl. II. VATIKANISCHES KONZIL, Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio, 7-8.

127 Ebenda, 4.

128 AUGUSTINUS, Sermo 96, 7: PL 38, 588.

129 Vgl. JOHANNES PAUL II., Ansprache an die Mitglieder des Diplomatischen Korps beim Heiligen Stuhl (15. Januar 1983), 4. 6. 11: AAS 75 (1983) 376. 378 f. 381.

130 JOHANNES PAUL II., Homilie in der Messe zum XVI. Weltfriedenstag (1. Januar 1983), 6: Insegnamenti, VI, 1(1983) 7.

131 PAUL VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 70: AAS 68 (1976) 59 f.

132 1 Tim 3, 15.

133 vgl. Mt 5, 23 f.

134 Vgl. Mt 5, 38-40.

135 Vgl. Mt 6, 12.

136 Vgl. Mt 5, 43 ff.

137 Vgl. Mt 18, 21 f.

138 Vgl. Mk 1, 4. 14; Mt 3, 2; 4, 17: Lk 3, 8.

139 Vgl. Lk 15, 17.

140 Lk 17, 3 f.

141 Vgl. Mt 3, 2; Mk 1, 4; Lk 3, 3.

142 Vgl. Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 8. 16. 19. 26. 41. 48.

143 Vgl. Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae, 2. 3. 4.

144 Vgl. unter vielen anderen die Ansprachen zu den Generalaudienzen vom 28. März 1973: Insegnamenti, XI (1973) 294 ff.; 8. August 1973: ebenda, 772 ff.; 7. November 1973: ebenda 1054 ff.; 13. März 1974: Insegnamenti, XII (1974) 230 ff.; 8. März 1974: ebenda, 402 ff.; 12. Februar 1975: Insegnamenti, XIII (1975) 154 ff.; 9. April 1975: ebenda, 290 ff.; 13. Juli 1977: Insegnamenti, XV (1977) 710 ff.

145 Vgl. JOHANNES PAUL II., Angelus vom 14. März 1982: Insegnamenti, V, 1 (1982) 860 f.

146 Vgl. JOHANNES PAUL II., Ansprache bei der Generalaudienz vom 17. August 1983, 1-3: Insegnamenti, VI 2 (1983) 256 f.

147 Hebr 4, 15.

148 Vgl. Mt 4, 1-11; Mk 1, 12 f.; Lk 4, 1-13.

149 Vgl. 1 Kor 10, 13.

150 Vgl. Mt 6, 13; Lk 11, 4.

151 1 Petr 3, 21.

152 Vgl. Röm 6, 3 f.; Kol 2, 12.

153 Vgl. Mt 3, 11; Lk 3,16; Joh 1, 33; Apg 1, 5; 11,16.

154 Vgl. Mt 3, 15.

155 AUGUSTINUS, In Joannis Evangelium tractatus, 26, 13: CCL 36, 266.

156 RITENKONGREGATION, Instruktion über Feier und Verehrung des eucharistischen Geheimnisses Eucharisticum mysterium (25. Mai 1967), 35: AAS 59 (1967) 560 f.

157 Ps 78, 38.

158 Vgl. Joh 1, 29; Jes 53, 7.12.

159 Vgl. Joh 5, 27.

160 Vgl. Mt 9, 2-7; Lk 5, 18-25; 7, 47-49; Mk 2, 3-12.

161 Vgl. Joh 3, 17.

162 Joh 20, 22; Mt 18, 18; vgl. auch, was Petrus betrifft, Mt 16, 19. Isaak von Stella betont in einer Predigt die volle Einheit Christi mit seiner Kirche bei der Vergebung der Sünde: »Nichts kann die Kirche vergeben ohne Christus, und Christus will nichts vergeben ohne die Kirche. Vergeben kann die Kirche nur demjenigen, der bereut, das heißt, der von Christus berührt worden ist; Christus will nichts als vergeben ansehen bei dem, der die Kirche verachtet«: Sermo 11 (In dominica III post Epiphaniam, I): PL 194, 1729.

163 Vgl. Mt 12, 49 f.; Mk 3, 33 f.; Lk 8, 20 f.; Röm 8, 29: »der Erstgeborene von vielen Brüdern«.

164 Vgl. Hebr 2, 17; 4, 15.

165 Vgl. Mt 18, 12 f.; Lk 15, 4-6.

166 Vgl. Lk 5, 31 f.

167 Vgl. Mt 22, 16.

168 Vgl. Apg 10, 42.

169 Vgl. Joh 8, 16.

170 Vgl. die Ansprache an die Pönitenziare der Patriarchalbasiliken Roms und an die Beichtväter zum Abschluß des Jubiläumsjahres der Erlösung (9. Juli 1984): L'Osservatore Romano, 9.-10. Juli 1984.

171 Joh 8, 11.

172 Vgl. Tit 3, 4.

173 Vgl. KONZIL VON TRIENT, Sessio XIV De sacramento Paenitentiae, Kap. I und Kanon 1: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, Bologna 1973³, 703 f.; 711 (DS 1668-1670; 1701).

174 Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 11.

