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BOTSCHAFT VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE TEILNEHMER DES VOM PÄPSTLICHEN RAT 
FÜR DIE FAMILIE VERANSTALTETEN KONGRESSES 
AUS ANLAß DES 20. JAHRESTAGES DER 
VERÖFFENTLICHUNG DES APOSTOLISCHEN SCHREIBENS "FAMILIARIS CONSORTIO"

 

An Kardinal
ALFONSO LOPEZ TRUJILLO
Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie

Herzlich begrüße ich die Teilnehmer am Kongreß über das Thema »Zwanzig Jahre Familiaris Consortio – seine anthropologische und pastorale Dimension«, veranstaltet von diesem Rat anläßlich des 20. Jahrestags der Veröffentlichung des Apostolischen Schreibens Familiaris Consortio

Ich grüße Sie, verehrter Herr Kardinal, der Sie den Aktivitäten dieses Dikasteriums vorstehen; mein Gruß gilt dem Sekretär, dem Untersekretär und allen Mitarbeitern sowie all jenen, die an der Vorbereitung dieses Treffens beteiligt waren. Es erinnert an ein Ereignis von außerordentlicher Bedeutung für das Leben der Kirche und betrifft eines der Themen, die mir am meisten am Herzen liegen: die Familie. Der Horizont, den es erörtern möchte, ist außerordentlich weit und berührt die Identität und Sendung der Familie, die von Gott gewollt ist, um »die Liebe zu hüten, zu offenbaren und mitzuteilen« (FC , 7). In den vergangenen zwanzig Jahren haben wir die Herausbildung eines neuen Bewußtseins und einer neuen Sensibilität bezüglich der Familie erlebt. 

Zwanzig Jahre: So lange gibt es auch den Päpstlichen Rat für die Familie, den ich damals mit der Aufgabe betraute, jeden Aspekt der in den Synodenvorschlägen enthaltenen Reichtümer durch vertieftes Studium fruchtbar zu machen (vgl. FC, 2). Ich danke Gott für die Arbeit Eures Dikasteriums zum Schutz und im Dienst am Evangelium der Familie. 

2. Auch wenn es in diesem Zeitabschnitt nicht an Gefahren für die Institution Familie gefehlt hat – die vielleicht zu den größten ihrer ganzen Geschichte zu rechnen sind –, so haben sich doch einige gemeinsame Überzeugungen durchsetzen können. So wird beispielsweise das gesamtheitliche Wesen der Familie und des Lebens heute in vielen Bereichen als Wert und Recht, das dem gemeinsamen Erbe der Menschheit angehört, neuentdeckt und gefördert. Das Lehramt der Kirche hat bedeutende Anhaltspunkte für diese Erneuerung aufgezeigt, mit zahlreichen und wichtigen Äußerungen und Weisungen. Schon zur Zeit des II. Vatikanischen Konzils wurde die Familie als eines der Themen betrachtet, über die das Gewissen der Christen und der ganzen Menschheit erleuchtet werden mußte. In dieser Richtung wurden viele Schritte getan. Der Aufruf: »Familie, werde, was du bist!«, der im obengenannten Apostolischen Schreiben enthalten ist (FC , 7), hat in der öffentlichen Meinung ein breites Echo gefunden. 

»Familie, werde, was du bist!«, wiederhole ich auch heute! 

Als natürliche Institution hat Gott die familiäre Gemeinschaft »im Anfang«, also zusammen mit der Erschaffung von Mann und Frau, zum Wohl der Menschen gewollt. Auf diesen »Anfang« beruft sich Christus, als die Pharisäer versuchen, ihre Struktur zu verdrehen (vgl. Mt 9, 3 –12). Den Menschen ist nicht die Macht gegeben, den ursprünglichen Plan des Schöpfers zu verändern. 

Das Apostolische Schreiben Familiaris Consortio hat die spezifischen Aufgaben der Institution der Familie, von denen schon in der Konzilskonstitution Gaudium et Spes die Rede war, detaillierter dargestellt. 

Jede Familie muß eine wahre Gemeinschaft von Personen – »communio personarum« – sein unter Achtung der Würde der einzelnen, aus denen sie besteht. In diesen Kontext gegenseitigen Verstehens fügt sich der »Dienst am Leben« ein, gemäß den zwei sich ergänzenden Bedeutungen der ehelichen Akte – liebende Vereinigung und Fortpflanzung –, wie mein verehrter Vorgänger, der Diener Gottes Paul VI., in der Enzyklika Humanae Vitae lehrte. 

3. Zur verstärkten Festigung des Bewußtseins der Familie hinsichtlich ihrer spezifischen Sendung in Kirche und Gesellschaft trugen zahlreiche Ereignisse bei, die in diesen Jahren eine immer größere Teilnahme von Familien verzeichnet haben. Ich denke dabei beispielsweise an die Welttreffen in Rom anläßlich des Internationalen Jahres der Familie 1994, an das Treffen 1997 in Rio de Janeiro und an die Heiligjahrfeier der Familien im vergangenen Jahr. Ich danke dem Herrn für dieses zunehmende Selbstbewußtsein, das die Familie von sich selbst und ihrer Sendung bekundet hat. 

Neben den ermutigenden, in dieser Zeit erreichten Zielen ist aber auch ein gewaltsamer Angriff (vgl. FC, 46) seitens mancher Kreise der modernen Gesellschaft gegen die Institution der Familie und ihre soziale Funktion festzustellen. Es sind verschiedene Gesetzesentwürfe ausgearbeitet worden, die nicht im Einklang mit dem wahren Wohl der auf der monogamen Ehe gründenden Familie und mit dem Schutz der Unverletzlichkeit des Menschenlebens stehen; sie fördern das Eindringen gefährlicher Schatten der »Kultur des Todes« ins Innere der Familie. Sorgen bereitet auch die in den internationalen Institutionen festzustellende zunehmende Verbreitung von irreführenden Auffassungen über die Sexualität und die Würde und Sendung der Frau, die bestimmten Ideologien über das Geschlecht (»gender«) unterworfen sind. 

Und was sollte man zur Krise so vieler getrennter Familien und allein stehender Personen oder über die Situation der sogenannten »defacto«-Lebensgemeinschaften sagen? Zu den gefahrvollen Strategien gegen die Familie gehört auch der Versuch, dem Embryo vor der Einpflanzung in den Mutterschoß die Menschenwürde abzusprechen oder seine Existenz durch verschiedene Methoden zu bedrohen. 

Wenn man von der Familie spricht, muß man auch die Kinder erwähnen, die auf unterschiedliche Weise unschuldige Opfer zerrütteter Familiengemeinschaften geworden sind. 

4. Vor dem oben beschriebenen Hintergrund tritt die Sendung der christlichen Familien in ihrer ganzen Notwendigkeit hervor. Ihr Beispiel der Freude und Hingabe, der Anstrengung und Opferbereitschaft, gemäß dem Vorbild der Heiligen Familie, kann eine entscheidende Rolle spielen, wenn man andere Familien dazu ermutigt, der Gnade ihrer Berufung zu entsprechen. Denn wie mitreißend ist doch das Vorbild einer christlichen Familie! In seiner Bescheidenheit und Einfachheit kann das Zeugnis häuslichen Lebens zu einem erstrangigen Mittel der Evangelisierung werden. Deshalb ist es angebracht, daß ihm die verschiedenen kirchlichen Einrichtungen Aufmerksamkeit und Beachtung schenken. Außerdem darf nicht unterlassen werden, jenen schwierigen familiären Situationen, die eine intensivere seelsorgliche Betreuung erfordern, wie z. B. die wiederverheirateten Geschiedenen, die nötige Unterstützung zukommen zu lassen. Man kann sagen, daß nach der Veröffentlichung des Dokuments Familiaris Consortio das Interesse für die Familie in der Kirche zugenommen hat, und es gibt zahllose Diözesen und Pfarreien, in denen die Familienpastoral zu einer vorrangigen Zielsetzung geworden ist. Es finden Verbände und Bewegungen weite Verbreitung, die sich für die Familie und das Leben einsetzen. Menschen guten Willens tragen mit ihren großherzigen Bemühungen zur Heranbildung einer neuen Kultur »für das Leben« bei. Mit großer Wertschätzung denke ich dabei an die Begegnungen, die Euer Päpstlicher Rat im Laufe dieser beiden Jahrzehnte organisiert hat, vor allem an jene mit den Bischöfen, die in der ganzen Kirche für die Pastoral der Familie und des Lebens zuständig sind, denn sie stellte sich als wertvolle Gelegenheit zur vertieften Auseinandersetzung mit den neuen Problembereichen bezüglich des Themas der Familie heraus.

Von besonderer Wichtigkeit ist der Dialog mit Politikern und Gesetzgebern über die Wahrheit der auf die monogamen Ehe gegründeten Familie und über die Würde des menschlichen Lebens vom ersten Augenblick der Empfängnis an. In dieser Hinsicht haben die von Eurem Päpstlichen Rat veranstalteten kontinentalen und nationalen Tagungen vielversprechende Wege des Dialogs geebnet; sie können die Parlamentsdebatten und die öffentlichen Gesetzgebungen, die das Leben der Völker regeln, mit christlichem Geist erfüllen. Auch die 1983 veröffentlichte Charta der Familienrechte war schon im Verlauf der Ordentlichen Synode im Jahr 1980 gefordert worden. 

5. »Familie, glaube an das, was du bist; glaube an deine Berufung, ein leuchtendes Zeichen der Liebe Gottes zu sein.« Heute wiederhole ich Euch diese Worte, die ich während des Treffens mit den Familien am 20. Oktober des vergangenen Jahres sagte. 

Familie, sei für die Menschen unserer Zeit ein »Heiligtum des Lebens«. Christliche Familie, sei eine »Hauskirche«, und bleibe deiner Berufung im Geiste des Evangeliums treu. »In dem Wissen, daß Ehe und Familie zu den kostbarsten Gütern der Menschheit zählen, möchte die Kirche ihre Stimme und das Angebot ihrer Hilfe zu jenen gelangen lassen, die den Wert von Ehe und Familie bereits kennen und dementsprechend leben wollen, zu jenen, die unsicher und unruhig nach der Wahrheit suchen, sowie zu jenen, die ungerechterweise daran gehindert werden, ihre Auffassung von der Familie in Freiheit zu verwirklichen« (FC , 1). 

Wenn die Familie den Anforderungen der Liebe und der Vergebung voll entspricht, wird sie zum sicheren Hort der Zivilisation der Liebe und zur Hoffnung für die Zukunft der Menschheit. 

Möge Eure Institution, von diesem Bewußtsein gestärkt, sich mit immer größerem Mut im Dienst des Evangeliums der Familie einsetzen. 

Ich wünsche Eurem Kongreß ein gutes Gelingen und versichere Euch meines Gebetsgedenkens. So erbitte ich den besonderen Schutz Marias, »Regina Familiae«, und erteile allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen. 

Aus dem Vatikan, 22. November 2001

 

IOANNES PAULUS II

 



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