175 Vgl. KONZIL VON TRIENT, a.a.O.

176 Vgl. Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, 72.

177 Vgl. Rituale Romanum ex Decreto Sacrosancti Concilii Oecumenici Vaticani II instauratum, auctoritate Pauli VI promulgatum. Ordo Paenitentiae, Typis Polyglottis Vaticanis, 1974.

178 Das Konzil von Trient gebraucht den zurückhaltenden Ausdruck »eine Art von Gerichtsverfahren« (Sessio XIV, De sacramento Paenitentia, Kap 6: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, Bologna 1973³, 707 (DS 1685), um so den Unterschied zu weltlichen Gerichtshöfen zu unterstreichen. Auch der neue Bußritus spielt hierauf an: Nr. 6 b und 10 a.

179 Vgl. Lk 5, 31 f.: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken«, mit der abschließenden Feststellung: »Ich bin gekommen, um die Sünder zur Umkehr zu rufen,...«; Lk 9, 2: »Und er sandte sie aus mit dem Auftrag, das Reich Gottes zu verkünden und zu heilen«. Das Bild Christi als eines Arztes erscheint in einem neuen, beeindruckenden Licht, wenn wir es in einen Zusammenhang bringen mit der Gestalt jenes »Knechtes Yahwe«, von dem das Buch Jesaja prophetisch sagt: »Er hat unsere Krankheiten getragen und unsere Schmerzen auf sich genommen«, und »durch seine Wunden sind wir geheilt« (Jes 53, 4 f.).

180 AUGUSTINUS, Sermo 82, 8: PL 38, 511.

181 Vgl. AUGUSTINUS, Sermo 352, 3. 8-9: PL 39, 1558 f.

182 Vgl. Ordo Paenitentiae, 6c.

183 Schon die Heiden - wie Sophokles (Antigone, vv. 450-460) und Aristoteles (Rhetor., Buch I, Kap. 15, 1375 a-b) - erkannten die Existenz von »göttlichen« moralischen Normen an, die »schon immer« beständen und dem Herzen des Menschen tief eingeschrieben seien.

184 Zu dieser Rolle des Gewissens vgl. Ansprache zur Generalaudienz vom 14. März 1984: Insegnamenti VII, 1 (1984) 683.

185 Vgl. KONZIL VON TRIENT, Sessio XIV, De sacramento Paenitentiae, Kap. IV, De contritione: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, ed. cit., 705 (DS 1676-1677). Bekanntlich genügt für den Empfang des Bußsakramentes die attritio, das heißt die unvollkommene Reue, die mehr von Furcht als von Liebe getragen ist; unter dem Wirken des Heiligen Geistes, den der reuige Sünder empfängt, wird dieser aus einem attritus zu einem contritus, da das Bußsakrament dem Beichtenden, der die rechte Einstellung mitbringt, zur Bekehrung aus Liebe verhilft: vgl. KONZIL VON TRIENT, a.a.O. 705 (DS 1678).

186 Ordo Paenitentiae, 6a.

187 Vgl. Ps 51, 14.

188 Von all diesen grundlegenden Aspekten der Buße habe ich bei folgenden Generalaudienzen gesprochen: 19. Mai 1982: Insegnamenti, V, 2 (1982) 1758 ff.; 28. Februar 1979: Insegnamenti, II (1979) 475-478; 21. März 1984: Insegnamenti, VII, 1 (1984) 720-722. Es wird außerdem an die Normen des Kirchenrechtes zum Ort der Spendung des Bußsakramentes und über den Beichtstuhl erinnert (can. 964 § 2 und 3).

189 Ich habe dieses Thema kurz behandelt bei der Generalaudienz vom 7. März 1984: Insegnamenti, VII, 1 (1984) 631-633.

190 Vgl. Gen 4, 7. 15.

191 Vgl. 2 Sam 12.

192 Vgl. Lk 15, 17-21.

193 Vgl. II. VATIKANISCHES KONZIL, Dekret über Leben und Dienst der Priester Presbyterorum Ordinis, 18.

194 Ordo Paenitentiae, 7 b.

195 Ordo Paenitentiae, 17.

196 Kanones 961-963.

197 Vgl. Ez 18, 23.

198 Vgl. Jes 42, 3; Mt 12, 20.

199 Vgl. Apostolisches Schreiben Familiaris consortio, 84; AAS 74 (1982) 184-186.

200 1 Petr 1, 1 f. und 3, 8.

201 1 Petr 3, 9. 13.

202 Petr 3, 8. 9. 13.

203 1 Petr 3, 17.

204 Litanei vom Heiligsten Herzen Jesu; vgl. 1 Joh 2, 2; Eph 2, 14; Röm 3, 25; 5, 11.

205 JOHANNES PAUL II., Ansprache zur Generalaudienz vom 7. Dezember 1983, 2: Insegnamenti, VI, 2 (1983) 1264.

206 JOHANENS PAUL II., Ansprache zur Generalaudienz vom 4. Januar 1984: Insegnamenti, VII, 1 (1984) 16-18.

207 Vgl. Röm 1, 5; 16, 26.

 

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